Was ist ein Kompetenzmodell?
Ein Kompetenzmodell ist ein Mittel zur Bestandsaufnahme und listet die im Unternehmen sowohl existenten als auch erforderlichen Kompetenzen auf. Mithilfe dieses Instruments kann die Human Resources Abteilung erkennen, wo Defizite existieren und an welchen Stellen das Unternehmen gut aufgestellt ist.
Was leistet das Kompetenzmodell? Von Humankapital spricht heutzutage kaum noch jemand, zu materialistisch klingt der Begriff. Allerdings drückt er auch unverblümt die Bedeutung von Mitarbeitern für ein Unternehmen aus: Mitarbeiter kosten nicht nur, sie bedeuten bares Geld – oder können es zumindest, sofern sie gemäß ihrer Kompetenzen eingesetzt und gefördert werden.
Die finanziellen und physischen Ressourcen wie Kapital, Maschinen, Anlangen und Gebäude sind ganz hervorragend – aber ohne die einzig immatrielle Ressource, den Menschen, läuft im Endeffekt gar nichts.
Bei aller Digitalisierung und Automatisierung müssen Maschinen irgendwann gewartet, entwickelt, bedient werden. Und ohne die Kreativität und Leidenschaft von Menschen sähe es ziemlich düster aus. Hier liegt allerdings der Knackpunkt. Wie ist es darum bestellt? Reicht die Fachkompetenz überhaupt aus, um Innovationen hervorbringen zu können? An dieser Stelle kommt das Kompetenzmodell ins Spiel.
Welche Kompetenzen sind relevant?
Um die Bedeutung des Kompetenzmodells weiter ausführen zu können, muss zunächst kurz erläutert werden, was mit Kompetenzen gemeint ist und welche für das Modell von Bedeutung sind. Eine Definition aus dem wirtschaftspsychologischen Bereich nach John Erpenbeck und Lutz von Rosenstiel erklärt Kompetenzen so:
Kompetenzen sind Fähigkeiten in offenen, unüberschaubaren, komplexen, dynamischen und zuweilen chaotischen Situationen kreativ und selbst organisiert zu handeln – Selbstorganisationsdisposition.
Es lassen sich vier Kernkompetenzen einer Person beschreiben, die sich in weitere Kompetenzen untergliedern lassen:
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Selbstkompetenz
Die Selbstkompetenz oder personale Kompetenz beschreibt unter anderem das Reflexionsvermögen einer Person. Die eigene (berufliche) Entwicklung wird überprüft, Chancen abgeschätzt und darauf basierend Ziele entwickelt. Voraussetzung dafür ist der Wille, am eigenen Verhalten etwas zu verändern. Das schließt weitere Eigenschaften wie Kritikfähigkeit, Flexibilität und Selbständigkeit ein.
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Fachkompetenz
Fachkompetenz bedeutet, das in Ausbildung oder Studium erworbene Fachwissen einzusetzen. Seine Expertise durch Erfahrung zeigt sich im Berufsalltag in der Herangehensweise und Bewältigung der Aufgaben. Probleme werden eigenständig und zielorientiert angegangen, die Situation sachgerecht beurteilt.
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Methodenkompetenz
Eine Person verfügt über das Wissen um Lernstrategien und Lerntechniken, die ihr den Erwerb von Fachwissen ermöglichen. Dazu gehören die Beschaffung, Aufbereitung und Präsentation von Informationen. Methodenkompetenz ist vor dem Hintergrund wichtig, dass Fachwissen einem ständigen Wandel unterliegt. Die Fachkompetenz kann also schnell nachlassen – mit einer guten Methodenkompetenz kann wieder aufgeholt werden.
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Sozialkompetenz
Anhand des Verhaltens und der Interaktion mit anderen Menschen lässt sich die Sozialkompetenz eines Mitarbeiters ablesen. Wie wird miteinander kommuniziert? Wird die Mittagspause gemeinsam verbracht? Festgemacht werden die sozialen Kompetenzen unter anderem an der Teamfähigkeit der Mitarbeiter und der Führungskompetenz von Vorgesetzten.
Entwicklung und Anwendung des Modells
Die Human Resources Abteilung – oder ein Beratungsunternehmen – entwickelt das Kompetenzmodell anhand der strategischen Ziele des Unternehmens. Eingebettet ist es in die Überlegungen, welche Kenntnisse, Persönlichkeit und Verhalten von einem Mitarbeiter benötigt werden, um zum bestmöglichen Gelingen beizutragen.
Berücksichtigt werden müssen die jeweiligen Arbeitsbereiche. An einen Mitarbeiter in der Produktion werden andere Anforderungen gestellt als an einen Vertriebler oder einen Techniker. Das Gleiche gilt für Hierarchiestufen; von einem Auszubildenden können schwerlich dieselben Kompetenzen erwartet werden wie von einem Abteilungsleiter oder der Geschäftsführung.
Aber auch andere Faktoren wie Alter, Arbeitsmarkt, Unternehmenskultur, Arbeitsatmosphäre, Kunden und Führungsstil wirken sich auf die Kompetenzfeststellung aus und müssen im Gesamtkontext bedacht werden.
Voraussetzung ist, dass die Kompetenzen der Mitarbeiter messbar beziehungsweise beobachtbar sind. Das kann durch nachweisliche Erfolge der Fall sein oder sich im alltäglichen Verhalten mit Kollegen, Kunden und Vorgesetzten zeigen, etwa durch aktive Teamarbeit, Kritikfähigkeit, Serviceorientierung.
Bei der Modellentwicklung stehen folgende Fragen im Fokus:
- Welche Kompetenzen, Eigenschaften und Fähigkeiten sind für alle Mitarbeiter zielführend?
- Welches Verhalten und welche Leistungen lassen sich beobachten?
- In welchem Maß sind die gewünschten Fähigkeiten und Kompetenzen vorhanden?
Durch unterschiedliche Methoden kann das Kompetenzmodell angewandt werden:
- Interviews
- Workshops
- Brainstorming
- Fragebögen
- Expertenbefragung
Vorzüge des Kompetenzmodells
Das Kompetenzmodell kann verschiedene Funktionen erfüllen. Gemäß der oben ausgeführten Vorgänge kann es eine zukunftsorientierte Vorgabe sein, mit der sich das Unternehmen auf anstehende Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt wappnen will.
Es zeigt dann, über welche Fähigkeiten, Eigenschaften und Einstellungen der ideale Mitarbeiter verfügen sollte. Dies kann Ausgangspunkt für mehrere Personalmaßnahmen sein:
- Stellenbeschreibung: Durch die vorherige Analyse ermöglicht das Kompetenzmodell eine exakte Stellenausschreibung, die wiederum für Klarheit bei den potenziellen Kandidaten sorgt.
- Bewerberauswahl: Es wird aus Personalersicht eindeutig, welcher Bewerber auf die Stelle passt und welcher nicht.
- Mitarbeiterbeurteilung: Erwartbare Kompetenzen wurden definiert, so lässt sich die Arbeitsleistung beurteilen. Da das gemessen an den jeweiligen Bereichen und Positionen geschehen ist, lässt sich der weitere Karriereverlauf bis zu Beförderungen leichter planen.
- Kompetenzentwicklung: Es lässt sich erkennen, an welchen Stellen es der Fortbildung bedarf.
Ebenso gut kann es dabei helfen, als Unternehmen den Purpose zu bestimmen: Wer sind wir als Unternehmen, wer wollen wir sein? Als solches kann das Kompetenzmodell eine Orientierungshilfe in Umbruchphasen sein.
Allerdings sollten zwei wichtige Punkte berücksichtigt werden:
- Ob die gewünschten Kompetenzen messbar sind oder nicht, sagt noch lange nichts darüber aus, ob sie vorhanden sind oder nicht. Hier sei nochmals an die Umgebung erinnert. Ein wenig wertschätzender Umgang mit seinen Mitarbeitern kann dazu führen, dass diese nach außen hin wenig kompetent wirken. Aber: Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es heraus.
- Wenn es darum geht, die Unternehmensstrategie mit den Mitarbeiterkompetenzen in Einklang zu bringen, spielen Monitoring und Anpassung eine wichtige Rolle. Wie entwickelt sich das Team/der Mitarbeiter nach der Maßnahme? Es reicht nicht, die gewünschten Kompetenzen einmalig zu formulieren, vielmehr muss kontinuierlich an der Umsetzung gearbeitet werden. Dazu gehört auch, auf Veränderungen einzugehen, etwa weil sich die Unternehmensziele geändert haben oder es andere Marktanforderungen gibt.
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