Beim Arbeitgeber nachfragen: Angaben im Lebenslauf korrekt?
Mit der Unterschrift unter dem Lebenslauf versichern Bewerber, dass alle gemachten Angaben im Lebenslauf wahr und richtig sind. Aber stimmt das wirklich?
Falsche Angaben in der Bewerbung sind gar nicht selten. Zwar will sich jeder Bewerber von der besten Seite präsentieren, um die Chancen zu steigern. Doch wird die Wahrheit dabei manchmal kräftig zurechtgebogen.
Wobei wird in der Bewerbung gelogen?
Untersuchungen gehen davon aus, dass etwa ein Viertel aller Bewerbungen frisiert sind. Besonders gerne nachgeholfen wird bei diesen Angaben im Lebenslauf:
- Verantwortung und früheren Aufgaben
- Führungsqualitäten
- Sprachkenntnissen
- Letztem Gehalt
- IT-Kenntnisse
- Bildungsgrad und Abschlüssen
In den meisten Fällen sollen so mangelnde Fähigkeiten oder schlechte Noten ausgebügelt werden. Das Misstrauen von Personalern ist also nachvollziehbar. Aber dürfen die deshalb zum Telefonhörer greifen und bei bisherigen Arbeitgebern nachfragen, ob das alles so stimmt?
Datenschutz + Recht auf informationelle Selbstbestimmung
Laut Persönlichkeitsrecht darf in Deutschland nicht jeder Informationen über jeden einholen. Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat das noch einmal bekräftigt. Beim Recht auf informationelle Selbstbestimmung soll jede Person selbst entscheiden können, welche personenbezogenen Daten sie preisgibt und wie diese verwendet werden.
Streng genommen müssen Personaler daher bei Bewerbern zunächst um Erlaubnis bitten, bevor sie beim alten Arbeitgeber anrufen. Theoretisch. Wer dem nicht zustimmt, bekommt aber vermutlich sofort eine Bewerbungsabsage. Gleichzeitig dürfte der Nachweis schwerfallen.
Personaler, die heimlich Auskünfte einholen, machen sich zwar strafbar. Dazu müssen Bewerber aber einwandfrei nachweisen, dass das passiert ist und ihnen hierdurch beim aktuellen Arbeitgeber ein kausaler Schaden entstanden ist. Das gelingt nur in Ausnahmen.
Bestehendes oder gekündigtes Arbeitsverhältnis?
Hinzu kommt: Im Arbeitsrecht ist nicht eindeutig geklärt, ob der neue Arbeitgeber beim alten nachfragen darf. Relevant dafür ist zum Beispiel, ob noch ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Bewerber und dem alten Arbeitgeber besteht oder dieses bereits gekündigt wurde:
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Bestehendes Arbeitsverhältnis
Bewirbt sich ein Kandidat aus einem bestehendem Arbeitsverhältnis heraus, darf der neue Arbeitgeber beim aktuellen nicht einfach anrufen. Das wäre ein Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht und gegen die Fürsorgepflicht, die auch potenzielle Arbeitgeber ihren künftigen Mitarbeitern gegenüber haben.
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Gekündigtes Arbeitsverhältnis
Anders sieht es aus, wenn kein aktuelles Arbeitsverhältnis besteht. Das Bundesarbeitsgericht billigt in dem Fall, wenn ein Unternehmen Erkundigungen über einen Mitarbeiter bei einem ehemaligen Arbeitgeber einholt (3 AZR 389/83).
Anruf beim alten Arbeitgeber: Was darf der sagen?
Ob mit oder ohne ausdrücklicher Erlaubnis: Wenn sich ein potenzieller Arbeitgeber bei bisherigen Chefs erkundigt, dürfen die nicht einfach alles erzählen. Wie beim Arbeitszeugnis gilt auch hier: Alle Angaben müssen wahr und wohlwollend sein. Diese Wahrheits- und Wohlwollenspflicht soll verhindern, dass Auskünfte die Bewerbungschancen und weitere Karriere behindern.
Bedeutet zugleich: Ehemalige Arbeitgeber dürfen bei einem Anruf nicht von den Angaben im Arbeitszeugnis abweichen. Erlaubt sind überdies nur Fragen und Auskünfte, die einen Bezug zum neuen Job haben. Sobald es um die Privatsphäre geht, ist Schluss. Hier greift der Datenschutz, solche Fragen sind rechtswidrig.
Welche Fragen dürfen gestellt werden?
Eine Ausnahme bilden regelmäßig Straftaten – wie zum Beispiel Diebstahl im Büro. Kam es zu einer verhaltensbedingten Kündigung darf der neue Chef nach den Kündigungsgründen fragen – und der alte Chef muss den neuen sogar warnen, um selbst nicht schadenersatzpflichtig zu werden.
Auch hierbei entscheidet wieder der Zeitpunkt:
- In einem laufenden Verfahren
Hier gilt der Grundsatz: „Im Zweifel für den Angeklagten.“ Solange nichts entschieden ist, gilt die Unschuldsvermutung und ehemalige Arbeitgeber dürfen nichts zu einer möglichen Straftat sagen, bis ein Urteil gefällt und die Schuld nachgewiesen ist. - In einem abgeschlossenen Verfahren
Wurde der Mitarbeiter eindeutig überführt und vom Gericht verurteilt, ist der ehemalige Arbeitgeber verpflichtet, den neuen zu warnen, wenn die Straftat für die neue Stelle relevant ist. Zum Beispiel Diebstahl bei Kassierern.
Auskünfte über Bewerber bei ehemaligen Arbeitgebern sollten grundsätzlich Ausnahmen bleiben. Das rechtliche Eis, auf dem sich Personaler hierbei begeben, ist dünn. Erst recht, wenn sie vorab keine schriftliche Einwilligung des Bewerbers einholen.
Wie kann ich meine Daten schützen?
Ganz verhindern lässt sich nie, dass Personaler bei ehemaligen Arbeitgebern anrufen und sich erkundigen. Sie können aber mit einem sogenannten Sperrvermerk dafür sorgen, dass Ihre Bewerbungsunterlagen vertraulich behandelt werden – zum Beispiel bei einer diskreten Bewerbung.
Wer sich zum Beispiel heimlich bewirbt und aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus, sollte im Bewerbungsschreiben – im Betreff oder Schlusssatz – um Vertraulichkeit bitten.
Beispiele für einen Sperrvermerk
Sperrvermerk in der Betreffzeile:
„Bitte vertraulich behandeln: Meine Bewerbung als…“
„Meine vertrauliche Bewerbung für Ihre Stelle als…“
Sperrvermerk im Schlusssatz:
„Da ich mich zurzeit in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinde, bitte ich Sie, diese Bewerbung vertraulich zu behandeln. Bitte rufen Sie mich abends ab 20 Uhr unter der oben angegebenen Nummer zurück.“
Generell bitten Sie bitte nie um „Diskretion“ oder um einen „Sperrvermerk“, sondern um „Vertraulichkeit“ oder darum, die Bewerbung „vertraulich zu behandeln“ – das ist der Sperrvermerk.
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