Definition: Was ist Shared Leadership?
Shared Leadership bedeutet, dass die Führungsfunktion (Leadership) auf mehrere Mitarbeiter im Unternehmen verteilt wird (engl. „to share“). Das Konzept ist eine Abkehr vom klassischen Hierarchie-Modell, bei dem eine oder wenige Führungskräfte an der Spitze stehen und von oben herab per Anweisungen und Kontrolle führen.
Das Shared Leadership Modell verbindet mehrere Führungsstile und zählt zur sogenannten transformationalen Führung. Bedeutet: Geführt wird nicht klassisch von oben nach unten (top-down), sondern bottom-up: Die Angestellte bekommen mehr Entscheidungsbefugnisse und Verantwortung. Die Folge sind flache Hierarchien und Führungskräfte, die eine „dienende“ Rolle übernehmen (siehe: Servant Leadership).
Achtung: Shared Leadership bedeutet nicht, dass sich 2-3 Manager die Geschäftsführung teilen. Geteilte Führung bedeutet hier, die Mitarbeiter und Teammitglieder deutlich stärker Entscheidungsprozesse einzubinden.
Merkmale von Shared Leadership
Typisch für Shared Leadership und geteilte Führung ist ein anderes Rollenverständnis der Führungskräfte. Wesentliche Merkmale sind, dass Führungskräfte…
- Entscheidungen gemeinsam im Team treffen
- Führungsverantwortung delegieren und aufteilen
- mehr Eigeninitiative ermöglichen
- starkes Vertrauen erzeugen
- die Vielfalt der Teams koordinieren
- individuelle Bedürfnisse kennen
- ein gesundes Arbeitsumfeld schaffen
- das persönliche Wachstum fördern
- durch Inspiration führen
- mit Visionen motivieren
Zugleich steht Shared Leadership nicht im Widerspruch zu anderen Konzepten der Mitarbeiterführung. Vielmehr kann und soll es diese – situativ – ergänzen. Zum Beispiel in der Projektarbeit, in der verschiedene Fortschrittsstadien mal eine striktere, mal eine geteilte Führung erfordern.
Wie funktioniert die Shared Leadership?
Damit Shared Leadership funktioniert, muss die geteilte Führung von allen akzeptiert und angenommen werden. Zwar bleibt die Position der Führungskraft erhalten, diese gibt ihre Befugnisse und Verantwortlichkeiten aber temporär ab und verteilt die Führungsaufgaben auf einzelne Teammitglieder – die diese aber auch wahrnehmen können und wollen müssen.
Neben der neuen Freiheit ist dafür auch die Persönlichkeit und Fachkompetenz beziehungsweise Führungskompetenz der Mitarbeiter und temporären Teamleiter entscheidend. Schließlich entstehen hierbei immer wieder neu Rollen, Prozesse und Strukturen, die alle mittragen müssen. Soll Shared Leadership ein Erfolg sein, müssen zuvor folgende Grundlagen geschaffen werden:
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Führungsrollen
Wird von einem klassisch-hierarchischen Modell auf Shared Leadership umgestellt, sind zunächst die neuen Rollen und Autoritäten klar zu definieren und abzugrenzen. Sonst drohen Chaos, Missverständnisse und Missgunst.
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Aufgabenverteilung
Gleiches gilt im zweiten Schritt für die genauen Aufgaben und Verantwortungsbereiche. Befugnisse und Kompetenzen sollten allen im Team bekannt sein. Sonst entstehen auch hier leicht Rivalitäten.
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Arbeitsabläufe
Durch die geteilte Führung verändern sich bisherige Arbeitsprozesse, teils sogar gewachsene Teamstrukturen. Diese sollten deshalb im Team gemeinsam neu definiert und permanent optimiert werden.
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Kommunikationsregeln
Mit unterschiedlichen und wechselnden Führungsrollen wächst der Abstimmungsbedarf. Auf lange Sicht ist daher die Kommunikation untereinander beziehungsweise Regeln für das konstruktive Lösen von Konflikten absolut erfolgsentscheidend – und regelmäßige Steuerungs-Meetings unverzichtbar.
Shared Leadership Beispiel in der Praxis
Ein Beispiel für Shared Leadership: Das Team wird über ein großes Projekt informiert, Ziele und Erwartungen des Kunden werden gemeinsam besprochen und dokumentiert. Im Anschluss übernehmen die Mitarbeiter selbst und eigenständig die weitere Führungsarbeit. Sie teilen Verantwortungen unter sich auf, arbeiten selbstständig, treffen eigene Entscheidungen und sprechen sich ab.
Dabei kann die Führungsrolle immer wieder wechseln oder gleichzeitig von mehreren übernommen werden – angepasst an die gerade anstehende Aufgabe, das Know-how und die Erfahrung der jeweiligen Mitarbeiter und Kollegen. Eine wichtige Voraussetzung ist auch hier wieder, dass sich die Mitarbeiter auf die größere Verantwortung einlassen und stärker engagieren, während die bisherigen Entscheidungsträger dies nicht als Degradierung, sondern als Chance bewerten. Gute Vorbereitung und erlebte Fairness sind dafür zentral.
Die Vor- und Nachteile geteilter Führung
Primäres Ziel von Shared Leadership ist die effizientere Zusammenarbeit und höhere Eigeninitiative, was sich positiv auf Leistungen und Ergebnisse auswirkt. Statt Druck von oben zu erzeugen, setzt Shared Leadership vor allem auf die Selbstverantwortung „erwachsener“ Mitarbeiter – jedoch mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen…
Shared Leadership Vorteile
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Motivation
Mitarbeiter bekommen mehr Mitspracherechte und können ihre Stärken und Talente besser einbringen. Dadurch schöpfen sie ihre Potenziale besser aus und arbeiten freiwillig mehr und sind engagierter.
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Anpassungsfähigkeit
Durch moderne und flexible Strukturen ist das Unternehmen insgesamt besser aufgestellt und kann sich den verändernden Märkten schneller anpassen. Das Verhalten im Team wird insgesamt kooperativer.
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Identifikation
Der Führungsstil ermöglicht den Menschen, eigene Entscheidungen im Einklang mit den Interessen des Unternehmens zu treffen. Das fördert die Arbeitsmoral und Loyalität und erzeugt eine starke Identifikation mit dem Unternehmen und Arbeitgeber. Die Kollegen können stolz auf ihre „eigene“ Arbeit sein und sich damit nach innen und außen profilieren.
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Attraktivität
Gerade junge Arbeitnehmer der Generation Z wollen weg von starren Hierarchien. Shared Leadership schafft ein modernes Arbeitsumfeld, das Talente anzieht und mit dem sich Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber positionieren können.
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Entlastung
Weil Führungskräfte ihre Aufgaben öfter teilen, können sie sich umso stärker auf strategische Fragen und eine unterstützende Funktion fokussieren, was wiederum dem gesamten Team und Unternehmen zugute kommt.
Shared Leadership Nachteile
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Entscheidungswege
„Viele Köche verderben den Brei“ – das Sprichwort kennen Sie, und es lässt sich auf Shared Leadership anwenden: Durch geteilte Führung werden die Entscheidungswege komplexer, der Konsens schwieriger. Und die zerteilte Verantwortung erschwert die Kommunikation zusätzlich.
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Überforderung
Die eigene Arbeit selbst zu organisieren, Aufgaben zu strukturieren und die Verantwortung für Entscheidungen und Ergebnisse zu übernehmen, birgt gleich zwei Gefahren: Manche Teammitglieder sind damit komplett überfordert – andere überschätzen sich und ihre Fähigkeiten. Das Ergebnis ist jedoch dasselbe: Chaos, Frust und Entmutigung.
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Kontrollverlust
Weil die Führungskräfte ihre Entscheidungsgewalt und Kontrolle abgeben, besteht das Risiko, dass sie gar nicht oder erst zu spät eingreifen können, falls etwas in eine falsche Richtung läuft. Zudem könnten einzelne Mitarbeiter die größeren Freiheiten zum eigenen Vorteil ausnutzen.
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Missbrauch
Nicht nur Mitarbeiter können die Freiheiten ausnutzen – auch Führungskräfte können unliebsame Aufgaben wegdelegieren und schwerwiegende Probleme sowie eigene Versäumnisse abwälzen. Shared Leadership stößt immer dann an Grenzen, wenn Erwartungen und Einzelziele in unterschiedliche Richtungen zeigen.
Wann ist Shared Leadership sinnvoll?
Unternehmen müssen heute neue Formen der Zusammenarbeit und Führung finden. Digitalisierung, New Work und agiles Arbeiten zwingen sie dazu, sich flexibler und dezentraler zu organisieren. Dabei kann Shared Leadership in wichtigen Bereichen punkten: komplexe Aufgaben besser verteilen, Prozesse beschleunigen, Innovationen fördern.
Geteilte Führung funktioniert aber nur, wenn die Mitarbeitenden die neuen Rollenverhältnisse annehmen und die Rechte und Pflichten daraus verantwortungsvoll anwenden. Dann kann Shared Leadership zum Beispiel zur Neugestaltung von Arbeitsprozessen und Projekten oder Neuausrichtung ganzer Abteilungen genutzt werden.
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