Arztbesuch während der Arbeitszeit: Vom Gesetz erlaubt?

Krankheit ist zwar nicht planbar. Ein Arztbesuch während der Arbeitszeit ist aber nur bei medizinischer Notwendigkeit erlaubt. Eine nicht dringend notwendige Untersuchungen oder Behandlungen ist Privatsache. Wer trotzdem den Arzt während der Arbeitszeit aufsuchen will, muss das mit dem Arbeitgeber abstimmen. Das sagt das Gesetz…

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Gesetz: Sind Arztbesuche während der Arbeitszeit erlaubt?

Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) ist der Arztbesuch grundsätzlich Privatsache. Mitarbeitende müssen nicht akut notwendige Termine in die Freizeit legen (LAG Niedersachsen, 7 Sa 256/17). Das gilt auch dann, wenn sie im Homeoffice arbeiten. Ein Praxisbesuch während der Arbeitszeit ist nur in medizinischen Notfällen erlaubt.

Arztbesuch während der Arbeitszeit erlaubt bei:

  • Akuten Zahnschmerzen
  • Verletzungen während der Arbeitszeit
  • Notwendigen Behandlungen während der Arbeitszeit (z.B. Dialyse)
  • Arztpraxen, die sonst keine Termine anbieten (z.B. CT, Röntgen)

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer verpflichtet, Arzttermine in ihre Freizeit zu legen, wenn das möglich und zumutbar ist. Das gilt vor allem für Routine- und Vorsorgeuntersuchungen.

Sollte der Arztbesuch dennoch während der Arbeitszeit stattfinden, muss der Arbeitgeber zuvor darüber informiert werden. Es kann sinnvoll sein, sich vom Arzt bescheinigen zu lassen, dass der Besuch medizinisch notwendig war und zu keinem anderen Zeitpunkt hätte stattfinden können.

Gut zu wissen

Das Recht auf freie Arztwahl bleibt für Arbeitnehmer stets unangetastet. Sie müssen nicht den Arzt wechseln, nur um passendere Termine zu finden. Das gilt auch dann, wenn Angehörige oder Kinder von Arbeitnehmer bei einem Arzttermin auf Begleitung angewiesen sind. Allerdings haben Arbeitnehmer hierbei die Pflicht zum Nachweis, dass ihre Begleitung erforderlich war.

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Freistellung: Ist der Arztbesuch während der Arbeitszeit bezahlt?

Leider ist das Gesetz – insbesondere der § 616 BGB – hier nicht eindeutig. Falls keine andere Regelung vorliegt (z.B. Tarifvertrag) können Sie sich grob an der bisherigen Rechtsprechung orientieren. Diese sagt:

  • Arztbesuch und krank

    Sie gehen während der Arbeitszeit zum Arzt und der schreibt sie krank. In dem Fall haben Arbeitnehmer gemäß § 3 Abs. 1 EFZG einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Sie erhalten also ganz normal das Gehalt weiter.

  • Arztbesuch war unvermeidbar

    Dasselbe gilt, wenn der Arztbesuch während der Arbeitszeit „medizinisch unvermeidbar“ – z.B. bei einer morgendlichen Blutabnahme im nüchternen Zustand oder weil sie akute Schmerzen haben (BAG 5 AZR 92/82). Auch hierbei haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf Lohnfortzahlung.

  • Praxisbesuch ist freiwillig

    Auch wenn es sich um eine Behandlung handelt: Liegt der Termin lediglich praxislaufbedingt während der Arbeitszeit, kann der Arbeitgeber eine Entgeltfortzahlung verweigern. Auch bei Gleitzeit oder flexiblen Arbeitszeitregelungen ist es Arbeitnehmern möglich, Arzttermine in die Freizeit zu legen. Diese werden dann nicht bezahlt (LAG Hamm, 11 Sa 247/11).

Keine Freistellung für Vorsorgeuntersuchungen

Vorsorgeuntersuchungen sind hingegen weder dringend noch akut notwendig. Sie müssen immer in der Freizeit genommen werden. Auch lange Wartezeiten sind akzeptabel. Wer trotzdem einen Termin während der Arbeitszeit wahrnehmen will, muss dafür Urlaub nehmen.

Ist die Fahrtzeit zum Arzt Arbeitszeit?

Handelt es sich um einen medizinisch notwendigen Arztbesuch, ist die Fahrtzeit des Mitarbeiters zum Arzt Arbeitszeit – und wird bezahlt. Mitarbeiter müssen aber auf die Verhältnismäßigkeit achten: Eine Anfahrt von mehreren Stunden, um sich für eine Erkältung untersuchen zu lassen, zählt nicht dazu. Müssen Arbeitnehmer hingegen aus medizinischen Gründen zu einem entfernten Spezialisten, ist die lange Anfahrt gerechtfertigt.

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Was gilt für Teilzeitkräfte?

Weil Teilzeitkräfte aufgrund der geringeren Arbeitszeit die Möglichkeit haben, Arzttermine außerhalb der Arbeitszeit zu legen, sind die meisten Arbeitsgerichte der Ansicht, dass es sich hierbei um eine unbezahlte Freistellung handelt bzw. Termine so zu legen sind, dass die Arbeit nicht darunter leidet.

Aber: Keine Regel ohne Ausnahme! Bei akute Beschwerden oder einer ambulanten Spezialuntersuchung im Krankenhaus ist der Zeitpunkt für den Arztbesuch auch für sie nicht frei wählbar und muss daher vom Arbeitgeber bezahlt werden (BAG, 29.02.1984).

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Was gilt für Schwangere und stillende Mütter?

Schwangere Frauen sind vom Arbeitgeber für Untersuchungen freizustellen, die „im Rahmen der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind“ (§ 7 Mutterschutzgesetz). Derselbe Paragraf im Gesetz regelt auch, dass sich die Freistellung ebenso auf die Stillzeit während der Arbeitszeit bezieht. Arbeitgeber müssen Mitarbeiterinnen in beiden Fällen das Gehalt fortzahlen (§ 23 MuSchG).

Was passiert, wenn das Kind krank wird?

Wird das Kind krank, ist ebenfalls zu unterscheiden, ob der Praxisbesuch innerhalb der Arbeitszeiten medizinisch notwendig ist oder nicht. In jedem Fall sollten Sie sich vom Arzt eine Bescheinigung ausstellen lassen, dass für das Kind eine Begleitung erforderlich war.

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Was passiert wenn ich trotzdem während der Arbeitszeit zum Arzt gehe?

Wer zu einem Arzttermin geht, obwohl er oder sie das auch in seiner Freizeit hätte tun können, begeht eine Pflichtverletzung und verstößt gegen den Arbeitsvertrag.

Allein schon bei einem einmaligen Verstoß kann das zu einer Ermahnung bzw. Abmahnung führen. Im Wiederholungsfall droht sogar eine verhaltensbedingte Kündigung.

Unbedingt Bescheinigung besorgen!

Wir empfehlen Mitarbeitern in allen Fällen, sich vom behandelnden Arzt eine Bescheinigung über den Arztbesuch während der Arbeitszeit geben bzw. sich die medizinische Notwendigkeit bescheinigen zu lassen. Sollte es zu Diskussionen und Streit mit dem Chef kommen, haben Sie so einen schriftlichen Nachweis.

Inhalt der Bescheinigung für einen Arztbesuch

  • Name des Beschäftigten
  • Arbeitszeit des Beschäftigten
  • Erklärung, dass kein Termin außerhalb der Arbeitszeiten möglich war
  • Angabe der genauen Zeit und Dauer des Arztbesuchs

Mit einer solchen Bescheinigung können Sie dem Chef belegen, dass der Arztbesuch während der Arbeitszeit unumgänglich war und somit eine bezahlte Freistellung berechtigt ist.

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Alternative: Krank ins Büro?

Wer sich krank fühlt, sollte sich dennoch nicht auf die Arbeit oder ins Büro schleppen, wenn ein Arzttermin nicht zu bekommen ist. Krank ins Büro ist keine Alternative! Sie stecken damit nur die Kollegen an, machen mehr Fehler oder gefährden Ihre Gesundheit zusätzlich.

Als Akut- oder Schmerzpatient bekommen Sie immer einen Termin beim Arzt, müssen aber vielleicht ein bisschen länger warten. Deshalb lautet die Regel in dem Fall: Melden Sie sich morgens beim Arbeitgeber krank und gehen Sie zum Arzt – die Krankschreibung bekommt der Chef dann automatisch oder per Post.

Arbeitgeber haben gegenüber den Mitarbeitenden ohnehin eine Fürsorgepflicht. Präsentismus birgt hingegen das Risiko chronischer Krankheiten sowie eine erhöhte Ansteckungsgefahr für alle anderen Arbeitnehmer!

Häufige Fragen & Antworten

Darf der Arbeitgeber den Arzttermin verweigern?

Einen nicht medizinisch notwendigen Arzttermin während ihrer Arbeitszeit darf der Arbeitgeber verweigern. Eine Ausnahme besteht nur bei akut behandlungsbedürftigen Unfällen oder Erkrankungen sowie Untersuchungen, die unbedingt zu bestimmten Zeiten stattfinden müssen.

Muss ich den Arztbesuch im Voraus ankündigen?

Wer einen (notwendigen) Arztbesuch während der Arbeitszeit wahrnehmen will, muss den Chef vorab und frühestmöglich darüber informieren. Diese Regel gilt auch für Arbeitnehmer im Homeoffice. Wer unangekündigt der Arbeit fernbleibt, kann dafür eine Abmahnung oder gar Kündigung kassieren.

Kann der Arbeitgeber einen Nachweis verlangen?

Arbeitgeber dürfen grundsätzlich einen Nachweis über einen Arztbesuch verlangen. Die entsprechende Bescheinigung sollten Arbeitnehmer direkt vom während des Praxisbesuchs vom Arzt verlangen. Sind Angehörige oder Kinder auf eine Begleitung angewiesen, müssen dies Arbeitnehmer ebenfalls nachweisen.


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