Verspätung: Kein Grund zur Panik
Im Laufe des Berufslebens kommt niemand drum herum: Irgendwann ist jeder einmal zu spät. Verschlafen, Auto springt nicht an, ein nerviger Stau, den Bus verpasst, die Bahn fällt aus oder streikt… Mögliche Gründe und Ursachen für eine Verspätung gibt es viele. Sie alle haben gemeinsam, dass sie sofort eine Frage aufwerfen: Was mache ich jetzt?
Zunächst einmal gilt: Keine Panik. Wer hektisch wird und in blinden Aktionismus verfällt, will zwar schnell voran kommen, findet aber selten Lösungen.
Klären Sie zunächst die wichtigste Frage. Wie komme ich jetzt zur Arbeit? Bei einer simplen Verspätung ist das nur ein kleines Problem. Sie setzen sich ins Auto oder nehmen den nächstmöglichen Zug Richtung Arbeitsplatz. Die Devise lautet: Halten Sie die Verspätung so gering wie möglich. In den anderen Fällen gilt: Geduldig bleiben, nicht die Nerven verlieren und nicht sofort vom Schlimmsten ausgehen.
Chef, Kollegen oder auch Kunden werden nicht vor Freude in die Luft springen, aber es wird Ihnen auch nicht gleich der Kopf abgerissen, wenn Sie sich einmal verspäten. Auch Ihr Ruf am Arbeitsplatz ist nicht automatisch ruiniert und niemand stempelt Ihnen ein großes IMMER VERSPÄTET auf die Stirn, nur weil Sie eine halbe Stunde zu spät im Büro aufgeschlagen sind.
Trotzdem gilt: Überspielen Sie Ihre Verspätung nicht einfach und vergessen Sie auch jegliche Einstellung von Die anderen merken schon, wenn ich noch nicht da bin… Mit einem solch professionellen Verhalten richten Sie vermutlich viel mehr Schaden an als mit der eigentlichen Verspätung selbst. Besser ist es, nicht nur die Verantwortung zu übernehmen, sondern gleichzeitig auch alle Hebel in Bewegung zu setzen, um die Auswirkungen der eigenen Verspätung so gering wie möglich zu halten.
Vorsicht bei chronischer Verspätung
Anders sieht es aus, wenn es sich nicht um eine einmalige Verspätung und damit den Ausnahmefall handelt. Wer ständig und immer wieder zu spät kommt, kann sich nicht mit einer fadenscheinigen Entschuldigung aus der Affäre ziehen. Hier liegt kein unglücklicher Zwischenfall vor, sondern scheinbar Methode, Unzuverlässigkeit und fehlender Leistungswille.
Leider gibt es auch von diesem Schlag genügend Menschen. Gefühlt kommen sie jede Woche mindestens einmal zu spät und haben entweder eine eher halbherzige Erklärung parat oder verhalten sich gleich so, als wäre es völlig normal, erst 30 Minuten nach Beginn der Arbeitszeit einzutrudeln.
Bei solch chronischer Verspätung sollten Sie vorsichtig sein. Der Chef muss sich ein solches Verhalten nicht gefallen lassen. Regelmäßiges Zuspätkommen bedeutet am Ende nichts anderes, als eine Nichteinhaltung der Arbeitszeiten. Damit droht bei wiederholtem Fehlverhalten eine Abmahnung – und im Anschluss die Kündigung.
Bleiben die arbeitsrechtlichen Konsequenzen aus, können Sie dennoch sicher sein, dass Ihr Chef und ebenfalls die Kollegen genau mitbekommen, wie Sie sich regelmäßig verspäten. Die daraus gezogenen Schlüsse können unterschiedlich sein, fallen jedoch in jedem Fall zu Ihren Ungunsten aus. Entweder erwecken Sie den Eindruck, vollkommen unmotiviert oder sogar faul zu sein und sich vor der Arbeit drücken zu wollen. Oder Sie wirken schlecht organisiert, was nicht für Ihre Arbeitsweise und die damit verbundenen Leistungen spricht.
Ganz zu schweigen vom Arbeitsklima, das leidet, da die Kollegen wohl kaum glücklich darüber sind, dass Sie sich scheinbare Sonderrechte in der Arbeitszeit herausnehmen.
Arbeitsrecht bei Verspätungen: Das müssen Sie wissen
Verspätungen spielen auch im Arbeitsrecht eine Rolle, um Streitigkeiten zwischen Mitarbeitern und Arbeitgebern klären zu können. Wir haben uns die häufigsten und wichtigsten Fragen zu Verspätungen angesehen und für Sie beantwortet:
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Bin ich für die Verspätung verantwortlich?
Ob Bahnstreik, Stau, wetterbedingte Verzögerungen oder andere Faktoren: Betroffene haben oftmals keinen Einfluss auf die Verspätung und vertreten zunächst den Standpunkt Ich kann doch nichts dafür… Das mag richtig sein, verantwortlich sind Sie dennoch. Als Arbeitnehmer tragen Sie das sogenannte Wegerisiko. Es liegt in Ihrer Verantwortung, pünktlich auf der Arbeit zu erscheinen – und sich falls nötig frühzeitig um Alternativen zu kümmern.
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Kann der Chef mich kündigen?
Die größte Sorge gleich vorneweg: Nein, Ihr Chef kann Sie nicht einfach feuern, wenn Sie einmal verspätet am Arbeitsplatz erschienen sind. Um einen solchen Schritt zu rechtfertigen, müsste eine grobe und bewusste Pflichtverletzung vorliegen, was bei einfachen Verspätungen nicht der Fall ist. Zusätzlich muss vorher in der Regel eine Abmahnung erfolgen, in der Ihr Chef Sie auffordert, das Fehlverhalten in Zukunft zu unterlassen.
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Muss ich den Arbeitgeber informieren?
Wenn Sie absehen können, dass Sie es nicht pünktlich schaffen werden, sollten Sie Ihren Chef oder einen direkten Kollegen darüber in Kenntnis setzen. Schon aus Gründen der Höflichkeit und Fairness. Sie geben damit den anderen die Chance, sich auf Ihre Verspätung und die fehlende Arbeitskraft einzustellen. Gleichzeitig zeigen Sie guten Willen, den die meisten Vorgesetzten positiv aufnehmen. Im schlimmsten Fall kann es sogar als Pflichtverstoß gewertet werden, wenn Sie über eine absehbare Verspätung nicht informieren – dies kann zu einer Abmahnung führen.
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Muss ich die Zeit nacharbeiten?
Bei einer Verspätung, deren Grund nicht in Ihrer Person selbst liegt, ist der Arbeitgeber nach § 616 BGB nicht verpflichtet, für diese Zeit Lohn zu zahlen. Somit müssen Sie die ausgefallene Zeit grundsätzlich nacharbeiten, um die Grundlage für Ihr volles Gehalt zu legen. Sie können die Verspätung am gleichen Tag ausgleichen, indem Sie länger arbeiten, die zusätzliche Arbeitszeit an einem anderen Tag nachholen oder mit Ihrem Urlaubsanspruch verrechnen. In der Praxis zeigen sich Unternehmen hier jedoch sehr kulant, solange es sich bei der Verspätung um eine Ausnahme handelt. Wer sich aufgrund äußerer Einflüsse um eine halbe Stunde verspätet, muss in der Regel keine Angst haben, dass ihm die Bezahlung gekürzt wird.
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Kann ich von zu Hause aus arbeiten?
Wetter- und Verkehrschaos können den Arbeitsweg sehr schwierig machen und lange Verspätungen bedeuten. Viele Arbeitnehmer kommen auf die Idee, die Arbeit im Home Office zu erledigen. Eigenmächtig darf eine solche Entscheidung allerdings nicht getroffen werden. Nur wenn Sie mit Ihrem Vorgesetzten eine entsprechende Absprache getroffen haben und dieser Ihnen die Tätigkeit im Home Office eindeutig – am besten schriftlich – gestattet, dürfen Sie aus den eigenen vier Wänden arbeiten, statt zum Arbeitsplatz zu kommen.
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Darf ich ein Taxi nehmen, wenn die Bahn ausfällt?
Fallen die Verbindungen an Bahnhöfen aus, wissen sich manche Arbeitnehmer nicht anders zu helfen, als ein Taxi zu rufen, um zum Arbeitsplatz zu kommen. Dagegen ist natürlich nichts einzuwenden, doch müssen Sie für die Kosten selbst aufkommen.
Rückerstattungen bei Verspätung: Was steht mir zu?
Verspäten Sie sich aufgrund eines Streiks am Bahnhof oder Flughafen, ist der Frust groß. Sie kommen zu spät, die Nerven liegen zunehmend blank und das zum Teil sehr teure Ticket bringt Sie auch nicht weiter. Dabei entsteht oftmals ein Anspruch auf Entschädigung oder Erstattung des Preises, der in vielen Fällen nicht geltend gemacht wird.
Damit Ihnen das nicht passiert, zeigen wir, wann und in welcher Höhe Ansprüche auf Rückerstattungen bei Verspätung entstehen:
Regelungen bei Flugverspätung
- Ab einer Verspätung von drei Stunden – wenn die Ursache bei der Airline liegt und keine außergewöhnlichen Umstände wie besonders schlechtes Wetter oder ein Streik gegeben sind – haben Fluggäste ein Anrecht auf eine Entschädigung zwischen 250 und 600 Euro.
- Ab einer Verspätung von zwei Stunden muss die Airline für Verpflegung der Passagiere sorgen und Getränke zur Verfügung stellen.
- Findet der Flug erst am nächsten Tag statt, haben Sie Anspruch auf die Übernachtung und den entsprechenden Transfer zu einem Hotel.
- Wie hoch die tatsächliche Entschädigung bei einer Verspätung ist, richtet sich nach der Entfernung Ihrer Flugstrecke. Bei einem Flug bis zu 1500 Kilometern werden 250 Euro erstattet, bei einer Entfernung von mehr als 3500 Kilometern zum Zielort stehen Ihnen 600 Euro zu.
Regelungen bei Zugverspätung
- Ab einer Verspätung von 20 Minuten ist die Zugbindung einer Fahrkarte aufgehoben und Sie können auch mit einem anderen Zug fahren.
- Kommen Sie mehr als 60 Minuten zu spät an Ihrem Zielbahnhof an, stehen Ihnen 25 Prozent des Fahrtpreises als Entschädigung zu.
- Steigt die Verspätung auf mehr als zwei Stunden, können Sie 50 Prozent des Preises erstattet bekommen.
Diese Regelungen zu kennen ist, allerdings nur der erste Teil. Sie müssen Ihre Forderungen anschließend immer noch selber geltend machen, um auch tatsächlich eine Entschädigung zu erhalten.
Ihr Anspruch richtet sich dabei direkt an die Airline oder die Bahn. Dabei müssen Sie genau angeben, wann Sie reisen wollten, welchen Start- und Zielort Ihre Reise hatte und warum Sie eine Erstattung fordern.
Wichtig: Heben Sie für diesen Fall immer Ihre Tickets auf oder machen Sie Screenshots und Kopien von elektronischen Flug- oder Bahn-Tickets!
Wollen Sie sich nicht selbst um alles kümmern, gibt es inzwischen zahlreiche Anbieter, die das für Sie übernehmen – gegen eine Gebühr natürlich. Dabei verkaufen Sie Ihren Anspruch an den Betreiber der Seite, der diesen dann selbst einfordert. Sie erhalten eine Sofortentschädigung, müssen aber bereit sein, auf 20 bis 25 Prozent zu verzichten.
Verspätung: Was tun, wenn ich zu spät bin?
Je nach Ursache Ihrer Verspätung ist es durchaus nachvollziehbar, wenn Sie erst einmal genervt und völlig bedient sind. Niemand braucht am frühen Morgen die Durchsage Dieser Zug fällt heute leider aus… und der Stau auf der Autobahn trägt ebenso wenig zur Stimmung bei. Fluchen und Schreien bringt im Moment vielleicht ein wenig Erleichterung, ist aber nur von kurzer Dauer und löst nicht das tieferliegende Problem: Sie werden sich verspäten.
Dabei ist es erst einmal unerheblich, ob Sie 15, 30, 45 Minuten oder eine noch nicht absehbare Zeit zu spät kommen werden. Auf die einzelnen Minuten kommt es im Zweifelsfall nicht an – weshalb an dieser Stelle auch noch einmal davon abgeraten wird, die Verkehrsregeln ein wenig zu erweitern, um möglichst schnell mit dem Auto ans Ziel zu kommen. Ob 15 oder 30 Minuten Verspätung spielt keine Rolle und schon gar nicht sollten Sie Ihre Gesundheit dafür aufs Spiel setzen.
Entscheidend ist, wie Sie mit der Situation umgehen und was Sie tun, um dafür zu sorgen, dass Ihre Verspätung möglichst keine Auswirkungen auf die Arbeit hat. Damit das gelingt, haben wir einige Tipps gesammelt, die Ihnen bei einer drohenden oder bereits sicheren Verspätung helfen können.
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Informieren Sie Ihren Chef
Es sollte selbstverständlich sein, wird aber regelmäßig vergessen oder für nicht so wichtig befunden. Gleich aus mehreren Gründen ein Fehler: Wenn Sie nichts sagen, vermitteln Sie sofort das Gefühl, als wäre es Ihnen nicht so wichtig, dass Sie zu spät kommen. Nicht die Einstellung, die Sie Ihrem Chef gegenüber zeigen wollen.
Noch schlimmer ist, dass Sie Ihrem Vorgesetzten jede Möglichkeit nehmen, um zu reagieren. Sobald er weiß, dass Sie sich verspäten, kann er neu planen, möglicherweise Aufgaben anders verteilen, Termine umlegen oder anderen Beteiligten wenigstens Bescheid geben, dass es zu einer Verspätung kommt. Sagen Sie einfach nichts, kann auch nicht frühzeitig gehandelt werden.
Daher gilt an dieser Stelle auch: Bleiben Sie ehrlich. Verständlicherweise wollen Sie möglichst schnell ankommen, doch dem Chef sagen, dass Sie in 30 Minuten da sind, wenn Sie genau wissen, dass Sie mindestens 45 Minuten – wenn nicht mehr – brauchen, macht die Situation auch nicht besser.
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Sprechen Sie mit den Kollegen
Stehen ausgerechnet an dem Tag, an dem Sie sich verspäten, wichtige Aufgaben an, die möglichst pünktlich erledigt werden müssen? Anstatt in Panik zu verfallen und zu befürchten, dass Sie Deadlines nicht einhalten können, rufen Sie Ihre Kollegen an und erklären Sie Ihre Lage. Falls möglich können Sie diesen Schritt im Vorfeld auch schon kurz mit Ihrem Chef besprechen.
Geben Sie die wichtigsten Informationen und Eckpunkte durch, die Ihre Kollegen wissen müssen. um sich beispielsweise bei einem Kunden zu melden und ihn über die aktuellen Entwicklungen eines Projekts zu informieren.
Auf diese Weise können Sie aus einer Verspätung sogar noch etwas Gutes machen, wenn Sie Ihrem Chef zeigen, dass Sie trotz Stress den Überblick behalten und es meistern, von unterwegs alles in die Wege zu leiten, um dafür zu sorgen, dass Prioritäten erledigt werden und die Kunden zufrieden sind.
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Entschuldigen Sie sich
Ja, es ist wahrscheinlich unangenehm, doch auch das gehört zu einer Verspätung dazu. Sobald Sie dann doch im Büro angekommen sind, sollten Sie sich beim Chef melden und sich für Ihr Zuspätkommen entschuldigen. Außerdem gilt: Verzichten Sie auf ausweichende Erklärungen oder Rechtfertigungen. Sie können kurz den Grund angeben, aber versuchen Sie nicht, die Verantwortung von sich zu weisen.
Dabei muss man die Zähne möglicherweise zusammenbeißen, da man in vielen Fällen tatsächlich nichts für die Verspätung kann, aber den besten Eindruck macht es, zu seiner Verspätung zu stehen und die Verantwortung dafür zu übernehmen.
Spätestens wenn sich eine Verspätung wiederholt, sollten Sie außerdem deutlich machen, dass Sie nun daraus gelernt haben und sich in Zukunft noch eher auf den Arbeitsweg machen werden, um eine weitere Verspätung zu verhindern.
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Holen Sie die Arbeit auf
Versuchen Sie so gut wie möglich die verlorene Arbeitszeit aufzuholen. Holen Sie Telefonate nach, die Sie eigentlich schon hinter sich haben wollten und machen Sie sich konzentriert an die Arbeit. Kunden gegenüber sollte die Verspätung am besten unerwähnt bleiben, um keinen unprofessionellen Eindruck zu machen.
Der beste Weg, um dafür zu sorgen, dass der Chef eine Verspätung schnell wieder vergisst, ist, mit Leistung und Ergebnissen zu überzeugen. Zeigen Sie, dass der verschobene Arbeitsbeginn Sie nicht aus der Bahn geworfen hat und Sie trotzdem alle Aufgaben das Tages in gewohnter Qualität erledigen können.
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