Bewerber ablehnen: Was ist erlaubt und was nicht?

Bewerber können aus vielen Gründen abgelehnt werden. Aber welche Ablehnungsgründe sind juristisch erlaubt? Ist zulässig, Bewerber abzulehnen, weil sie zu alt sind? Oder evangelisch sind und nicht katholisch? Grundsätzlich haben Arbeitgeber wie Arbeitnehmer Vertrags- und Wahlfreiheit. Doch Bewerber ablehnen – das geht tatsächlich nur aus bestimmten Gründen…

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Bewerber ablehnen: Erlaubt, aber moralisch fragwürdig

Stört sich der Personaler an Tätowierungen oder Piercings eines Bewerbers, kann er diesen aufgrund seines Köperschmucks ablehnen. Arbeitgeber dürfen Bewerber nach Aussehen aussieben, vor allem wenn diese Kundenkontakt haben oder nach außen (repräsentativ) sichtbar werden. Das ist zwar moralisch fragwürdig, aber rechtlich zulässig. Allerdings werden viele Unternehmen das Aussehen trotzdem nicht als offiziellen Anlass angeben, sondern andere Ablehnungsgründe nennen.

Bewerber Ablehnen Gruende Liste

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AGG: Die Grenzen der Wahlfreiheit

Anders sieht es beim Geschlecht oder beim Alter aus. Seit 2006 gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). §1 untersagt die Diskriminierung aus diesen Gründen:

  • Geschlecht
  • Alter
  • Rasse und ethnischer Herkunft
  • Religion und Weltanschauung
  • sexueller Identität
  • Behinderung

Von dem Gesetz geschützt sind:

  • Auszubildende
  • Bewerber
  • Beschäftigte
  • Leiharbeiter
  • Arbeitnehmerähnliche Personen (z.B. Freiberufler)

Laut AGG ist eine Benachteiligung aufgrund der oben genannten Kriterien bei der Einstellung, bei den Arbeitsbedingungen, der Lohnzahlung, den Aufstiegschancen sowie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses verboten. Bei einem Verstoß haben Sie nach § 15 AGG Anspruch auf eine Entschädigung.

Was zählt als Verstoß?

Eine Diskriminierung kann bereits bei der Formulierung der Stellenanzeige beginnen. Wird beispielsweise ausdrücklich nach einer „jungen, dynamischen Erzieherin“ gesucht, werden damit männliche und ältere Bewerber diskriminiert. Auch der Begriff „Berufsanfänger“ ist diskriminierend, wie folgender Fall zeigt:

Az.: 8 AZR 429/11 Ein Krankenhausträger hatte eine Stellenanzeige für ein Traineeprogramm „Hochschulabsolventen/Young Professionells“ ausdrücklich an „Berufsanfänger“ gerichtet. Ein 36-jähriger Bewerber mit Berufserfahrung bei einer Rechtsschutzversicherung und als Rechtsanwalt wurde abgelehnt. Der Jurist marschierte zum Arbeitsgericht und verlangte eine Entschädigung, weil er sich – wegen seines Alters – diskriminiert fühlte. Das Unternehmen bestritt das zwar. Das Landesarbeitsgericht entschied aber: Die Stellenanzeige sei ein Indiz für eine Diskriminierung wegen des Alters, weil ausdrücklich „Berufsanfänger“ gesucht wurden.

Auch dürfen Kinder kein Ablehnungsgrund sein. Das entschied das Landesarbeitsgericht Hamm im Fall einer Bewerberin und Mutter eines schulpflichtigen Kindes:

Az.: 11 Sa 335/13 Ein lokaler Radiosender suchte per Zeitungsanzeige „eine(n) Buchhalter/-in“ mit abgeschlossener kaufmännischer Lehre. Die 1974 geborene Klägerin verfügt über einen Abschluss als Verwaltungs- und Bürokauffrau, ist verheiratet und Mutter eines Kindes. Sie bewarb sich auf die Stelle, bekam aber eine Absage. Beigefügt waren die Bewerbungsunterlagen. Auf dem Lebenslauf stand der Vermerk zum Kind: „7 Jahre alt!“ Für die Richter eine erkennbare Diskriminierung. Ohne Kind hätte sie den Job wohl bekommen. Der Radiosender musste eine Entschädigung in Höhe von 3000 Euro zahlen.

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Bewerber ablehnen: Das ist erlaubt

Zu jeder Regel gibt es Ausnahmen. Manche Anforderungsprofile lassen Einschränkungen nach Geschlecht oder Religion zu. Ein Frauenhaus darf beispielsweise nur Mitarbeiterinnen einstellen, da es dafür sachliche Gründe gibt.

Auch kirchliche Arbeitgeber dürfen Bewerber nach Ihrer Kirchenzugehörigkeit auswählen. Hier kommt es darauf an, ob die Stelle im „verkündungsnahen“ (Bezug zur Glaubenslehre) oder „verkündungsfernen“ Bereich ausgeschrieben ist. Beispiel:

Az.: 4 Sa 157/14 und 4 Sa 238/14 Ein Hilfswerk der Evangelischen Kirche suchte einen Referenten (m/w/d). In der Stellenausschreibung wurde die Mitgliedschaft in der evangelischen oder Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen angehörenden Kirche sowie die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag vorausgesetzt. Eine konfessionslose Frau bewarb sich dennoch. Als sie abgelehnt wurde, klagte sie auf Entschädigung – ohne Erfolg. Das EKD-Werk darf die Mitgliedschaft in einer Kirche fordern, entschied das Landesarbeitsgericht.

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Was können Bewerber Verdacht auf Diskriminierung tun?

Besteht der Verdacht, dass Ihre Bewerbungsabsage einen Verstoß gegen das AGG darstellt, können Sie vor Gericht klagen. Allerdings liegt die Beweislast bei Ihnen. Sie müssen die Benachteiligung vor Gericht mit Indizien belegen.

Mögliche Indizien sind eine diskriminierende Stellenanzeige, Notizen auf den Bewerbungsunterlagen oder ein Ablehnungsschreiben mit einer unrechtmäßigen Begründung. Danach obliegt es der Gegenseite zu beweisen, dass es keine Diskriminierung im Bewerbungsprozess gab. Jedoch haben Bewerber keinen Anspruch darauf zu erfahren, ob ein anderer Kandidat eingestellt wurde.

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Bewerbungsabsagen wegen fehlender Qualifikation

Wer die notwendigen Qualifikationen für eine Stelle nicht mitbringt, wird mit einer Klage wegen Diskriminierung keinen Erfolg haben. Auch haben abgelehnte Bewerber keinen Anspruch auf Entschädigung, wenn sie sich nicht ernsthaft für die Stelle beworben haben. Beispielfall:

Az.: 3 Sa 401/13 Der 50-jährige Mann bewarb sich auf eine Stelle als Servicetechniker im Innendienst. Er verfügte zwar über erforderliche Kenntnisse, seine Praxiserfahrungen lagen aber Jahre zurück. Zusätzlich schickte er eine Testbewerbung einer fingierten, 18 Jahre jüngeren Person ab. Der Schlaufuchs hatte dazu die Unterlagen frisiert und wollte letztlich eine Diskriminierung nachweisen. Das Unternehmen fiel prompt darauf rein und lud den jüngeren Testbewerber ein, der reale Bewerber erhielt eine Absage. Sofort zog er vor das Arbeitsgericht und verlangte 10.500 Euro Schadenersatz wegen Altersdiskriminierung. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein machte da aber nicht mit und wies die Klage ab: Die Richter sahen keine Indizien für eine Diskriminierung, weil die Bewerbung gar nicht dem Joberwerb diente.

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Für Arbeitgeber: Was ist bei Absagen zu beachten?

Um sich vor Klagen und Schadensersatzansprüchen zu schützen, versuchen Arbeitgeber heute kaum noch konkrete Gründe für eine Absage mitzuteilen. Aus juristischer Sicht nachvollziehbar. Das fehlende Feedback schadet aber nicht nur abgelehnten Bewerbern – auch das Arbeitgeberimage leidet darunter. Unpersönliche Absagen hinterlassen einfach keinen wertschätzenden Eindruck.

Wie Arbeitgeber professionell absagen können

  • Rückmeldung

    Geben Sie Bewerbern, die nicht in die engere Auswahl gekommen sind, immer eine Rückmeldung. Es ist leider eine Unsitte geworden, überhaupt nicht mehr zu antworten (siehe: Ghosting). Soviel gegenseitiger Respekt sollte sein, wenigsten ein Absageschreiben zu verfassen.

  • Unterlagen

    Ansprüche auf Schadensersatz müssen innerhalb von zwei Monaten schriftlich eingereicht werden. Diese Frist beginnt ab Eingang des Ablehnungsschreibens. Solange sollten Sie die eingereichten Unterlagen behalten – das dürfen Arbeitgeber laut Datenschutzgesetz auch.

  • Bedanken

    Zu Beginn des Absageschreibens sollten Sie sich für das entgegen gebrachte Interesse und Vertrauen bedanken. Erwähnen Sie ruhig, dass Sie die Mühe sehen, die sich der oder die Bewerberin gemacht hat.

  • Absage

    Nach dem ersten Dank und Eingangssatz sollte die unmissverständliche Absage folgen. Die Aussage sollte so präzise und kompakt wie möglich formuliert werden. Als Grund können beispielsweise mangelnde Qualifikationen oder fehlende Praxiserfahrungen nennen. Das ist immer zulässig und unverfänglich.

  • Schlussformel

    Zum Schluss wünschen Sie dem oder der Bewerberin alles Gute und viel Erfolg für den weiteren Bewerbungsprozess und die Jobsuche. Das darf aber nie wie Hohn klingen!

  • Länge

    Machen Sie trotz schlechter Nachricht nicht allzu viele Worte. Die meisten Bewerber lesen diese ohnehin nicht. Außerdem wirkt viel Text wie ein schlechtes Gewissen. Sie haben sich entschieden, es passt nicht, trotzdem ist das kein persönliches Urteil. Punkt.

MUSTERBEISPIEL für ein Absageschreiben


Sehr geehrter Herr Muster,

wahrscheinlich haben Sie schon geahnt, was kommt, als Sie diesen Umschlag gesehen haben. Es ist auch so: Wir müssen Ihnen leider absagen. Ihre Bewerbung ist nicht in die engere Wahl gekommen – vor allem weil uns andere Bewerber hinsichtlich ihrer Qualifikationen und fachlichen Erfahrungen mehr überzeugen konnten.

Wir haben Ihre Unterlagen trotzdem sorgfältig auf mögliche alternative Einsatzgebiete für Sie geprüft. Allerdings könnten wir auch hier keine passenden Vakanzen finden, die wir Ihnen anbieten können.

Wir möchten uns bei Ihnen für Ihr Interesse bedanken. Wir wissen die Mühe, die Sie sich gemacht haben, zu schätzen und glauben, dass Ihre Unterlagen anderswo mehr überzeugen können. Dabei wünschen wir Ihnen viel Erfolg!

Zu unserer Entlastung senden wir Ihnen Ihre Bewerbungsunterlagen wieder zurück.

Mit freundlichen Grüßen
UNTERSCHRIFT



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[Bildnachweis: Karrierebibel.de]