Dilemma: Fairness vor Motivation?
Für viele Führungskräfte ist die Situation nicht nur unangenehm, sondern ein klassisches Dilemma: Sie wissen, dass Sie diesen Mitarbeiter nicht halten wollen (oder können) – wollen ihn aber auch nicht gleich demotivieren. Schließlich arbeitet er oder sie noch eine Weile im Unternehmen. Was tun?
Aus ökonomischer Sicht ist die Sache klar: Es ist nicht sinnvoll, Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen, die für den Job ungeeignet sind oder nicht die Leistung zeigen, die Sie sich wünschen. Aber wie sieht das taktisch-strategisch aus? Sollte ich Fairness zeigen und den oder die Mitarbeiterin rechtzeitig vor Vertragsende darauf hinweisen, dass das Arbeitsverhältnis enden wird?
Wir finden „Ja“ – schon aus Menschlichkeit und Respekt. Machen Sie sich aber zugleich zwei mögliche Konsequenzen bewusst:
1. Motivation
Rechnen Sie damit, dass die Motivation des Mitarbeiters nachlässt. Und zwar deutlich. Nicht wenige leisten nach der Hiobsbotschaft nur noch Dienst nach Vorschrift.
Selbst wenn der Arbeitsvertrag von vornherein befristet war, kommt die Aussage einer mündlichen Kündigung gleich. Planen Sie daher im Voraus, ob und wie Sie wichtige Aufgaben delegieren.
2. Freistellung
Arbeitnehmer dürfen die verbleibende Zeit verstärkt zur Bewerbung nutzen – zum Beispiel für Bewerbungsgespräche. Die bezahlte Freistellung steht Arbeitnehmern gesetzlich zu. Auch für den Fall sollten Sie bereits Ersatzkräfte einplanen, um mögliche Fristen und Deadlines für Projekte nicht zu gefährden.
Wie sage ich dem Mitarbeiter, dass er keine Chance auf die Stelle hat?
Keine Frage: Es gibt schönere Themen für das Mitarbeitergespräch. Aber auch solche Dinge gehören zum Job einer Führungskraft. Wie also können Sie dem oder der Mitarbeiterin sagen, dass er oder sie keine Chance auf die Stelle hat?
Das Wichtigste ist: Machen Sie dafür einen festen Termin und nehmen Sie sich ausführlich Zeit für ein persönliches 4-Augen-Gespräch. Alles andere zeigt wenig Einfühlungsvermögen und Wertschätzung!
Zu einer professionellen Gesprächsführung und Trennungskultur gehört ebenfalls, dass Sie die Botschaft sofort und klar – ohne Umschweife oder Weichspüler – vermitteln. Beispiel:
Herr Muster, ich muss Ihnen heute leider mitteilen, dass wir Ihren Arbeitsvertrag nicht verlängern werden und Ihr Beschäftigungsverhältnis deshalb am TT.MM.JJJJ enden wird. Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen. Aber ich bitte um Verständnis, dass diese endgültig ist. Gerne kann ich Ihnen ein paar Gründe hierfür erklären, wenn Sie möchten.
Reaktionen abwarten
Nach einer solchen Botschaft ist es wichtig, dass Sie diese erst einmal sacken lassen, die Reaktionen abwarten und noch einmal aktiv zuhören, ob die Botschaft auch wirklich verstanden wurde. Tatsächlich hören manche Menschen nur, was sie hören wollen – oder missverstehen unklare Aussagen.
Laut SARA-Modell können die Reaktionen auf negatives Feedback von Trauer über Wut und aktiven Widerstand reichen. Rechnen Sie damit und brechen Sie das Gespräch im Zweifel ab – natürlich nicht, ohne nochmal anzubieten, es zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen, wenn sich alle wieder beruhigt haben.
Entscheidend ist, dass Sie dem künftigen Ex-Mitarbeiter genug Zeit und Handlungsspielraum lassen, um sich beruflich neu zu orientieren. Gleichzeitig müssen Sie stets auch an die verbleibenden Kollegen denken: Wie Sie in solchen Situationen mit Menschen umgehen, prägt maßgeblich das Betriebsklima und das Employer Branding…
Was andere dazu gelesen haben