Wann ist das Jobcenter zuständig?
Das Jobcenter kümmert sich unter anderem um die Grundsicherung von Arbeitssuchenden. Heißt: Sie erhalten vom Jobcenter Arbeitslosengeld 2 (auch „ALG 2“ oder „Hartz IV“) wenn kein Anspruch (mehr) auf Arbeitslosengeld 1 (kurz: „ALG 1“) besteht. Das ALG 2 soll den Beziehern ermöglichen, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Es darf aber keinesfalls der Bereicherung dienen.
Was sind die Voraussetzungen für den Bezug von ALG 2?
- Die Antragsteller müssen mindestens 15 Jahre alt sein.
- Die Antragsteller müssen erwerbsfähig sein.
- Die Antragsteller müssen hilfebedürftig sein.
- Die Antragsteller müssen ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben.
Wer diese Voraussetzungen erfüllt, ist grundsätzlich dazu berechtigt, die Leistung zu beantragen.
Was ist eine Bedürftigkeitsprüfung?
Da die Mittel des Jobcenters je zur Hälfte aus Bundessteuern (Agentur für Arbeit) und Kommunalsteuern finanziert werden (und nicht aus der Arbeitslosenversicherung wie beim ALG 1), findet bei jedem Antragsteller eine „Bedürftigkeitsprüfung“ statt. Dazu werden sämtliche finanziellen Quellen einbezogen:
- Eigenes Einkommen
- Eigenes Vermögen
- Einkommen und Vermögen der im Haushalt lebenden Personen (Partner, Eltern, Geschwister)
Hauptaufgabe der Jobcenter ist allerdings die Vermittlung der „Kunden“ in einen neuen Job. Wer arbeitslos ist soll die Leistungen unbegrenzt beziehen müssen. Daher werden den Leistungsbeziehern von ALG 2 einige Pflichten auferlegt. Wer diesen Pflichten nicht nachkommt, dem drohen zeitlich befristete Leistungskürzungen von bis zu 30 Prozent – die sogenannten Sanktionen.
Welche Jobcenter Pflichten haben Antragssteller?
Die Pflichten der Antragsteller im Jobcenter sind strenger und umfangreicher, als beim Bezug von ALG 1. Das liegt vor allem daran, dass die Jobcenter Leistung – theoretisch – zeitlich unbegrenzt bezogen werden können. Um das zu verhindern, sollen die Leistungsbezieher möglichst schnell in einen Job vermittelt werden. Dazu zählen auch Jobs, die zwar nicht zum Lebensunterhalt reichen, aber zumindest helfen, Leistungen teilweise einzusparen („Aufstocker“).
Wenn Sie einen Antrag beim Jobcenter stellen, haben Sie folgende Pflichten:
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Wahrheitsgemäße Angaben machen
Sie sind verpflichtet, Ihre finanzielle Situation und die der Personen, die mit Ihnen im gemeinsamen Haushalt leben („Bedarfsgemeinschaft“), offen zu legen. Dazu gehört das Einkommen und Vermögen. Unter Berücksichtigung der Freibeträge wird dann geprüft, ob Ihnen eine Auszahlung der Leistung zusteht.
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Zumutbare Arbeit annehmen
Zu den Jobcenter Pflichten gehört ebenfalls, jede Arbeit anzunehmen, die zu Ihrer Qualifikation passt und psychisch wie physisch zumutbar ist. Dazu gehören auch lange Pendelwege zur Arbeitsstelle. Was zu Ihrer „Qualifikation“ passt, kann großzügig ausgelegt werden. Ein studierter Forstwissenschaftler beispielsweise als Gärtner eingesetzt werden. Überdies sind Antragsteller verpflichtet, Ihre regelmäßigen Bewerbungsaktivitäten nachzuweisen.
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Alle Termine wahrnehmen
Verpflichtet sind Leistungsbezieher auch, zu allen Jobcenter Terminen pünktlich zu erscheinen. Das betrifft sowohl Besprechungen mit dem Sachbearbeiter wie auch externe Termine wie Bewerbungsgespräche oder amtsärztliche Untersuchungen. Sollten Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht erscheinen können, müssen Sie das mit einem Attest nachweisen. Ansonsten riskieren Sie Sanktionen und Leistungskürzungen.
Welche Jobcenter Rechte haben Antragssteller?
Neben den Pflichten besitzen Leistungsbezieher beim Jobcenter auch eine Reihe von Rechten. Diese hier sollten Sie kennen:
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Recht auf regelmäßige Leistung
Jobcenter Kunden haben Anspruch darauf, dass Ihnen das Jobcenter pünktlich die vereinbarten Leistungen zahlt. Dazu gehört der gesetzlich festgelegte Regelsatz, Mietzahlungen und Heizung sowie nach Einzelfallprüfung weitere Mehrbedarfsansprüche (zum Beispiel für Alleinerziehende oder Menschen mit Behinderung). In der Regel wird Ihnen die Gesamtsumme auf Ihr Konto überwiesen. Im Einzelfall können dies auch Sachleistungen beziehungsweise Gutscheine sein.
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Recht auf einmalige Leistungen
Zu den Rechten gehört überdies, dass das Jobcenter prüft, ob Ihnen zusammen mit der Regelleistung weitere einmalige Leistungen zustehen. Dies können zum Beispiel bei einem Umzug in eine kleinere Wohnung die Erstausstattung einer Basiseinrichtung sein oder die Erstausstattung an Kleidung.
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Recht auf Eingliederungsunterstützung
Ebenso haben Sie Anspruch auf Hilfen bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Dies betrifft die Arbeitsvermittlung wie auch weitere flankierende Maßnahmen – zum Beispiel Weiterbildungen, psychosoziale Betreuung, Kinderbetreuung, Schuldnerberatung oder ähnliches. Alle Maßnahmen werden in beiderseitigem Einvernehmen in einer Eingliederungsvereinbarung festgelegt.
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Recht auf Ortsabwesenheit
Sie haben den Anspruch auf bis zu sechs Wochen Urlaub im Jahr. Im Jargon des Jobcenters heißt das „Ortsabwesenheit“. Wie in einem Arbeitsverhältnis sollten Sie den Urlaubsantrag so früh wie möglich einreichen. Am besten 4-6 Wochen im Voraus.
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Recht auf Kostenerstattung
Leistungsbezieher haben das Recht auf die Erstattung von sämtlichen Kosten, die mit Ihren Bewerbungsaktivitäten zusammenhängen. Dies gilt für Brief-, Porto- und Fahrtkosten. Selbstverständlich müssen Sie diese Aufwendungen mit Quittungen nachweisen.
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Recht auf schriftliche Bescheide
Sie haben das Recht, jede Leistungsgewährung oder –verweigerung schriftlich per Bescheid zu erhalten. Lassen Sie sich aus Beweisgründen also nicht mit mündlichen Aussagen abspeisen. Ansonsten wird ein späterer Widerspruch schwierig.
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Recht auf Akteneinsicht
Sie haben den Anspruch, jederzeit Einblick in Ihre Akte beim Jobcenter zu nehmen. Das Recht sollten Sie regelmäßig nutzen. Nach mehreren Wochen ist es schwer, einen unkorrekten Eintrag korrigieren zu lassen, da die Beweisführung kaum mehr möglich ist.
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Recht auf Widerspruch
Leistungsbezieher haben das Recht, gegen jede Entscheidung des Jobcenters – insbesondere gegen Sanktionen oder falsche Berechnungen – Widerspruch einzureichen. Jeder Widerspruch hat aufschiebende Wirkung. Nutzen Sie dieses Recht aber nur, wenn wirklich ein Fehlverhalten vorliegt und holen Sie sich hierzu juristische Unterstützung von seriösen Beratern ein.
Praktische Hinweise für einen Termin im Jobcenter
Wenn ein Jobcenter Besuch bevorsteht, sollten Sie Ihre Rechte und Pflichten kennen. Darüber hinaus gibt es noch weitere Tipps, die Sie beachten sollten:
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Anwesenheitsbescheinigung
Lassen Sie sich jeden Jobcenter Besuch mit Unterschrift und Stempel bestätigen. Auf diese Weise können Sie spätere Irrtümer besser aufklären und Falschbehauptungen widerlegen. Es ist zwar nicht die Regel, dass ein wahrgenommener Termin in der Akte als „versäumter“ auftaucht. Es kann aber passieren.
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Eingliederungsvereinbarung
Die Eingliederungsvereinbarung ist genau das: eine Vereinbarung. Sie benötigt also Ihre Zustimmung und ist kein Verwaltungserlass. Heißt: Sie können hierüber mit Ihrem Sachbearbeiter verhandeln. Sollte eine Eingliederungsvereinbarung über Ihren Kopf hinweg erlassen werden, ist sie anfechtbar. Ebenso wenig können Sie dazu gezwungen werden, diese zu unterschreiben. Lassen Sie sich also ruhig ein paar Tage Bedenkzeit.
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Antrag
Jede Leistung, die Sie beantragen, sollten Sie schriftlich vorbringen. Nur dann ergeht ein verbindlicher Bescheid. Wenn Sie unverbindlich mündlich anfragen, kann es sein, dass eine berechtigte Forderung vorschnell abgetan wird. Ebenso müssen Sie nicht in jedem Fall Gutscheine und Sachleistungen akzeptieren. Auch die Miete muss direkt auf Ihr Konto überwiesen werden und nicht auf das des Vermieters. Das alles sollten Sie schriftlich beantragen. Fordern Sie gegebenenfalls eine Eingangsbestätigung an.
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Angaben
Geben Sie beim Termin nur das Nötigste an. Konzentrieren Sie sich auf die Fragen des Sachbearbeiters. Plaudern ist gefährlich. Die Mitarbeiter beim Jobcenter unterliegen keinerlei Schweigepflicht. Sie wissen also nicht, was weitergetratscht wird oder in Ihrer Akte landet.
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Vorgesetzter
Für den Fall, dass Ihnen Ihr Sachbearbeiter gerechtfertigte Leistungen verweigert, haben Sie jederzeit das Recht, dessen Vorgesetzten zu sprechen. Allein diese Ankündigung bringt oft Bewegung in die Verhandlung.
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Begleitung
Gehen Sie möglichst mit Begleitung zum Jobcenter. Neben dem moralischen Beistand, hat das vor allem bei der Beweislast Vorteile. Sie haben damit einen potenziellen Zeugen an der Seite. Wichtige Informationen können schon mal missverstanden oder falsch notiert werden.
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