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Fehlstart: So wenden Sie das Blatt

Berufsberatungen und Schülerpraktikum zum Trotz kann sich ein Job als falsche Wahl und der Berufseinstieg als Fehlstart erweisen. Die Enttäuschung ist umso herber, je stärker sich ein Bewerber im Vorfeld mit dieser Tätigkeit auseinandergesetzt und sogar identifiziert hat. Gerade Berufseinsteiger können recht unsanft auf dem Boden der Tatsachen landen, wenn sie erkennen müssen, dass ihre Berufswahl womöglich ein Fehler war. Aber soweit muss es nicht kommen. Was Sie vorab tun können und wie Sie im Falle eines Fehlstarts das Blatt für sich wenden…



Fehlstart: So wenden Sie das Blatt

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Definition: Was ist ein Fehlstart?

In der Leichtathletik bezeichnet ein Fehlstart die Startbewegung eines Sportlers, bevor das Startsignal ertönt ist. Dieser auch „Frühstart“ genannte Fehler hat negative Konsequenzen, denn üblicherweise wird derjenige Teilnehmer nun vom sportlichen Wettkampf ausgeschlossen. Analog dazu ist alles ein Fehlstart, was in irgendeiner Form nicht so funktioniert, wie erwartet. Das Programm, das nicht startet, das Auto, das nicht anspringt – aber natürlich auch erste Begegnungen, die unerfreulich verlaufen.

Ebenso kann der holprige Einstieg in einen neuen Job – etwa durch Jobwechsel oder berufliche Neuorientierung – oder generell ins Berufsleben ein Fehlstart sein, wenn irgendwie so gar nichts zu klappen scheint. Oder aber der Job weit hinter den Erwartungen zurückbleibt.

Beispiel und Konsequenzen eines Fehlstarts

Vielleicht war jemand jahrelang der festen Überzeugung, dass ein Lehramtsstudium für ihn genau das Richtige ist, weil er gerne Wissen vermitteln. Im Referendariat kommt plötzlich das böse Erwachen, denn es stellt sich heraus, dass der Lehrerberuf noch wesentlich mehr umfasst als nur die Vermittlung von Wissen: Der ganze Organisationskram, die nächtlichen Korrekturen, das Auseinandersetzen mit gereizten Eltern (die ihre Sprösslinge allesamt für einen Einstein halten), die Konferenzen und vieles mehr konnte man zu Beginn des Studiums noch gar nicht absehen. Und auch die Praktika bis dahin haben nur einen Bruchteil der jetzigen Arbeit durchblicken lassen.

Bezogen aufs Berufsleben und den gesellschaftlichen Bereich außerhalb des Sports, sind die Auswirkungen eines Fehlstarts glücklicherweise nicht so gravierend. Hier geht es auch nicht darum, dass jemand etwa zu früh in ein Unternehmen eingetreten wäre. Vielmehr erkennt der Arbeitnehmer nach einer gewissen Zeit, dass sich seine Vorstellungen vom Job nicht bewahrheiten. Je nach Erwartungshaltung zu Beginn des Arbeitsverhältnisses kann so eine Erkenntnis einer Katastrophe gleichkommen.

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Sammeln und sortieren: Was ist da schief gelaufen?

Gerade wer sich bei seiner Berufswahl nur auf eine Option versteift hat, ist von einem Fehlstart viel stärker erschüttert als solche, die sich grundsätzlich mehrere berufliche Tätigkeiten vorstellen können. Allein: Es gibt keine hundertprozentige Garantie im Leben, für nichts. Rückschläge, Zwischenfälle, Krisen gehören zum Leben dazu und stärken Ihre Resilienz. Planänderungen sind überhaupt kein Beinbruch, erfordern aber eine Auseinandersetzung mit den eigenen Zielen. Wichtig ist daher eine Analyse der Situation:

  1. Was ist da schiefgelaufen?
  2. Wo liegen die Ursachen?
  3. Wie lässt sich das Problem beheben?

Im Falle eines falschen Jobs gibt es viele mögliche Antworten auf diese Fragen. Manchmal stimmt das Umfeld nicht: Obwohl im Vorstellungsgespräch alles harmonisch erschien, entpuppt sich der Vorgesetzte als Despot, die Kollegen sind bestenfalls desinteressiert.

Oder aber die Tätigkeiten sind deutlich routinebehafteter als angenommen. Nicht selten ergreifen Schulabgänger beispielsweise einen Ausbildungsberuf, der in ihrem näherem Umfeld typischerweise vertreten ist. Aber nur weil die Mutter Bankkauffrau erlernt hat, muss das gar nicht den eigenen Neigungen und Fähigkeiten entsprechen.

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Berufliche Orientierung das A und O

Zu wissen, wohin die Reise geht und sich endgültig festzulegen, erfordert eine intensive Auseinandersetzung. Und zwar mit dem Angebot, als auch mit den eigenen Wünschen, Stärken und Fähigkeiten. Erst das würde das Risiko von Fehlstarts direkt am Anfang des Berufslebens deutlich reduzieren. Intensive Berufsorientierung ist zugegebenermaßen eine Herausforderung, der alle Absolventen unterliegen, egal ob Hauptschüler oder Gymnasiasten. Gründe für mangelnde Auseinandersetzung:

Angebotsvielfalt

Fehlstarts sind auch eine Folge des kaum zu überschauenden Angebots an Ausbildungsberufen und Studiengängen. Die Möglichkeiten sind heutzutage fast unendlich. Gerade mit einem Schulabschluss, der alle Türen offen hält: Bei über 400 anerkannten Hochschulen mit über 16.000 Studiengängen ist umfassende Information nur schwer zu leisten. Auch manche Immatrikulierte stellen erst mit Voranschreiten des Studiums fest, dass sich Inhalte als uninteressant oder wenig zielführend erweisen.

Auswahlverfahren

Einige Ausbildungsberufe (besonders Behörden) haben teilweise schon zwei Jahre vor Ausbildungsbeginn komplizierte Auswahlverfahren. Verständlich, dass es Jugendlichen schwerfällt, sich endgültig festzulegen. Zumal diese Entscheidung bei vielen in ein Alter fällt, das sowieso eine Umbruchphase bedeutet.

Beratungsdefizite

Selbst Berufsberatungen der Arbeitsagentur sind mitunter wenig aussagekräftig. Dort rät man teilweise zu Trendberufen oder bestimmten Studienfächern, die gerade beispielsweise aufgrund von Fachkräftemangel gefragt sind.

Das Dilemma: Solche Tipps gehen erstens an den persönlichen Fähigkeiten des Absolventen vorbei. Zweitens berücksichtigen sie den sich wandelnden Arbeitsmarkt nicht, Stichwort „Schweinezyklus„: Mangel und Überangebot eines Berufs (klassisch: Lehrer) wechseln sich ab, weil sich während der Ausbildungszeit die Umstände ändern, etwa durch politische Entscheidungen oder Pensionierungswellen.

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Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist: Wieder herausholen!

Was also tun? Nicht alle Besonderheiten und Eventualitäten lassen sich vorab recherchieren oder gar einkalkulieren. Allergien sind die eine Sache, persönliche Differenzen eine andere. Allerdings herrscht bei vielen Berufsanfängern nach wie vor Unsicherheit und Unklarheit bezüglich der eigenen Stärken und Schwächen. Es existiert eine grobe Vorstellung davon, was Spaß macht. Aber viele vermeiden eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Berufswahl aus Bequemlichkeit. Oder sie findet nur in der Schule statt. Drei Tipps dazu:

1. Risiko eines Fehlstarts vorab mindern

Zwar kann immer etwas schief laufen, aber manche Fehler ließen sich vermeiden, wenn man genügend Informationen einholt. So brechen in Deutschland nach Schätzungen der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege pro Jahr 30.000 Jugendliche ihre Ausbildung aus gesundheitlichen Gründen ab. Damit legen doppelt so viele Jugendliche wie in den achtziger Jahren einen Fehlstart hin. Besonders betroffen sind Berufe wie Friseur, Florist oder Bäcker. Auch in holzverarbeitenden Berufen und in der Metall- und Baubranche ist die Abbrecherquote hoch.

Wichtig wäre hier eine frühzeitige und individuelle Beratung, indem ein Facharzt und der Berufsberater die Berufswahl auf die persönlichen Bedingungen abstimmen. Der Fehlstart zu Beginn ist allerdings kein Spezifikum von Ausbildungsberufen. Mit einem Knick ins Berufsleben starten ebenfalls Gymnasiasten, die sich bei der Studienwahl für das falsche Studium entschieden haben oder generell umsatteln: Nach sechs Semestern Medizin eine Ausbildung zum Automobilkaufmann zu machen ist zwar ungewöhnlich, aber kommt vor.

2. Erwartungen realistisch halten

Etwas, das Sie jedoch für längere Zeit in Ihrem Berufsleben begleiten soll, sollten Sie nicht so auf die leichte Schulter nehmen. Ebenso sollten Sie jedoch realistisch bleiben: Der Job, in dem alles hundertprozentig stimmt, muss erst noch erfunden werden. Jeder Beruf enthält Anteile, die weniger Spaß machen und solche, die leicht von der Hand gehen.

Wer also (vermeintlich) im falschen Job steckt, sollte kurz innehalten und die eigenen Ansprüche überprüfen: Missfällt ausnahmslos alles an der Tätigkeit? Halten sich positive und negative Aspekte die Waage? Oder überwiegen vielleicht doch die interessanten Aufgaben? Gibt es Stellschrauben, an denen Sie etwas ändern können? Wo könnten Sie alternativ Ihre Stärken und Fähigkeiten besser anwenden?

3. Probezeit bewusst nutzen

Das Hauptziel vieler Arbeitnehmer besteht darin, die Probezeit zu überstehen. Was viele vergessen: Sie dient beiden Vertragsparteien der Überprüfung. Wenn Ihnen klar ist, dass Sie die falsche Wahl getroffen haben, ist ein Ende mit Schrecken besser als ein Schrecken ohne Ende. Dann kann eine Kündigung in der Probezeit für beide Parteien sinnvoll sein.

Schließlich sind Berufsbiographien schon längst nicht mehr gerade und gerade jungen Berufsanfängern wird man einen Fehlstart leicht verzeihen. Wichtig jedoch, dass Sie als Arbeitnehmer nicht aus eigenem Antrieb kündigen, sofern Sie eine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld umgehen wollen.

Beruf der richtige, Umfeld nicht

Was, wenn der vermeintliche Fehlstart gar keiner ist, weil der Job Spaß machen würde, aber das Umfeld auf der Arbeit grauenvoll ist? Wer als Azubi ausgenutzt wird, sollte sich wehren. Das sagt sich einerseits leicht, weil man als Auszubildender natürlich in der schwächeren Position ist. Aber auch ein Azubi hat Rechte, auch ein Ausbilder darf sich nicht alles erlauben. Manche bluffen auch einfach nur, wohlwissend, dass ihr Azubi verunsichert ist. Wichtig ist es daher, die eigenen Rechte zu kennen:

  • Berufsbild kennen

    Informieren Sie sich auf den Seiten des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) über den oder die anvisierten Ausbildungsberuf(e). Hier finden Sie umfangreiche Beschreibungen zu Berufsbildern, so dass Sie spätere Abweichungen deutlicher erkennen.

  • Unterstützung sichern

    Wer mit hohen Anforderungen zu kämpfen hat, kann über das Programm „Vera“ (Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen) bis zum Ende seiner Lehre eine Ausbildungsbegleitung als Mentor bekommen.

  • Rat suchen

    Ratschläge zu einzelnen Problemen erhalten Sie beim Onlineportal des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Doktor Azubi.

  • Gespräch erbitten

    Suchen Sie das Gespräch mit dem Chef, schildern Sie ruhig und sachlich das Problem. Wer beispielsweise Schwierigkeiten mit den Kollegen oder dem direkten Vorgesetzten hat, sollte das dem Arbeitgeber mitteilen – der ist zur Fürsorge verpflichtet. Wenn der Chef selbst das Problem ist, bleiben nur noch Dritte, beispielsweise in Form eines Anwalts oder des Betriebsrats.

  • Alternativen erwägen

    Einen Ausbildungsabbruch sollten Sie in Erwägung ziehen, wenn die Probleme unlösbar sind und/oder die Ausbildungszeit noch länger dauert. Wer nur noch wenige Monate oder Wochen bis zum Abschluss braucht, sollte überlegen, ob sich ein Abbruch vermeiden lässt, da letztlich ein Abschluss in der Tasche auch signalisiert: Ich habe Durchhaltevermögen.

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