Bewerben ohne Zeugnis: Tipps + gute Alternativen

Zeugnisse, Nachweise, Bescheinigungen und Zertifikate genießen bei der Bewerbung noch immer einen hohen Stellenwert. Wer keine Arbeitszeugnisse vorweisen kann, steht schnell unter Generalverdacht, ein schlechtes Zeugnis verheimlichen zu wollen. Was tun? Tatsächlich gibt es gute Alternativen für Kandidaten, die sich ohne Zeugnis bewerben wollen (oder müssen). Die folgenden Tipps und Strategien zeigen Ihnen, wie Sie aus der vermeintlichen Not eine Tugend machen…

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Fehlende Zeugnisse? Nennen Sie die Gründe!

Bewerben ohne Zeugnis? Das betrifft vor allem die Initiativbewerbung und sogenannte diskrete Bewerbung. In beiden Fällen bewerben sich Kandidaten in der Regel aus einer ungekündigten Position heraus. Entsprechend würden sie sich verdächtig machen, wenn sie ihren Chef vorher um ein Arbeitszeugnis oder Zwischenzeugnis bitten.

Oder aber Sie haben noch gar kein Zeugnis. Das wiederum betrifft meistens Berufseinsteiger. Ebenso kann es sein, dass Sie in der Vergangenheit schlicht vergessen haben, Ihr Recht auf ein Arbeitszeugnis einzufordern. Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis verfällt drei Jahre nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses (freundlich nachfragen und darum bitten können Sie aber weiterhin).

Weitere Gründe für das Fehlen eines Zeugnisses

  • Faulheit

    Der bisherige Arbeitgeber scheut schlicht die Arbeit, Ihnen ein Zeugnis auszustellen und hält Sie permanent mit leeren Versprechungen hin. Das kommt leider häufig bei Kleinbetrieben und Startups vor.

  • Chefwechsel

    Sie wurden gebeten, Ihr Arbeitszeugnis selber zu schreiben. Ihr bisheriger Chef hat das Unternehmen mittlerweile aber verlassen und der neue fühlt sich an dessen Zusagen nicht gebunden. Ebenso wenig kann er Sie beurteilen – Sie haben ja nicht für ihn gearbeitet.

  • Insolvenz

    Schlechtes Timing: Sie machen Ihren Anspruch auf ein Zeugnis zu spät geltend. Das Unternehmen existiert inzwischen nicht mehr oder ist insolvent. Auch das passiert eher bei kleinen Betrieben und Startups.

  • Selbstständigkeit

    Sie waren lange Jahre selbstständig oder Freiberufler und wollen nun zurück in die Festanstellung. In dem Fall gibt es keinen Arbeitgeber, der Ihnen für die Zeit ein Zeugnis ausstellen kann.

Sind die Gründe für Ihre fehlenden Zeugnisse und Zertifikate nicht selbstverschuldet, dürfen Sie das ruhig im Bewerbungsgespräch erwähnen. Aber bitte erst im Vorstellungsgespräch – nicht im Anschreiben oder tabellarischen Lebenslauf.

Bewerben ohne Arbeitszeugnis: Soll ich das erwähnen?

Ins Bewerbungsschreiben gehört der Hinweis auf fehlende Zeugnisse nicht. Das Anschreiben ist die Kür Ihrer Bewerbung und erklärt in erster Linie Ihre Motivation – für Job und Unternehmen. Einschränkungen und Entschuldigungen wirken hier negativ auf die Überzeugungskraft.

Im Lebenslauf wiederum könnten Sie zwar im beruflichen Werdegang und hinter die entsprechende Position einen Vermerk schreiben. Empfehlenswert ist das aber nicht: Erstens wecken Sie so nur schlafende Hunde; zweitens schmälern Sie die Wirkung des Eintrags und dessen Erfolgsmeldung. Kurz: Es macht die Qualifikation latent schlechter zugunsten einer eher suboptimalen Nebensächlichkeit.

Lassen Sie Hinweise auf fehlende Zeugnisse daher in den Bewerbungsunterlagen also besser weg. Wenn die Nachfrage im Jobinterview kommt (was wahrscheinlich ist), haben Sie immer noch genug Zeit, um sich zu erklären und die Gründe zu nennen.


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Bewerben ohne Zeugnis: Wie kann ich das begründen?

Ungünstige Interpretationen können Sie durch eine selbstbewusste und schlüssige Begründung schnell beenden – vor allem im Vorstellungsgespräch. Als Strategie empfehlen wir dazu diese drei Grundsätze:

  1. Gründe nennen
    Nennen Sie die Gründe präzise und ohne Umschweife. So bleibt kein Raum für Fehlinterpretationen.
  2. Keine Rechtfertigungen
    Verlieren Sie sich nicht in Schuldzuweisungen, stellen Sie einfach nur die Fakten dar. Achten Sie ebenso darauf, sich nicht zu rechtfertigen. Jeder Beteuerung wirkt nur wie ein schlechtes Gewissen.
  3. Thema wechseln
    Nutzen Sie die Erklärung als Überleitung und bringen Sie das Gespräch schnell wieder auf wichtigere Pfade – Ihre Berufserfahrungen beispielsweise.

Auch wenn fehlende Zeugnisse aus der Sicht mancher Personaler ein Mangel sind, sollten Sie selbst diese nicht so sehen. Akzeptieren Sie die Situation – Pannen passieren. Sich dauerhaft deswegen zu zerfleischen oder Sorgen zu machen, ist kontraproduktiv. Die dafür eingesetzte Zeit und Energie sollten Sie besser in Ihre Bewerbungsstrategie investieren.

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Bewerbung ohne Zeugnisse: Alternativen bei der Jobsuche

Fehlende Zeugnisse sind kein Beinbruch. Machen Sie sich bewusst, dass es sich dabei nur um eine Begleitinformation handelt, die Ihr Profil ergänzt und abrundet. Wenn der Lebenslauf nicht überzeugt, nutzt auch das beste Zeugnis nichts. Und falls Ihre Bewerbung punktet, dienen Zeugnisse und Nachweise nur zur Bestätigung. Einen radikalen Sinneswandel wird weder das Fehlen noch das Vorhandensein auslösen.

Überdies gibt es für das Bewerben ohne Zeugnis zahlreiche Alternativen:

  • Tätigkeitsbeschreibung

    Die sogenannte Tätigkeitsbeschreibung dokumentiert – ausführlicher als im Lebenslauf – was genau Sie bisher im Betrieb gemacht haben, was Ihre Aufgaben waren, welche Projekte Sie übernommen oder geleitet haben, wie die genaue Stellenbeschreibung und der Jobtitel beschaffen waren. Sie dient damit inhaltlich als Ersatz für den beschreibenden Teil in einem qualifizierten Arbeitszeugnis. Die Tätigkeitsbeschreibung wird allerdings von Ihnen verfasst und sollte pro Job nicht mehr als eine DIN A4 Seite umfassen.

  • Referenzen

    Eine Referenz, genauso wie ein Empfehlungsschreiben ist immer freiwillig. Umso größer aber deren Wirkung: Wer seiner Bewerbung ein bis maximal drei Referenzschreiben beifügen kann, beweist, dass ehemalige Vorgesetzte und Wegbegleiter bereit sind, proaktiv und positiv für Sie zu bürgen. Zusätzliches Plus: Im Gegensatz zum Zeugnis sind Referenzen nicht an das Ex-Unternehmen gebunden und können auch Jahre später noch ausgestellt werden.

  • Beispiele in der Bewerbung

    Letztlich dienen qualifizierte Zeugnisse der prominenten Präsentation Ihrer Berufserfahrung. Fehlen diese Nachweise, lässt sich das auch durch ausführliche Beschreibungen der Kompetenzen und Erfolge kompensieren – mehr noch durch konkrete Beispiele in der Bewerbung (die Sie natürlich jedes Mal individuell auf die ausgeschriebene Stelle und das dahinterstehende Unternehmen zuschneiden). Passen diese Beispiele punkten Sie damit oft mehr als mit einem Zertifikat.

  • Leistungsbeurteilungen

    Vielleicht haben Sie in der Vergangenheit beim bisherigen Arbeitgeber regelmäßig Mitarbeitergespräche geführt – Zielvereinbarungen inklusive. Oft gibt es hierüber Protokolle sowie interne Bewertungen und Leistungsbeurteilungen. Auch diese können ein fehlendes Zeugnis kompensieren. Zusätzlicher Vorteil: Gibt es mehrere dieser Leistungsbeurteilungen, können Sie natürlich das Beste herauspicken.

  • Arbeitsvertrag Kopie

    Sollte ein potenzieller Arbeitgeber unbedingt auf einem formalen Nachweis für eine bestimmte Stelle bestehen, können Sie – falls vorhanden – auch die erste Seite Ihres Arbeitsvertrags in Kopie einreichen. Achten Sie aber darauf, alle internen Details vorher zu anonymisieren.

Extra-Tipp: Reihenfolge der Anlagen wechseln

Es ist heute üblich den Lebenslauf „amerikanisch“ aufzubauen – also mit der aktuellen Position zuerst zu beginnen. Diesem Schema folgen entsprechend die Anlagen der Bewerbung. Schon um die dazugehörigen Unterlagen leichter auffindbar zu machen.

Bei einer Bewerbung ohne Zeugnis können Sie diese Prinzip allerdings taktisch durchbrechen: Wenn Sie die vorhandenen Zeugnisse und Zertifikate chronologisch ordnen (also das älteste zuerst), fällt das Fehlen weniger auf.