Bereitschaftsdienst: Bedeutung, Arbeitszeit & Vergütung

Der Bereitschaftsdienst eine Art der Bereitschaft für Arbeitnehmer. Sie gilt als großer Bruder der Rufbereitschaft und ist vor allem im Gesundheitsbereich üblich. Wo aber liegen die genauen Unterschiede zur Rufbereitschaft und welche Rechte haben Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber aus heiterem Himmel Rufbereitschaft am Wochenende anordnet? Wir beantworten die wichtigsten Fragen und erklären, wie die Vergütung im Bereitschaftsdienst geregelt ist…

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Bedeutung: Bereitschaft, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft

Bereitschaft ist eine Form der Arbeitsleistung, bei der ein Mitarbeiter erreichbar und einsatzbereit sein muss – aber nicht die gesamte Zeit arbeitet. Innerhalb der Bereitschaft gibt es zwei Arten, die unterschieden werden müssen – eine davon ist der Bereitschaftsdienst:

Bereitschaftsdienst

Beim Bereitschaftsdienst muss der Mitarbeiter sich an einem Ort aufhalten, der vom Arbeitgeber bestimmt wird. Typischerweise ist das direkt der Arbeitsplatz selbst. Es muss aber des gesamten Bereitschaftsdienstes gearbeitet werden. Die Zeit kann selbst eingeteilt, zur Regeneration oder anderen Dingen genutzt werden. Mitarbeiter im Bereitschaftsdienst müssen aber jederzeit ihren Aufgaben nachkommen können, wenn sie benötigt werden.

Verbreitet ist der Bereitschaftsdienst etwa bei Ärzten im Krankenhaus. Die Nacht wird in der Klinik verbracht, kann aber zum Schlafen genutzt werden, wenn gerade kein Patient versorgt wird. Ähnlich ist es bei der Feuerwehr oder der Polizei.

Rufbereitschaft

In der Rufbereitschaft können Arbeitnehmer den eigenen Aufenthaltsort grundsätzlich frei wählen. Sie können in der Zeit also auch zuhause sein. Die Zeit kann grundsätzlich frei gestaltet werden: Freizeit, Schlafen, oder Fernsehen, alles ist erlaubt. Sie können in der Zeit also auch zuhause sein – müssen aber erreichbar und einsatzbereit sein. Kommt ein Anruf vom Chef, müssen sie schnellstmöglich am Arbeitsplatz sein. Entsprechend muss der Aufenthaltsort zumindest in der Nähe sein.

Beispiele für Bereitschaftsdienst

  • Ärztlicher Bereitschaftsdienst (Versorgung in Krankenhäusern, Rettungsdienst, Pflegedienst)
  • Tierärztliche Versorgung
  • Psychologischer Notdienst und Telefonseelsorge
  • Bereitschaftsdienst im Katastrophenschutz und Vergiftungszentralen
  • Bereitschaftsdienst in der Justiz (Richter und Staatsanwälte)
  • Bereitschaftsdienst im Verkehrswesen, bei Energieversorgern und Entsorgungsbetrieben
  • Bereitschaftsdienst im Sicherheitsdienst, als Hausmeister und in der Gebäudetechnik
  • Bereitschaftsdienst in Unternehmen, IT-Bereiche wie Server und Computeranlagen betreffend

Sonderform: Arbeitsbereitschaft

Bei der Arbeitsbereitschaft muss der Beschäftigte in „wacher Achtsamkeit im Zustande der Entspannung“ am Arbeitsplatz anwesend sein. Arbeitsbereitschaft wird arbeitsrechtlich wie Arbeitszeit behandelt, auch wenn der Arbeitnehmer de facto gerade nichts zu tun hat und sich ausruhen kann.

Beispiele: Ein Taxifahrer, der am Bahnhofsvorplatz auf den nächsten Kunden wartet, ist in Arbeitsbereitschaft. Er arbeitet nicht, muss aber jeden Moment damit rechnen, seine Arbeit wieder aufzunehmen. Der Mitarbeiter einer Service-Hotline, der fünf Minuten auf einen Anruf eines Kunden wartet. Zwar muss er jederzeit bereit sein, wenn ein Kunde in der Leitung ist, solange jedoch niemand anruft, hat er theoretisch Zeit, sich kurz zu erholen.

Urteile zu Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft

Streitigkeiten über den Bereitschaftsdienst landen immer wieder vor dem Arbeitsgericht: Ein Feuerwehrmann sollte laut Vorgaben des Arbeitgebers bei Anruf in der Rufbereitschaft innerhalb von acht Minuten auf der Wache sein. Das Gericht sah diese Zeitspanne als zu kurz an. Bei einer derart geringen Reaktionszeit kann der Arbeitnehmer nicht darüber entscheiden, wie er sich seine Zeit einteilt. Genau das widerspricht aber dem Grundsatz der Rufbereitschaft.

In Berufen, die schnelles Handeln erfordern, ist der Bereitschaftsdienst deshalb die bessere Lösung. In der Rufbereitschaft muss der Arbeitnehmer dagegen lediglich ständig für seinen Arbeitgeber (oder Kunden, Patienten…) erreichbar sein. Es gibt keine genaue Zeitspanne, innerhalb derer der Arbeitnehmer in Rufbereitschaft am Einsatzort sein muss. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht (BAG, 6 AZR 643/02) einem Arbeitgeber recht gegeben. Demnach darf er fordern, dass sein Mitarbeiter während der Rufbereitschaft innerhalb von 45 Minuten am Arbeitsplatz erscheinen muss.


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Darf der Arbeitgeber einfach Bereitschaftsdienst einführen?

Sowohl für die Einführung von Bereitschaftsdienst als auch Rufbereitschaft muss schon vor der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags diese Option festgehalten sein. Ist sie es nicht, können Unternehmen die Pflicht nicht einfach einführen. Ein möglicher Weg ist jedoch die Änderungskündigung. Zudem hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, wenn die übliche Arbeitszeit in Vollarbeit überschritten wird.

Wann kann man die Bereitschaftsdienste ablehnen?

Sind Sie aufgrund Ihres Arbeitsvertrages, eines gültigen Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung zum Bereitschaftsdienst verpflichtet, können Sie diesen nicht einfach ablehnen oder verweigern. Anders sieht es aus, wenn eine solche Vereinbarung fehlt. In diesem Fall kann der Chef Sie nicht zum Bereitschaftsdienst zwingen.

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Bereitschaftsdienst: Gilt er als Arbeitszeit?

Gemäß Arbeitszeitgesetz ist Bereitschaftsdienst Arbeitszeit. Bereitschaftsdienste müssen bei der Berechnung der täglichen Arbeitszeit (acht beziehungsweise höchstens zehn Stunden) sowie der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden berücksichtigt werden. Dabei ist es nicht entscheidend, wie viel in dem Zeitraum tatsächlich gearbeitet wurde.

Ausnahmen kann es durch einen Tarifvertrag geben. Die tägliche Arbeitszeit kann dann auf über zehn Stunden verlängert werden, wenn in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienste in die Arbeitszeit fallen. Im Durch­schnitt von zwölf Mo­na­ten aber darf sie 48 St­un­den nicht über­schrei­ten.

Freizeitausgleich oder Entschädigung bei Überschreitung

Das Bundesverwaltungsgericht entschied in einem Urteil, dass Feuerwehrbeamte, die mehr als 48 Stunden in der Woche Dienst leisten mussten, von ihrem Dienstherrn Freizeitausgleich verlangen können. Kann dieser die Ausgleichsansprüche seiner Beamten nicht binnen eines Jahres erfüllen, ohne die Einsatzbereitschaft der Feuerwehr zu gefährden, besteht ein Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld, urteilten die Richter.

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Vergütung: Wie wird Bereitschaftsdienst bezahlt?

Natürlich muss der Bereitschaftsdienst bezahlt werden. Die Vergütung entspricht aber nicht zwangsläufig dem regulären Gehalt. Begründung: Die Belastung und tatsächliche Arbeit im Bereitschaftsdienst ist geringer. Entscheidend sind Regelungen im Arbeits- oder Tarifvertrag. Normalerweise wird ein Pauschalbetrag festgelegt:

Die Vergütung bemisst sich dabei nach einem Heranziehungsanteil. Dieser ist die Messgröße für den Anteil der Vollarbeit während des Bereitschaftsdienstes. Beträgt dieser Heranziehungsanteil zum Beispiel 50 Prozent, beträgt die Vergütung im Bereitschaftsdienst 50 Prozent der normalen Stundenvergütung. Dazu kommen noch mögliche Nacht- und Feiertagszuschläge.

Mindestlohn im Bereitschaftsdienst

Der Mindestlohn darf in keinem Fall unterschritten werden. Das geht aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts hervor. Unabhängig vom Heranziehungsanteil und der tatsächlich geleisteten Arbeit in dem Zeitraum müssen Sie mindestens mit dem aktuellen Mindestlohn bezahlt werden.

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Wie verbreitet ist Bereitschaftsdienst?

Laut einer Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) arbeiten in Deutschland rund 2,2 Millionen Menschen im Bereitschaftsdienst. Das entspricht rund 5,5 Prozent aller Beschäftigen. Sogar sechs Prozent aller Beschäftigten arbeiten in Rufbereitschaft (entspricht 2,4 Millionen Erwerbstätigen). Am stärksten vertreten ist der Gesundheitsbereich. In Krankenhäusern und Arztpraxen arbeiten laut IAB rund 11 Prozent der Beschäftigten in Rufbereitschaft oder im Bereitschaftsdienst. Auch in der Baubranche sind Bereitschaftsdienste üblich.

Eine andere Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zeigt weitere Bereiche, in denen Bereitschaftsdienst verbreitet ist. Weit vorne ist dabei der öffentlichen Dienst, seltener ist er in der Industrie.

  • Öffentlicher Dienst: 9 Prozent
  • Handwerk: 6 Prozent
  • Dienstleistungen: 5 Prozent
  • Industrie: 4 Prozent
  • Andere Bereiche: 10 Prozent

An der Spitze stehen Krankenpfleger, Lehrer im Sekundarbereich und Fachärzte. Auch arbeiten Männer (8 Prozent) häufiger in Bereitschaft als Frauen (5 Prozent).

Keine negativen Folgen der Bereitschaft

Auffällig: Wenngleich es zwangsläufig zu Stress, Übermüdung oder Schlafstörungen kommen kann, haben Bereitschaftsdienste offenbar nur bedingt negative Folgen für die Gesundheit. Weder in der IAB- noch in der Baua-Umfrage klagten die Betroffenen in nennenswertem Umfang über einen schlechteren Gesundheitszustand oder eine geringere Lebenszufriedenheit.

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