Fristlose Kündigung: Voraussetzungen und Fristen
Die fristlose Kündigung gilt als „außerordentlichen Kündigung„. Sie setzt gesetzliche oder (tarif-)vertragliche Kündigungsfristen außer Kraft.
Arbeitnehmer können nach § 622 BGB Abs. 1 mit einer „Grundkündigungsfrist“ von 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats kündigen. Mit der außerordentlichen Kündigung kann ein eigentlich unkündbares Arbeitsverhältnis trotzdem fristlos gekündigt werden. Effekt: Sie kommen schneller aus dem Vertrag.
Formvorschriften für die Eigenkündigung
Dazu muss die Eigenkündigung – egal, ob außerordentlich oder ordentlich – formal korrekt sein und folgende Voraussetzungen erfüllen:
-
Schriftform
Nach § 623 BGB muss die Eigenkündigung „schriftlich“ (auf Papier) erfolgen. Eine mündliche Kündigung ist unwirksam. Ebenso ein Kündigungsschreiben per E-Mail, SMS, Fax oder Whatsapp.
-
Eindeutigkeit
Die Kündigungsaussage muss „eindeutig“ sein. Kein Konjunktiv, keine langen Sätze! Für den Empfänger muss klar sein: Sie kündigen. Dazu reicht im Betreff das Wort „Kündigung“ oder im ersten Satz die Formulierung: „Hiermit kündige ich…“
-
Zeitpunkt
Das Kündigungsschreiben muss ein Datum nennen, wann die Eigenkündigung gilt. In dem Fall: „fristlos“ – also sofort.
-
Unterschrift
Das Kündigungsschreiben muss eigenhändig und mit vollem Namen unterschrieben werden, damit es rechtskräftig wird. Elektronische oder eingescannte Unterschriften gelten nicht.
-
Zugang
Der „Zugang“ entscheidet, WANN die Kündigung rechtswirksam wird. Wird das Kündigungsschreiben persönlich übergeben (idealerweise vor Zeugen), gilt es sofort. Ebenso wenn der Arbeitnehmer die Kündigung in der Personalabteilung abgibt. Wird die Kündigung per Post verschickt, gilt sie erst als „empfangen“, sobald sie im Machtbereich des Arbeitgebers ist: Briefkasten oder Poststelle.
Wichtige Gründe für die fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer
Arbeitnehmer können nicht einfach so fristlos kündigen. Laut § 626 BGB brauchen sie hierfür einen „wichtigen Grund“. Das Vertrauensverhältnis muss so beschädigt sein, dass eine weitere Zusammenarbeit unmöglich und unzumutbar ist.
Für eine fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer muss in der Regel ein grober Verstoß der Arbeitgeberpflichten vorliegen. Dazu gehören nach aktueller Rechtsprechung:
- Das Gehalt wird wiederholt zu spät oder gar nicht gezahlt (siehe Zurückbehaltungsrecht).
- Verletzung der Fürsorgepflicht durch den Arbeitgeber.
- Gewichtige Arbeitsvertragsbrüche – zum Beispiel eine unberechtigte Suspendierung.
- Der Mitarbeiter wird vom Arbeitgeber beleidigt oder körperlich bedroht.
- Der Arbeitnehmer wird diskriminiert oder sexuell belästigt.
- Der Arbeitnehmer wird regelmäßig schikaniert (siehe: Mobbing).
- Der Arbeitgeber missachtet die Arbeitsschutzvorschriften.
- Der Arbeitgeber gefährdet die Gesundheit der Angestellten.
- Der Arbeitgeber verlangt von den Arbeitnehmern strafbare Handlungen (Bilanzfälschung, Bestechung, Betrug).
- Der Arbeitgeber weigert sich wiederholt, den zustehenden Urlaub zu genehmigen.
- Anhaltende Krankheit des Arbeitnehmers (siehe: Berufsunfähigkeit)
In einigen Fällen kann Ihnen sogar eine Abfindung zustehen. Die Gerichte sprechen Arbeitnehmern dann Schadensersatz zu, wenn diese den sogenannten „sozialen Besitzstand“ durch vertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers verlieren.
Allerdings reichen selbst diese triftigen Gründe nicht immer für eine fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer: Häufig sind es Einzelfallentscheidungen. Der Richter muss im Prozess entscheiden, ob die Fortsetzung des Arbeitsvertrages für den Arbeitnehmer unzumutbar ist oder nicht. Wir empfehlen daher, dass Sie sich vor der Kündigung von einem Rechtsanwalt bzw. Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen.
Wie schnell muss ich fristlos kündigen?
Selbst eine „fristlose“ Kündigung muss eine Frist einhalten. Diese beträgt bei einer außerordentlichen Kündigung 2 Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes. Arbeitnehmer müssen also schnell handeln, wenn obige Gründe eintreten, sonst bezweifeln Richter deren Unzumutbarkeit.
Tipp: Sammeln Sie schriftliche Beweise! Sollte es vor Gericht zum Streitfall kommen, müssen Sie für die jeweiligen Kündigungsgründe Belege oder Zeugenaussagen liefern. Zum Teil reicht hierzu ein ärztliches Attest. Mobbing oder sexuelle Belästigung müssen Sie aber beweisen. Sammeln Sie rechtzeitig aussagekräftige Belege wie E-Mails, Chats, Fotos oder fertigen Sie Gesprächsprotokolle an, die Sie von Zeugen und Kollegen unterschreiben lassen.
Muss der fristlosen Kündigung eine Abmahnung vorausgehen?
Juristen sprechen in dem Zusammenhang von der Verhältnismäßigkeit: Die Kündigung darf nur das „allerletzte Mittel“ (= ultima ratio) sein. Zuvor muss der Arbeitnehmer alle angemessenen Mittel ausschöpfen. Der Arbeitgeber muss eine Chance bekommen, den Mangel zu beseitigen – zum Beispiel bei Zahlungsverzug oder Gesundheitsgefährdung am Arbeitsplatz.
Beispiel: Wird ein Angestellter von einem Kollegen gemobbt, kann er nicht sofort fristlos kündigen, solange der Chef davon nichts weiß und nicht wenigstens versucht, das Problem zu lösen.
Gefahr für Leib und Leben?
Entscheidend für eine fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer ist weniger die Schwere des Verstoßes, sondern dass der Arbeitgeber zuvor eine Abmahnung mit einer 2-wöchigen Frist zur Beseitigung erhält.
In schweren Fällen – zum Beispiel bei körperlicher Gewaltandrohung, sexueller Belästigung oder „Gefahr für Leib und Leben“ dürfen Sie hingegen sofort der Arbeit fernbleiben und fristlos kündigen.
Was droht bei einer fristlosen Kündigung?
Wer seinen Job kündigt, unterliegt danach einer 12-monatigen Sperrfrist beim Arbeitsamt und erhält in der Zeit kein Arbeitslosengeld. Das gilt auch, falls Sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben.
Ausnahmen sind Fälle, in denen Sie gemobbt wurden oder einer Gesundheitsgefährdungen ausgesetzt waren und die Eigenkündigung aus Selbstschutz erfolgt. Allerdings müssen Sie diese Fälle (ärztlich) nachweisen. Eine Garantie auf Arbeitslosengeld gibt es aber nicht. Melden Sie sich daher frühzeitig beim Arbeitsamt und sprechen Sie sich mit Ihrem Sachbearbeiter ab.
Rechnen Sie bei der fristlosen Kündigung zudem mit Gegenwehr vom Arbeitgeber. Noch vor einem Rechtsstreit kann der Chef Sanktionen einleiten, die die letzten Wochen im Job zur Hölle machen. Die fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer sollte daher der letzte, ultimative Schritt sein. Versuchen Sie zuvor eine gütliche Einigung im 4-Augen-Gespräch zu erreichen.
Kündigung durch den Arbeitnehmer: Muster
Falls es Ihnen schwer fällt, ein Kündigungsschreiben für die fristlose Kündigung zu formulieren, finden Sie hier ein kostenloses Musterschreiben. Die Vorlage können Sie gleich im Browser editieren. Dazu einfach auf den Kasten klicken:
Phantasiestraße 1
12345 Beispielstadt
Fantasie GmbH
Personalabteilung z.H. Herr Beispiel
Hauptstraße 2
45678 Musterhausen
Fristlose Kündigung meines Arbeitsvertrages
Sehr geehrter Herr Beispiel,
hiermit kündige ich Ihnen meinen bestehenden Arbeitsvertrag fristlos aus wichtigem Grund. Das bestehende Arbeitsverhältnis ist für mich aus folgendem Grund (Kündigungsgrund einfügen) nicht mehr zumutbar.
Ich bitte Sie, mir die Überstunden und den Resturlaub auszuzahlen sowie um eine schriftliche Bestätigung meiner Kündigung. Ferner bitte ich darum, mir ein qualifiziertes Arbeitszeugnis auszustellen. Bitte schicken Sie die Unterlagen an die obige Adresse.
Mit freundlichen Grüßen
(Handschriftliche Unterschrift)
Vorlage der Musterkündigung hier kostenlos herunterladen:
Kündigung Arbeitnehmer Vorlage Word
Kündigung Arbeitnehmer Vorlage PDF.
Alternativen zur fristlosen Kündigung durch Arbeitnehmer
Hinter der Frage: „Soll ich meinen Arbeitsvertrag fristlos kündigen?“ steckt oft eine andere: „Wie komme ich schneller aus dem Vertrag?“ Nicht immer rechtfertigen die „wichtigen Gründe“ eine außerordentliche Kündigung. Manchmal möchten Arbeitnehmer nur schneller den Job wechseln oder haben ein besseres Angebot.
In dem Fall sollten Sie sich an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht wenden, der die Wirksamkeit der Klauseln und Vereinbarungen im Arbeitsvertrag prüft. Wird dort zum Beispiel eine längere Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer als für den Arbeitgeber geregelt, ist diese nichtig und es gilt stattdessen die gesetzliche Kündigungsfrist.
Fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer wegen neuem Job
Darüber hinaus bleiben Ihnen diese Hintertürchen und Alternativen zur fristlosen Kündigung durch Arbeitnehmer:
-
Aufhebungsvertrag
Der schnellste und einfachste Weg, vorzeitig aus dem Arbeitsvertrag zu kommen, ist der Aufhebungsvertrag. Erklären Sie Ihrem Arbeitgeber Ihren Wechselwunsch und bitten Sie ihn darum, sie vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis zu entlassen. In beidseitigem Einverständnis kann jedes Arbeitsverhältnis zu einem früheren Datum beendet werden.
-
Resturlaub
Prüfen Sie, wie viele Urlaubstage Ihnen noch bleiben. Diesen Resturlaub können Sie so nehmen, dass er an den letzten Arbeitstag heranreicht. Auch damit lässt sich die gesetzliche Kündigungsfrist de facto verkürzen. Allerdings darf der Arbeitgeber die Genehmigung des Urlaubs aus betrieblichen Gründen verweigern. In dem Fall muss der Chef den Resturlaub auszahlen.
Die beste Option von allen bleibt aber das direkte Gespräch mit dem Vorgesetzten. Der hat nichts von einem demotivieren Mitarbeiter auf dem Sprung. Bieten Sie also zum Beispiel an, Projekte schneller abzuschließen, Nachfolger einzuarbeiten oder beim Recruiting durch Ihre Kontakte zu helfen.
Was andere dazu gelesen haben