Definition: Was ist sexuelle Belästigung?
Bei sexueller Belästigung handelt es sich um ein einseitiges, unerwünschtes Verhalten, bei dem sich das Opfer unwohl, eingeschüchtert oder in seiner Würde gedemütigt fühlt. Der Unterschied zu Komplimenten oder einem Flirt besteht darin, dass die Annäherung von der betroffenen Person als entwürdigend erlebt wird und unerwünscht ist. Ein Flirt basiert indes auf Gegenseitigkeit.
Sexuelle Belästigung ist laut § 184i STGB ein Straftatbestand. Wer eine andere Person in sexueller Weise körperlich berührt und dadurch belästigt, kann mit einer bis zu 2-jährigen Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft werden. In besonders schweren Fällen ist eine Gefängnisstrafe von bis zu 5 Jahren möglich. Das ist zum Beispiel bei gemeinschaftlich begangener Belästigung der Fall.
Häufige Fragen zur sexuellen Belästigung
Oft geht es bei sexueller Belästigung gar nicht um Erotik oder Sex, sondern vielmehr um Macht und Dominanz. Die sexuelle Belästigung wird genutzt, weil die Opfer in diesem Bereich besonders verletzlich und angreifbar sind. Oft gibt es sogar Parallelen zum Mobbing. Dabei geht es dann um Demütigung und Einschüchterung. Die Übergriffe sollten die Opfer in der Karriere behindern, ausbremsen oder in der fachlichen Kompetenz herabstufen.
Eine sexuelle Belästigung verjährt nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB nach fünf Jahren. Die sexuelle Nötigung dagegen hat eine Verjährung von 20 Jahren. Und diese Frist beginnt auch erst mit der Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers.
Sexuelle Nötigung ist eine noch schwerere Form der sexuellen Belästigung und steht ebenfalls unter Strafe. Hierbei handelt es sich etwa um körperliche Übergriffe, sexuelle Gewalt oder Missbrauch. Wer durch Gewaltandrohung oder Ausnutzen einer schutzlosen Lage sein Opfer zu sexuellen Handlungen zwingt, dem drohen empfindliche Geld- und Haftstrafen. Die Nötigung muss allerdings „erheblich“ sein – ein kurzes Begrapschen am Po fällt in der Regel nicht darunter, eine Berührung im Genitalbereiche schon.
Für Täter hat die sexuelle Belästigung mitunter dramatische Folgen. Grabschen ist kein Kavaliersdelikt. Vom Imageschaden und Karriere-Aus abgesehen, ist mindestens eine Abmahnung oder gar fristlose Kündigung drin. Grabschen, Fummeln, auf den Po klatschen, eine eindeutige Aufforderung zur sexuellen Handlung – all das kann eine sofortige Kündigung bereits rechtfertigen. Schon wer die „allgemein übliche minimale körperliche Distanz“ nicht wahrt und Betroffene gezielt unnötig und wiederholt unerwünscht anfasst, begeht eine sexuelle Belästigung, urteilte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (3 Sa 163/06). Siehe auch unseren Artikel zu den Distanzzonen.
Statistik: Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
Laut Statistik und einer Erhebung der Europäischen Kommission sind mindestens 67 Prozent der weiblichen und rund 10 Prozent der männlichen Arbeitnehmer schon einmal Ziel sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gewesen. Die Dunkelziffer dürfte höher liegen, da längst nicht alle Opfer dies öffentlich machen – wie beispielsweise in der populären #Metoo-Bewegung. Nach einer Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes erlebten 62 Prozent der Befragten schon sexualisierte Kommentare im Job, unerwünschte Blicke und Nachpfeifen (44 Prozent) oder gar ungewollte Berührungen (26 Prozent).
Bemerkenswert: Die Mehrheit der sexuellen Übergriffe am Arbeitsplatz findet auf der gleichen Hierarchiestufe statt. Also unter Kollegen – weniger zwischen Chef und Mitarbeiter(in) wie im Klischee.
Arten von sexueller Belästigung: Wo fängt sie an?
Sexuelle Belästigung kann verschiedene Formen haben – körperliche, verbale oder nonverbale. Manche Übergriffe sind offen, andere versteckt, wieder andere reichen bis ins Privatleben (siehe: Stalking). Zu den häufigsten Formen sexueller Belästigung gehören:
- Doppeldeutige Bemerkungen
- Sexistische Witze
- Anzügliche Kommentare zu Aussehen oder Sexleben)
- Sexuelle Gesten
- Taxierende Blicke
- Hinterherpfeifen („Catcalling“)
- Scheinbar zufällige, aber unnötige Berührungen
- Unerwünschter Körperkontakt (Bedrängen)
- Begrapschen von Brust oder Po
- Obszöne E-Mails oder Anrufe
- Zeigen von pornographischen Darstellungen
- Auffordern oder Nötigen zu sexueller Gefälligkeit
- Versprechen als Gegenleistung für sexuelles Entgegenkommen
- Androhung von beruflichen Nachteilen bei Verweigerung
Folgen sexueller Belästigung
Von sexueller Belästigung betroffen, sind meist Frauen. Die Folgen für sie gehen weit über die Übergriffe und Herabwürdigung hinaus. Laut Untersuchungen wechseln danach bis zu 80 Prozent der Opfer ihren Job – auch als Reaktion auf die Ignoranz des Umfeldes. Dabei nehmen sie teils sogar eine schlechtere Bezahlung in Kauf. Andere erleben danach einen Karriereknick. Psychologen konnten nachweisen, dass die psychische Belastung durch sexuelle Belästigung vergleichbar ist mit anderen traumatischen Erlebnissen – etwa einer schweren Krankheit, einem Überfall, Unfall oder einem Gefängnisaufenthalt.
Häufige Folgen und Symptome der sexuellen Belästigung
- Ekel, Empörung, Scham
- Übelkeit
- Schlafstörungen
- Konzentrationsstörung
- Kopfschmerzen
- Demotivation
- Ohnmachtsgefühle
- Minderwertigkeitsgefühle
Nicht wenige Opfer empfinden es zudem als belastend, sich in der Situation nicht ausreichend zur Wehr gesetzt zu haben. Manche bekommen deswegen sogar Schuldgefühle. Sollten Sie aber nicht! Sexualisierte Belästigung lässt sich weder rechtfertigen, noch tragen Opfer irgendeine Mitschuld. Die Faustregel lautet: Nicht die (gutgemeinte) Absicht des Täters zählt, sondern allein das, was Sie dabei empfinden.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Handlungspflicht!
Laut Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, seine Beschäftigten vor sexuellen Belästigungen zu schützen (siehe auch Fürsorgepflicht). Werden Sie von einem Kollegen oder dem Chef am Arbeitsplatz belästigt, können (und sollten) Sie das anzeigen beziehungsweise Beschwerde einreichen. In dem Fall MUSS der Arbeitgeber Maßnahmen gegen den Täter ergreifen, um Sie zu schützen – zum Beispiel Mitarbeitergespräch, Abmahnung, etc.
Kommt der Arbeitgeber seiner Pflicht nicht nach, haben Sie ein Leistungsverweigerungsrecht. Heißt: Sie können Sie Ihre Arbeit niederlegen, sofern es Ihrem Schutz dient, ohne dass Ihnen das Gehalt gekürzt werden darf. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass Sie die Beschwerde zuvor schriftlich und begründet mitgeteilt haben. In extremen Fällen haben Sie sogar ein Recht auf Entschädigung und Schadensersatz. Hierfür muss der Arbeitgeber aber mindestens 2 Monate lang untätig bleiben.
Tipps: Wie richtig reagieren auf sexuelle Belästigung?
Anzügliche Blicke, Hinterherpfeifen oder zotige Sprüche muss niemand akzeptieren. Mehr noch: Schweigen ermutigt und bestärkt viele Täter oft noch. Zwar trauen sich viele Opfer nicht zu handeln – aus Angst vor beruflichen Nachteilen oder wenig einfühlsamen Reaktionen. Reagieren sollten Sie aber unbedingt!
Angemessene Schritte gegen die sexuelle Belästigung hängen natürlich stark vom Ausmaß und der Häufigkeit der Übergriffe ab. Einen missglückten Annäherungsversuch eines verliebten Kollegen möchten Sie unter Umständen anders parieren als das wiederholte Anbaggern und Angrapschen eines Peinigers. Neben Ignorieren (was selten hilft) oder Dummstellen („Was haben Sie da gerade gesagt? Ich glaube, ich habe Sie nicht verstanden…“) bleiben Ihnen folgende Reaktionen:
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Ansprechen
Lassen Sie sich auf keinen Fall einschüchtern und sprechen Sie den Belästiger umgehend auf sein inakzeptables Verhalten an.
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Auffordern
Sagen Sie ihm (oder ihr) unmissverständlich, dass er (oder sie) damit sofort aufhören soll und machen Sie ihn darauf aufmerksam, dass sein Verhalten strafbar ist und er damit gegen die Unternehmenskultur verstößt.
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Abstellen
Bestehen Sie auf einer Entschuldigung und dem Versprechen, Sie nicht wieder zu belästigen. Nur so stellen Sie sicher, dass Ihre Botschaft angekommen ist.
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Aussagen
Wenden Sie sich an Kolleginnen und Kollegen, denen Sie vertrauen und suchen Sie sich Verbündete. Sammeln Sie überdies Beweise und dokumentieren Sie alle Vorfälle genau (Datum, Uhrzeit, Vorfall). Suchen Sie ebenfalls nach Zeugen, die Ihre Aussage bestätigen können.
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Anzeigen
Hilft alles nichts, wenden Sie sich an den Arbeitgeber, Vorgesetzten oder den Betriebsrat. Machen Sie vom Beschwerderecht Gebrauch und bringen Sie die Belästigung am Arbeitsplatz schriftlich zur Anzeige.
Kostenloser Download: Ratgeber Nein-sagen (PDF)
Soforthilfe bei sexueller Belästigung
Je nachdem, wie brisant die Situation ist, kann es empfehlenswert sein, sofort einen Anwalt für Arbeitsrecht hinzuzuziehen. Für die erste Hilfe können sich Betroffene zudem an folgende Hilfetelefone und Hotlines wenden:
- Hilfe- und Beratungsstelle der Antidiskriminierungsstelle des Bundes
Telefon: 030/18 555 1865 - Bundesweites Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen
Hotline: 0800/0116 016
Souveräne Reaktionen auf leichte Belästigung
Insbesondere in (einmaligen) leichteren Fällen kann es sinnvoll sein, den Täter mit einer souveränen Replik in die Schranken zu weisen, um nicht gleich als Zicke abgestempelt zu werden. Bewährt hat sich, folgende Reaktionen mit einem Lächeln oder Lachen zu garnieren:
- Irritiertes Lächeln: „Ich kann nicht glauben, dass Sie das gerade gesagt haben. Zu Ihrem Besten vergesse ich das gleich wieder.“
- Verächtliches Lächeln: „Hahaha. Nur in Ihren Träumen.“
- Ungläubiges Lächeln: „Das können Sie unmöglich ernst meinen!“
- Mitleidiges Lächeln: „Sie Ärmster. Sie brauchen wirklich dringend Urlaub!“
- Ironisches Gelächter: „Genau so jemand hat mir gefehlt.“
Lachen bringt viele Nötiger aus dem Konzept. Die Attacke oder Offerte verpufft und bekommt eine für ihn überraschende Wendung, die ihn zum Würstchen degradiert. Gut so!