Definition: Die Kaizen Methode – einfach erklärt
Das Wort Kaizen steht im Japanischen für Verbesserung oder Wandel zum Besseren. Damit ist nicht lediglich Innovation oder Verbesserung um jeden Preis gemeint. Vielmehr geht es um einen schrittweisen, fortwährenden Verbesserungsprozess. Bekannt wurde die Kaizen Methode durch den japanischen Organisationstheoretiker und Unternehmensberater, Masaaki Imai.
Im Westen bürgerte sich der Begriff „Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP)“ beziehungsweise im Englischen „Continuous Improvement Process (CIP)“ ein. Oft fällt die Kaizen Methode im Zusammenhang mit Qualitätsmanagement. Vorrangiges Ziel sind dann häufig Qualitätssteigerung und Kostensenkung.
Kaizen Prinzip als Lebensphilosophie
Hinter der Kaizen Methode verbirgt sich ein philosophischer Ansatz. Daher eignet sie sich nicht nur für Firmen, die Abläufe in Ihrem Unternehmen verbessern wollen, sondern auch für Privatpersonen. Viele Coaches schwören darauf. Eine magische Methode, die zudem fast noch kostenlos ist?
Kein Wunder, dass die Kaizen Methode im Gesundheitswesen, der Psychotherapie, Life-Coaching, Bankenwesen und anderen Bereichen großen Anklang findet. Ihr Credo ist, dass es gar nicht immer die große alles umwälzende Veränderung sein muss. Das nimmt den Druck aus vielen Vorhaben und kann als Methode für ein besseres Selbstmanagement fungieren.
Die fünf Prinzipien des Kaizen
Die Kaizen Methode basiert auf fünf Grundsäulen:
1. Prozessorientierung
Betrachtet wird nicht nur das Produkt, sondern der Weg dahin. An welcher Stelle lassen sich Verbesserungen vornehmen? Ziel ist eine möglichst hohe Qualität, die eine Kundenbindung unterstützt. Hintergrund dieser Überlegung ist, dass die Akquise neuer Kunden weitaus aufwendiger als die Pflege der Bestandskunden ist.
2. Kundenorientierung
Ist der Kunde erst einmal unzufrieden, steigt die Gefahr, ihn zu verlieren. Kaizen hat dabei nicht nur den Endverbraucher (externer Kunde) im Blick, sondern sieht Mitarbeiter in anderen Abteilungen, denen zugearbeitet wird, aus der Kundenperspektive (interne Kunden). Bemerken diese Fehler, kann man diesem Punkt des Arbeitsprozesses bereits ansetzen und möglichen Ärger beim externen Kunden abwenden. Ein weiteres Instrument zur Verbesserung sind Kundenbefragungen.
3. Qualitätsorientierung
Wie angesprochen, handelt es sich um einen kontinuierlichen Prozess. Grundlage der Kaizen Methode ist Toyotas Total-Quality-Management (TQM). Absolute Perfektion ist zwar unmöglich, da Fortschritt die große Konstante ist. Gleichzeitig strebt Kaizen danach, indem die Unternehmen hohe Qualitätsstandards aufstellen. In aufwendigen Messverfahren überprüfen sie die Qualitätskennzahlen.
4. Kritikorientierung
Ein weiteres Prinzip der Kaizen Methode ist der Umgang mit Kritik. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass auch Führungskräfte nicht allwissend sind. Ein revolutionärer Ansatz für eine stark hierarchisch orientierte Gesellschaft wie die japanische. Nur wenn jeder Mitarbeiter seine Gedanken zu Verbesserungsvorschlägen einbringen kann und das Management damit umgehen kann, gelingen Verbesserungen. Dazu überprüft das Unternehmen die Ideen und setzt sie um, sofern sie nützlich sind. Sie durchlaufen dann den sogenannten PDCA-Zyklus (Plan, Do, Check, Act).
5. Standardisierung
Erweisen sich die Verbesserungsvorschläge auch langfristig als praktikabel und sinnvoll, werden sie im SDCA-Zyklus endgültig standardisiert (Standardize, Do, Check, Act).
Kaizen Methode Beispiel
Fertigungsfehler vermeiden, ein neues Mindset einführen – die Kaizen Methode ist vielfältig und begeistert viele Unternehmen. Einige Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung:
Kaizen Beispiel Toyota
Der japanische Automobilkonzern ist der Pionier unter den Kaizen-Anhängern. Toyotas Unternehmensphilosophie steht für kontinuierliche Verbesserung und Respekt vor den Menschen. Produktionsmitarbeiter sind nicht nur Mittel zum Zweck oder „Fußvolk“, sondern wertvolle Hinweisgeber für zu überarbeitende Bereiche. Entsprechend führt Toyota Anfang der 50er Jahre ein Vorschlagswesen ein, das in zahlreichen Modifikationen der Abläufe mündet.
Gleichzeitig investiert der Konzern in Schulungen seiner Mitarbeiter. Diese können somit durchdachte Ideen formulieren. In den 60er Jahren führt Toyota eine strenge Qualitätskontrolle (Total Quality Control) ein. Sie setzt bereits in den entsprechenden Produktionsvorgängen an, so dass mögliche Fehler frühzeitig entdeckt und beseitigt werden. Auf diese Art konnte Toyota 20 Prozent seiner Fabrikfläche und 25 Prozent Arbeitszeit einsparen.
Kaizen Beispiel Porsche
Anfang der 90er Jahre kriselt der deutsche Automobilkonzern. Der damalige Chef Wendelin Wiedeking setzt auf die Unterstützung durch japanische Kaizen Experten. Durch Kaizen Workshops inspiriert, führt Porsche eine neue Unternehmenskultur ein. Nachdem die Lederfertigung innerhalb einer Woche revolutioniert ist, weicht die anfängliche Skepsis und alle Mitarbeiter bringen sich mit Ideen ein. Eine neue Arbeits- und Produktionsphilosophie verschlankt die Prozesse. Das und die daraus resultierenden Einsparungen holen den Autobauer schließlich aus der Krise.
In Deutschland haben auch auch die Automobilhersteller BMW und VW sowie der Bosch-Konzern Teile der Kaizen Methode eingeführt. Das Problem: Während in Japan die Herangehensweise eher prozessorientiert ist, denkt man in Deutschland und Europa ergebnisorientiert. Methoden wie beispielsweise das hierzulande übliche betriebliche Vorschlagswesen (BVW) haben zwar das Potenzial zur Veränderung. Gleichzeitig liegen Vorschläge der Mitarbeiter eher brach, während japanische Unternehmen selbst kleinste Verbesserungen wertschätzen.
Kaizen Beispiel Alltag
Hierzulande verbinden viele Kaizen mit Qualitätssicherung, Effizienz und Kostenersparnis. In Japan ist die Methode ganz anders in den Lebensalltag integriert und Teil der dortigen Arbeitsmoral. Das Prinzip lässt sich nicht nur für Unternehmen, sondern auch im Privaten anwenden. Angenommen, Sie wollten 30 Kilogramm Gewicht verlieren. Dann könnten Sie im Hauruckverfahren Ihr gesamtes Leben auf den Kopf stellen:
Ab sofort Intervallfasten, keine Süßigkeiten, kein Alkohol, kein Fleisch und dreimal wöchentlich besuchen Sie für anderthalb Stunden das Fitnessstudio. So ein Vorgehen erhöht allerdings die Wahrscheinlichkeit, dass Sie scheitern. Brachiale Änderungen lassen sich schwerer umsetzen als kleine Schritte, auch Tiny Habits genannt.
Im Prinzip basiert die Kaizen Methode auf solchen kleinen Änderungen – die sind genauso effektiv wie große Umwälzungen, benötigen allerdings mehr Zeit. Dadurch sind sie andererseits leichter verdaulich.
Kaizen Methode: Vor- und Nachteile
Kaizen hat einige Vorzüge, ist aber nicht unbedingt für jedes Unternehmen geeignet. Die Vor- und Nachteile im Überblick:
Vorteile
- Einbindung der Mitarbeiter in alle Prozesse
- Verbesserte Kommunikation
- Steigerung der Qualität und Mitarbeiterzufriedenheit
- Verbesserte Arbeitsmoral
- Eingesparte Kosten, geringerer Ausschuss
- Synergieeffekte: Höherer Umsatz durch gute Reputation und geringerer Krankenstand bei Mitarbeitern
Nachteile
- Höherer zeitlicher Aufwand
- Ungeeignet für schnell wachsende Wirtschaftszweige
- Streng hierarchisch organisierte Unternehmen müssen die Unternehmenskultur ändern
- Gesenkter Lagerbestand kann zu Engpässen bei unerwarteten Aufträgen führen
Voraussetzungen für schrittweise Verbesserungen
Damit die Kaizen Methode funktioniert, bedarf es einiger Voraussetzungen:
Verbesserungsbedarf
Nach Imai ist es wichtig, ganz von vorne zu beginnen und den Ist-Zustand zu vergegenwärtigen. Oder anders ausgedrückt: Aller Anfang für Verbesserung ist die Erkenntnis, dass es einen Bedarf an Verbesserung gibt. Eine Unzufriedenheit mit dem Ist-Zustand. Sind alle mit sich und ihrer Arbeit zufrieden, besteht keine Notwendigkeit, irgendetwas zu ändern. Gleichzeitig steht die Kaizen Methode für ein dauerhaftes Qualitätsmanagement. Es reicht also nicht, einen einmaligen Missstand zu beheben und dann wieder zur Tagesordnung überzugehen.
Unternehmenskultur
Um Kaizen dauerhaft in einem Unternehmen zu implementieren, muss es Teil der Unternehmenskultur werden, also in der Denkweise aller Führungskräfte und Mitarbeiter verankert werden. Wichtig ist die Erkenntnis, dass jeder mit seinem Wissen dazu beitragen kann, Dinge oder Wege zu optimieren. Genau daran scheitert es in vielen Unternehmen: Das Management beschließt etwas und diejenigen, die in der täglichen Praxis diese Beschlüsse umsetzen müssen, finden kein Gehör.
Führungsstil
Dabei geht es längst nicht nur um mangelnde Wertschätzung, sondern um nachweislich unpraktische Beschlüsse, die auf theoretischen Erwägungen basieren und Arbeitsabläufe mitnichten verschlanken, sondern behindern. Diese Art der Mitarbeiterführung steht kontraproduktiv zur Kaizen Methode, denn die Mitarbeiter werden ganz klar mit in den Prozess einbezogen. Seitens des Unternehmens bedarf es also eines kooperativen Führungsstils.
Ursprünge des Kaizen Prinzips
Imai stellte die Methode in seinem 1986 gegründetem Unternehmen Kaizen Institute Consulting Group (KICG) vor, das er als Unterstützung für westliche Unternehmen mithilfe japanischer Methoden sah. Zur größeren Popularität trugen weitere Veröffentlichungen im selben Jahr bei. Der Gedanke ist allerdings bereits deutlich älter und kam im japanischen Automobilkonzern Toyota nach dem Zweiten Weltkrieg auf.
Der Konzern war wirtschaftlich am Ende und suchte nach einem Weg, sich aus der Krise herauszuarbeiten. Das führte zum Lean Management, bei dem auf eine effiziente Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette geachtet wird. Kein Arbeitsschritt ist so perfekt, dass er nicht noch verbessert werden könnte. Im Falle Toyotas wurde damals ein Viertel der Belegschaft entlassen. Ziel sind aber keine Massenentlassungen oder sämtliche Investitionen einzufrieren. Im Mittelpunkt der Kaizen Methode steht vielmehr die Vermeidung von Verschwendung.
Das Besondere: Zwar ist Ausgangspunkt der Kaizen Methode, wirtschaftliche Prozesse wie Fertigung, Technik oder Unternehmensführung zu verbessern. Allerdings beschränkt sie sich keineswegs darauf.
Methoden und Werkzeuge für Kaizen in Unternehmen
Um die Kaizen Methode im Alltag durchzuführen, bieten sich einige praktische Werkzeuge an, die auch im Lean Management verbreitet sind:
5S-Methode
Die 5S-Methode schafft Ordnung und trägt dazu bei, Prozesse zu verbessern. Der Buchstabe S steht für folgende Begriffe:
- Seiri (整理): Sortieren (Aussortieren)
- Seiton (整頓): Systematisieren (Anordnen)
- Seiso (清掃): Säubern (Arbeitsplatz säubern)
- Seiketsu (清潔): Standardisieren (Arbeitsstandard definieren)
- Shitsuke (躾): Selbstdisziplin (Alles erhalten und optimieren)
Die Methode trägt unter anderem dazu bei, die Produktivität zu erhöhen, Stress und Arbeitsunfälle zu vermeiden und damit die Qualität zu steigern.
Ishikawa-Diagramm
Eine andere Möglichkeit, Verbesserungen im Unternehmen zu bewirken, ist das Ishikawa-Diagramm. Mithilfe des Diagramms visualisieren Sie Ursachen und Probleme, um zu einer Lösung zu gelangen. Die Idee stammt vom japanischen Wissenschaftler Kaoru Ishikawa, der die Ursachen eines Problems sichtbar machen wollte, um zu Lösungen zu gelangen.
Optisch ähnelt das Ergebnis einer Fischgräte (daher neben Ursache-Wirkungs-Diagramm auch Fischgrät-Diagramm). Versuchen Sie, zu jeder Gräte mögliche Haupteinflussgrößen auszumachen, die auf das Problem einwirken können. Ishikawa identifizierte ursprünglich vier kritische Bereiche, daher spricht man auch von der 4M-Methode: Diese steht für Mensch, Maschine, Methode und Material. Meist ergänzt man heutzutage um die Ursachen Mitwelt und Management (6M-Methode). Diesen potenziellen Hauptursachen ordnen Sie gegebenenfalls weitere Nebenursachen zu.
Kaizen Methode (PDF)
Wollen Sie die Kaizen Methode mithilfe des Ishikawa-Diagramms ausprobieren, stellen wir Ihnen HIER ein kostenloses Pdf zur Visualisierung zur Verfügung.
Eine kostenlose WORD-Vorlage zum Ausdrucken und Anpassen finden Sie hier:
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