Definition: Was ist eine Arbeitnehmerüberlassung?
Die Bundesagentur für Arbeit definiert Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) folgendermaßen:
Zeitarbeit, Leiharbeit oder Arbeitnehmerüberlassung bedeutet, dass ein Arbeitnehmer von einem Arbeitgeber einem Dritten gegen Entgelt und für eine begrenzte Zeit überlassen wird. Der Arbeitgeber wird dabei zum Verleiher, der Dritte zum Entleiher.
Damit sind auch bereits die wichtigsten Synonyme genannt: Die Arbeitnehmerüberlassung ist außerdem als Mitarbeiterüberlassung, Personalleasing oder Temporärarbeit bekannt. Für den Arbeitnehmer, der zum Leiharbeitnehmer wird, gilt ein befristeter Arbeitsvertrag. Aufgrund der begrenzten Zeit wird häufig von Zeitarbeit beziehungsweise Zeitarbeitern gesprochen.
Will ein Unternehmen eine Arbeitnehmerüberlassung beantragen, also als Verleiher tätig werden, muss eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis vorliegen. Diese ist zunächst auf ein Jahr befristet und kann entfristet werden, wenn der Verleiher drei aufeinanderfolgende Jahre tätig war.
Bereiche für Arbeitnehmerüberlassung
Der Arbeitsagentur zufolge werden in einer Arbeitnehmerüberlassung meist einfache Arbeiten ausgeführt, jeder zweite Leiharbeitnehmer ist als Hilfsarbeiter tätig. Prinzipiell sind jedoch alle Qualifikationsstufen und Branchen in der Arbeitnehmerüberlassung verbreitet: Letztlich arbeitet ein Interim Manager in einer ähnlichen Situation.
Für eine befristete Zeit hilft er im Unternehmen aus, vermittelt wird er an den Entleiher über spezielle Provider für Interim Management oder aber eben große Zeitarbeitsfirmen, die sämtliche Qualifikationsniveaus und Branchen abdecken. So gesehen sind Arbeitnehmerüberlassungen also auch für Ingenieure und andere Akademiker durchaus interessant.
Zu den Branchen, die besonders häufig auf Arbeitnehmerüberlassung zurückgreifen, gehört die Metall- und Elektrobranche. Immerhin ein Drittel aller Leiharbeitnehmer ist hier tätig. Ein gutes Viertel arbeitet in den Bereichen Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit.
Welche Rechte gelten für Arbeitnehmer?
Hartnäckig halten sich einige Vorurteile und negative Einstellungen zur Arbeitnehmerüberlassung. Allen voran: Die überlassenen Mitarbeiter seien gegenüber den festangestellten Kollegen schlechter gestellt. Rein rechtlich ist diese Annahme jedoch falsch.
Diese Befürchtungen stammen aus der Anfangszeit des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG), das in den siebziger Jahren verabschiedet wurde. Seit seiner Einführung wurde es immer wieder überarbeitet. So hat es eine Anpassung an den gesetzlichen Mindestlohn gegeben, um Leiharbeiter und festangestellte Mitarbeiter arbeitsrechtlich gleichzustellen.
Auch gelten in der Arbeitnehmerüberlassung die gleichen Rechte im Blick auf Kündigungsschutz und Urlaubsanspruch wie für festangestellte Arbeitnehmer. Zu weiteren Anpassungen gehören:
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Konkretisierung
Für eine Arbeitnehmerüberlassung gilt, dass sie ausdrücklich als solche im Vertrag, der zwischen Verleiher und Entleiher zustande kommt, bezeichnet werden muss. Dazu gehört, dass auch die Person des Leiharbeiters explizit im Vertrag aufgeführt wird, so dass die Möglichkeit der sogenannten „Vorratserlaubnis“ weggefallen ist.
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Höchstüberlassungsdauer
So darf ein Leiharbeitnehmer nicht mehr als 18 Monate für denselben Kunden (Entleiher) arbeiten, sofern seine Tätigkeit nicht für mehr als drei Monate unterbrochen wurde. Ausnahme: In Tarifverträgen können abweichende Regelungen festgehalten sein. In dem Fall beträgt die Höchstüberlassungsdauer maximal 24 Monate.
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Equal Pay
Es gilt der Gleichstellungsgrundsatz für Leiharbeitnehmer. Demnach erhalten sie nach neun Monaten das gleiche Entgelt wie Stammmitarbeiter mit vergleichbaren Tätigkeiten und Qualifikationen im Entleiherunternehmen. Ausnahmen sind nur dann möglich, falls tarifvertragliche Regelungen bereits Lohnaufstockungen nach sechs Wochen ermöglichen. Der Gleichstellungsgrundsatz bezieht sich nicht nur auf das Gehalt, sondern auch auf Sonderzahlungen oder vermögenswirksame Leistungen.
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Kettenüberlassungen
Gemäß § 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz dürfen Leiharbeitnehmer nicht einfach an andere Unternehmen weiterverliehen werden. Gerade bei Subunternehmen bestand diese Gefahr früher. Eine Arbeitnehmerüberlassung ist nur dann rechtens, wenn zwischen dem Verleiherunternehmen und dem Leiharbeitnehmer eine arbeitsvertragliche Beziehung existiert.
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Streik
Leiharbeitnehmer dürfen nicht zum Einsatz kommen, um von Gewerkschaften organisierte Streiks zu brechen. Verstößt der Entleiher gegen das Einsatzgebot, kann dies mit einem Bußgeld in Höhe von 500.000 Euro geahndet werden.
Wenn Sie sich als Leiharbeiter für Ihre Rechte interessieren, werden Sie auf der Seite der Agentur für Arbeit fündig. Informationen finden Sie hier. Unternehmen, die Arbeitskräfte suchen, finden entsprechende Formulare hier.
Vorteile der Arbeitnehmerüberlassung für Unternehmen
Worin liegen konkret die Vorteile für den Entleiher? Im Wesentlichen sind es folgende Aspekte, warum Unternehmen Gebrauch von der Arbeitnehmerüberlassung machen:
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Vorübergehende Auftragsspitzen
Unternehmen können durch flexibel einsetzbare Leiharbeiter Produktions- und Arbeitsspitzen abfedern. Fällt in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen mehr Arbeit an, kann diese bewältigt werden, ohne Mitarbeiter einstellen und diese zu einem späteren Zeitpunkt wieder entlassen zu müssen. Das bedeutet einen deutlich geringeren Aufwand für das Unternehmen, da die Arbeit gewissermaßen direkt outgesourcet wird. Interessant ist das vor allem für Saisonbetriebe, die im Sommer (Baubranche) oder Winter (Einzelhandel) verstärkte Nachfrage nach Arbeitskräften haben.
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Vertretung für Mitarbeiter
Aus den verschiedensten Gründen fallen immer mal wieder Mitarbeiter – durchaus langfristig -aus. Das kann krankheitsbedingt sein, oder aber ein Mitarbeiter geht in Elternzeit oder macht ein Sabbatical. Auch hier gewährleisten Leiharbeitnehmer einen reibungslosen Ablauf.
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Günstige Alternative
Oftmals ist eine Arbeitnehmerüberlassung für den Entleiher günstiger, denn insgesamt sind die Kosten kalkulierbar. Hat der Leiharbeiter Urlaub oder wird er krank, entstehen dem Entleiher keinerlei zusätzliche Kosten. Zusätzlich spart er Geld, da die oft mühsame Bewerberauswahl vom Verleiher übernommen wird.
In der Praxis funktioniert dieses Modell für Fachkräfte vielerorts gut. (Hoch-) Qualifizierte Arbeitnehmer können durch einen Job in der Arbeitnehmerüberlassung zahlreiche Unternehmen und Branchen kennenlernen. Bei ungelernten oder geringer qualifizierten Hilfskräften sieht das Bild anders aus. Hier gibt es durchaus schwarze Schafe – also schlechte Unternehmen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung – die ihre Mitarbeiter untertariflich bezahlen und teilweise regelrecht ausbeuten.
Diese Berichte prägen das negative Bild der Arbeitnehmerüberlassung, sind jedoch nicht repräsentativ. Die Bewertung sollte nicht nur anhand negativer Beispiele erfolgen.
Vor- und Nachteile der ANÜ für den Arbeitnehmer
Auf Seiten der Arbeitnehmer wird das Thema Arbeitnehmerüberlassung viel diskutiert. Auf der einen Seite stehen mögliche Vorteile und gute Argumente, die für diese Arbeitsform sprechen. Doch gibt es auch Nachteile die nicht ignoriert werden sollten. Wir stellen deshalb Vor- und Nachteile der Arbeitnehmerüberlassung für Arbeitnehmer gegenüber:
Vorteile
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Einstieg
Oft sind die Anforderungen an eine Bewerbung und auch den Einstieg in der Arbeitnehmerüberlassung geringer. So kann der Berufseinstieg erleichtert werden, gerade bei geringeren Qualifikationen oder Menschen mit Migrationshintergrund, die sprachliche Hürden überwinden müssen.
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Berufserfahrung
Berufseinsteiger leiden oft unter dem sogenannten Permission Paradox: Sie sind (theoretisch) qualifiziert, aber nach ihrer Ausbildung oder Studium gibt ihnen kein Unternehmen die Chance, die Theorie in die Praxis umzusetzen, um Berufserfahrung sammeln zu können. Ähnliches gilt für Arbeitnehmer nach langer Arbeitslosigkeit oder einer Umschulung. Durch die Arbeitnehmerüberlassung kann die benötigte Erfahrung gesammelt werden.
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Abwechslung
Selbst als berufserfahrene Fachkraft bietet sich die Arbeitnehmerüberlassung für Sie an, wenn Sie von Ihrem bisherigen Job genug haben und sich nach Abwechslung sehnen. Zwar geben Sie damit einigen Komfort und Sicherheit auf, doch Sie können innerhalb Ihres Fachbereichs neue Erfahrungen sammeln.
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Orientierung
Durch die Arbeitnehmerüberlassung haben Arbeitnehmer die Chance, mehrere Unternehmen und Fachbereiche kennenzulernen. So können sie nicht nur ihre Berufserfahrung ausweiten, sondern haben auch die Chance, verschiedene Branchen und Aufgaben auszuprobieren. Gerade wenn Sie nach dem Studium oder der Ausbildung noch nicht so genau wissen, wo Sie hin wollen, kann dieser Start für Sie optimal sein.
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Sicherheit
Da Sie beim Verleiher angestellt sind, erhalten Sie weiterhin Ihr Gehalt, Lohnfortzahlung und Urlaub wie gehabt, auch wenn das entleihende Unternehmen keinen Bedarf mehr hat.
Nachteile
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Team
In der Arbeitnehmerüberlassung geben Sie üblicherweise ein festes Team und dauerhafte Kollegenstrukturen auf. Stattdessen müssen Sie sich regelmäßig mit neuen Kollegen arrangieren. Selbst bei längeren Projekten, die über sechs oder zwölf Monate gehen, ist mit einer höheren Fluktuationsrate zu rechnen, da die Mehrheit der Arbeitnehmer sich nach einem festen Arbeitsverhältnis sehnt.
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Wandel
Sie haben deutlich weniger Planungssicherheit. Als Leiharbeitnehmer sind zwar immer mehrere Wochen in einem Unternehmen tätig, doch innerhalb von drei oder sechs Monaten können Sie in der Arbeitnehmerüberlassung mehrfach das Unternehmen wechseln. Wer nur für ein Projekt von dem Verleiher engagiert wurde, steht nach Beendigung des Projekts möglicherweise ohne Arbeit da. Mit einer permanent drohenden Arbeitslosigkeit kommt nicht jeder Arbeitnehmer klar.
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Abwechslung
Arbeiten in der Arbeitnehmerüberlassung erfordert vor allem geistige Flexibilität, denn Sie müssen sich immer wieder auf neue Aufgaben und Prozesse einstellen. Jedes Unternehmen hat seine eigene Kultur und Prozesse, an die Sie sich anpassen müssen. Ebenso ist eine gehörige Portion an sozialer Kompetenz gefragt. Nicht selten kommt es zu Reibereien zwischen der Stammbelegschaft und den Leiharbeitern, weil bestimmte Abläufe seitens des Verleihers nicht korrekt oder umfassend genug kommuniziert wurden. Auch gibt es mitunter Vorbehalte gegenüber den Leiharbeitern hinsichtlich der Qualität der Arbeit: Während angestammte Teams zusehen müssen, wie sie auch zukünftig klarkommen, müssen Leiharbeiter sich diesbezüglich wenig Sorgen machen. Kein Wunder, dass bei manchen folgende Einstellung existiert: „Nach mir die Sintflut.“
Der Interessenverband der deutschen Zeitarbeitsunternehmen IGZ hat eine Kontakt- und Schlichtungsstelle (KuSS) eingerichtet, bei der sich Arbeitnehmer kostenfrei von unabhängigen Fachleuten und Juristen über ihre Rechte beraten lassen können.
Chancen aus der Arbeitnehmerüberlassung
Die Arbeitnehmerüberlassung sollte nicht als Notlösung oder letzte Chance betrachtet werden. Mit der richtigen Grundhaltung bietet sie für Arbeitnehmer gute Chancen und kann zu einer erfolgreichen Karriere beitragen. Entscheidend ist, dass Sie die Möglichkeiten nutzen. Sie können verschiedene Unternehmen, Vorgesetzte und Kollegen kennenlernen und sich dort positionieren. Gute Leistungen, Engagement und Teamgeist hinterlassen Eindruck – Sie bauen Beziehungen auf und können für eine Übernahme ins Auge gefasst werden.
Voraussetzung: Sie haben das Thema mit Ihrem aktuellen Arbeitgeber – dem Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung – besprochen und kennen die Regelungen und Vorgaben Ihres Arbeitsvertrags. Gute Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern in der Arbeitnehmerüberlassung die Möglichkeit, zu einem anderen Unternehmen zu wechseln. Damit Sie diese Option optimal nutzen können, sollten Sie…
- das Thema rechtzeitig mit Ihrem Arbeitgeber klären.
- vorsichtig beim aktuellen Unternehmen vorfühlen.
- eine Grundlage in Form von Beziehungen und Kontakten im Unternehmen schaffen.
- durch hervorragende Leistungen auf sich aufmerksam machen.
Ebenso kann es sein, dass Sie in Unternehmen oder Aufgabenbereichen arbeiten, die Ihnen nicht liegen und in denen Sie sich auch nicht wohlfühlen. In diesem Fall können Sie die Befristung der Arbeit als Vorteil sehen und daraus lernen. Denn dann wissen Sie, in welchen Bereichen Sie später keinesfalls langfristig arbeiten wollen.
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