Kann man ein schlechtes Arbeitszeugnis anfechten?
Endet das Arbeitsverhältnis, haben Arbeitnehmer das Recht auf ein Arbeitszeugnis. Dieser gesetzliche Anspruch ergibt sich aus § 630 BGB beziehungsweise § 109 Gewerbeordnung. Zugleich ist darin geregelt, dass das Zeugnis formal korrekt sowie „wahr“ und „wohlwollend“ formuliert sein muss. Ist es das nicht, können Sie ein schlechtes Arbeitszeugnis anfechten.
Prüfen Sie also zunächst den Arbeitszeugnis Inhalt: Offene Kritik, herabwürdigende Aussagen über ehemalige Mitarbeiter oder Formulierungen, die den Angestellten diskreditieren, sind verboten. Auch muss das schriftliche Zeugnis individuell und fehlerfrei erstellt sowie sauber und knitterfrei auf Firmenpapier ausgedruckt werden. Die eigenhändige Unterschrift von einem Personalverantwortlichen darf ebenfalls nicht fehlen. Wird gegen diese Richtlinien verstoßen, können Sie das Arbeitszeugnis anfechten und Nachbesserung verlangen.
Versteckte Kritik in Geheimcodes und Formulierungen
Weil negative Arbeitszeugnis Formulierungen verboten sind, hat sich inzwischen eine eigene Zeugnissprache entwickelt, in der die Kritik versteckt wird (sogenannte „Kassiber“). All diese Geheimcodes, versteckten Noten und Phrasen klingen zwar nett, bedeuten aber das genaue Gegenteil.
Für Laien ist das nicht immer auf Anhieb zu erkennen. Zur Sicherheit sollten Sie Ihr Zeugnis mithilfe von Profis oder einem Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen lassen. Im Zweifel können die geheimen Botschaften und Verstöße gegen den Zeugnisbrauch Ihre Bewerbungschancen dramatisch reduzieren. Nutzen Sie hierzu unseren kostenlosen Code-Knacker! Leistungsbeurteilung, Verhaltensbeurteilung, Schlussformel, Zukunftswünsche: Die wichtigsten Geheimcodes im Arbeitszeugnis übersetzt und entschlüsselt – jetzt kostenlos herunterladen:
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Wie kann ich ein Arbeitszeugnis anfechten?
Das Bundesarbeitsgericht hat unlängst entschieden (BAG, 9 AZR 584/13), dass das Arbeitszeugnis mindestens der Note „befriedigend“ entsprechen muss. Schlechtere Zeugnisse hat der Arbeitgeber zu begründen. Erst wenn Sie ein „gutes“ bis „sehr gutes“ Zeugnis haben möchten, dreht sich die Beweislast um und der Arbeitnehmer muss beweisen, dass seine Leistungen diese Beurteilung rechtfertigen.
In beiden Fällen (und bei entsprechenden Beweisen) können Sie das Arbeitszeugnis anfechten beziehungsweise eine Korrektur verlangen. Das gelingt in vier klassischen Stufen:
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Gespräch suchen
Im ersten Schritt sollten Sie das Gespräch mit dem Vorgesetzten oder der Personalabteilung suchen. Zum Teil steckt keine böse Absicht dahinter, sondern Unwissen. Die freundliche Bitte um Korrektur kann das Problem schnell beseitigen. Machen Sie hierzu konkrete Vorschläge und bieten Sie neue Formulierungen zur Nachbesserung an.
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Widerspruch erklären
Lässt die Korrektur auf sich warten oder zeigt sich der Arbeitgeber uneinsichtig, sollten Sie einen schriftlichen Widerspruch formulieren. Darin führen Sie exakt die Passagen auf, die Sie im Arbeitszeugnis anfechten wollen und schlagen erneut Alternativformulierungen vor – nur schriftlich. Der schriftliche Widerspruch sollte zugleich eine Korrekturfrist von zwei Wochen setzen. Verstreicht die Frist, gehen Sie zum nächsten Schritt über.
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Anwalt einschalten
Scheitert auch der zweite Versuch, das Arbeitszeugnis persönlich anzufechten, sollten Sie einen Anwalt einschalten, um das Arbeitszeugnis prüfen zu lassen. Dieser checkt die formalen Ansprüche und ob Ihre Zeugnisklage beziehungsweise der Korrekturwunsch berechtigt sind. Im ersten Schritt wird auch er versuchen, eine gütlich Einigung zu erzielen. Das Schreiben von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht hat oft mehr Wirkung als die Bitte vom Mitarbeiter.
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Zeugnisklage einreichen
Erfolgt trotz schriftlichen Bemühungen keine Nachbesserung, bleibt nur noch die sogenannte Zeugnisberichtigungsklage vor dem Arbeitsgericht. Ob die Zeugnisklage Aussicht auf Erfolg hat, hängt vom Einzelfall ab. Machen Sie sich aber klar: Ein schlechtes Zeugnis kann die künftige Jobsuche erschweren und Jobchancen reduzieren.
Vor Gericht das Arbeitszeugnis anfechten, ist zwar immer die ultima ratio – der letzte Schritt. Meist auch unangenehm – für beide Seiten. Denken Sie hierbei aber an Ihre berufliche Zukunft. Bei der Bewerbung wird das Arbeitszeugnis immer wieder verlangt. Arbeitszeugnis Alternativen sind ansonsten eine Tätigkeitsbeschreibung oder Referenzen.
Wie lange kann man ein Arbeitszeugnis anfechten?
Der grundsätzliche Anspruch auf ein Arbeitszeugnis verjährt erst nach drei Jahren. Innerhalb dieser Zeit besteht eine Arbeitszeugnis Pflicht für den Ex-Arbeitgeber. Er muss Ihnen das Zeugnis formal korrekt ausstellen.
Für das erste Anfechten des Arbeitszeugnisses gilt eine Frist von drei Wochen nach Erhalt des Zeugnisses. In dieser Zeit müssen Sie entweder schriftlich Widerspruch einlegen oder schon eine Zeugnisberichtigungsklage einreichen. Nach insgesamt sechs Monaten nach Beschäftigungsende gehen Gerichte regelmäßig davon aus, dass Arbeitgeber die Leistungen nicht mehr angemessen bewerten können.
Warum ein Arbeitszeugnis anfechten?
Selbst wenn Sie im Job nicht besonders erfolgreich waren, haben Sie einen grundsätzlichen Anspruch auf ein wahres und wohlwollendes Zeugnis. Dies kann sowohl ein einfaches Arbeitszeugnis wie auch ein qualifiziertes Arbeitszeugnis sein (empfohlen!). Achten Sie hierbei stets auf den formal korrekten Aufbau:
- Briefkopf (Arbeitgeberdaten)
- Überschrift („Arbeitszeugnis“)
- Stammdaten Arbeitnehmer (Name, Geburtsdatum)
- Beschäftigungsart + Dauer
- Tätigkeitsbeschreibung
- Leistungsbeurteilung (Bewertung von…)
- Arbeitsbereitschaft
- Arbeitsweise
- Fachkompetenz
- Aufgaben + Erfolge
- Verhaltensbewertung
- Sozialverhalten
- Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Kunden
- Führungskompetenzen (Managerzeugnis)
- Trennungsgrund (optional)
- Schlussformel & Zukunftswünsche
- Ort, Datum, Unterschrift
Die häufigsten Streitpunkte mit dem Arbeitgeber drehen sich um die Punkte 6 und 7 (Leistungsbeurteilung und Sozialverhalten) sowie die Schlussformel. Denn letztere ist freiwillig und genießt daher einen hohen Stellenwert bei Personalern in der Bewerbung.
Anfechtbar ist das Arbeitszeugnis zudem immer wegen formaler Fehler – zum Beispiel wenn wichtige Tätigkeitsbeschreibungen fehlen, Aussagen sich widersprechen oder Rechtschreibfehler enthalten sind. Solche Korrekturen werden meist auch sofort, ohne lange Auseinandersetzungen, umgesetzt.
Böswilligkeit oder Versehen?
Generell ist das Arbeitszeugnis eine subjektive Bewertung durch den Vorgesetzten und Arbeitgeber. Selbstbild und Fremdbild können dabei komplett unterschiedlich ausfallen. Nicht immer basiert die Beurteilung auf Böswilligkeit oder Mobbing zum Abschied. Wenn Sie Ihr Arbeitszeugnis lesen und sich ungerecht beurteilt fühlen, sollten Sie immer zuerst das 4-Augen-Gespräch mit dem Chef suchen. Vieles lässt sich dabei schon klären.
Wer ein noch nicht allzu altes Zwischenzeugnis besitzt, ist noch besser dran. Das besitzt sogenannte Bindungswirkung. Bedeutet: Der Chef kann in seiner abschließenden Bewertung im qualifizierten Arbeitszeugnis nicht groß vom Zwischenzeugnis abweichen. Dafür benötigt er triftige Gründe und muss diese auch beweisen können. Andernfalls können Sie wieder das Arbeitszeugnis anfechten.
Die 10 wichtigsten Fragen zum Arbeitszeugnis
Sobald das Beschäftigungsverhältnis endet, haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis (§630 BGB, §109 GewO). Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, ein Zeugnis auszustellen. Der Arbeitszeugnis Anspruch verjährt allerdings drei Jahre nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses. Das Abschlusszeugnis muss klar und verständlich sowie „wahr“ und „wohlwollend“ formuliert sein. Während das Beschäftigungsverhältnis besteht, können Arbeitnehmer um ein Zwischenzeugnis bitten. Darauf gibt es aber keinen gesetzlichen Anspruch. Der Arbeitgeber kann sich sogar weigern, ein Zwischenzeugnis auszustellen.
Arbeitnehmer haben bereits nach 6 Wochen Beschäftigungsdauer Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Das hat das Landesarbeitsgericht Köln entschieden. Das qualifizierte Arbeitszeugnis enthält neben den sachlichen Fakten (Tätigkeitsbeschreibung, Aufgaben) zusätzlich eine Beurteilung der Leistungen und des Sozialverhaltens des Arbeitnehmers. Arbeitnehmer sollten im Falle einer Kündigung immer ein qualifiziertes Arbeitszeugnis verlangen. Es muss aber aktiv beantragt werden. Ansonsten müssen Arbeitgeber nur ein einfaches Arbeitszeugnis ausstellen.
Das Zwischenzeugnis wird immer im Präsens formuliert, weil das Beschäftigungsverhältnis noch besteht. Zur Motivation werden die Leistungen darin oft besser bewertet als im Abschlusszeugnis. Gut so! Das Zwischenzeugnis besitzt Bindungswirkung. Wechselt danach der Chef oder der Mitarbeiter die Abteilung, können neue Vorgesetzte nicht so leicht von der ersten Bewertung abweichen. Dafür benötigen sie triftige Gründe. Andernfalls können Arbeitnehmer die neue Beurteilung anfechten. Arbeitnehmer sollten alle zwei Jahre um ein Zwischenzeugnis bitten, unbedingt bevor sie in Elternzeit gehen oder ein Sabbatical nehmen.
Der Arbeitgeber muss das schriftliche Zeugnis bis spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist ausstellen. Es ist empfehlenswert, zusammen mit der Eigenkündigung ein qualifiziertes Zeugnis zu verlangen und dabei eine Frist von 3 Wochen zu setzen. Wird die Frist nicht eingehalten, sollten Arbeitnehmer schriftlich und mit Frist von 2 Wochen neu dazu auffordern. Passiert auch danach nichts, sollten sie einen Fachanwalt für Arbeitsrecht einschalten und per Zeugnisklage ihre Ansprüche geltend zu machen. Unter Umständen können Arbeitnehmer sogar auf Schadenersatz klagen, wenn sie wegen fehlendem Zeugnis keinen Job bekommen haben.
Arbeitnehmer haben das Recht auf ein individuelles Zeugnis. Können Sie nachweisen, dass das Zeugnis von einer Vorlage stammt, können Sie ein neues verlangen. Das Arbeitszeugnis muss zudem schriftlich ausgestellt werden. Arbeitnehmer haben Anspruch auf fehlerfreien, knitterfreien, sauberen Ausdruck auf Firmenpapier. Außerdem muss das Zeugnis vom bisherigen Personalverantwortlichen unterschrieben werden. Bei Managern und Vorständen vom Vorsitzenden des Aufsichtsrates; bei Geschäftsführern vom Gesellschafter oder dessen Vertreter; bei Mitarbeitern von deren Vorgesetzten oder dem Personalchef.
Ein formal korrektes Arbeitszeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten (einfaches Zeugnis). Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer verlangen, dass im Zeugnis die Leistungen und sein Sozialverhalten bewertet werden (qualifiziertes Zeugnis). Freiwillig ist dagegen die sogenannte Schlussformel. Sie enthält den Trennungsgrund, Dank und Bedauern über das Ausscheiden sowie positive Zukunftswünsche. Fehlt die Schlussformel gilt das als Negativ-Zeichen. Auch sollte das Arbeitszeugnis nicht mehr als zwei, maximal drei DIN A4 Seiten umfassen. Zu viele Seiten wecken den Verdacht, das Zeugnis sei pure Lobhudelei und selbst geschrieben.
Viele Formulierungen im Arbeitszeugnis klingen besser, als sie gemeint sind. Anzeichen für ein schlechtes Zeugnis sind zweideutige Ausdrücke, Betonung von Selbstverständlichkeiten oder das Weglassen von wichtigen Beurteilungen oder Tätigkeiten. Die Zeugnissprache enthält überdies codierte Schulnoten: Note 1: jederzeit, immer, stets zur vollsten Zufriedenheit. Note 2: zur vollsten/stets zur vollen Zufriedenheit. Note 3: zur vollen Zufriedenheit. Note 4: zur Zufriedenheit. Note 5: im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit. Note 6: Er/Sie hat sich bemüht. Ein Arbeitszeugnis muss mindestens „befriedigend“ sein. Schlechtere Zeugnisse hat der Arbeitgeber zu begründen (BAG, 9 AZR 584/13).
Generell verboten sind im Arbeitszeugnis Aussagen über Krankheiten, Schwangerschaft, Elternzeit, Gehalt, Nebentätigkeiten (außer bei Verstoß) oder Straftaten (ohne Arbeitsbezug). Auch (versteckte) Hinweise auf Gewerkschaftstätigkeit, Betriebsratsmitgliedschaft oder Parteizugehörigkeit sind im Arbeitszeugnis verboten. Der Kündigungs- oder Trennungsgrund darf ebenfalls nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Arbeitnehmers im Arbeitszeugnis stehen. Das gilt auch für Angaben zu nicht bestandenen Prüfungen (z.B. beim Ausbildungszeugnis).
Wer mit seinem Arbeitszeugnis unzufrieden ist, sollte zunächst das direkte Gespräch mit dem Chef suchen und um Korrektur bitten. Zeigt sich der Arbeitgeber uneinsichtig, sollten Sie einen schriftlichen Widerspruch formulieren. Darin führen Sie alle Passagen auf, die Sie beanstanden und schlagen Alternativformulierungen vor. Erfolgt dennoch keine Korrektur, können Sie innerhalb von drei Wochen nach Erhalt des Zeugnisses eine Zeugnisberichtigungsklage einreichen. Allerdings liegt die Beweislast bei Ihnen, solange das Zeugnis nicht schlechter als Durchschnittsnote 3 ausfällt. Der Anspruch auf Korrekturen am Arbeitszeugnis verfällt nach maximal 15 Monaten.
Als Referenz in der Bewerbung genießt das Arbeitszeugnis bei Personalern hohen Stellenwert. Es gilt als „objektive“ Bewertung der bisherigen Leistungen, Erfolge sowie Sozialverhalten des Arbeitnehmers durch einen Dritten. Das qualifizierte Feedback ist nicht zuletzt Ausdruck der persönlichen Wertschätzung des ehemaligen Arbeitgebers. Überdies dokumentiert es die Dauer und Art bisheriger Beschäftigungen. Damit bestätigt es die Angaben im Lebenslauf. Ein „sehr gutes“ Arbeitszeugnis hat bei der Jobsuche enorme Vorteile.