Zeitwertkonto: Bedeutung, Auszahlung + Vor- & Nachteile

Sie wollen die Elternzeit verlängern, ein Sabbatical machen oder sogar früher in Rente gehen? Dann kann ein Zeitwertkonto die Lösung sein. Das Prinzip: Heute arbeiten und einzahlen, später bezahlt freigestellt werden. Wir erklären, wie das Zeitwertkonto funktioniert und welche Vor- sowie Nachteile das Modell hat…

Zeitwertkonto Definition Bedeutung Beispiel Vor Und Nachteile

Was ist ein Zeitwertkonto?

Das Zeitwertkonto (auch: Lebensarbeitszeitkonto oder Langzeitarbeitskonto) ist eine besondere Form des Arbeitszeitkontos, auf dem Sie langfristig zu viel geleistete Arbeit ansparen können. Ziel ist es, zu einem späteren Zeitpunkt eine längere bezahlte Freistellung und berufliche Auszeit zu ermöglichen.

Über viele Jahre können Sie ein Wertguthaben aufbauen, dass Sie sich später in Form von bezahlter Freizeit auszahlen lassen können. Anders, als bei einem klassischen Arbeitszeitkonto, muss der Ausgleich nicht innerhalb eines Jahres erfolgen. So können Sie eine monate- oder sogar jahrelange Freistellung bei Fortzahlung des Gehalts ansparen.

Wofür wird das Zeitwertkonto genutzt?

Bereits 2009 wurde das Zeitwertkonto mit dem Flexii-II-Gesetz als Möglichkeit und Alternative zur Altersteilzeit geschaffen. Wenn Sie lange auf Ihr Wertguthaben einzahlen, können Sie bestenfalls früher in Rente gehen – ohne Kürzungen, weil das Arbeitsverhältnis zunächst weiterbesteht und der Arbeitgeber zahlt.

Sie können das Zeitwertkonto aber für andere Gründe nutzen:

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Nutzung: Wie funktioniert das Zeitwertkonto?

Das Zeitwertkonto ähnelt in seiner Funktionsweise einem typischen Bankkonto: Sie zahlen ein, um später darauf zugreifen zu können. Dabei wird die Nutzung in zwei Phasen unterteilt.

1. Ansparphase

In der Ansparphase bauen Sie das Wertguthaben auf. Dies erfolgt nicht als Arbeitszeit, sondern als Arbeitsentgeltguthaben. Sie sparen den Gegenwert Ihrer zu viel geleisteten Arbeit und andere Einzahlungen auf dem Zeitwertkonto an. Was genau Sie einzahlen können, hängt auch von der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber ab. Möglich sind:

Ein Vorteil: In der Ansparphase muss auf das eingezahlte Guthaben weder Lohnsteuer noch Sozialabgaben gezahlt werden. Die werden erst fällig, wenn das Guthaben in der Entnahmephase ausgezahlt wird. Das Wertguthaben kann aber ein Maximum erreichen. Unternehmen müssen garantieren, dass Mitarbeiter das vollständige Guthaben aufbrauchen können. Dies ist zum Beispiel nicht der Fall, wenn das Wertguthaben die restliche Arbeitszeit bis zum Renteneintritt übersteigt.

2. Entnahmephase

In der Entnahmephase folgt die Auszahlung des angesparten Wertguthabens durch bezahlte Freistellung von Ihrer Arbeit. So können Sie zum Beispiel früher in Rente gehen, sich um Ihre Familie kümmern oder mehrere Monate berufliche Pause einlegen, um zu verreisen. Das Arbeitsverhältnis besteht in der Zeit weiter und Sie erhalten ein vereinbartes Gehalt vom Unternehmen.

Die Auszahlung muss angemessen zum Durchschnittsgehalt der vergangenen 12 Monate sein. Die Grenzen liegen zwischen 70 und 130 Prozent des Verdiensts aus dem vergangenen Jahr. Zudem müssen Sie bei der Beantragung der Freistellungsphase Fristen einhalten – informieren Sie sich rechtzeitig bei Ihrem Arbeitgeber.

Anspruch: Wer kann das Zeitwertkonto nutzen?

Grundsätzlich können alle Mitarbeiter in einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ein Zeitwertkonto führen. Das gilt auch für Mitarbeiter in Teilzeit oder in einem Minijob. In der Praxis ist das Modell trotzdem eine große Ausnahme.

Der Grund: Für Unternehmen gibt es keine Pflicht, ein Zeitwertkonto anzubieten. Letztlich bleibt es die Entscheidung des Arbeitgebers, ob er das Konzept für Mitarbeiter zur Verfügung stellt. Mögliche Regelungen finden sich in individuellen Vereinbarung, einer Betriebsvereinbarung oder einem gültigen Tarifvertrag.

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Zeitwertkonto: Vor- und Nachteile

Ein Zeitwertkonto ist für Arbeitnehmer eine beliebte Möglichkeit, doch auch Unternehmen können von dem Konzept profitieren. Auf der anderen Seite gibt es Schwierigkeiten und Probleme. Wir zeigen die Vor- und Nachteile für beide Seiten:

Vorteile für Arbeitnehmer

  • Individuelle Auszeit
    Mitarbeiter können individuell eine Auszeit planen und nutzen – ohne größere finanzielle Einbußen befürchten zu müssen. Sie können selbst entscheiden, ob Sie früher in Rente gehen oder für die Betreuung von Kindern länger zuhause bleiben wollen.
  • Hohe Renditen
    Wenn Sie das Zeitwertkonto über viele Jahre nutzen, profitieren Sie von Zinsen und Zinseszinsen. So können hohe Renditen entstehen und die Dauer der Freistellung verlängern.
  • Mehr Zufriedenheit
    Die Möglichkeit eines Zeitwertkontos ist beliebt, zeigt Wertschätzung vom Arbeitgeber und verbessert durch flexible Planung die Work-Life-Balance. Insgesamt steigt die Zufriedenheit.

Nachteile für Arbeitnehmer

  • Geringeres Gehalt
    Egal, ob Vergütung für Überstunden, Bonuszahlungen oder ein Teil Ihres Bruttogehalts: In der Ansparphase haben Sie ein geringeres Gehalt, weil Sie auf das Wertguthaben einzahlen. Das lohnt sich langfristig, ist im ersten Moment aber ein finanzieller Einschnitt.
  • Größere Belastung
    Es kann viel zusätzliche Arbeit bedeuten, wenn Sie darüber das Zeitwertkonto füllen wollen. Bei einer 39-Stunden-Woche braucht es 2.028 Überstunden, um ein Jahr früher in Rente gehen zu können. Sie müssen über Jahre jede Woche mehr arbeiten, als vertraglich vereinbart. Eine körperliche und psychische Belastung.
  • Keine Garantie
    Arbeitgeber müssen das Wertguthaben gegen Insolvenz absichern – wurde dies nicht oder nicht ausreichend getan, bleibt ein Risiko für Kürzung oder Streichung Ihres angesparten Arbeitsentgeltguthabens.

Vorteile für Arbeitgeber

  • Gutes Employer Branding
    Ein Zeitwertkonto stärkt das Employer Branding. Unternehmen zeigen sich als moderner Arbeitgeber, um Fach- und Führungskräfte anzulocken.
  • Flexible Personalplanung
    Durch die Speicherung als Wertguthaben können Mitarbeiter flexibel eingesetzt und die Arbeitszeiten bei Bedarf besser angepasst werden. Gerade bei Schwankungen im Arbeitsaufkommen ein Pluspunkt.
  • Zufriedene Mitarbeiter
    Mitarbeiter sind zufriedener, produktiver und loyaler zum Unternehmen.

Nachteile für Arbeitgeber

  • Hoher Verwaltungsaufwand
    Die Führung und Verwaltung von Zeitwertkonten für alle Mitarbeiter ist ein großer Verwaltungsaufwand. Gerade kleine Unternehmen wählen deshalb meist einfachere Modelle.
  • Fehlende Mitarbeiter
    Lässt sich ein Mitarbeiter das Wertguthaben als Freistellung auszahlen, kommt es zu Personalmangel im Betrieb. Es muss für längere Zeit ein passender Ersatz gefunden und eingearbeitet werden.
  • Unnötige Überstunden
    Das System kann auch ausgenutzt werden, wenn Mitarbeiter absichtlich Überstunden machen, um diese als Wertguthaben zu erhalten. Arbeit und Aufgaben werden in die Länge gezogen, um die zusätzliche Zeit anzusparen.
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Zeitwertkonto bei einer Kündigung

Nur wenige Karrieren verlaufen über Jahrzehnte beim selben Arbeitgeber. Was passiert mit dem Zeitwertkonto und dem Wertguthaben, wenn Sie kündigen und das Unternehmen wechseln? Hier haben Sie verschiedene Optionen:

  • Zeitwertkonto mitnehmen
    Sie können beantragen, dass Ihr neuer Arbeitgeber das Zeitwertkonto übernimmt und weiterführt. Darauf haben Sie aber keinen festen Anspruch. Der neue Chef kann den Wunsch ablehnen.
  • Zeitwertkonto belassen
    Können Sie das Wertguthaben nicht mitnehmen, kann es beim ehemaligen Arbeitgeber verbleiben. Dieser verwaltet es und zahlt es aus, wenn der Zeitpunkt Ihrer Freistellung gekommen ist.
  • Wertguthaben auszahlen
    Eine mögliche Ausnahme: Sie können sich das angesparte Guthaben auszahlen lassen. Dies geht allerdings nur, wenn der Wert auf dem Konto weniger als 16.170 Euro (alte Bundesländer) oder 13.650 Euro (neue Bundesländer) beträgt.
  • Wertguthaben an Rentenversicherung übertragen
    Ist der Wert höher und keine andere Option möglich, kann das Wertguthaben an die Deutsche Rentenversicherung übertragen werden. Diese verwaltet das Wertguthaben und kann es später auszahlen.

Was passiert, wenn Mitarbeiter vor der Auszahlung sterben?

Stirbt ein Mitarbeiter, bevor das Guthaben vom Zeitwertkonto als Freistellung gewährt wurde, wird das angesparte Guthaben an die Angehörigen ausgezahlt. Rechtlich gilt dies als sogenannter „Störfall“, der eine Auszahlung ermöglicht.


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