Darf ich im Job eine Gebetspause machen?
Grundsätzlich gilt in Deutschland Religionsfreiheit nach Artikel 4 des Grundgesetzes. Auch am Arbeitsplatz. Gleichzeitig stehen Mitarbeitern gesetzlich geregelte Pausen zu. Wie und wozu diese genutzt werden – zum Spaziergang oder Gebet –, bleibt den Arbeitnehmern selbst überlassen.
Gleichzeitig haben Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, dass es zu keinen betrieblichen Störungen durch das Beten oder regelmäßige Gebetszeiten kommt. Die meisten Unternehmen sind zwar tolerant gegenüber dem Beten im Job. Lassen Arbeitnehmer aber regelmäßig ihre Arbeit liegen, um zu beten, kommt es zum Konflikt beider Rechte.
Darf Beten auf der Arbeit verboten werden?
Problematisch wird das Beten im Job, wenn die beruflichen Pflichten des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag leiden. Bleiben dadurch Aufgaben liegen oder kommt es zu Störungen im Betriebsablauf, kann der Arbeitgeber die Gebetspausen zumindest einschränken.
Dafür müssen Unternehmen aber nachweisen, dass die vereinbarten Leistungen wegen des religiösen Verhaltens nicht erbracht werden. Im Einzelfall: schwierig. Erst recht, wenn – je nach Tätigkeit – die Pause nachgearbeitet werden kann (LAG Hamm, 5 Sa 1782/01). Anders kann es aussehen, wenn – im Extremfall – ein Teil oder der gesamte Betrieb für die Zeit der Gebetspause stillsteht – zum Beispiel das Fließband.
Im konkreten Fall forderte ein Muslim eine 3-minütige Gebetspause am Morgen. Weil er aber an einer Beschichtungsanlage arbeitete und die Pause den Maschinenbetrieb erheblich gestört hätte, wies das Gericht die Klage ab.
Muss ich den Chef über die Gebetspause informieren?
Wer im Job regelmäßig beten will, darf nicht einfach für unbestimmte Zeit vom Arbeitsplatz verschwinden, sondern mit den Chef über die Gebetspause informieren. Wer sich heimlich zum Gebet verdrückt, riskiert eine Abmahnung – im Wiederholungsfall gar eine Kündigung.
Muss der Chef die Gebetspause bezahlen?
Zwar haben Arbeitnehmern nach § 616 BGB Anspruch auf bezahlte, kurze Pausen. Werden die aber aus persönlichen Gründen gemacht – was auf Beten im Job zutrifft – gelten diese im Arbeitsrecht als „selbst verschuldet“ und müssen vom Arbeitgeber nicht bezahlt oder müssen nachgearbeitet werden.
Unternehmen und Betriebe mit vielen religiösen Angestellten können hierzu aber auch eine Betriebsvereinbarung treffen und die Mitarbeiter zu den Gebetspausen freistellen. Allerdings in der Regel unbezahlt (siehe auch: Raucherpause).
Welche Vorteile hat Beten im Job?
Glauben ist Privatsache. Manche beten vor dem Schlafengehen, andere gehen regelmäßig in die Kirche oder Moschee. Im Job dagegen tun sich viele schwer damit, über Religion und Beten zu sprechen. Dabei kann das Beten im Job Vorteile haben:
- Beten baut Stress ab
Stress und Termindruck sind in vielen Jobs hoch. Ein paar Minuten Stille, Ruhe und Meditation bauen Druck an, fördern die Konzentration und Regeneration. - Beten fördert den Teamgeist
Der offene Umgang mit unterschiedlichen Kulturen und Religionen fördert die Toleranz und den Zusammenhalt im Team. Der Austausch senkt Vorurteile und verbessert das Verständnis untereinander. - Beten verbessert die Arbeitsatmosphäre
Die eigene Religion ist Ausdruck der Persönlichkeit. Arbeitnehmern den Raum dafür zu lassen – so lange dauern Gebet nicht – ist ein Zeichen von Respekt und Wertschätzung, die wiederum das Arbeitsklima verbessern.
Auch Arbeitgeber profitieren von Gebeten
Um langfristig erfolgreich zu sein, sind Loyalität und Zufriedenheit im Job ein wichtiger Faktor. Erst recht in Zeiten des Fachkräftemangels! Dazu gehört, dass sich Mitarbeiter mit der Unternehmenskultur identifizieren. Der offene und respektvolle Umgang mit unterschiedlichen Religionen ist damit ein wichtiges Instrument zur Mitarbeiterbindung und Leistungssteigerung.
Für Unternehmen kann es sich lohnen, nicht nur das Beten während der Arbeitszeit zu erlauben, sondern für die stille Zeit auch spezielle Räume anzubieten.
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