Lebensarbeitszeitkonto: Definition, Vor- und Nachteile

Mit einem Lebensarbeitszeitkonto können Sie Geld und Zeit investieren, um später eine bezahlte Auszeit vom Job zu finanzieren. So können Sie möglicherweise sogar früher in Rente gehen, ohne Abschläge in Kauf nehmen zu müssen. Wie funktioniert das? Wir erklären das System, zeigen Ihre Möglichkeiten und die Vor- sowie Nachteile eines Lebensarbeitszeitkontos…

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Definition: Was ist ein Lebensarbeitszeitkonto?

Das Lebensarbeitszeitkonto (auch Zeitwertkonto oder Langzeitarbeitskonto genannt) ist eine besondere Form des Arbeitszeitkontos, auf dem zu viel geleistete Arbeit angespart wird, um später eine längere bezahlte Freistellung zu finanzieren.

Der große Unterschied zu anderen Arbeitszeitkonten ist die Dauer. Andere Formen sind sogenannte Kurzzeitkonten, die innerhalb eines Jahres ausgeglichen werden müssen. Auf dem Lebensarbeitszeitkonto können Sie über Jahre oder sogar Jahrzehnte einzahlen, um lange Zeiträume der Freistellung zu ermöglichen.

Wofür wird das Lebensarbeitszeitkonto genutzt?

Ziel des Lebensarbeitszeitkontos ist die Finanzierung einer längeren beruflichen Auszeit. Diese Auszeit kann für verschiedene Vorhaben verwendet werden:

Besonders beliebt ist die Möglichkeit, durch das Wertguthaben den Ruhestand vorzuziehen. Haben Sie zum Beispiel ausreichend Guthaben gesammelt, um 2 Jahre freigestellt zu werden, können Sie früher aufhören zu arbeiten.

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Wie funktioniert das Lebensarbeitszeitkonto?

Auf einem Lebensarbeitszeitkonto sparen Sie ein sogenanntes Arbeitsentgeltguthaben (oder Wertguthaben) an. Einfach erklärt: Sie zahlen durch zu viel geleistete Arbeit darauf ein und können den zeitlichen Gegenwert zu einem späteren Zeitpunkt in bezahlte Freizeit umwandeln. Ein simples Beispiel sind Überstunden. Wenn Sie fünf Stunden mehr als vereinbart arbeiten, steigt Ihr Lebensarbeitszeitkonto um den Wert dieser Arbeitszeit.

Doch nicht nur Zeit, auch finanzielle Zahlungen auf das Konto sind möglich. Ihr Wertguthaben kann durch folgende Bestandteile gesteigert werden:

  • Bruttogehalt (anteilig)
  • Überstunden (oder deren Vergütung)
  • Leistungsprämien
  • Urlaubstagen
  • Urlaubsgeld
  • Weihnachtsgeld
  • Zuschüssen des Arbeitgebers

Bei Einzahlung fallen für den Mitarbeiter keine Steuern oder Sozialversicherungen auf das Lebensarbeitskonto an. Erst bei Auszahlung des Wertguthabens wird dieses versteuert.

Wie funktioniert die Auszahlung?

Ganz gleich, wofür Sie Ihre Auszeit nehmen: Während der Freistellung beziehen Sie weiterhin ein Entgelt – aus dem angesparten Wertguthaben Ihres Lebensarbeitskontos. Dieses muss nicht genau Ihrem Gehalt entsprechen. Aber: Das ausgezahlte Entgelt darf nicht unangemessen zum Durchschnittsgehalt der vergangenen 12 Monate sein.

Die Angemessenheitsgrenzen liegen zwischen 70 bis maximal 130 Prozent Ihres vorherigen durchschnittlichen Verdiensts. Bei 2.500 Euro brutto im Monat ist eine Auszahlung zwischen 1.750 Euro und 3.250 Euro angemessen. Je nach Höhe des Auszahlungsbetrags variiert Ihre Freistellungsdauer.

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Wer kann das Lebensarbeitszeitkonto nutzen?

Das Konzept eines Lebensarbeitszeitkontos steht jedem sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer offen – auch in Teilzeit oder bei einem Minijob ist es möglich. Studien ist das Modell für fast 75 Prozent der Arbeitnehmer interessant, viele wünschen es sich sogar.

Leider können es in der Praxis nur wenige nutzen. Es gibt für Unternehmen keine Verpflichtung, ein Lebensarbeitszeitkonto anzubieten. Bisher wird das Konzept nur bei etwa fünf Prozent der Arbeitgebern umgesetzt.

Rechtliche Regelungen zum Lebensarbeitszeitkonto

Die Zustimmung des Arbeitgebers zu einem Lebensarbeitszeitkonto muss schriftlich erfolgen. Dies kann eine individuelle Vereinbarung sein, oft wird der Aspekt aber in einer Betriebsvereinbarung geregelt. Auch ein Tarifvertrag kann für Branchen und Beschäftigte Regelungen zum Zeitwertkonto enthalten.

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Lebensarbeitszeitkonto: Was passiert bei einer Kündigung?

Wenn Sie auf dem Zeitwertkonto über viele Jahre ein Wertguthaben aufbauen, verfällt dieses nicht einfach bei einer Kündigung. Bei einem Jobwechsel gibt es verschiedene Optionen, was mit Ihrem angesparten Guthaben passieren kann:

  • Sie übertragen es zum neuen Unternehmen
    Das neue Unternehmen kann das Wertguthaben übernehmen und das Lebensarbeitszeitkonto für sie weiterführen – eine Pflicht dazu gibt es aber nicht. Ihr neuer Chef darf auch ablehnen und Sie müssen eine andere Möglichkeit finden.
  • Sie lassen es beim alten Arbeitgeber
    Ihr bisheriger Arbeitgeber verwaltet das Wertguthaben weiterhin. Wollen Sie sich bezahlt freistellen lassen, leitet das Unternehmen die entsprechenden Zahlungen ein.
  • Sie lassen es sich auszahlen
    Dies ist nur in Ausnahmen und bis zu konkreten Grenzen möglich. Liegt der Wert auf dem Lebensarbeitszeitkonto unter 16.170 Euro (alte Bundesländer) beziehungsweise 13.650 Euro (neue Bundesländer) können Sie sich das Wertguthaben auszahlen lassen. Zuvor müssen Sie den neuen Arbeitgeber nach einer Übertragung fragen.
  • Sie übertragen es der Deutschen Rentenversicherung
    Bei höheren Summen und ist keine andere Option möglich, können Sie das Guthaben an die Deutsche Rentenversicherung übertragen. Diese verwaltet Ihr Wertguthaben und zahlt es zu einem späteren Zeitpunkt wieder an Sie aus.

Was passiert mit dem Wertguthaben bei einer Insolvenz?

Der Arbeitgeber meldet Insolvenz an und das Wertguthaben, das Sie über Jahre angespart haben, ist weg? Dies soll durch einen gesetzlich vorgeschriebenen Insolvenzschutz verhindert werden. Arbeitgeber sind verpflichtet, das Guthaben so anzulegen und zu verwalten, dass es vor Zahlungsunfähigkeit geschützt ist. Möglichkeiten sind eine Versicherung, Bankbürgschaften oder ein Treuhandmodell.

Vor- und Nachteile des Wertguthabens

Das Modell eines Langzeitarbeitskontos ist vor allem bei Arbeitnehmern beliebt. Doch gibt es nicht nur Vor-, sondern auch Nachteile für Mitarbeiter und Unternehmen. Wir stellen diese gegenüber:

Vorteile für Arbeitnehmer

  • Flexible Auszeit
    Ob bezahlte Auszeit zur Kinderbetreuung, vorgezogener Renteneintritt oder anderes Ziel: Mitarbeiter können individuell planen und sich eine längere Pause vom Job finanzieren.
  • Gute Rendite
    Auf lange Sicht kann das Lebensarbeitszeitkonto ein gute Rendite bringen und durch Zinsen und Zinseszinseffekte deutlich wachsen. Gerade mit Blick auf eine früherer Rente lohnt es sich, früh anzufangen.
  • Mehr Zufriedenheit
    Mitarbeiter sind zufriedener und oft auch motivierter. Das Konzept ermöglicht eine bessere Work-Life-Balance, weil die Arbeit an eigene Bedürfnisse und Wünsche angepasst werden kann.

Nachteile für Arbeitnehmer

  • Weniger Einkommen
    In der Ansparphase verzichten Sie auf einen Teil Ihres Einkommens. Wenn Sie zum Beispiel einen Teil Ihres Bruttogehalts oder Bonuszahlungen auf das Zeitwertkonto einzahlen, haben Sie weniger Geld zur Verfügung.
  • Größere Belastung
    Ein Beispiel: Bei einer 39-Stunden-Woche müssen Sie insgesamt 2.028 Überstunden ansparen, um ein Jahr früher in Rente gehen zu können. Dazu müssen Sie für 11 Jahre jede Woche 4 Überstunden machen. Eine große zusätzliche Belastung.
  • Keine Garantie
    Trotz gesetzlich vorgeschriebenem Insolvenzschutz gibt es keine 100-prozentige Garantie, dass es im Falle einer Insolvenz keine Kürzungen oder gar Streichungen des Wertguthabens kommt. Hat der Arbeitgeber die Vorschriften verletzt, sind auch Sie der Leidtragende.

Vorteile für Unternehmen

  • Gutes Employer Branding
    Ein Großteil der Arbeitnehmer wünscht sich die Möglichkeit eines Wertguthabens beim Arbeitgeber. Wer das Modell anbietet, kann beim Employer Branding punkten.
  • Flexible Arbeitszeiten
    Arbeitszeiten können flexibler geplant werden, um auf unterschiedliches Arbeitsaufkommen zu reagieren.
  • Zufriedene Mitarbeiter
    Für Arbeitgeber sind zufriedene Mitarbeiter ein wichtiger Erfolgsfaktor. Das Team bringt bessere Leistungen, ist engagierter und identifiziert sich stärker mit dem Betrieb.

Nachteile für Unternehmen

  • Großer Aufwand
    Es ist ein großer Aufwand für Unternehmen, ein Lebensarbeitszeitkonto zu führen und zu verwalten. Kleine Unternehmen mit wenigen Arbeitnehmern werden davon regelmäßig abgeschreckt.
  • Fehlendes Personal
    Für Arbeitgeber ist es ein Problem, wenn wichtige Mitarbeiter für Monate oder gar Jahre freigestellt werden. Es muss ein passender Ersatz gefunden werden, um die Personallücke zu schließen.
  • Unnötige Überstunden
    Leider birgt das Konzept die Gefahr, dass Mitarbeiter gezielt versuchen, Überstunden anzusammeln. Es wird Arbeitszeit angehangen und länger gearbeitet, um das Konto zu füllen.

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