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Führungszeugnis: Dürfen Unternehmen es verlangen?

Wer in der Vergangenheit mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist, wird möglicherweise bei der Jobsuche daran erinnert. Wird vom Unternehmen ein polizeiliches Führungszeugnis verlangt, kann das Konsequenzen für den weiteren Bewerbungsverlauf haben. Dabei stellt sich die Frage: Dürfen Arbeitgeber überhaupt das Dokument überhaupt verlangen? Es gibt genaue Regelungen und Vorgaben – wir erklären, was Sie zum Führungszeugnis im Bewerbungsprozess wissen müssen…



Führungszeugnis: Dürfen Unternehmen es verlangen?

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Was ist ein polizeiliches Führungszeugnis?

Es fängt schon mit dem Begriff an: Polizeiliches Führungszeugnis ist streng genommen eine veraltete Bezeichnung. Die Bescheinigung wurde offiziell zu „Führungszeugnis“ umbenannt. Umgangssprachlich ist der ursprüngliche Begriff jedoch weiterhin verbreitet.

Das Zeugnis gibt Auskunft über den Leumund eines Menschen. Der Einblick in das vergangene Sozialverhalten einer Person trägt dazu bei, ihren Ruf und ihr Ansehen zu beeinflussen. Das Dokument besitzt deshalb eine gewisse Aussagekraft und kann unter Umständen über Akzeptanz und berufliches Vorankommen entscheiden.

Beim Führungszeugnis muss zwischen mehreren Versionen unterschieden werden:

  • Privates Führungszeugnis

    Hierbei handelt es sich um ein einfaches Führungszeugnis, das Sie von sich aus bei einem privaten Arbeitgeber vorgelegen können. Das Dokument wird an Ihre Adresse verschickt.

  • Erweitertes Führungszeugnis

    Seit dem 1. Mai 2010 ist die Ausstellung eines erweiterten Führungszeugnisses möglich. Benötigt wird es, wenn Sie eine berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit mit Kindern oder Jugendlichen ausüben wollen. Voraussetzung dafür ist die schriftliche Bestätigung des Arbeitgebers oder des Vereins.

  • Behördliches Führungszeugnis

    Ein behördliches Führungszeugnis ist ausschließlich zur Vorlage bei einer Behörde bestimmt. Hierin werden nicht nur mögliche Vorstrafen, sondern auch bisherige Entscheidungen anderer Verwaltungsbehörden erwähnt Benötigt wird es für eine amtliche Erlaubnis, wenn Sie beispielsweise ein Gewerbe anmelden wollen.

  • Europäisches Führungszeugnis

    Wer aus einem EU-Land stammt und in Deutschland lebt, kann mit einem europäischen Führungszeugnis den Inhalt des Bundeszentralregisters und des Strafregisters des Herkunftslandes vorweisen.

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Warum wird ein Führungszeugnis verlangt?

Um ein vollständiges Bild über einen möglichen neuen Mitarbeiter zu bekommen, werden Personaler manchmal zu Detektiven. Nicht nur die Bewerbungsunterlagen werden akribisch unter die Lupe genommen, auch im Internet oder bei ehemaligen Arbeitgebern wird nach Informationen gesucht (siehe: Bewerbercheck). Und manchmal wünschen sich Unternehmen sogar Einblick in das Strafregister des Bewerbers.

Das Führungszeugnis erlaubt viele Rückschlüsse. Eine Liste mit Vorstrafen ist sofort abschreckend, wer schon häufiger Probleme mit dem Gesetz hatte, hat sich entweder selbst nicht im Griff, kann keine Regeln beachten und verfügt aller Wahrscheinlichkeit nach über ein schlechtes Sozialverhalten.

Für Unternehmen können dies ausschlaggebende Kriterien sein, nicht zuletzt weil auch innerhalb des Jobs die Gesetze eingehalten werden müssen. Bedeutet im Klartext: Wird ein Führungszeugnis verlangt, haben Bewerber, deren Zeugnis einschlägige Einträge enthält, sehr schlechte Karte und werden meist sofort aussortiert.

Welchen Inhalt hat ein Führungszeugnis?

Grundsätzlich wird in Deutschland das Bundeszentralregister geführt. Dort werden die Ausgänge und möglichen Verurteilungen von Ermittlungsverfahren an deutschen Gerichten eingetragen und gespeichert. Soll heißen: Wenn Sie einmal vor Gericht standen, ist dies im Bundeszentralregister vermerkt – egal ob Sie verurteilt, freigesprochen oder das Verfahren eingestellt wurde.

Das polizeiliche Führungszeugnis ist ein Auszug aus eben diesem Register. Allerdings sind in diesem keine Freisprüche oder eingestellte Verfahren gegen die betroffene Person enthalten und auch nicht zwangsläufig alle Verurteilungen. Wenn es eine Verurteilung gibt und die Strafe 90 Tagessätze oder eine Freiheitsstrafe von drei Monaten nicht überschreitet, taucht diese im Führungszeugnis nicht auf.

Zusätzlich befinden sich im polizeilichen Führungszeugnis Vermerke über die Schuldfähigkeit sowie bestimmte Entscheidungen von Verwaltungsbehörden. Neben Urteilen deutscher Gerichte werden auch ausländische Verurteilungen deutscher Staatsbürger aufgeführt.

Eigenes Führungszeugnis beantragen

In Deutschland ist vorgesehen, dass jeder, der mindestens 14 Jahre alt ist, einen Auszug aus dem Bundeszentralregister beantragen kann, um Einblick in die gespeicherten Angaben zu erhalten.

Dies können Sie online und elektronisch tun, wenn Sie über den neuen Personalausweis verfügen, die Online-Ausweisfunktion aktiviert haben und ein Kartenlesegerät zur Verfügung steht. Ansonsten können Sie den klassischen Weg gehen und beim Einwohnermeldeamt das Führungszeugnis beantragen.

Je nach Arbeitsaufkommen erhalten Sie nach etwa ein bis zwei Wochen das polizeiliche Führungszeugnis. Für das Dokument müssen Sie 13 Euro Gebühr bezahlen.

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Darf das Führungszeugnis zur Bewerbung verlangt werden?

Ein Führungszeugnis kann nur von Ihnen selbst beantragt werden. Weder in der Bewerbungsphase noch im Laufe eines Arbeitsverhältnisses kann ein Unternehmen sich eigenständig an die Behörden wenden, um ein Führungszeugnis über einen (potenziellen) Mitarbeiter anzufordern. Der Datenschutz sorgt dafür, dass die Privatsphäre gewahrt wird.

Dies umgehen manche Arbeitgeber, indem Sie vom Bewerber verlangen, ein Führungszeugnis mit der Bewerbung einzureichen. Aber ist das überhaupt rechtens? Grundsätzlich lautet die Antwort erst einmal: Nein. Arbeitgeber dürfen nicht einfach um ein Führungszeugnis bitten, weil damit gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoßen wird. Nur Informationen, die tatsächlich relevant für die angestrebte Stelle sind, dürfen angefragt werden.

Bewerben Sie sich beispielsweise auf eine Stelle bei einer Bank, bei der Sie viel mit Geld zu tun haben und dafür verantwortlich sind, darf der Personaler Sie fragen, ob Sie wegen Betrugs, Veruntreuung oder ähnlicher Verbrechen vorbestraft sind. In diesem Fall müssten Sie auch wahrheitsgemäß antworten, da es einen direkten Bezug zwischen der Frage und der Entscheidung über die Beschäftigung gibt. Gleiches gilt etwa bei einer Verkäuferin, die wegen Diebstahls verurteilt wurde.

Allgemeines Führungszeugnis verstößt gegen Datenschutz

Da in einem Führungszeugnis nicht nur relevante, sondern alle Verurteilungen enthalten sind, dürfen Arbeitgeber ein solches in der Regel nicht verlangen. So wurde der Banker möglicherweise nicht nur wegen Veruntreuung, sondern auch wegen Körperverletzung vorbestraft – und das geht ein Unternehmen nichts an. Auf diese Weise soll gesichert werden, dass trotz Vorstrafen der Weg in einen neuen Job nicht unmöglich wird.

Empfohlen wird, dass die Fragen nach möglichen Vorstrafen im Vorstellungsgespräch geklärt werden. Hier kann gezielt nach den Aspekten gefragt werden, die von Belang und damit gesetzlich zulässig sind.

Allerdings gibt es von dieser Regelung einige Ausnahmen, in denen Arbeitgeber das Recht haben, ein Führungszeugnis zu verlangen und sich ein Bild über alle möglichen Vorstrafen zu machen:

  • Beamte

    Arbeitgeber im öffentlichen Dienst haben oftmals die Erlaubnis, ein Führungszeugnis zu verlangen, um die charakterliche Eignung eines Kandidaten zu prüfen. Gerade Behörden haben das Recht, bei Beamten das Dokument zu verlangen und über alle Vorstrafen informiert zu werden.

  • Bewachung und Sicherheit

    Egal ob Personen oder Eigentum geschützt werden: Wer im Bewachungsgewerbe arbeiten möchte, muss sich darauf einstellen, dass ein Führungszeugnis verlangt wird. Dies ist auch völlig legal und in § 34a der Gewerbeordnung festgehalten. Demnach muss Bewachungspersonal die erforderliche Zuverlässigkeit mitbringen – und dem Unternehmen kommt es zu, diese zu prüfen.

  • Arbeit mit Kindern und Jugendlichen

    Minderjährige stehen unter einen besonderen Schutz. Wer beruflich Kinder betreut, beispielsweise im Kindergarten, muss durch ein Führungszeugnis seine Eignung nachweisen. Dabei geht es in erster Linie um die Überprüfung auf Sexualdelikte oder den Missbrauch von Schutzbefohlenen. In § 30a des Bundeszentralregistergesetzes heißt es dazu, dass ein erweitertes Führungszeugnis ausgestellt wird, wenn es um eine berufliche Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger oder eine Tätigkeit geht, die in vergleichbarer Weise den Kontakt zu Minderjährigen ermöglicht.

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Gibt es eine Frist zum Ablauf von Verurteilungen?

Ganz gleich, welches Führungszeugnis ein Bewerber sich ausstellen lassen möchte oder muss: Es gibt für die meisten Vergehen bestimmte Verjährungsfristen. Gerade wenn jemand wegen geringerer Delikte als Jugendlicher aufgefallen ist, dürften die Sorgen um ein ungünstiges polizeiliches Führungszeugnis in den meisten Fällen unbegründet sein.

Im Bundeszentralregistergesetz (BZRG) wird unterschieden zwischen Fristen, nach deren Ablauf eine Verurteilung nicht mehr in das polizeilichen Führungszeugnis aufgenommen wird (§ 34 BZRG), und solchen, die aus dem Zentralregister getilgt werden (§ 46 BZRG).

Die Fristen für das polizeiliche Führungszeugnis sind deutlich kürzer als die für das Zentralregister, was letztlich auch dem Gedanken der Resozialisierung geschuldet ist.

Länge der Fristen

Die meisten Vergehen verjähren – je nach Schwere – mit Ablauf von drei, fünf oder zehn Jahren. Das heißt, anschließend tauchen sie nicht mehr im polizeilichen Führungszeugnis auf, Sie dürfen sich offiziell als unbestraft bezeichnen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Sie im fraglichen Zeitraum nicht erneut wegen einer Straftat verurteilt werden.

Die Tilgungsfrist von drei Jahren gilt bei kleineren Delikten, also bei Verurteilungen zu einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von nicht mehr als drei Monaten. Ebenfalls nach drei Monaten keinen Eintrag ins Führungszeugnis erhält, wer zu einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr verurteilt wurde, wenn diese zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Freiheitsstrafen, die über ein Jahr hinaus gehen oder Jugendstrafen über zwei Jahren, die nicht auf Bewährung ausgesetzt sind, verjähren zumeist innerhalb von fünf Jahren.

Ausnahme: Verurteilungen aufgrund von Sexualdelikten, die unter §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches fallen. Für diese beträgt die Tilgungsfrist im polizeilichen Führungszeugnis zehn Jahre. Diese bleiben im Zentralregister zwanzig Jahre vermerkt.

Beispiel

Angenommen, jemand wird als 17-jähriger Jugendlicher mit ein paar Gramm Cannabis erwischt, zu 500 Euro Strafe und einem Monat Fahrverbot verurteilt. Dieses Vergehen ist nach drei Jahren verjährt. Würde er sich sechs Jahre später auf einen Arbeitsplatz bewerben, bei dem der Arbeitgeber ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis verlangt, würde die Strafe nicht aufgeführt.

Anders allerdings, wenn er in den vergangenen sechs Jahren wiederholt wegen Cannabis-Besitzes verurteilt wurde. Dann werden alte Einträge nicht gelöscht, sondern bleiben solange aktiv, bis der letzte Eintrag verjährt ist.

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[Bildnachweis: Jiw Ingka by Shutterstock.com]

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