Duzen oder Siezen: Die wichtigsten Regeln im Job

Duzen oder Siezen Sie lieber im Job? Das DU ist zwar auf dem Vormarsch – laut Umfragen duzt heute jeder 3. Arbeitnehmer seine Vorgesetzten und Kollegen. In den meisten deutschen Unternehmen ist aber noch immer das Siezen an der Tagesordnung. Das SIE erzeugt zwar eine gewisse Distanz, es steht aber auch für gegenseitigen Respekt und Höflichkeit. Laut Knigge ist die Anrede in Sie-Form sogar die Regel: „Jede volljährige Person hat nach allgemeiner Auffassung ein Recht darauf, mit „Sie“ angesprochen zu werden“, heißt es dazu. Das „Du“ ist also die Ausnahme von der Regel. Eigentlich…

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Duzen oder Siezen: Die Knigge-Regeln

Globalisierung und Kulturwandel sorgen dafür, dass sich gesellschaftliche Konventionen und Benimmregeln stetig weiterentwickeln und verändern. Doch gilt bei allen guten Manieren immer: Man kann Knigge-Regeln nur bewusst ignorieren, wenn man sie kennt und weiß, wie man trotzdem höflich bleibt.

Höflichkeit ist eine Haltung. Ein Zeichen guter Kinderstube. Sie versucht stets dem anderen Wertschätzung und Respekt zu vermitteln. Selbst bei Meinungsverschiedenheiten oder Antipathie. Entsprechend können sich beide über solche Konventionen hinwegsetzen, solange die Grundhaltung erkennbar bleibt.

Die Grundregeln zum Duzen und Siezen

  • Geschlecht

    Es ist eine der ältesten Knigge-Regeln, die aber zunehmend aufweicht: Ladies first! Die Dame bietet dem Mann das DU an, nicht umgekehrt. Auf diese Weise bezeugt der Mann ihr gegenüber Respekt und Ehre. Die Tradition und Konvention wird fast nur noch in konservativen Kreisen gepflegt.

  • Alter

    Der Ältere bietet dem Jüngeren das DU an, nicht umgekehrt. In dieser Knigge-Regel spiegelt sich in erster Linie der Respekt vor dem Alter. Es gilt als ein Zeichen von Höflichkeit, Wertschätzung und guten Manieren, ältere Menschen mit SIE anzusprechen.

  • Rang

    Im Job sieht die Sache anders aus. Hierarchien hebeln alle obigen Regeln aus. Im Job darf allein der Ranghöhere das DU anbieten. Also auch die jüngere Chefin dem älteren Kollegen. Es gilt sogar als Affront, wenn Angestellte ihre Vorgesetzten einfach duzen. Ein Zeichen dafür, dass sie die Autorität des Chefs nicht anerkennen.

  • Dauer

    Das Du gilt lebenslänglich. Einmal erteilt, käme jeder Rücktritt davon einer Herabsetzung gleich.

  • Gegenseitigkeit

    Es gibt kein einseitiges DU. Wer sich auf Augenhöhe begegnet, ist entweder per Du oder per Sie.

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Duzen als Teil der Firmenkultur

Trotz der genannten Knigge-Regeln gehen immer mehr Unternehmen zum „Du“ über. Beim schwedischen Möbelhaus Ikea zum Beispiel gehört das generelle DU – sogar gegenüber Kunden – seit Jahren zur Firmenkultur. Der Vorstand des Versandhauses Otto, Hans-Otto Schrader, sorgte vor einiger Zeit für mediales Aufsehen, als er allen 53.000 Mitarbeitern das DU anbot. Für die Kollegen sei er ab sofort nur noch der „Hos“.

Wer neu im Unternehmen und Job ist, sollte trotzdem beim SIE bleiben. Auch dann, wenn sich schon einige der Kollegen untereinander duzen. Nach einigen Wochen können Sie immer noch zum DU übergehen, wenn Sie alle Gepflogenheiten und Umgangsformen kennen. Dann entspricht die neue Anrede meist einer Art Aufnahmeritual und Ritterschlag, Motto: „Jetzt gehörst du dazu!“

Duzen oder Siezen im Arbeitsleben?

An kaum einer Frage scheiden sich die Geister so emotional. Nicht selten stecken dahinter negative Erfahrungen: So mancher Chef hat vielleicht die verringerte verbale Distanz zur Mitarbeiterin schon zur körperlichen Annäherung missbraucht. Der hitzköpfige Kollege verwechselt das DU mit einer Legitimation zu schnodderigen Verhaltensweisen und groben Umgangsformen. Entsprechend gespalten ist das Bild den Umfragen dazu.

In einer Umfrage gab etwa jeder vierte Angestellte (23,8 Prozent) an, das förmliche SIE sei zwar die höflichere Anrede, aber nicht mehr zeitgemäß. Das DU sei angemessener. Andere Befragte meinten, dass sie sich beleidigt fühlen, wenn sie jemand beim Kennenlernen gleich duzt (38,7 Prozent). Frauen legten mit 43,2 Prozent sogar den größten Wert auf das SIE – mehr als die Männer (34,1 Prozent). Wie so oft: Es kommt mehr auf die herrschende Unternehmenskultur an als auf die konkreten Regeln.

Vorteile vom Duzen im Job

  • Das DU schafft mehr Vertrautheit untereinander.
  • Die Hierarchien wirken flacher auf die Belegschaft.
  • Die Firmenkultur wird offener – auch für neue Kollegen.
  • Das Gemeinschaftsgefühl und der Teamgeist werden gestärkt.
  • Förmliche Barrieren sinken.
  • Es herrscht ein partnerschaftlicheres Klima.

Nachteile vom Duzen im Job

  • Das DU kann auch zu viel Nähe erzeugen.
  • Die Vertrautheit können manche ausnutzen.
  • Verbale Nähe kann zu unangemessener Annäherung verführen (siehe: sexuelle Belästigung).
  • Die fehlende Distanz kann den respektvollen Umgang erschweren.
  • Das DU kann verbale Entgleisungen fördern.
  • Manche Kollegen plaudern dadurch zu viel Privates aus.

Einige Soziologen warnen gar, dass ein Streit beim generellen DU schneller unter die Gürtellinie geht und eskalieren kann. Oft würden Konflikte dadurch viel persönlicher als beim förmlichen SIE.

Arbeitsrecht: Ist Duzen eine Beleidigung?

Arbeitsrechtlich ist das Duzen im Job zunächst keine Beleidigung. Erst recht, wenn es einem ungewollt herausrutscht. Das gilt allenfalls als Taktlosigkeit oder Unhöflichkeit. Zur Beleidigung wird Duzen erst, wenn es unerwünscht und trotzdem konsequent angewendet wird. Zum Beispiel mit dem Ziel, sein Gegenüber herabzuwürdigen. Dann verstößt es gegen das Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Grundgesetz): Danach hat jeder Erwachsene das Recht, die Art und Weise zu bestimmen, wie er oder sie angeredet werden will. Allerdings kann dies im Job hinter dem Ziel einer gewünschten Firmenkultur (generelles DU) zurückstehen.

Gegenüber Beamten wiederum kann das DU richtig teuer werden. So musste ein Mann, der sich von einem bayerischen Grenzbeamten nicht gut behandelt fühlte und diesen deshalb mit „Du blöde Sau!“ beschimpfte, tief in die Tasche greifen: 2500 Euro für die Beleidigung – und 300 Euro extra für das Duzen.


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Richtig Duzen im Job

Heute weichen die klassischen Knigge-Regeln im Arbeitsleben zunehmend auf. Ein Grund ist die Verflachung der Hierarchien und Globalisierung. Im Englischen gibt es – zumindest für unsere Ohren – keinen erkennbaren Unterschied. Dort werden alle mit „you“ angesprochen – obwohl man das „Youzen“ keinesfalls als Vertrautheit missverstehen sollte! Hinzu kommen Branchenunterschiede sowie moderne Haltungen der Generationen: In der als konservativ geltenden Finanzbranche wird vornehmlich gesiezt, in der Medienbranche dagegen gehört das generelle DU zum guten Stil.

Deshalb lauern im Job enorme Fallstricke. Grundsätzlich gilt im Job die Hierarchie. Das Du darf ausschließlich vom Ranghöheren angeboten werden. Also nicht vom Praktikanten dem Chef. Im Bewerbungsgespräch ist es gänzlich tabu. Was aber wenn es keinen Rangunterschied gibt? Zum Beispiel unter Kollegen?

Unter Kollegen zählen die Dienstjahre

Unter Gleichrangigen gilt: Wer länger in der Firma ist, darf dem anderen das Du anbieten, nicht umgekehrt. Und falls Sie das tun, dann bitte immer als ehrliches Anrede-Angebot, das auch abgelehnt werden darf. Also ohne subtilen Zwang!

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Eine Formulierung hierfür könnte zum Beispiel lauten:

Wir arbeiten jetzt schon so lange zusammen. Wollen wir uns nicht einfach duzen? Wenn Ihnen das unangenehm ist, ist das für mich aber auch in Ordnung.

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Darf man das Du ablehnen – auch vom Chef?

Umgekehrt, wer das „Du“ angeboten bekommt, darf es jederzeit ablehnen. Nur bitte stets höflich und respektvoll. Schließlich ist das Angebot zunächst Ausdruck von Dank, Vertrauen und Wertschätzung. Weisen Sie dies zu forsch zurück, könnte sich der Kollege oder Chef gekränkt fühlen. Eine Begründung ist zwar nicht nötig, kann deshalb aber helfen. Eine gute Formulierung könnte zum Beispiel lauten:

Vielen Dank für das nette Angebot. Bitte verstehen Sie mich: Ich möchte im Beruf eine professionelle Distanz wahren und daher beim Sie bleiben. Bitte haben Sie Verständnis.

Zugegeben, gegenüber dem Chef ist eine solche Absage immer heikel und braucht viel Fingerspitzengefühl. Sie bleibt aber grundsätzlich erlaubt. Nur: Fühlt sich der Boss zurückgewiesen, könnten Sie in seiner Gunst sinken. Zuwendung könnten sich in Abweisungen verkehren. Die Entscheidung sollte man also gut abwägen.

Das Duzen kann zudem problematisch werden, wenn es der Chef selektiv einsetzt und Sie damit gegenüber den Kollegen einen Sonderstatus erhalten. Nicht selten führt das zu atmosphärischen Störungen im Kollegenkreis, Motto: „Na, biste jetzt Chefs Liebling, du Schleimer!?“ Auch hier müssen Sie abwägen, wie viel Nähe zum Boss Ihnen noch angenehm und insgesamt hilfreich ist.

Sonderfall: Das Party-Du

Wenn die Stimmung steigt und der Alkohol fließt, kommen sich Kollegen schnell näher. Bis zum Duzen ist es dann nicht mehr weit. Vorsicht! So ein Party-Du gilt nur vorerst – erst recht, wenn es im Suff und vom Chef angeboten wurde. Wenn Sie sich am nächsten Morgen sehen, siezen Sie bitte zunächst wieder! Erwidert der Boss darauf verwundert und nüchtern: „Aber wir sind doch seit gestern beim Du?!“, dann gilt das Du auch weiterhin. Entschuldigen Sie sich einfach, dass Sie das schon wieder vergessen haben. Es war eine lange Nacht… Erinnert sich der Chef aber nicht mehr, bleiben Sie bitte beim förmlichen Sie.


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Vom Duzen zurück zum Siezen

Was tun, wenn man das Angebot zum Du angenommen hat, nun aber doch lieber wieder zurück zum Sie möchte? Die kurze Antwort: schwierig. Eigentlich bleibt einem hier nur eine Karenzzeit von 24 Stunden. Nachdem man eine Nacht darüber geschlafen hat, lässt sich ein Du im Nachhinein wieder zurücknehmen beziehungsweise ablehnen. Natürlich nur extrem höflich, mit viel Taktgefühl und bitte völlig vorwurfsfrei. Zum Beispiel so:

Es ist mir furchtbar unangenehm, aber ich möchte doch lieber beim Sie bleiben. Ich fühle mich mit dem Du einfach unwohl. Und wir können doch sicher auch so gut zusammenarbeiten…?!

Einen solchen Rückzug kann man sich aber nur maximal noch am nächsten Tag leisten. Wer erst nach Wochen zurück zum Sie will, begeht einen Affront. Das lässt sich kaum anders als persönliche Abstandsgewinnung interpretieren. Bei manchen (aufdringlichen) Kollegen muss das vielleicht trotzdem sein. Rechnen Sie dann aber mit entsprechenden Konsequenzen: Gekränkte Seelen sind unberechenbar!

Nie vorschnell duzen!

Beachten Sie daher bei allen Benimmregeln: Nie vorschnell auf ein spontanes Du-Angebot reagieren und „Ja“ sagen. Gerade wenn Sie noch neu im Job oder in der Probezeit sind, können Sie diesen Trumpf perfekt ausspielen. Zum Beispiel mit der Begründung, dass Sie diese Übergangszeit noch abwarten wollen:

Vielen Dank für das charmante Angebot. Mir wäre aber lieber, wir würden damit noch bis zum Ende meiner Probezeit warten, bis ich sicher weiß, ob wir auch künftig zusammen arbeiten werden.

Und falls Ihnen bis heute noch niemand das DU angeboten hat: Machen Sie sich keinen Kopf deswegen! Das muss nichts heißen. Fordern Sie das Duzen aber bitte auch nie ein. Das macht Sie klein. Fragen Sie lieber subtil unter Kollegen nach: „Wie läuft das mit dem Duzen und Siezen hier eigentlich?“ Mancher versteht den Wink vielleicht sogar…

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