Definition: Was fällt unter Altersdiskriminierung?
Man spricht von Altersdiskriminierung, wenn eine Benachteiligung aufgrund des Alters vorliegt. Sie schlägt sich in gesellschaftlichen und ökonomischen Bereichen nieder. Der Begriff Diskriminierung stammt aus dem Lateinischen (von discriminare = unterscheiden, trennen) und hatte ursprünglich eine neutrale Bedeutung. Heutzutage überwiegt oft die negative Bedeutung. Synonyme zu Alterdiskriminierung sind Ausgrenzung, Geringschätzung, Herabsetzung oder Verächtlichmachung aufgrund des Alters.
Das Alter spielt immer eine Rolle. Sei es bei der Einschulung, beim legalen Erwerb von Tabak und Rauschmitteln oder beim Führerschein. Solche Unterscheidungen sind jedoch zulässig. Sie dienen dem Schutz und sind gesellschaftlich akzeptiert. Anders, wenn keine exakten Altersangaben existieren und jemand dennoch auf altersbedingte Verbote stößt.
Altersdiskriminierung Fachbegriff
Ein aus dem anglo-amerikanischen Raum entlehnter Begriff ist Ageism. Der Fachbegriff taucht als Anglizismus auch immer häufiger in deutschsprachigen Publikationen auf. Alternativ ist eingedeutscht von „Ageismus“ die Rede. Beide beziehen sich auf eine Form der Diskriminierung, bei der eine Person gegen bewusste oder unbewusste Stereotype aufgrund ihres Alters zu kämpfen hat.
Theoretisch kann jede Altersgruppe von Diskriminierung betroffen sein. Häufig geht es jedoch um die Benachteiligung einer Gruppe ober- oder unterhalb eines bestimmten Alters. Bezogen auf die Diskriminierung aufgrund eines vermeintlich zu hohen Alters, wären die Begriffe Altendiskriminierung beziehungsweise Seniorenfeindlichkeit genauer.
Altersdiskriminierung im Beruf – Beispiele
Altersdiskriminierung im Beruf bezieht sich auf das Lebensalter. Die Dauer der Zugehörigkeit zum Unternehmen (auch Dienstalter genannt) kann sehr wohl eine Rolle beim Gehalt spielen und ist kein Zeichen von Diskriminierung. Vielmehr berücksichtigen beispielsweise die Entgeltgruppen die Berufserfahrung damit. Unzulässige Beispiele für Altersdiskriminierung sind hingegen diese Fälle:
Stellenangebote
Wer klare Altersangaben in einer Stellenanzeige aufgibt, verstößt gegen das Antidiskriminierungsgesetz. Eine Formulierung wie „Projektleiter zwischen 30 und 45 Jahren gesucht“ ist unzulässig. Aber selbst Formulierungen wie „Junges dynamisches Team sucht ebensolchen Kollegen“ kann bei Nichtberücksichtigung eines Bewerbers den Arbeitgeber in die Bredouille bringen. Der muss dann nämlich nachweisen, dass die Ablehnung nichts mit Altersdiskriminierung zu tun hatte und objektive Beweise dafür vorlegen.
Kinderwunsch
Die Frage nach dem Kinderwunsch oder einer Schwangerschaft bei Frauen ist im Vorstellungsgespräch verboten, Bewerberinnen dürfen an dieser Stelle lügen. Eine Form von Altersdiskriminierung liegt vor, wenn grundsätzlich junge Frauen im gebärfähigen Alter ausgesiebt werden.
Anstellung
Im Arbeitsleben haben Arbeitnehmer häufig nicht das „richtige“ Alter. Altersdiskriminierung findet sich bei Berufsanfängern, die für zu jung erachtet und deshalb nicht eingestellt werden. Hier greift das Permission Paradox. Das Gleiche passiert mit älteren Arbeitnehmern, denen keine Chance gewährt wird, weil der Arbeitgeber geringere Leistungsfähigkeit vermutet.
Bezahlung
Bis vor wenigen Jahren wurde bei Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst beim Gehalt noch nach Alter unterschieden. Das heißt, nicht Leistung oder Position, sondern einzig ein höheres Lebensalter konnte zwischen Arbeitnehmern derselben Tarifgruppe einen Unterschied machen. Mit Ablösung des Bundes-Angestelltentarifvertrages durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) wurde diese Unterscheidung als eine Form der Altersdiskriminierung abgeschafft. Unterschiedliche Gehälter bei exakt gleicher Tätigkeit sind hingegen unzulässig, aber aufgrund mangelnder Transparenz schwer nachweisbar.
Abfindung
Im Falle einer Abfindung kann das Alter einem Arbeitnehmer ebenfalls zum Nachteil gereichen. Die Höhe richtet sich meist nach Lebens- und Dienstalter, heißt: Je länger ein Arbeitnehmer beschäftigt war und je älter er ist, desto höher fällt diese Abfindung aus. Dies kann als Altersdiskriminierung gegenüber jüngeren und kürzer Beschäftigten gesehen werden. Sieht der Sozialplan des Unternehmens vor, dass solche höheren Abfindungen nur bis zu einer altersmäßigen Höchstgrenze gezahlt werden, kann sich dies für ältere Arbeitnehmer nachteilig auswirken, indem die Berechnungsgrundlage für die Abfindung zu ihren Ungunsten geändert wird.
Urlaub
Manche Arbeitgeber gewähren ihren älteren Arbeitnehmern mehr Urlaub als den bei gleicher Tätigkeit beschäftigten jüngeren Arbeitnehmern. Grundlage hierfür sind entsprechende Regelungen im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder der Betriebsvereinbarung. Auch wenn eine betriebliche Übung vorliegt, kann Mehrurlaub gewährt werden.
Hier kann ein Fall von Altersdiskriminierung vorliegen, wenn bei vergleichsweise jungen Altersgruppen unterschieden wird. Mehrurlaub bei 30- und 40-Jährigen akzeptiert das Arbeitsgericht nicht. Anders sieht es bei schweren körperlichen Tätigkeiten und fortgeschrittenem Alter aus: Bei ab 50- bis 55-Jährigen Arbeitnehmern gilt zusätzlicher Urlaub nicht als Altersdiskriminierung, da ein objektiv größeres Erholungsbedürfnis erkannt wird.
Altersdiskriminierung im Alltag – Beispiele
Diese Altersdiskriminierung lässt sich nicht nur im Job, sondern auch im Alltag beobachten. Betroffene leiden unter Geringschätzung und Zurücksetzung etwa bei der Wohnungssuche, im Gesundheitswesen und im öffentlichen Raum. So existieren zu wenig seniorengerechte Wohnungen – sei es gemessen an der Größe, der Lage oder der Ausstattung.
Häufig realisiert die Städteplanung nur unzureichend, dass die Gesellschaft älter wird. Erkennbar ist das an geringer Barrierefreiheit im öffentlichen Leben:
- Schlecht ausgebaute Bürgersteige
- Zu hohe Bordsteinkanten
- Holprige Bodenbeläge (Kopfsteinpflaster statt Teer)
- Keine Rolltreppen oder Aufzüge in öffentlichen Gebäuden
- Keine altersgerechte Infrastruktur (Busse, fußläufig erreichbare Ärzte und Lebensmittelgeschäfte)
Dabei trifft diese Form der Altersdiskriminierung längst nicht nur ältere Menschen. Jeder gehbehinderte Mensch ist hier im Nachteil: Also Rollstuhlfahrer, Personen mit Rollator oder Krücken sowie Mütter mit Kinderwagen gleichermaßen. Altersdiskriminierung zeigt sich außerdem in der Pflege (Vernachlässigung), bei Krankenkassen (Transplantate) oder bei der Vergabe von Krediten, die älteren Menschen trotz vorliegender Sicherheiten nicht gewährt werden.
6 Tipps gegen Altersdiskriminierung
Assoziierte man Alter früher noch mit Weisheit, Lebenserfahrung und Gelassenheit, existieren heutzutage häufig negative Vorstellungen. Alter ist gleichbedeutend mit Gebrechlichkeit und Vergesslichkeit.
Betroffene wissen oft nicht um ihre Möglichkeiten, da Alter keine richtige Lobby hat. Dabei gibt es einiges, was Sie tun können:
1. Gespräch suchen
Auch wenn es nicht leicht fällt: Betroffene sollten es ansprechen, wenn sie sich ungerechtfertigt übergangen fühlen. Ein erstes Gespräch führt zum Vorgesetzten. Ist der die Ursache für das Problem, geht es höher in die Hierarchieebene.
2. Betriebsrat hinzuziehen
Existiert im Unternehmen ein Personal- oder Betriebsrat, dann sollten Sie Kontakt zu diesem aufnehmen und den Fall besprechen. In extremen Fällen kann es notwendig sein, juristische Schritte einzuleiten oder die Presse zu kontaktieren.
3. Belege sammeln
Sammeln Sie falls möglich Belege für diskriminierendes Verhalten. Eine unzulässig formulierte Stellenanzeige oder Mails eignen sich gut zum dokumentieren. Anderenfalls suchen Sie nach Zeugen, die Unterhaltungen in Bezug auf Ihre Person bezeugen können.
4. Antidiskriminierungsstelle kontaktieren
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, kurz ADS, steht ebenfalls mit Rat und Tat zur Seite. Betroffene können telefonisch um Hilfe suchen: 0800 – 546 546 5 oder sich per E-Mail an die Berater wenden: beratung@ads.bund.de. Dort können Sie beispielsweise auch Nachweise einreichen.
5. Organisationen aufsuchen
Neben einer parteilichen Organisation, die gezielt die Interessen älterer Bürger vertritt, Graue Panther, gibt es verschiedene Vereine, so beispielsweise die Deutsche Seniorenliga. Sie informieren zu Gesellschaft und Politik ebenso wie zu Gesundheit, Sicherheit und weiteren Themen.
6. Stelle wechseln
Ein Jobwechsel ist sicherlich der radikalste Schritt. Fraglich ist allerdings, ob Sie in einem Unternehmen weiter arbeiten wollen, in dem Menschen offen diskriminiert werden.
Ihre Rechte bei Altersdiskriminierung
Wie jede Form der Diskriminierung ist auch die Benachteiligung aufgrund des Alters strafbar.
Fürsorgepflicht
Ihrem Arbeitgeber obliegt die Fürsorgepflicht. Heißt: Sobald er Kenntnis von diskriminierendem Verhalten hat, muss er etwas unternehmen. Das kann bis hin zu Abmahnung und Kündigung gehen. Duldet er Altersdiskriminierung oder beteiligt er sich daran, verletzt er den Schutz seines Mitarbeiters vor körperlichem, seelischem und materiellem Schaden.
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Diskriminierung in jeder Form unterbindet das sogenannte Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Umgangssprachlich als Antidiskriminierungsgesetz bezeichnet, wendet es sich gegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der ethnischen oder kulturellen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, der sexuellen Identität, einer Behinderung oder des Alters. Mit dem AGG haben ältere Arbeitnehmer und Bewerber, aber auch junge Auszubildende die Chance, speziell bei Altersdiskriminierung im Beruf dagegen vorzugehen.
Während die meisten der genannten Merkmale immer nur eine bestimmte Bevölkerungsgruppe betreffen, betrifft der Alterungsprozess früher oder später jeden Menschen. Wirklich jeder ist also ein potenzielles Opfer von Altersdiskriminierung. Oder wie es die Deutsche Seniorenliga formuliert: „Die Täter von heute sind die Opfer von morgen.“
Entschädigung und Schadensersatz für Betroffene
Auch sollten Betroffene wissen, dass Sie Anspruch auf Schadensersatz haben, sofern ein Verstoß gegen das AGG vorliegt. Im Job kann beispielsweise die Arbeitsverweigerung zulässig sein, wenn es einem Mitarbeiter aufgrund wiederholter Beleidigungen und Anfeindungen nicht möglich ist zu arbeiten. Für solche Fälle können Diskriminierte den Lohnausfall geltend machen. Auch können Diskriminierte Schmerzensgeld vom Kollegen beziehungsweise Unternehmen fordern.
Wichtig dabei: Um Schadensersatz geltend machen zu können, müssen Sie innerhalb von zwei Monaten nach der Diskriminierung derjenigen Person oder dem Unternehmen eine schriftliche Mitteilung Ihrer Forderungen übergeben.
Zulässige Ausnahmen aufgrund des Alters
Führerschein
Regelungen mit Altersgrenzen existieren in den unterschiedlichsten Bereichen. In Fällen wie etwa dem Wahlrecht oder dem Führerscheinerwerb stehen diese Grenzen immer wieder zur Debatte. Beim Führerschein drehen sich häufige Diskussion auch um ein Höchstalter: Ältere Menschen besitzen eine geringere Reaktionsfähigkeit, damit wird ihnen ein höheres Unfallrisiko unterstellt.
Dabei belegen Untersuchungen, dass erst bei über 80-Jährigen das Unfallrisiko wieder auf das Niveau von 18- bis 24-Jährigen fällt: Der Altersgruppe, mit den höchsten Unfallquoten. Einige Vorschriften mit Altersgrenzen dienen dem Schutz derjenigen Person. So etwa das Verbot von Alkohol an Minderjährige oder Tabak an unter 16-Jährige.
Arbeitsrecht
Das Arbeitsrecht sieht Kinder und Jugendliche – und das sind rein rechtlich Personen bis zum 18. Lebensjahr – als besonders schutzwürdig an. Daher gelten gemäß Jugendarbeitsschutzgesetz für diese Altersgruppen andere Vorschriften und Gesetze als für über 18-Jährige.
Man könnte von positiver Altersdiskriminierung sprechen, wenn das Gesetz beispielsweise längere Pausen oder mehr freie Wochenenden als bei anderen Arbeitnehmern gewährt. Nachfolgend geht es hauptsächlich um die Benachteiligung von Arbeitnehmern aufgrund ihres Alters, ohne dass ein sachlicher Grund vorliegt.
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