Diskriminierung in der Bewerbung: Was tun?

Es gibt sie, keine Frage: die Diskriminierung in der Bewerbung. Das ist illegal und unzulässig, wird aber trotzdem gemacht – aufgrund von Alter, Geschlecht, Herkunft oder anderen Gründen. Kann ich mich als Bewerberin oder Bewerber dagegen wehren? Jein. Aber wir haben zumindest Tipps und Strategien, wie Sie Ihre Bewerbungschancen verbessern können…

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Diskriminierung in der Bewerbung: Zulässig?

Seit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG, auch: Antidiskriminierungsgesetz) im Jahr 2006 darf niemand aufgrund von:

  • Alter
  • Geschlecht
  • Rasse oder ethnischer Herkunft
  • Sexueller Identität
  • Behinderung
  • Religion oder Weltanschauung

diskriminiert werden. Weder bei der Bewerbung, noch später am Arbeitsplatz. Wer es trotzdem tut, riskiert eine Klage vor dem Arbeitsgericht sowie saftig Geldbußen.

Wer diskriminieren will, diskriminiert

Aber seien wir ehrlich: Hat das Arbeitsrecht oder AGG die Diskriminierung wirklich reduziert oder verhindert? Eben. Wer diskriminieren will, diskriminiert – Gesetz hin oder her! Recruiter und Personaler verschleiern in dem Fall den wahren Grund und nennen stattdessen legale Absagegründe oder gar keine bzw. leere Floskeln.

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Wer ist von der Diskriminierung bei der Bewerbung betroffen?

Wer von der Diskriminierung in der Bewerbung betroffen ist, hängt vom Unternehmen und den jeweiligen Vorlieben oder Suchaufträgen der Personaler ab. Aber statistisch besonders oft betroffen sind vor allem:

  • Ältere Bewerber ab 50+
  • Alleinerziehende (Frauen mehr als Männer)
  • Junge Frauen mit Partner, aber noch ohne Kinder
  • Bewerber mit Migrationshintergrund
  • Menschen mit Behinderung
  • LGBTQIA+ Personen

Studien und Experimente zeigen, dass Bewerberinnen und Bewerber mit ausländisch klingenden oder muslimischen Namen deutlich schlechtere Chancen auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch haben.

41 Prozent der Befragten mit Migrationshintergrund sagen, sie hätten bereits Diskriminierung erlebt, 37 Prozent wegen ihres Namens, 31 Prozent wegen der Staatsangehörigkeit und 26 Prozent wegen ihrer Religion. Das AGG soll diese Gruppen zwar schützen, dennoch zeigen die Studien, dass Diskriminierung in der Bewerbung weiterhin weit verbreitet ist.

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Was kann ich gegen offene Diskriminierung tun?

Der Kernproblem der Diskriminierung – ob in der Bewerbung oder am Arbeitsplatz – ist ihre Beweisfähigkeit. Nur wenn eine Stellenanzeige oder ein Absageschreiben wirklich saublöd formuliert sind, haben Sie etwas Belastbares in der Hand.

Wenn Sie im Bewerbungsverfahren Diskriminierung erleben und beweisen können, können Sie folgende Schritte unternehmen:

  1. Beschwerde beim Arbeitgeber einreichen

    Sie können sich zunächst schriftlich an den Arbeitgeber wenden und die Diskriminierung geltend machen. Wichtig ist, dies innerhalb von 2 Monaten nach Erhalt der Absage zu tun, um Ihre Rechte zu wahren!

  2. AGG-Beschwerdestelle einschalten

    Größere Unternehmen haben eine interne AGG-Beschwerdestelle. Dort können Sie sich ebenfalls melden und eine einvernehmliche Lösung ohne Rechtsstreit anstreben. Meist läuft das auf eine Zahlung von 1-2 Monatsgehältern hinaus.

  3. Rechtliche Schritte einleiten

    Erzielen Sie keine gütliche Einigung, können Sie einen Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzuziehen. Bei guten Aussichten reicht der innerhalb von 3 Monaten nach schriftlicher Beschwerde Klage beim Arbeitsgericht ein. Möglich ist dann eine Entschädigung von bis zu drei Monatsgehältern. Bei psychischen Folgen auch Schmerzensgeld.

Das Problem bleibt aber die Beweislast – die liegt beim Kläger, also Ihnen. Sie müssen also belegen können, dass eine diskriminierende Stellenausschreibung oder eine ungerechtfertigte Absage vorliegt.

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Diskriminierung in der Bewerbung: Wie Chancen verbessern?

Aus der Erfahrung heraus wissen wir, dass Diskriminierungsklagen nur schwer zu gewinnen sind. Und den Job bekommen Sie dadurch auch nicht! Deshalb empfehlen wir stattdessen Strategien, die Ihre Bewerbungschancen verbessern.

Eine Garantie gibt es dadurch freilich trotzdem nicht. Wer zum Beispiel Bewerber mit 50+ oder Frauen im gebärfähigen Alter nicht einstellen will, wird das auch weiterhin tun. Dennoch bleiben Ihnen ein paar Tipps und Tricks bei der Bewerbung:

  • Kontakte und Empfehlungen nutzen

    Einer der besten Wege, eine Diskriminierung in der Bewerbung zu umgehen, sind persönliche Kontakte, Referenzen und Empfehlungsschreiben. Sie erhöhen nachweislich die Einstellungschancen, weil die Fürsprecher potenzielle Zweifel bei Personalverantwortlichen reduzieren. Versuchen Sie daher frühzeitig solche Netzwerke und Kontakte aufzubauen!

  • Gezielte Bewerbungen schreiben

    Ein indirekter Weg ist, sich direkt und gezielt bei offenen und vielfältigen Unternehmen und Arbeitgebern zu bewerben. Unternehmen mit einer diversen Unternehmenskultur zeigen das meist schon auf Ihrer Webseite – durch Texte oder Bilder von der Belegschaft. Die interkulturelle Kompetenz zeigt sich oft auch durch die Kommunikation der Mitarbeitenden auf Linkedin & Co. Achten Sie ebenfalls auf subtile Signale in den Stellenanzeigen.

  • Praktika und Probearbeit anbieten

    Statt sich direkt auf eine Stelle zu bewerben, können Sie zunächst eine Bewerbung für ein Praktikum verschicken oder Probearbeit anbieten. Der Vorteil: Sie stellen Ihr Know-how und Ihre Fähigkeiten direkt im Betrieb unter Beweis, bauen dabei Vorurteile ab und knüpfen Kontakte. Betriebe sind nach solchen Erfahrungen oft eher bereit, Bewerberinnen einzustellen, die im klassischen Verfahren benachteiligt würden.

  • Soft Skills und Sprachkenntnisse betonen

    Machen Sie mögliche Nachteile erst gar nicht zum Thema! Sondern betonen Sie umso mehr Ihre Alleinstellungsmerkmale und den besonderen Mehrwert, den Sie bieten. Das können spezielle Erfahrungen und Soft Skills sein – oder Sprachkenntnisse, die gerade bei internationalen Unternehmen Vorteile und Pluspunkte bringen. Der richtige Ort dafür ist das Bewerbungsschreiben, in dem Sie mit 3-4 Sätzen und Beispielen Ihre Kompetenzen belegen.

  • Bewerbungsvideo ergänzen

    Hauptproblem bei der Diskriminierung ist das Kino im Kopf des Personalers. Je mehr Interpretationsspielraum die Bewerbung lässt, desto größer das Risiko einer Benachteiligung. Ein Bewerbungsvideo kann dagegen alle Vorbehalte zerstreuen: Stellen Sie sich einen schwarzen Bewerber mit arabischem Namen vor, der im Video fließend Bayerisch spricht – oder einen Kandidaten mit 55+, der im Video mental und körperlich topfit und hochmotiviert wirkt… Ein (Bewegt-)Bild sagt mehr als 1000 Worte und kann so manches Klischee komplett ins Gegenteil drehen.

  • Bewerbungstraining und Coaching nutzen

    Ein Bewerbungstraining sowie Bewerbungs-Kurse helfen, die Bewerbungsunterlagen zu optimieren oder Vorstellungsgespräche zu üben. Damit schalten Sie bereits einen Großteil der typischen Bewerbungsfehler aus und steigern allgemein Ihre Chancen – und Ihr Selbstvertrauen.

  • Anonyme Bewerbung schreiben

    Teils können Sie noch eine anonyme Bewerbung nutzen und versenden. Dabei werden alle persönlichen Daten wie Name, Geburtsort oder Foto nicht angegeben. Eine echte Empfehlung von uns ist das aber nicht. Das Problem: Sie wecken damit schlafende Hunde. Personaler ahnen sofort: Hier gibt es einen Grund, sonst könnte man auch eine klassische Bewerbung schreiben – und benachteiligen Sie spätestens nach dem Vorstellungsgespräch.

Grundsätzlich gilt: Nehmen Sie eine Absage nie persönlich – selbst wenn es die Diskriminierung ist! Wer Sie aus solch unredlichen Gründen ablehnt, hat Sie auch nicht verdient. Besser Sie finden das jetzt heraus als später während der Probezeit. Suchen Sie sich lieber einen Job und Arbeitgeber, der die Vorteile der Vielfalt und Diversity versteht…


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