Was ist der Hemingway-Effekt?
Der Hemingway-Effekt (auch Hemingway-Methode genannt) ist ein Trick, um Arbeits- oder Schreibblockaden nicht nur zu überwinden, sondern zu verhindern, bevor diese entstehen. Der Grundgedanke: Hören Sie mit der Arbeit auf, wenn es gerade sehr gut läuft, Sie im Flow sind und genau wissen, was Sie als nächstes tun müssen. Laut Hemingway-Effekt ist der beste Zeitpunkt für eine Unterbrechung nicht dann, wenn Sie gerade etwas fertiggestellt haben, sondern wenn Sie in einem guten Arbeitsrhythmus sind und die folgenden Schritte klar vor sich sehen.
Diese Arbeitsweise beschrieb Hemingway selbst als eine seiner wichtigsten Gewohnheiten. Er soll zu einem Schriftsteller-Kollegen gesagt haben: „Am besten hört man immer dann auf, wenn es gut läuft und man weiß, wie es weitergeht. Wenn Sie das jeden Tag tun, werden Sie nie stecken bleiben.“ Ursprünglich war die Aussage auf das Schreiben von Romanen bezogen, doch lässt sich das Prinzip auf andere Aufgaben und Projekte übertragen.
Warum funktioniert der Hemingway-Effekt?
Anfangs scheint der Hemingway-Effekt fast widersprüchlich: Aufhören, wo es doch gerade so gut läuft. Sollte man nicht genau dann weitermachen? Nein, denn damit steuern Sie zielgerichtet in eine Arbeitsblockade. Sie haben alle Aufgaben abgearbeitet, alle Ideen umgesetzt, sich um alles gekümmert und jeden Gedanken verfolgt – an diesem Punkt stehen Sie zwangsläufig vor einer Arbeitsblockade. Wer jetzt aufhört, macht sich den Neustart sehr schwer.
Es ist das bekannte Brett vor dem Kopf. Sie finden keinen Einstieg, kümmern sich stattdessen um unwichtige Kleinigkeiten oder verfallen gänzlich in die Prokrastination. Der Hemingway-Effekt funktioniert, weil er genau das verhindert. Sie kehren mit einem klaren Plan und einer genauen Vorstellung an die Arbeit zurück. Sie brauchen sich nur hinsetzen und da weitermachen, wo sie aufgehört haben.
Vorteile: So profitieren Sie von der Hemingway-Methode
Die Hemingway-Methode kann Ihren Arbeitsalltag optimieren und erleichtern. Allerdings wird sie nur selten angewendet: Zum Teil, weil die Methode noch recht unbekannt ist – aber auch aus Angst und Unsicherheit vor der Umstellung der eigenen Arbeitsweise. Ein Fehler, denn der Hemingway-Effekt hat einige große Vorteile:
- Einfache Umsetzung
Sie müssen keine komplizierten Methoden lernen, keine umfangreichen Techniken verstehen, keinen Kurs und kein Seminar besuchen, um den Effekt zu verstehen. Die einfache Umsetzung ist grundsätzlich jeden Tag und bei jedem Projekt möglich, an dem Sie gerade arbeiten. - Mehr Produktivität
Es kostet Unmengen an Zeit und Energie, sich immer wieder neu in Aufgaben hineinzudenken. Der Hemingway-Effekt steigert die Produktivität und Effizienz. Sie nutzen Ihre Zeit besser und erreichen Ergebnisse mit insgesamt weniger Aufwand. - Größere Motivation
An Aufgaben, die wir bereits begonnen haben, kehren wir mit viel größerer Motivation zurück. Wir wollen abschließen, was wir angefangen haben und machen uns voller Elan und Tatendrang ans Werk. - Bessere Ergebnisse
Insgesamt verbessert der Hemingway-Effekt die Qualität Ihrer Arbeit und sorgt für stärkere Leistungen. Auch Ihr Chef merkt, dass Sie besser vorankommen. Zudem vermeiden Sie Fehler oder Dopplungen, die oft entstehen, wenn Sie eine Aufgabe fortsetzen, aber nicht direkt einen passenden Einstieg finden. Sie verzetteln sich – was sich an den Ergebnissen zeigt.
4 Tipps für den Hemingway-Effekt
Manche Aufgaben dulden keine Unterbrechung und müssen sofort fertiggestellt werden. Doch nur wenige Aufgaben werden gänzlich ohne Unterbrechung erledigt. Sie gehen in die Mittagspause, machen Feierabend und starten am nächsten Tag erneut oder holen sich auch nur einen Kaffee, bevor Sie weitermachen. Für alle großen und kleinen Unterbrechungen gilt: Nutzen Sie den Hemingway-Effekt!
Die folgenden vier Tipps helfen Ihnen bei der erfolgreichen Anwendung, damit Sie das Maximum aus der Hemingway-Methode herausholen können:
1. Machen Sie die Unterbrechung nicht zu früh
Gerade erst angefangen und schon eine Unterbrechung machen? Dafür kann es gute Gründe geben, für den Hemingway-Effekt ist es allerdings nicht sinnvoll. Wenn Sie gerade erst angefangen haben, wissen Sie ohnehin, was noch alles zu tun ist. Sie fangen nicht wirklich neu an, sondern stehen eigentlich immer noch am Anfang. Auch profitieren sie in diesem Fall nicht von einer gesteigerten Motivation. Der verbleibende Arbeitsaufwand ist einfach noch zu groß – das wirkt eher abschreckend.
Idealerweise sollten Sie bereits die Hälfte einer Aufgabe abgeschlossen haben. Eine Studie von Yoshinori Oyama und Emmanuel Manalo zeigte: Wer bereits mindestens 50 Prozent fertiggestellt hat, zeigt bei Rückkehr an die Aufgabe besonders großen Ansporn.
2. Machen Sie nicht zu viele Pausen
Der Hemingway-Effekt basiert nicht auf Quantität. Sie sollten eine Aufgabe nicht unnötig oft unterbrechen, nur weil Ihnen durch die Methode der Wiedereinstieg leichter fällt. Ein Übermaß an Pausen führt dazu, dass Sie Projekte in zu viele Einzelteile zerstückeln. Nutzen Sie den Effekt besser, um Arbeitsblockaden bei natürlichen Unterbrechungen zu überwinden.
Hemingway selbst beendete seine Arbeitstage nach der Methode. Suchen Sie sich entsprechend einen geeigneten Zeitpunkt kurz vor dem Ende der Arbeitszeit. Statt krampfhaft noch alles fertigzustellen, hören Sie lieber auf, wenn es gerade gut läuft.
3. Notieren Sie Ihr weiteres Vorgehen
Zur Sicherheit können Sie sich für die Rückkehr an die Aufgabe eine kleine Notiz schreiben. Halten Sie fest, was Sie als nächstes machen wollen und womit Sie die Aufgabe fortsetzen. Dann reicht ein Blick, um sofort wieder loslegen zu können.
Indem Sie Ihre Gedanken zum Projekt aufschreiben, können Sie sich in der Pause auch tatsächlich anderen Dingen widmen. Sie grübeln nicht die ganze Zeit oder versuchen zu behalten, was Sie noch unbedingt machen wollten.
4. Finden Sie zuerst Ihren Flow
Hören Sie nicht einfach an einem willkürlichen Punkt mitten während der Arbeit auf. Der richtige Zeitpunkt ist für den Hemingway-Effekt entscheidend. Wenn Sie gerade ohnehin ein Tief haben und nichts zustande bringen, geht es durch den Hemingway-Effekt nach der Arbeitsunterbrechung nicht besser weiter. Genau diesen Fehler machen die meisten: Gerade wenn es stockt, hören wir auf. Besser ist das Gegenteil.
Es mag ungewohnt sein: Der beste Moment, um aufzuhören, ist wenn Sie problemlos weitermachen könnten. Sie müssen sich regelrecht zwingen, mit der Arbeit aufzuhören, weil es gerade so gut läuft. Anfangs fühlt es sich an, als würden Sie sich damit ausbremsen – da aber ohnehin eine Pause ansteht (Feierabend, Mittagspause, Meeting…) gewinnen Sie tatsächlich Zeit, wenn Sie weitermachen.
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