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Verdachtskündigung: Wann erlaubt? Wie reagieren?

Für die Kündigung benötigen Arbeitgeber normalerweise einen triftigen Grund und handfeste Beweise. Die Verdachtskündigung bildet die Ausnahme. Sie ermöglicht eine Kündigung ohne konkreten Beweis für ein Fehlverhalten des Mitarbeiters. Zum Beispiel bei Diebstahl, Betrug, Untreue. Um zu verhindern, dass das Instrument ausgenutzt wird, muss die Verdachtskündigung strenge Voraussetzungen einhalten. Wir erklären den Unterschied zur Tatkündigung, wann die Kündigung auf Verdacht erlaubt ist – und was Arbeitnehmer in dem Fall tun können, um sich zu wehren…



Verdachtskündigung: Wann erlaubt? Wie reagieren?

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Was ist eine Verdachtskündigung?

Bei der Verdachtskündigung reicht schon ein begründeter Verdacht zur Entlassung. Besteht zum Beispiel der dringende Tatverdacht einer erheblichen Pflichtverletzung oder Straftat des Arbeitnehmers (es fehlt regelmäßig Geld in der Kasse), kann der Arbeitgeber eine ordentliche, meist aber die außerordentliche Kündigung aussprechen, um das Arbeitsverhältnis sofort zu beenden (§ 626 BGB).

Allerdings ist noch eine Anhörung des Arbeitnehmers erforderlich, um den Verdacht aufzuklären. Lässt sich der Vorwurf dabei nicht erhärten oder beweisen, haben Arbeitnehmer gute Chancen, gegen die Kündigung zu klagen.

Damit nimmt die Verdachtskündigung eine Sonderrolle ein. Arbeitsverhältnisse, die unter den Kündigungsschutz fallen, können ordentlich nur aus betriebsbedingten, personenbedingten oder verhaltensbedingten Gründen gekündigt werden. Eine fristlose Kündigung kann ebenfalls nur aus einem wichtigen Grund ausgesprochen werden. In allen Fällen muss der Arbeitgeber von Anfang an den Grund für die Kündigung nennen und nachweisen. Bei der Verdachtskündigung erst hinterher.

Unterschied: Tatkündigung – Verdachtskündigung

Die Tatkündigung ist das Gegenteil zur Verdachtskündigung und damit die klassische Form. In dem Fall hat der Arbeitgeber konkrete Beweise für Leistungsmängel, Fehlverhalten, Vertrauensbruch oder schweren Pflichtverstoß des Arbeitnehmers. Überdies kann er diese vor Gericht glaubhaft belegen. Ist die Kündigung dann noch formal fehlerfrei, bestehen nur wenige Aussichten, sich dagegen zu wehren.

Ordentliche oder außerordentliche Verdachts­kündigung?

Eine Verdachtskündigung ist nur zulässig wenn der Verdacht so stark ist, dass – im Beweisfall – auch eine fristlose Tatkündigung möglich wäre. Also wenn das Vertrauensverhältnis so sehr zerstört wurde, dass eine Weiterbeschäftigung unzumutbar wäre. Daher ist bei der Kündigung auf Verdacht die außerordentliche, sofortige Entlassung der Regelfall.

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Verdachtskündigung Voraussetzungen

Um Willkür und Missbrauch vorzubeugen, ist die Verdachtskündigung an strenge Auflagen und Voraussetzungen gebunden. Dazu gehören:

  • Schwere des Pflichtverletzung
    Für die Kündigung auf Verdacht muss eine besonders schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten oder gar der Verdacht auf eine Straftat vorliegen. Hierfür infrage kommen Diebstahl, Spesen- und Arbeitszeitbetrug (siehe auch Buddy Punching), Verrat von Betriebsgeheimnissen. Das vermutete Fehlverhalten muss so gravierend sein, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig zerstört ist.
  • Begründung des Verdachts
    Für den Verdacht müssen objektive Tatsachen oder Fakten sprechen, die diesen begründen. Aus der Luft gegriffene Anschuldigungen rechtfertigen keine Verdachtskündigungen. Gibt es mehrere Verdächtige, darf das Unternehmen auch nicht vorsorglich mehrere Verdachtskündigungen aussprechen. Der Tatverdacht muss immer konkret und personenbezogen sein (BAG, Az. 2 AZR 722/06).
  • Anhörung des Mitarbeiter
    Der Arbeitgeber muss versuchen, den Sachverhalt aufzuklären. Das schließt entlastende Ermittlungen ein. Ebenso ist die Anhörung des Mitarbeiters dafür zwingend erforderlich. Dem Angestellten muss die Chance gegeben werden, seine Perspektive zu schildern und den Verdacht zu entkräften. Ohne diese Anhörung ist die Verdachtskündigung grundsätzlich unwirksam.
  • Abwägung der Interessen
    Für eine wirksame Verdachtskündigung ist eine Interessenabwägung notwendig. Dabei muss das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers größer sein als das Fortsetzungsinteresse des Mitarbeiters. Heißt: Die Verdachtskündigung muss verhältnismäßig sei, es darf keine milderen Mittel oder Alternativen geben. Der Arbeitgeber aber auch das Lebensalter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit und bisherige (tadellose) Zusammenarbeit sowie soziale Härten (Kinder, Unterhaltspflichten) berücksichtigen.
  • Information des Betriebsrates
    Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, muss der laut § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zuvor informiert und angehört werden. Der Betriebsrat kann binnen drei Tagen – schriftlich – Bedenken gegen die Kündigung aussprechen.

Verdachtskündigung Abmahnung: Ist sie erforderlich?

Bei der Verdachtskündigung ist keine vorherige Abmahnung erforderlich. Das ist zwar vor einer verhaltensbedingten Kündigung ein Muss. Der Mitarbeiter soll so auf sein Fehlverhalten hingewiesen werden und die Chance bekommen, es zu ändern. Bei bloßem Verdacht ist das aber nicht möglich. Außerdem handelt es sich der Kündigung auf Verdacht um eine fristlose Kündigung aus besonders schwerem Grund.

Aber: Keine Regel ohne Ausnahme. Begeht der der Arbeitnehmer eine Straftat im sogenannten Bagatellbereich, kann die vorherige Abmahnung erforderlich sein. Beispiel-Fall „Emmely“: Die Kassiererin fand zwei nicht eingelöste Leergutbons im Wert von 1,30 Euro und löste sie mutmaßlich selber ein. Das wäre Diebstahl. Folge: fristlose Kündigung. Das Bundesarbeitsgericht kassierte diese aber wieder ein, weil die Beweise nicht ausreichten und die Abmahnung fehlte.

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Verdachtskündigung Schema: Fristen und Vorgehen

Sind Verdacht und Pflichtverstoß begründet genug, läuft die Verdachtskündigung nach folgendem Schema ab:

Verdachtskuendigung Schema Ablauf Grafik

  1. 2-Wochen-Frist
    Zwischen Verdacht und außerordentlicher Verdachtskündigung dürfen nur zwei Wochen vergehen (§ 626 Abs. 2 BGB). Heißt: Sobald der Arbeitgeber Kenntnis von dem „wichtigen“ Grund hat, muss er binnen zwei Wochen kündigen. Anschließend hat der Arbeitgeber „mit gebotener Eile“ rund eine Woche Zeit den Sachverhalt aufzuklären und den Mitarbeiter anzuhören. Die Fristen verlängern sich, falls der Angestellte im Urlaub oder krank ist.
  2. Anhörung Mitarbeiter
    Im zweiten Schritt folgt die Anhörung des Arbeitnehmers im Rahmen eines Personalgesprächs. Dabei trägt der Arbeitgeber zunächst seinen Vorwurf vor, benennt eventuelle Zeugen oder führt belastbare Indizien an. Der Arbeitnehmer kann anschließend versuchen, diese zu zerstreuen und zu widerlegen. Zur Vorbereitung kann er einen Anwalt hinzuziehen, der ihn unterstützt oder vermittelt. Das Gespräch wird in der Regel protokolliert und dient bei einem möglichen Gerichtsverfahren als Beweis.
  3. Anhörung Betriebsrat
    Anschließend muss noch der Betriebsrat angehört werden. Dabei sind ebenso belastende wie entlastende Fakten zu nennen. Stimmt der Betriebsrat der Kündigung zu, folgt das formal korrekte und schriftliche Kündigungsschreiben. Andernfalls wird der Mitarbeiter weiterbeschäftigt.
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Folgen: Was tun bei Verdachtskündigung?

Erhalten Arbeitnehmer eine Verdachtskündigung, können Sie schon bei der Anhörung darauf reagieren. Wollen Sie sich weiterhin gegen die Kündigung wehren, können Sie eine Kündigungsschutzklage einreichen. Die Klage muss innerhalb einer Frist von drei Wochen erhoben werden. Am besten über einen Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Arbeitsrecht. Wird diese Frist versäumt, gilt die Kündigung als wirksam – sogar wenn sie das zuvor formal nicht war.

Eine Rückkehr in den alten Job bleibt aber problematisch. Das gegenseitige Vertrauen bleibt belastet. Der Arbeitgeber hat Ihnen den Pflichtverstoß mindestens zugetraut. Sie fühlen sich zu Unrecht beschuldigt… Daher enden solche Fälle oft mit einem Vergleich oder einem Aufhebungsvertrag.

Erhalte ich eine Abfindung?

Bei einer Kündigung hoffen viele Arbeitnehmer auf eine Abfindung, um die finanziellen Folgen des Jobverlusts zu mildern. Dabei handelt es sich aber um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Ein gesetzlicher Anspruch darauf besteht nicht.

Bestätigt das Gericht, dass die Verdachtskündigung unzulässig war, haben Sie aber gute Chancen auf eine Entschädigung für die grundlose Verdächtigung. Angestellte im öffentlichen Dienst besitzen sogar Anspruch auf eine Abfindung. Die Höhe der Abfindung ist aber meist Verhandlungssache. Faustformel: 0,5 Monats-Bruttogehälter pro Beschäftigungsjahr.

Wirkt die Verdachtskündigung auf das Arbeitslosengeld?

War die verhaltensbedingte Verdachtskündigung zulässig, hat der Arbeitnehmer einen schweren Pflichtverstoß oder Vertrauensbruch im Arbeitsverhältnis begangen. Das rechtfertigt nicht nur die sofortige Entlassung, sondern ebenso eine bis zu 3-monatige Sperrfrist beim Arbeitslosengeld (ALG 1).

Zusätzlich droht ein Strafverfahren. Zum Beispiel bei schwerem Diebstahl, Betrug, Bestechung, Geheimnisverrat oder Betriebsspionage. In dem Fall muss der Arbeitgeber einen Strafantrag stellen. Die Ermittlungen dazu laufen dann parallel zum Kündigungsprozess.

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