Definition: Was ist ein Abwicklungsvertrag?
Der Abwicklungsvertrag ist eine vertragliche Regelung zwischen Mitarbeiter und Unternehmen, die die Modalitäten und Details nach einer bereits ausgesprochenen Kündigung regelt. Es ist eine einvernehmlicher und zweiseitiger Vertrag, in dem die Folgen und der Ablauf einer Kündigung geklärt werden.
Typische Vereinbarungen im Abwicklungsvertrag sind unter anderem (mehr Details weiter unten im Artikel):
- Zeitpunkt für das Ende des Arbeitsverhältnisses
- Abfindungszahlung
- Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage
- Arbeitszeugnisse
- Resturlaub
- Freistellung
- Rückgabe von Arbeitsmaterialien und Firmeneigentum
Durch die einvernehmlichen Absprachen im Abwicklungsvertrag werden Kompromisse und gegenseitige Zugeständnisse gemacht. Konflikte oder lange und teure Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht bleiben aus.
Unterschied zwischen Abwicklungsvertrag und Aufhebungsvertrag
Einfach erklärt: Ein Aufhebungsvertrag (auch: Auflösungsvertrag) beendet das Arbeitsverhältnis mit Zustimmung beider Seiten. Der Abwicklungsvertrag regelt hingegen die Bedingungen einer bereits erfolgten Kündigung – er selbst kann die Zusammenarbeit nicht beenden, es werden nur zusätzliche Vereinbarungen festgehalten.
Damit es trotz ähnlicher Begriffe nicht zu Verwechslungen kommt, zeigt unsere Übersicht noch einmal die Unterschiede:
Merkmal | Abwicklungsvertrag | Aufhebungsvertrag |
Zeitpunkt | Nach Kündigung | Zur Kündigung |
Zweck | Regelt Modalitäten | Beendet Arbeitsverhältnis |
Frist | Normale Kündigungsfrist | Individuelle Kündigungsfrist |
Sperrfrist | Möglich, mit Ausnahmen | 12 Wochen |
Inhalt: Was steht im Abwicklungsvertrag?
Der genaue Inhalt eines Abwicklungsvertrags hängt von der individuellen Situation, den Gründen für die Kündigung, dem Arbeitsverhältnis und den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag ab. Zudem gilt: Besprechen Sie vor der Unterschrift mit einem Experten für Arbeitsrecht den Abwicklungsvertrag.
Im Abwicklungsvertrag können alle Rahmenbedingungen geklärt und Absprachen rund um die Kündigung getroffen werden. In der folgenden Liste finden Sie die wichtigsten Punkte, die der Abwicklungsvertrag regeln sollte:
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Ende des Arbeitsverhältnisses
Der Abwicklungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis nicht, bestätigt aber die Wirksamkeit der bereits erfolgten Kündigung und den Zeitpunkt für das Ende der Zusammenarbeit. Eine mögliche Formulierung: „Mit Bezug auf die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung vom TT.MM.JJJJ endet das bestehende Arbeitsverhältnis zum TT.MM.JJJJ“.
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Zahlung einer Abfindung
Typisch ist die Vereinbarung einer Abfindung als finanzieller Ausgleich für das Ende des Arbeitsverhältnisses. Die Höhe liegt in der Regel zwischen 0,25 und 0,5 Brutto-Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr. Heißt im Klartext: Je besser Sie verdienen und je länger Sie beim Unternehmen angestellt waren, desto höher fällt die Abfindung aus. Einen gesetzlichen Anspruch auf die Abfindungszahlung haben Sie jedoch nicht.
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Verzicht auf Kündigungsschutzklage
Zentraler Aspekt im Abwicklungsvertrag ist der Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage durch den Arbeitnehmer. Arbeitgeber lassen sich vertraglich zusichern, dass gekündigte Mitarbeiter im Anschluss nicht mehr rechtlich gegen die Kündigung vorgehen.
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Ausstellung eines Arbeitszeugnisses
Mitarbeiter haben ein Anrecht auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. In einem Abwicklungsvertrag wird meist zusätzlich festgehalten, wie dieses auszusehen hat. Hier lassen Sie sich zum Beispiel schriftlich versichern, dass Sie ein sehr gutes Zeugnis bekommen. Auch Absprachen über bestimmte Fähigkeiten und Leistungen, die hervorgehoben werden sollen, sind möglich.
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Freistellung von der Arbeit
Oft regelt der Abwicklungsvertrag eine Freistellung vom Arbeitnehmer für die verbleibende Zeit bis zum Ende der Kündigungsfrist. Das Arbeitsverhältnis ist offiziell noch nicht beendet, der Mitarbeiter geht für die restliche Zeit aber nicht mehr zur Arbeit. Hier müssen gleichzeitig die Ansprüche auf das Gehalt vereinbart werden.
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Vergütung von Resturlaub oder Überstunden
Ausstehender Urlaub oder nicht vergütete Überstunden können nach einer Kündigung ausgezahlt werden oder als abgegolten gelten – wichtig ist, dass dies im Abwicklungsvertrag geregelt wird. Hier kommt es auf die Verhandlung für eine Abmachung an, der beide Seiten zustimmen.
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Weitere Absprachen und Vereinbarungen
Zusätzlich können weitere Vereinbarungen im Abwicklungsvertrag getroffen werden. Häufiges Beispiel ist die Rückgabe von Arbeitsmaterialien oder einem Dienstwagen. Alle offenen Fragen und zu klärenden Aspekte der endenden Zusammenarbeit sollten schriftlich geklärt werden.
Abwicklungsvertrag Muster
Unser kostenloses Muster zeigt, wie ein Abwicklungsvertrag in der Praxis aussehen kann. Das Muster dient dabei der Information und Inspiration. Für die individuelle Nutzung sind Anpassungen und Änderungen zur jeweiligen Situation notwendig. Hierzu empfehlen wir die Beratung durch einen Anwalt für Arbeitsrecht.
Abwicklungsvertrag Muster
Zwischen
Muster AG
Bahnhofstraße 1
54321 Neustadt
– nachfolgend „Arbeitgeber“ genannt –
und
Herrn
Max Mustermann
Nebenweg 25
54321 Neustadt
– nachfolgend „Arbeitnehmer“ genannt“ –
wird folgender Abwicklungsvertrag geschlossen:
§ 1 Kündigung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Die Parteien sind sich mit Bezug auf die vom Arbeitgeber am TT.MM.JJJJ ausgesprochene Kündigung einig, dass das Arbeitsverhältnis rechtmäßig und fristgerecht gekündigt wurde. Das Arbeitsverhältnis endet somit zum TT.MM.JJJJ.
§ 2 Abfindung
Als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer eine einmalige Abfindung in Höhe von [Betrag] Euro brutto.
Die Zahlung erfolgt mit der letzten Gehaltsabrechnung und ist somit am TT.MM.JJJJ fällig.
§ 3 Gehaltsanspruch
Der Arbeitgeber zahlt bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am TT.MM.JJJJ weiterhin an den Arbeitnehmer das volle ihm zustehende Gehalt in Höhe von [Betrag] Euro brutto pro Monat.
Als Ausgleich für mögliche Ansprüche auf Prämien, Provisionen oder andere anteilige Einmalzahlungen für das Jahr JJJJ wird ein zusätzlicher Betrag in Höhe von [Betrag] Euro brutto gezahlt. Die Zahlung ist fällig mit der letzten Gehaltszahlung. Damit sind diese Ansprüche restlos abgegolten.
§ 4 Klageverzicht
Der Arbeitnehmer verzichtet auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage sowie auf weitere arbeitsrechtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.
§ 5 Arbeitszeugnis
Der Arbeitgeber erteilt dem Arbeitnehmer zum Datum der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein qualifiziertes Arbeitszeugnis mit der Gesamtbewertung „sehr gut“. Die Bewertung umfasst die Arbeitsleistung und das Sozialverhalten.
§ 6 Freistellung und Urlaub
Der Arbeitnehmer wird ab [Datum] unter Anrechnung seines Resturlaubs bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses freigestellt.
Die Freistellung erfolgt unwiderruflich unter Fortzahlung der Vergütung. Etwaige Urlaubsansprüche und Ansprüche zum Freizeitausgleich sind damit ausgeglichen.
§ 7 Rückgabe von Arbeitsmitteln
Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, sämtliche Arbeitsmittel spätestens am letzten Arbeitstag zurückzugeben. Dazu zählen:
- Schlüssel zu Gebäuden und Räumen des Arbeitgebers
- Laptop
- Smartphone
- Dokumente
§ 8 Ausgleichsklausel
Mit Erfüllung dieses Vertrags sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten.
§ 9 Schlussbestimmungen
Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrags bedürfen der Schriftform.
Sollte eine Bestimmung dieses Vertrags unwirksam sein, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.
Neustadt, TT.MM.JJJJ
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Unterschrift Muster AG
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Unterschrift Max Muster
Disclaimer: Das vorliegende Muster ist nur als Anregung gedacht und im Einzelfall individuell anzupassen. Es ersetzt nicht die fachliche Prüfung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, zu der wir im Zweifel immer raten. Falls Sie die Vorlage verwenden, übernehmen wir keinerlei Haftung für die korrekte Anwendung im Einzelfall.
Vor- und Nachteile des Abwicklungsvertrags
Mitarbeiter sind sich oft unsicher, ob sie einen Abwicklungsvertrag vereinbaren und unterschreiben sollen. In den meisten Fällen überwiegen die Vorteile und es lohnt sich, der Abwicklung zuzustimmen. Das sind die größten Vorteile für Mitarbeiter:
Vorteile
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Gute Verhandlungsposition
Arbeitgeber haben ein Interesse an einem möglichst reibungslosen Ablauf. Entsprechend sind sie bereit, bei einem Abwicklungsvertrag einige Zugeständnisse zu machen und dem Mitarbeiter entgegenzukommen. Das verschafft Ihnen eine gute Verhandlungsposition für vorteilhafte Abmachungen.
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Klare Regelungen
Im Verlauf des Kündigungsprozesses kann es zu Meinungsverschiedenheiten kommen. Durch den Abwicklungsvertrag werden für beide Seiten verbindliche Regelungen vereinbart, die Klarheit schaffen und Streitigkeiten verhindern.
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Finanzielle Abfindung
Durch die Vereinbarung im Abwicklungsvertrag bekommen Sie (auch ohne rechtlichen Anspruch) eine Abfindung. Die Zahlung wird als Ausgleich und Anreiz für den Verzicht einer Klage angeboten.
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Gutes Arbeitszeugnis
Für Bewerbungen und die weitere Karriere sichern Sie sich ein sehr gutes Arbeitszeugnis. Durch den Abwicklungsvertrag können Sie bereits die Gesamtnote sowie einzelne inhaltliche Punkte festlegen.
Nachteile
Ein Abwicklungsvertrag kann aber auch einige Nachteile für Sie bringen. Diese sollten Sie vor der Unterschrift kennen:
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Rechtlicher Verzicht
Sie verzichten auf Ihr Recht auf eine Kündigungsschutzklage. Dieses steht Ihnen sonst laut Gesetz zu. Mit dem Klageverzicht geben Sie diese Möglichkeit auf und die Kündigung ist wirksam.
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Fehlendes Wissen
Arbeitnehmer kennen sich mit Abwicklungsverträgen, rechtlichen Vorgaben und komplexen Verträgen nicht aus. Durch fehlendes Wissen stimmen Sie schlimmstenfalls nachteiligen Absprachen zu.
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Finanzielle Auswirkungen
Sie erhalten zwar eine Abfindung, gleichzeitig verlieren Sie aber vielleicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Durch die Zustimmung zum Abwicklungsvertrag droht eine Sperrzeit – mehr dazu im nächsten Abschnitt.
Abwicklungsvertrag: Sperrfrist beim Arbeitsamt
Grundsätzlich gilt: Ja, ein Abwicklungsvertrag kann dazu führen, dass Sie eine Sperrfrist erhalten und für bis zu 12 Wochen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben (siehe: Arbeitsamt Sperre).
Die Bundesagentur für Arbeit bewertet, ob Sie selbst zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit zur Arbeitslosigkeit beigetragen haben. Das Bundessozialgericht hat entschieden: Die Unterzeichnung eines Abwicklungsvertrages kann als aktives Zutun gewertet werden – obwohl dieser (anders als der Aufhebungsvertrag) das Arbeitsverhältnis nicht selbst beendet.
Abwicklungsvertrag: Sperrfrist verhindern
Grund für das Urteil: Viele Kündigungen werden erst durch den Vertrag rechtlich wirksam. Mitarbeiter verzichten auf ihre Rechte und tragen so zum Verlust des Arbeitsplatzes bei. Genau hier gibt es eine Ausnahme, mit der Sie die Sperrfrist verhindern: Ist die vorangegangene Kündigung bereits rechtmäßig und wirksam, tragen Sie nicht mehr zur Beendigung der Zusammenarbeit bei und Sie umgehen die Sperrfrist.
In diesem Fall haben Sie einen wichtigen Grund für die Unterschrift und regeln lediglich die Modalitäten der Kündigung. Wichtige Aspekte, damit Sie beim Abwicklungsvertrag die Sperrfrist verhindern:
- Die Kündigung ist rechtmäßig.
- Es ist eine personen– oder betriebsbedingte Kündigung
- Der Abwicklungsvertrag verkürzt die Kündigungsfrist nicht.
- Der Mitarbeiter entgeht Nachteilen einer Kündigung (etwa durch Zahlung einer Abfindung).
Im Zweifelsfall müssen Sie nachweisen, dass es einen wichtigen Grund für die Unterschrift gab, um der Sperrfrist nach einem Abwicklungsvertrag zu entgehen.
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