Bewerbung nach Selbstständigkeit: Probleme & Vorbehalte
Die Selbstständigkeit kann enorm befriedigend sein – wenn es gut läuft. Leider wird nicht jedes Startup und Unternehmen ein Erfolg. Vielleicht stellen Sie auch fest, dass Sie gar nicht der Typ dafür sind. Scheitern ist keine Schande. Dennoch haben Personaler und Arbeitgeber in dem Fall ein paar Fragen und Vorbehalte gegenüber ehemaligen Gründern und Freiberuflern.
Das sind oft nur Klischees, ja. Rechnen sollten Sie bei der Bewerbung aber dennoch damit. Besser noch Sie entkräften diese proaktiv. Wie – das zeigen wir Ihnen gleich…
- Teamfähigkeit
Unternehmer haben keine Vorgesetzten, arbeiten daher selbstbestimmt und oft alleine. Entsprechend fürchten Personaler und Recruiter, dass sich ehemalige Selbstständige nur schwer in eine bestehende Organisation, in deren Teams und Regeln integrieren können, sondern eher abgrenzen könnten. - Unterordnung
Wer sein eigener Chef war, tut sich schwer damit, das zu tun, was andere ihm aufgeben. So zumindest eine häufige Befürchtung der Personalentscheider. Renitenz und Insubordination will sich niemand an Bord holen. - Belastbarkeit
Wer seine Selbstständigkeit aufgibt, könnte zudem nicht allzu belastbar sein. Denn 10-14-Stunden-Tage sind bei Unternehmern keinen Seltenheit. Hinzu kommt der Termindruck auf Seiten der Kunden: Haben Sie Deadlines eingehalten – oder wuchs Ihnen das irgendwann über den Kopf? - Misserfolg
Folgt nach der Selbstständigkeit eine Bewerbung, fragt sich natürlich jeder nach dem Grund dafür: Wäre das Unternehmen erfolgreich gewesen, würde sich der Kandidat kaum bewerben. Folglich haftet dem Schritt immer auch der Makel des Gescheiterten an. Und darin schwingt noch etwas viel Schwereres mit: Inkompetenz.
Tatsächlich bewerben sich viele nach der Selbstständigkeit aus ganz anderen Gründen: Sie wollen wieder ein festes Einkommen – oft aus familiären Gründen. Ebenso geregelte Arbeitszeiten (Selbstständige arbeiten „selbst“ und „ständig“) oder sie suchen mehr sozialen Kontakt zu Kollegen. Selbstständigkeit kann mitunter sehr einsam sein.
Niemand stellt Sie aus Nächstenliebe ein. Entscheidend ist, dass Sie Ihre Gründe und Wechselmotive bereits in der Bewerbung nennen, um eben diese Vorbehalte abzubauen und sich zu erklären – nicht rechtfertigen!
Bewerbung nach Selbstständigkeit: Tipps und Vorlagen
Die Bewerbung nach Selbstständigkeit unterscheidet sich formal nicht von jeder anderen Bewerbung. Sie benötigen dafür vor allem ein Bewerbungsschreiben (maximal 1 DIN A4 Seite) sowie einen tabellarischen Lebenslauf (1-3 Seiten maximal). Die Arbeitszeugnisse fallen hier weg, da Sie nirgendwo angestellt waren. Gut ersetzen lassen Sie sich aber durch Kunden-Testimonials und Referenzen.
Ob Sie die Bewerbungsunterlagen auf Papier in einer Bewerbungsmappe verschicken oder digital per eMail-Bewerbung ist für die Reihenfolge der Unterlagen egal. Korrekt werden vollständige Bewerbungsunterlagen nach diesem Muster aufgebaut.
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Häufige Fragen + Antworten zur Bewerbung nach Selbstständigkeit
Was muss ich beim Lebenslauf beachten?
Grundsätzlich unterscheidet sich der Lebenslauf von ehemals Selbstständigen nicht von dem anderer. Nur bei der Berufspraxis, also dem bisherigen beruflichen Werdegang – tragen Sie Ihre Selbstständigkeit als EINEN zeitlichen Abschnitt ein. Den können Sie dann noch einmal in wesentliche Projekte und Abschnitte unterteilen. Darin können Sie zum Beispiel Angaben zu folgenden Punkten machen:
- Wie lange dauerte die Selbstständigkeit?
- War das Ihr Neben- oder Hauptberuf?
- Was genau machten Ihre Unternehmen?
- Welche Hauptkunden hatten Sie?
- Was waren zentrale Projekte/Erfolge?
- Wie viele Mitarbeiter gab es?
Wichtig ist, dass Sie hierbei nicht jedes Kundenprojekt nennen und auflisten, sondern auswählen. Erwähnt werden nur jene Aufträge und Projekte, deren Erfahrungen einen Mehrwert für die angestrebte Position darstellen. Vorteilhaft ist, wenn Sie hier Schlüsselbegriffe aus der Stellenanzeige einbauen und wiederholen. Das unterstreicht Ihre Eignung für den Job noch einmal.
Wie kann ich Erfolge nachweisen?
Wie schon erwähnt, haben Selbstständige keinen gesetzlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Von wem auch? Etwaige Erfolgs- und Leistungsnachweise können Sie aber auf anderem Weg erbringen. Weiterbildungen und Zusatzqualifikationen zum Beispiel können Sie – wie gewohnt – durch Zertifikate und Zeugnisse belegen.
Als Nachweis für relevante Projekte und zufriedene Kunden bieten sich wiederum Empfehlungsschreiben oder eine Referenzliste an. Diese bekommt entweder einen eigenen Abschnitt im Lebenslauf oder eine eigene Seite. Übertreiben Sie es damit aber nicht – mehr als 5 Referenzen wollen Personaler nicht sehen.
Beispiel einer Referenzliste im Lebenslauf
Wie kann ich die Bewerbung begründen?
Der richtige Ort, an dem Sie Ihre Bewerbung nach der Selbstständigkeit und zurück in die Festanstellung begründen, ist das Anschreiben. Hier erklären Sie Ihre Motivation und stellen einen Bezug zum Unternehmen her. Entscheidend ist, dass Sie an dieser Stelle allein auf eine Hin-zu-Motivation fokussieren. Also nicht weg von einer Tätigkeit, die Sie nicht mehr wollen oder an der Sie gescheitert sind – sondern hin zu dem neuen Job und Unternehmen.
Schreiben Sie also nicht, welche Vorteile Sie sich von dem Jobwechsel erhoffen, sondern vielmehr, welche Vorteile der neue Arbeitgeber hat, Sie einzustellen. Mit Ihren Erfahrungen und dem gesammelten Know-how! Beweisen Sie im Anschreiben ruhig Selbstvertrauen.
Alternative Begründungen sind:
- Ihre familiäre Situation hat sich geändert (Kinder, Partner, …)
- Der wirtschaftliche Rahmen passt nicht mehr (steigende Preise, fehlende Mitarbeiter, …)
- Sie können Ihre Talente anders besser nutzen (Marketing, Management, …)
Beispiele:
Die Selbstständigkeit war eine wichtige Erfahrung, die ich aus familiären Gründen nicht länger fortsetzen kann. Zudem sind mir der kreative Austausch mit Kollegen sowie die gemeinsame Arbeit und größere Aufgabenvielfalt einer Festanstellung heute wichtiger…
Während meiner 7-jährigen Selbstständigkeit habe ich gelernt, flexibel und eigenverantwortlich individuelle Lösungen in kurzer Zeit umzusetzen. Den Wechsel in ein festes Arbeitsverhältnis strebe ich nun an, weil ich künftig ein größeres Rad drehen und mich beruflich globaleren Herausforderungen im Marketing und neuen Aufgaben stellen möchte.
Mit welchen Kompetenzen kann ich in der Bewerbung überzeugen?
Nutzen Sie alle für den neuen Job relevanten Stärken und Fähigkeiten aus der Selbstständigkeit, um Ihre Qualifikation für den Job zu betonen. Beispiele hierfür können sein:
- Eigeninitiative
- Eigenverantwortliches Arbeiten
- Strategieentwicklung und -umsetzung
- Projektmanagement
- Kundenakquise und -service
- Auftragsverwaltung und Rechnungswesen
- Branchenkontakte und Netzwerke
- Verhandlungsgeschick und Durchsetzungsstärke
- Steuer- und Rechtswissen
Hauptsache ist, Sie verkaufen Ihre Bewerbung immer als ein Schritt nach vorne. Auch wenn Sie sich nach einem festen Einkommen, mehr Beständigkeit und einem geregelten Feierabend sehnen: Sagen und schreiben Sie es nicht! Sie möchten sich beruflich neu ausrichten – die Selbstständigkeit bietet Ihnen dafür keine Perspektiven mehr. Der neue Job aber schon… Ihre Bewerbung wird so zu einem Neustart und Aufbruch, nicht zur Notlösung.
Tipps für das Anschreiben
Jobwechsel sind normal. Entsprechend selbstbewusst sollte Ihr Anschreiben klingen. Sie sind kein Bittsteller, sondern Leistungsträger und bringen geballtes Unternehmer-Know-how mit. Das ist nicht nix, sondern ein überzeugendes Leistungsprofil!
Aufbau Bewerbungsschreiben
Das Bewerbungsanschreiben wird generell nach diesem 9-stufigen Muster aufgebaut:
Im Folgenden richten wir unser Augenmerk auf die vier Hauptelemente:
1. Einleitung
Im Einleitungssatz geht es vor allem darum, Interesse zu wecken. Idealerweise beginnt Ihr Anschreiben mit einem individuellen und originellen Satz – nie mit „hiermit bewerbe ich mich auf die Stelle als…“!
Lassen Sie kurz einfließen, dass Sie sich mit dem Zielunternehmen und den Herausforderungen der Position intensiv beschäftigt haben, indem Sie aktuelle Zahlen zitieren oder auf ein kürzlich publiziertes Interview des CEO eingehen. Das schmeichelt jedem Personaler. Die Betonung liegt allerdings auf kurz und subtil: Bitte nicht zu dick auftragen. Mehr als drei bis vier Zeilen haben Sie nicht.
2. Hauptteil
Dieser Abschnitt dient dem Eigenmarketing sowie der Darstellung Ihrer wichtigsten sozialen Kompetenzen (Soft Skills) und Alleinstellungsmerkmale. Bewerber machen jetzt klar, was sie auszeichnet. Wichtig ist, dass Sie hierbei nicht nur Adjektive aufzählen, sondern auswählen und Relevantes mit Beispielen belegen. Nicht Masse, sondern Klasse zählt.
3. Unternehmensbezug
In dem vielleicht wichtigsten Teil des Anschreibens wird der Kreis geschlossen. Stellen Sie jetzt eine Verbindung zum Arbeitgeber her und erzählen Sie, welchen einzigartigen Mehrwert Sie mit Ihrem Hintergrund leisten können und wollen. Je größer der Bezug zwischen Ihrem Werdegang und dem künftigen Job, desto größer die Bewerbungschancen.
Man könnte auch sagen: Sie spinnen an dieser Stelle den roten Faden, damit Ihr Karriereschritt so wirkt wie eine natürliche Entwicklung, die in diesem Unternehmen münden muss. Diesen Teil können Sie mit dem zweiten verweben oder gar zum Einstieg machen. Die Reihenfolge dieser ersten drei Punkte ist nicht fix.
4. Schlussteil
Am Ende sollten Sie nochmal einen Höhepunkt setzen. Bekräftigen Sie im Schlusssatz erneut Ihre Motivation und Begeisterung für die ausgeschriebene Stelle, nennen Sie – falls verlangt – Gehaltsvorstellungen oder Eintrittstermin und bekräftigen Sie, dass Sie sich über eine Einladung zum Vorstellungsgespräch freuen. Nur bitte keinen Konjunktiv (würde, könnte…)!
Ansonsten gilt: Betrachten Sie das Anschreiben stets aus der Perspektive des Personalers: Der muss mehrere Bewerbungen sichten und vergleichen. Je einfacher und übersichtlicher Sie ihm das machen, desto sympathischer ist ihm Ihre Bewerbung.
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