Führungszeugnis zur Bewerbung: Wann ist es Pflicht?

Bei der Bewerbung wird von Arbeitgebern teils ein polizeiliches Führungszeugnis verlangt. Das können Sie online beantragen. Etwaige Vorstrafen darin können die Bewerbungschancen reduzieren. Aber dürfen Unternehmen das Führungszeugnis überhaupt verlangen oder nach Vorstrafen fragen? Alles, was Bewerber hierbei beachten müssen…

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Definition: Was ist ein Führungszeugnis?

Das Führungszeugnis (früher: „polizeiliches Führungszeugnis“) ist ein amtliches Dokument, das Auskunft darüber gibt, ob gegen eine Person Vorstrafen im Bundeszentralregister eingetragen sind oder nicht. Es dient gegenüber Arbeitgebern oder Behörden bei der Bewerbung als Nachweis über eine Vorstrafen-Freiheit und persönliche Zuverlässigkeit. In manchen Berufen wird es verpflichtend verlangt.

Im polizeilichen Führungszeugnis werden jedoch nur schwerwiegende oder relevante Vorstrafen genannt, etwa strafrechtliche Verurteilungen (z.B. Diebstahl, Untreue, Betrug). Harmlosere Jugendvergehen werden in der Regel nicht vermerkt. Das Dokument wird auf Antrag vom Bundesamt für Justiz ausgestellt.​

Führungszeugnis Varianten

Beim Führungszeugnis werden jedoch mehrere Arten und Varianten unterschieden:

  • Einfaches Führungszeugnis

    Das einfache „private“ Führungszeugnis können Bundesbürger selbst beantragen. Es reicht für die Bewerbung bei einem privaten Arbeitgeber meistens aus.

  • Behördliches Führungszeugnis

    Ein behördliches Führungszeugnis benötigen Sie zur direkten Vorlage bei einer Behörde, etwa wenn Sie ein bestimmtes Gewerbe anmelden wollen. Darin sind auch bisherige Entscheidungen anderer Verwaltungsbehörden erwähnt.

  • Erweitertes Führungszeugnis

    Das „erweiterte“ Führungszeugnis brauchen Kandidaten in der Regel für eine berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit mit Kindern und Jugendlichen. Um es zu bekommen, brauchen Sie zusätzlich eine schriftliche Bestätigung der Tätigkeit von Arbeitgeber oder Verein.

  • Europäisches Führungszeugnis

    Wer aus einem EU-Land stammt und in Deutschland lebt, kann mit dem „europäischen“ Führungszeugnis den Inhalt des Bundeszentralregisters und Strafregisters des Herkunftslandes nachweisen.

Wie das Führungszeugnis beantragen?

Jeder Bundesbürger ab 14 Jahren kann ein Führungszeugnis beim Bundesamt für Justiz online beantragen. Je nach Verwendungszweck wird es an Privatpersonen oder an die Behörde versandt. Für den Antrag benötigen Sie einen Personalausweis mit Online-Funktion oder einen elektronischen Aufenthaltstitel sowie ein NFC-fähiges Smartphone oder Kartenlesegerät und die kostenlose Ausweis-App zur Identifikation.​

Die Gebühr für das Führungszeugnis beträgt 13 Euro und kann online per Kreditkarte oder Giropay bezahlt werden. Führungszeugnisse für ehrenamtliche Tätigkeiten können gebührenfrei sein, wenn die Bescheinigung einer gemeinnützigen Einrichtung vorliegt.​ Rechnen Sie mit einer Bearbeitungsdauer von 10-14 Tagen.

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Für welche Berufe brauche ich ein Führungszeugnis?

Das (polizeiliche) Führungszeugnis ist in Deutschland für verschiedene Berufsgruppen und Tätigkeiten verpflichtend, insbesondere, wenn es um Vertrauen, Sicherheit oder Kontakt zu schutzbedürftigen Personen geht.​

Typische Berufe, die ein Führungszeugnis verlangen

  • Arbeit mit Kindern & Jugendlichen

    Lehrer, Erzieher, Sporttrainer, Schulbusfahrer, Bademeister sowie alle ehrenamtlichen Mitarbeiter, die direkt mit Minderjährigen arbeiten, benötigen in der Regel ein erweitertes Führungszeugnis.​

  • Pflegefachkräfte

    Pflegefachkräfte, Therapeuten sowie allgemein medizinisches Personal, also Berufe mit engem Kontakt zu „verwundbaren“ Personengruppen, müssen oft ein Führungszeugnis vorlegen.​

  • Sicherheitsfachkräfte & Bewachungsdienste

    Mitarbeitende von Sicherheitsdiensten oder Bewachungsunternehmen (z.B. Geldtransporter) sowie Detektive benötigen ein Führungszeugnis für die Bewerbung oder Gewerbeanmeldung.​

  • Öffentlicher Dienst & Verwaltung

    Wer bei der Polizei, in der Justiz oder sicherheitsrelevante Behörden arbeiten will, muss für die Einstellung ein aktuelles Führungszeugnis vorlegen.​

  • Finanz- & Versicherungsbranche

    Berufe mit Zugang zu Vermögenswerten oder sensiblen Kundendaten wie Bankkaufleute, Kassierer oder Versicherungsvertreter benötigen ebenfalls oft ein privates Führungszeugnis.​

  • Gewerbeanmeldung

    Bei Gründung eines Gastronomiebetriebs, einer Detektei oder eines Sicherheitsgewerbes kann für die Anmeldung oft ein Führungszeugnis verlangt werden.​

  • Verschiedene Situationen

  • Visa- & Einbürgerungsverfahren

    Bei der Einbürgerung oder manchen Visa-Anträgen im Ausland ist zusätzlich ein Führungszeugnis erforderlich.​

  • Praktika & Ausbildung

    Es kommt selten vor, aber einige Praktikumsstellen, besonders im sozialen oder pädagogischen Bereich, verlangen ebenfalls das Führungszeugnis.​

Die genauen Vorgaben ergeben sich meist aus gesetzlichen oder behördlichen Anforderungen und sollten im jeweiligen Einzelfall nochmal geprüft werden.

Was steht im Führungszeugnis?

Im Führungszeugnis stehen alle strafrechtlichen Verurteilungen, die im Bundeszentralregister (BZR) eingetragen sind – also rechtskräftige Vorstrafen sowie Entscheidungen von Verwaltungsbehörden und Gerichten. Auch ausländische Verurteilungen deutscher Staatsbürger werden dort aufgeführt. Leichtere Verurteilungen, wie Geldstrafen bis zu 90 Tagessätze oder Freiheitsstrafen bis 3 Monate, stehen nicht im Führungszeugnis, solange keine weiteren Eintragungen vorliegen.​ Sexualdelikte nach §§ 174 bis 180 StGB werden jedoch immer aufgeführt, unabhängig von der Höhe der Strafe!​

Die meisten Vergehen verjähren – je nach Schwere – jedoch mit Ablauf von 3, 5 oder 10 Jahren. Danach werden Sie im Führungszeugnis gelöscht. Es sei denn, Sie werden im fraglichen Zeitraum erneut wegen einer Straftat verurteilt.

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Warum wird ein Führungszeugnis verlangt?

Grundsätzlich wird ein Führungszeugnis bei der Bewerbung verlangt, um ein möglichst vollständiges Bild von Kandidatinnen und Kandidaten zu bekommen und deren bisherigen „tadellosen“ Werdegang unter die Lupe zu nehmen. Teilweise sind Arbeitgeber schon aus Sorgfaltsgründen gegenüber ihren Kunden oder anderen Mitarbeitern dazu verpflichtet.

Das bedeutet umgekehrt: Wird in der Stellenanzeige ein Führungszeugnis verlangt, haben Bewerberinnen und Bewerber mit einschlägigen Einträgen und Vorstrafen praktisch keine Jobchancen und werden sofort aussortiert.

Kostenübernahme möglich

Je nach Situation und Arbeitgeber können die Kosten für das Führungszeugnis erstattet werden. Wenn Sie wenig Geld haben oder das Zeugnis für ehrenamtliche Tätigkeiten benötigen, können Sie häufig eine Kostenbefreiung online beantragen.

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Darf das Führungszeugnis zur Bewerbung verlangt werden?

Ein Führungszeugnis kann nur von Ihnen selbst beantragt werden. Der Arbeitgeber oder die Behörde selbst darf dies weder in der Bewerbungsphase noch während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses eigenständig beantragen. Der Datenschutz in Deutschland sorgt dafür, dass Ihre Privatsphäre geschützt wird.

Unternehmen und Arbeitgeber umgehen das Bundesdatenschutzgesetz jedoch, indem Sie zusätzlich zu den Bewerbungsunterlagen ein polizeiliches Führungszeugnis verlangen. Genau genommen sind solche Bewerber-Screenings aber zunächst unzulässig. Es dürfen nur Informationen verlangt werden, die die tatsächlich für die angestrebte Stelle relevant sind.

Was ist mit der Frage nach Vorstrafen im Vorstellungsgespräch?

Bewerben Sie sich zum Beispiel bei einer Bank oder als Kassierer, dürfen Personaler im Vorstellungsgespräch fragen, ob Sie schon mal wegen Betrug, Veruntreuung oder ähnlicher Delikte vorbestraft sind.

In diesem Fall müssen Sie wahrheitsgemäß antworten, weil es einen direkten Bezug zwischen Frage und späterer Tätigkeit gibt. Wurden Sie hingegen wegen Körperverletzung vorbestraft, geht das die Bank nichts an. Gleiches gilt etwa bei einer Verkäuferin, die wegen Diebstahls verurteilt wurde: Hier müssen Sie die Vorstrafe nennen.

Wichtige Ausnahmen

Keine Regel ohne Ausnahmen. In folgenden Fällen haben Arbeitgeber das Recht, ein Führungszeugnis zu verlangen und sich ein umfassendes Bild über alle Vorstrafen zu machen:

  • Beamte

    Arbeitgeber im öffentlichen Dienst haben die Erlaubnis, ein Führungszeugnis zu verlangen, um die charakterliche Eignung eines zukünftigen Beamten zu prüfen.

  • Sicherheitsdienst

    Im Sicherheits- und Bewachungsgewerbe müssen Mitarbeiter schon laut § 34a der Gewerbeordnung die erforderliche Zuverlässigkeit mitbringen. Auch hier darf der Arbeitgeber ein Führungszeugnis verlangen.

  • Arbeit mit Kindern

    Minderjährige stehen in Deutschland unter besonderem Schutz. Wer beruflich minderjährige Kinder oder Jugendliche betreut (Kindergarten, Schule, Jugendeinrichtung) muss durch ein Führungszeugnis seine Eignung nachweisen. Das gilt schon bei der Ausbildung.


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