Definition: Was ist Reverse Mentoring?
Beim Reverse Mentoring (deutsch: umgekehrte Unterstützung) werden die Rollen im klassischen Mentoring vertauscht. Das Wissen wird von den jüngeren Mitarbeitern an die ältere Generation im Unternehmen weitergegeben. Hierarchisch oft höher gestellte Kollegen lernen von den Nachwuchstalenten.
Auch beim Reverse Mentoring geht es in erster Linie um Personalentwicklung. Gleichzeitig baut der Rollentausch und Perspektivwechsel Vorurteile zwischen den Generationen ab.
Eingesetzt wird das Reverse Mentoring häufig zum Wissenstransfer bei Themen wie Online-Marketing und -Vertrieb, Social Media, Medienkompetenz, moderne Software oder Apps. Ziel ist meist, die Arbeitsorganisation sowie Prozesse neu zu strukturieren oder zu verjüngen und an die Zukunft anzupassen.
Ursprung Reverse Mentoring Konzept
Als geistiger Vater des Reverse Mentoring gilt der Konzern General Electric (GE). Der damalige Unternehmenschef Jack Welch erkannte in den 1990er Jahren, dass seine Führungskräfte zu wenig über das Internet wussten und forderte 600 Top-Manager dazu auf, sich jüngere Mentoren im Konzern zu suchen. Welch selbst ging mit gutem Beispiel voran.
Unterschied: Mentoring versus Coaching
Mentoring und Coaching sind enge Verwandte. Die Begriffe werden teils synonym verwendet. Doch es gibt Unterschiede:
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Mentoring
Mentoring ist angelegt als langfristige Tandem-Beziehung. Zugleich weist die Beziehung immer ein Hierarchiegefälle auf: hier der Mentor als Lehrer und Meister, dort der Mentee als Schützling und Schüler – auch wenn in diesem Fall der Junior den Senior unterstützt. Mentoring Programme können komplexe Entwicklungsziele verfolgen, die meist auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten sind.
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Coaching
Coaching ist eine zeitlich begrenzte Begleitung von Menschen (= Coachee). Dabei liefert der Coach keine direkten Lösungen, sondern regt seinen Klienten dazu an, eigene Ziele zu formulieren sowie eigene Lösungswege zu entwickeln. Coach und Coachee begegnen sich dabei auf Augenhöhe.
Reverse Mentoring Beispiele
Reverse Mentoring kommt bereits in zahlreichen Unternehmen zum Einsatz – zum Beispiel: Allianz, BMW, Bosch, Continental und die Deutsche Telekom setzen ebenso darauf, wie Henkel, IBM, die Lufthansa oder Merck. In den USA gibt es Reverse-Mentoring-Programme unter anderem bei Cisco, Deloitte, Procter & Gamble, PwC oder Target. Das Konzept eignet sich ebenso für kleine und mittelständische Unternehmen sowie Startups.
Bei der österreichischen Bank Austria startete das Reverse Mentoring zum Beispiel mit acht Bank-Vorständen, denen jeweils acht Millennials zugeordnet wurden. Effekt: Im zweiten Durchgang trafen schon 30 Manager der zweiten und dritten Führungsebene auf Mitarbeiter unter 35 Jahren.
Beispiel: Reverse Mentoring Einsatzbereiche
Das Reverse Mentoring kann in unterschiedlichen Unternehmensbereichen zum Einsatz kommen – beispielsweise im Vertrieb, Marketing oder Kundenservice. Beispiel für besonders oft genutzte Themen und Einsatzbereiche sind:
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New Work
Junge Mitarbeiter sind oft agiles Arbeiten und Methoden wir SCRUM oder Kanban gewohnt. Dieses Know-how geben sie an ältere Kollegen weiter und führen diese in moderne Arbeitsmethoden ein.
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Digitalisierung
Gerade im Umgang mit Social Media ist die Generation Z vielen gestandenen Managern um einiges voraus und kann ihnen zeigen wie Linkedin, Tiktok & co. funktionieren oder welche Tonalität dort wichtig ist.
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Nachhaltigkeit
Vielen jungen Menschen ist der nachhaltige Einsatz von Ressource heute enorm wichtig. Sie können im Unternehmen hierfür mehr Sensibilität schaffen und entsprechende Strategien fördern.
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Diversität
Will sich die Organisation internationaler aufstellen und von mehr Vielfalt profitieren, können neue Mitarbeiter mit Migrationshintergrund hierzu einen entscheidenden Beitrag leisten.
Reverse Mentoring Voraussetzungen
Die ungewohnte Konstellation – Alt lernt von Jung – hat durchaus Sprengstoff und Konfliktpotenzial. Eine der wichtigsten Voraussetzungen ist daher die grundsätzliche Bereitschaft auf beiden Seiten von einander zu lernen.
Darüber hinaus sollten Mentor und Mentee unternehmensintern nicht miteinander konkurrieren oder in einem hierarchischen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Der eigene Mitarbeiter aus der eigenen Abteilung scheidet damit aus. Ansonsten gelten auch beim Reverse Mentoring dieselben Voraussetzungen wie beim klassischen Mentoring:
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Vertrauen & Sympathie
Mentor und Mentee sollten sich sympathisch sein und gegenseitig vertrauen.
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Offenheit & Ehrlichkeit
Reverse Mentoring lebt von der Ehrlichkeit und gegenseitiger Wertschätzung. Das schließt Kritik nicht aus. Für den Mentee heißt das: Fragen Sie nach Rat, seien Sie aber ebenso offen für ehrliche Manöverkritik. Je mehr Sie versuchen, sich zu schonen, desto weniger lernen Sie!
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Dankbarkeit & Respekt
Überdies sollten sich beide immer wieder ihrer gegenseitigen Dankbarkeit versichern. Das ist keine weichgespülte Psychomasche, sondern Balsam für jede Beziehung.
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Verbindlichkeit & Regelmäßigkeit
Auch die Frequenz der Mentoring-Treffen sollte vorab geklärt werden. Also wann, wie oft und unter welchen Bedingungen sich beide treffen. Je regelmäßiger und verbindlicher der Erfahrungsaustausch, desto fruchtbarer wird das Verhältnis.
TIPP: Starten Sie an der Spitze!
Damit das Reverse-Mentoring-Programm ein Erfolg wird, hängen Sie es möglichst hoch auf! Gleich zu Beginn sollte mindestens ein Vorstand oder Mitglied der Geschäftsleitung als Mentee agieren. Die damit verbundene Popularität erhöht nicht nur Aufmerksamkeit und Akzeptanz des Programms – sie dient ebenso als Vorbild, Motto: „Wenn der sich schon von einem Jungen coachen lässt…“
Reverse Mentoring Ablauf: Checkliste
Mentoren-Programme – ob klassisch oder mit vertauschten Rollen – haben kein Verfallsdatum. Sie lassen sich ebenso unbegrenzt wie für ein zeitlich befristetes Projekt einsetzen. Bewährt hat sich allerdings ein Tandem-Zeitraum von mindestens 4-6 Monaten. Zum besseren Gelingen empfehlen Experten die Flankierung durch folgende Ablauf-Stufen:
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Leitfaden
Erstellen Sie zunächst einen generellen Mentoring-Leitfaden und benennen Sie einen festen Ansprechpartner für alle Programme.
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Vorbereitung
Ermitteln Sie für das Reverse Mentoring alle erforderlichen Ressourcen: Budget, Zeit, Räume – und definieren Sie den konkreten Bedarf: Was soll wo im Unternehmen erreicht werden?
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Matching
Identifizieren Sie in der Organisation geeignete Mentoren und Mentees und bringen Sie diese zusammen. Entscheidend dabei sind: persönliche Chemie, (soziale) Kompetenzen, Qualifikationen (siehe: Mentoren-Typen).
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Rahmen
Starten Sie die Kollegen-Tandems mit einer Einführungsveranstaltung (Kick-off-Meeting und klären Sie dabei alle Erwartungen und Ziele.
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Kontrolle
Neben den regelmäßigen Feedback während des Mentoring-Programms sollte am Ende stets eine Erfolgskontrolle stattfinden und dokumentiert werden (sog. Closing). Ermitteln Sie ggfls. Verbesserungsbedarf.
Grundsätzlich gilt: Die Teilnahme an einem Reverse-Mentoring-Programm sollte für alle Teilnehmer freiwillig sein! Eine Verpflichtung ist allenfalls auf Seiten der älteren Führungskräfte sinnvoll, falls diese sich verweigern. Allerdings muss der Prozess auch dann begleitet werden, um eine heimliche Sabotage aus Unlust zu verhindern.
Richtig implementiert und umgesetzt aber kann das Reverse Mentoring ein hervorragendes Instrument zur Personalentwicklung und Verbesserung der Unternehmenskultur sein, das zugleich den Wissensaustausch fördert und die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens sichert.
Reverse Mentoring Vorteile
Wird Reverse Mentoring ernsthaft gemacht, können beide Seiten – Mentor und Mentee – enorm davon profitieren. Auch für das Unternehmen hat das zahlreiche Vorteile:
- Förderung des Dialogs zwischen den Generationen
- Mehr Verständnis füreinander und für unterschiedliche Perspektiven
- Abläufe und Prozesse werden modernisiert – über Hierarchien hinweg
- Neue Herausforderungen oder Geschäftsmodelle werden frühzeitig erkannt
- Das Unternehmen wird langfristig fit für die Zukunft
- Die Unternehmenskultur verbessert sich
- Der Arbeitgeber wird für Nachwuchstalente attraktiver
Nicht zuletzt profitieren auch die (jungen) Mentoren von solchen Programmen: Als Azubis oder Berufseinsteiger erfahren sie enorme Wertschätzung und verbessern zugleich ihre fachlichen wie sozialen Kompetenzen. Gleichzeitig erweitern ihr internes Netzwerk und bekommen Zugang zur Unternehmensspitze. Das erhöht ihre Sichtbarkeit im Unternehmen – eine wichtige Voraussetzung für die weitere Karriere.
Übersicht: Vorteile für Mentor und Mentee
Mentor Vorteile (jung) |
Mentee Vorteile (alt) |
✚ Sichtbarer werden ✚ Social Skills trainieren ✚ Kontakte knüpfen ✚ Wertschätzung erfahren |
✚ Wissenslücken schließen ✚ Digitals Skills lernen ✚ Neue Ideen ✚ Frische Impulse |
Nachteile und Herausforderungen
Daneben gibt es auch ein paar Nachteile und Herausforderungen beim Reverse Mentoring: Der Zeitaufwand für beide Seiten ist nicht unerheblich. Überdies muss die Chemie zwischen Mentor und Mentee stimmen. Fehlen Offenheit und gegenseitiger Respekt, kann das Erfolgsduo nicht funktionieren. Vor allem die „alten Hasen“ müssen bereit sein, von den Jüngeren über Hierarchieebenen hinweg zu lernen und ihre Komfortzone aus Status und Autorität zu verlassen.
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