Definition: Was bedeutet Sunk Cost Fallacy?
Die Sunk Cost Fallacy (Deutsch: Fehlinvestitionsfalle oder Sunk-Cost-Effekt) beschreibt die Tendenz von Menschen, an einer falschen Entscheidung festzuhalten und eine Sache weiterzumachen, weil sie bereits Zeit, Geld und Energie in diese investiert haben.
Der zentrale Fehler besteht darin, dass vergangene Investitionen aktuelle Entscheidungen beeinflussen, obwohl die „versunkenen Kosten“ bereits verloren sind und keine Auswirkungen auf den zukünftigen Erfolg haben.
Bei der Sunk Cost Fallacy handelt sich um einen typischen Wahrnehmunsfehler (= Bias) und eine Form der kognitiven Verzerrung. Wer ihr erliegt, handelt nicht mehr rational und kann sich enorm schaden oder gar verschulden.
Ursprung und Übersetzung der versunkenen Kosten
Der Begriff der „Sunk Costs“ stammt ursprünglich von Richard Thaler und aus der Betriebswirtschaftslehre und bezieht sich auf bereits investierte Ressourcen (Geld, Zeit, Arbeitsaufwand), die nicht mehr zurückgeholt werden können. Die „Fallacy“ (= Fehlinvestition) tritt auf, wenn Menschen fälschlicherweise glauben, dass diese versunkenen Kosten ihre zukünftigen Entscheidungen rechtfertigen. Umgangssprachlich wird die Sunk Cost Fallacy oft umschrieben als: „Dem guten Geld Schlechtes hinterherwerfen.“
Es waren die Psychologen Amos Tversky und Daniel Kahneman, die 1972 solche kognitiven Verzerrungen weiter erforscht und den Grundstein für viele weitere Studien zur Sunk Cost Fallacy gelegt haben. Im Jahr 2002 erhielt Kahneman für seine Arbeit den Nobelpreis.
Sunk Cost Fallacy Beispiele
Dem Trugschluss der versunkenen Kosten verfallen wir öfter, als viele meinen. Wir begegnen der Sunk Cost Fallacy in der Beziehung, an der Börse, bei Kaufentscheidungen und im Alltag. Hier einige Beispiele:
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Sunk-Cost-Effekt in der Beziehung
Bei der Sunk Cost Fallacy in einer Beziehung steckt diese schon länger in der Krise oder wird gar nicht erst erwidert. Trotzdem investieren Betroffene weiterhin Zeit und emotionale Mühe in den Partner oder die Ehe, obwohl diese nicht mehr erfüllend, gescheitert oder sogar toxisch ist.
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Sunk-Cost-Effekt im Job
Noch so ein Klassiker: Wir halten an einem Beruf oder Job fest, obwohl uns dieser keinen Spaß macht oder die eigene Entwicklung blockiert. Weil wir aber gerade erst Jahre in eine Ausbildung oder ein Studium investiert haben, wechseln wir nicht – und werden immer unglücklicher und bitter.
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Sunk-Cost-Effekt im Coaching
Ein heute häufiges Beispiel: Sie fallen auf einen typischen Life-Coaching-Gurus herein und kaufen ein völlig überteuertes „Hochpreis-Coaching“, das Sie über Nacht reich machen soll. Reich damit wird aber nur der Guru. Statt sich einzugestehen, einem Quacksalber auf den Leim gegangen zu sein, kaufen Sie von ihm weitere Kurse… So viele Fans und Follower können sich nicht irren!
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Sunk-Cost-Effekt an der Börse
Im Finanzwesen gibt es regelmäßig Sunk Cost Fallacys: Der Aktien-Tipp erweist sich als Flop, die Aktie stürzt ab. Statt den Verlust zu realisieren, kaufen viele nach – buy low, sell high: „Das wird sich schon lohnen, wenn es erstmal wieder aufwärts geht“, reden sie sich ein. Der Verlust wird so nur größer.
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Sunk-Cost-Effekt im Alltag
Sie sehen sich im Kino einen Film an und finden nach 20 Minuten heraus, dass Ihnen dieser überhaupt nicht gefällt oder Sie sogar langweilt. Statt das Kino zu verlassen und die Lebenszeit besser zu nutzen, sehen Sie den Film bis zum bitteren Ende – „schließlich habe ich dafür bezahlt!“
Warum sind Sunk Cost Fallacys ein Problem?
Der Irrtum der versunkenen Kosten führt dazu, dass Menschen an etwas festhalten, das Ihnen nicht gut tut. Sie spüren eine Verpflichtung, wo keine ist und rechtfertigen diese auch noch. Und das nur, weil sie den bisherigen Verlust oder Irrtum einfach nicht wahr haben wollen (siehe: Kognitive Dissonanz).
Was dabei entsteht, ist ein typischer Teufelskreis: Schlechte Entscheidungen führen zu noch schlechteren. Die Verluste und Schulden wachsen, ebenso das Leiden.
Sunk Cost Fallacy Psychologie: Was steckt dahinter?
Laut Studien und Verhaltensökonomen gibt es mehrere psychologische Faktoren, die den Trugschluss und komplexen Effekt der versunkenen Kosten begünstigen:
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Verlustaversion
Menschen neigen dazu, Verluste stärker zu bewerten als Gewinne. Diese Tendenz führt dazu, dass wir an schlechten oder falschen Vorstellungen festhalten, um den Verlust – gefühlt – zu minimieren. Das Roulette-Spiel im Casino funktioniert zum Beispiel so: Sie setzen auf Rot – und verlieren. Also setzen Sie immer wieder auf Rot, irgendwann müssen Sie gewinnen! Dank Sunk Cost Fallacy gewinnt aber vor allem die Bank.
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Bestätigungsfehler
Hierbei suchen Betroffene aktiv nach Informationen oder Argumenten, die ihre getroffenen Entscheidungen unterstützen und ignorieren Beweise, die das Gegenteil belegen. Wer bereits viel Zeit und Mittel in ein Projekt gesteckt hat, will hören und fühlen, dass das richtig war. Kritiker werden mit Feindseligkeit belegt.
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Überoptimismus
Überoptimismus entsteht, wenn Menschen die Risiken oder Verlustschancen – mehr oder weniger bewusst – unterschätzen und ihre Gewinnchancen überschätzen. Das kann an mangelnder Recherche liegen. Häufiger steckt das Prinzip Hoffnung dahinter, Motto: „Wird schon gutgehen!“ Hoffnung ist aber keine Strategie.
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Framing-Effekt
Beim Framing-Effekt manipulieren Betroffene allein durch Formulierungen oder ihre Bewertung die eigene Wahrnehmung. Aufgeben wird zum Beispiel mit Scheitern gleichgesetzt; blinder Gehorsam und Konformität mit Treue und Loyalität.
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Verantwortungsgefühl
Auch hinter eigentlich moralischem Verhalten kann die Sunk Cost Fallacy stecken: Zwar wäre es ganz einfach, eine Entscheidung zu revidieren und ein Projekt zu stoppen. Weil wir uns aber dafür oder für die Beteiligten verantwortlich fühlen machen wir weiter. Das klassische Beispiel dazu ist eine Insolvenzverschleppung, die nicht aus Gründen der persönlichen Bereicherung geschieht.
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Gewissen
Nicht zuletzt führen versunkene Kosten zu Schuldgefühlen und einem schlechten Gewissen: Wir haben Geld zum Fenster rausgeworfen; Dinge gekauft, die wir nicht brauchen. Wer nicht will, dass andere das merken, sucht nach Rechtfertigungen und Ausreden. Zu irgendwas wird es schon gut sein!
Was tun gegen den Sunk-Cost-Effekt?
Den Effekt der Sunk Cost Fallacy zu überwinden, ist nicht leicht. Vor allem wenn Sie in die Entscheidung stark emotional eingebunden sind und Herzblut in der Sache steckt. Es gibt aber verschiedene Strategien, um diesem Denkfehler zu entkommen und den Sunk-Cost-Effekt zu überwinden:
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Verlust akzeptieren
So banal es klingt: Gestehen Sie den begangenen Irrtum ein und akzeptieren Sie den vergangenen Verlust. Die Zeit, Mühe und das viele Geld sind weg – unwiederbringlich verloren. Sehen Sie das als eine wichtige Lektion, aus der Sie lernen können und konzentrieren Sie sich darauf, was Sie in Zukunft besser machen können.
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Fortschritt bewerten
Bewerten Sie regelmäßig und vor allem objektiv (!), ob Ihre Entscheidung und der aktuelle Kurs Sie Ihrem Ziel wirklich näher bringen. Hierzu kann eine neutrale und sachliche SWOT-Analyse (Stärken, Schwächen, Chancen, Bedrohungen) sinnvoll sein, um eine rationale und fundierte Bewertung des tatsächlichen Fortschritts zu erhalten.
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Neustart beginnen
Das Kernproblem der Sunk Cost Fallacy ist, dass Sie Entscheidungen für die Zukunft auf Basis der problematischen Vergangenheit treffen. Durchbrechen Sie dieses Muster und vergessen Sie einfach, was Sie schon investiert haben! Wie würden Sie heute entscheiden, wenn es der Nullpunkt und ganz neue Start wäre? Welchen Nutzen hat das Weitermachen in der Zukunft und lohnt sich das noch?
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Meinungen einholen
Die Sunk Cost Fallacy lässt sich ebenfalls überwinden, indem Sie nicht nur sich selbst hinterfragen, sondern noch eine zweite Meinung einholen. Außenstehende, die nicht emotional gebunden sind, sehen die Dinge oft viel klarer. Ihr externer Blick kann helfen, von der Sunk Cost Fallacy Abstand zu gewinnen.
Das sinkende Schiff rechtzeitig verlassen
Wie heißt es so schön: „Wenn du merkst, dass du auf der Titanic bist, kannst du dir einen Kontrabass oder ein Rettungsboot schnappen. Die Überlebenschancen im Rettungsboot sind jedoch deutlich höher.“ Oder wie es ein Lakota-Indianer formuliert haben soll: „Wenn du merkst, dass du ein totes Pferd reitest – steige ab!“
Die Sunk Cost Fallacy zeigt, wie stark Emotionen und psychologischen Mechanismen unsere Entscheidungen verzerren. Selbst wenn Sie viel Zeit und Geld investiert und verloren haben, müssen Sie nicht mit dem sinkenden Schiff untergehen (siehe: 24-Stunden-Regel). Fokussieren Sie nicht in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft – und investieren Sie in Dinge, die langfristig mehr nutzen als schaden.
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