Bewerben ohne Arbeitszeugnis: Tipps und 6 Alternativen

Zeugnisse und Zertifikate haben in der Bewerbung noch immer einen hohen Stellenwert. Eine Bewerbung ohne Zeugnis steht schnell im Verdacht, dass damit schlechte Noten oder Probleme verheimlicht werden sollen. Gleichzeitig gibt es heute bewährte Alternativen zum Zeugnis. Wir zeigen Ihnen die besten Tipps und Strategien für eine Bewerben ohne Zeugnis…

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Bewerbung ohne Zeugnis – geht das überhaupt?

Werden in der Stellenanzeige „vollständige Bewerbungsunterlagen“ verlangt, gehören 2-3 aktuelle Arbeitszeugnisse unbedingt dazu. Das Arbeitszeugnis in der Bewerbung ist in Deutschland Standard und wird von den meisten Personalern erwartet.

Achtung: Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis verjährt nach 3 Jahren (§ 195 BGB). Anfordern sollten Sie es aber deutlich früher: 6-12 Monate nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses halten Arbeitsgerichte eine Beurteilung für Arbeitgeber für kaum noch zumutbar.

Gleichzeitig stehen Zeugnisse in der Bewerbung immer häufiger in der Kritik: Aufgrund der gesetzlichen Auflagen (wahr & wohlwollend) sowie der inzwischen vielen Geheimcodes und verschlüsselten Formulierungen im Zeugnisdeutsch verliere es an Aussagekraft. Etwaige Alternativen funktionieren oft genauso gut oder sogar besser!

Gründe für die Bewerbung ohne Zeugnis

Hinzu kommen weitere gute Gründe für eine Bewerbung ohne Arbeitszeugnis. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Schlechte Note

    Sie wurden gekündigt, müssen sich bewerben, doch die Arbeitszeugnis Noten sind schlecht. Das kann die Jobsuche erschweren.

  • Kurze Beschäftigung

    Sie trennen sich mit einer Kündigung in der Probezeit. Dauert die Beschäftigung weniger als 6 Wochen, gibt es kein Zeugnis.

  • Diskrete Bewerbung

    Sie wollen sich aus ungekündigter Stelle „heimlich“ für einen neuen Job bewerben (siehe Initiativbewerbung). Ein offizielles Zwischenzeugnis würde aber sofort Verdacht schöpfen.

  • Vorherige Selbstständigkeit

    Sie waren zuvor selbstständig oder freiberuflich tätig. Damit gibt es keinen Arbeitgeber, der ein Zeugnis ausstellen könnte.

  • Zeugnisse verloren

    Wichtige, bisherige Arbeitszeugnisse sind verloren gegangen – zum Beispiel beim Umzug.

  • Auslandstätigkeit

    Sie haben bisher im Ausland gearbeitet. Dort sind Zeugnisse unüblich, und es gibt auch keinen gesetzlichen Anspruch darauf.

In all den genannten Fällen benötigen Bewerberinnen und Bewerber eine Arbeitszeugnis Alternative, um – neben Bewerbungsschreiben und Lebenslauf – immer noch „vollständige“ Unterlagen einzureichen und mit zusätzlichen Argumenten zu punkten.

Wie wichtig sind Zeugnisse bei Bewerbung?

Zeugnisse sind kein primäres Einstellungskriterium und nicht für jede Bewerbung zwingend erforderlich (siehe: Kurzbewerbung). Personaler überfliegen diese meist nur, um zu kontrollieren, ob die Angaben im Lebenslauf korrekt sind. Dessen Aussage- und Überzeugungskraft ist viel wichtiger.

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Bewerbung ohne Zeugnisse: Alternativen bei der Jobsuche

Etwa jeder 10. Kandidat bewirbt sich heute ohne Arbeitszeugnis. Fehlende Zeugnisse in der Bewerbung sind also kein Beinbruch! Machen Sie sich bewusst, dass es sich dabei nur um eine Zusatzinformation handelt, die Ihr Profil ergänzt und abrundet. Wenn der Lebenslauf nicht überzeugt, nutzt auch das beste Zeugnis nichts.

Umgekehrt dienen Zeugnisse vor allem zur Bestätigung durch neutrale Dritte. Das können aber auch andere Dokumente und Alternativen zum Zeugnis leisten. Wenn Sie kein Zeugnis in Ihrer Bewerbung nutzen wollen oder können, empfehlen wir folgende Alternativen:

1. Tätigkeitsbeschreibung

Die Tätigkeitsbeschreibung können Sie selber schreiben oder sich als sogenannte Arbeits- bzw. Tätigkeitsbescheinigung offiziell ausstellen lassen. Im Vergleich zu den Standardaussagen im Arbeitszeugnis ist sie meist viel aussagekräftiger. Mehr noch: Sie können die Tätigkeitsbeschreibung individuell für jede Bewerbung verfassen – und damit jeweils Kenntnisse und Stärken betonen, die am meisten für Sie und die Stelle sprechen. Diese Alternative eignet sich vor allem für eine diskrete Bewerbung aus ungekündigter Position.

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2. Beurteilungsschreiben

Das Beurteilungsschreiben ist eine weitere Alternative zum Arbeitszeugnis und eignet sich vor allem für Freelancer, die keinen Anspruch auf ein Zeugnis haben. Es ist ein freiwillig verfasstes Dokument von bisherigen Kunden, Vorgesetzten oder Projektleitern, das fachliche Kompetenzen, berufliche Erfahrungen und positive persönliche Eigenschaften auf maximal einer DIN A4 Seite beschreibt und bewertet. Für Berufseinsteiger oder Studenten eignet sich wiederum ein Eignungsschreiben

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3. Mitarbeiterbeurteilungen

Statt eines Zeugnisses können Sie ebenso die Ergebnisse einer Mitarbeiterbeurteilung oder eines eines 360-Grad-Feedbacks als Anlage zur Bewerbungen verschicken. Gerade bei Führungskräften eine gute Alternative: Sie weisen damit zum Beispiel überdurchschnittliche Führungsqualitäten nach. Achten Sie nur darauf, dass das Dokument keine Firmengeheimnisse enthält!

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4. Referenzen & Empfehlungsschreiben

Referenzen sind im Ausland Standard, werden jedoch auch in Deutschland als Alternative zum Arbeitszeugnis beliebter. Diese können Sie als Referenz- bzw. Empfehlungsschreiben (maximal 2-3) oder als Referenzliste im Lebenslauf oder als Extra-Seite der Bewerbung hinzufügen. Idealerweise finden Sie als Referenzgeber hochrangige Vorgesetzte, ehemalige Mentoren oder renommierte Experten, die Sie für eine Position empfehlen und sich für Rückfragen zur Verfügung stellen.

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5. Testimonials

Testimonials sind positive Bewertungen und Empfehlungen von bisherigen Kunden oder Klienten, die in wenigen Sätzen über ihre positiven Erfahrungen erzählen oder eine Person weiterempfehlen. Auch sie eignen sich hervorragend als Arbeitszeugnis Alternative für Selbstständige, die zurück in ein Angestelltenverhältnis wechseln wollen. Lassen Sie sich hierzu von zufriedenen Kunden wichtige Qualifikationen glaubwürdig bestätigen. Positive Zitate mit vollem Namen wirken wie eine Referenz!

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6. Projektliste

Eine Projektliste kann die Bewerbung aufwerten und den Lebenslauf ergänzen. Sie eignet sich insbesondere für Quereinsteiger, Ingenieure und projektbasierte Jobs. In der Projektliste (auch: Tätigkeitsliste) beschreiben Sie abgeschlossene Projekte und relevante Aufgaben samt der erzielten Ergebnisse oder verwendeten Tools. Wichtig hierbei: Welche Rolle hatten Sie in dem Projekt und was war Ihr Beitrag daran? Die Liste eignet sich für Architekten, Berater, Entwickler, Eventmanager oder Projektmanager. Wer weniger Projekte vorzuweisen hat, kann alternativ eine sogenannte Leistungsbilanz erstellen.

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Als letzte Alternative bleibt Ihnen noch eine Arbeitsvertrag Kopie. Diese eignet sich aber nur eingeschränkt als Ersatz für ein fehlendes Arbeitszeugnis und dient allenfalls als formaler Nachweis, dass Sie eine solche Stelle und Position innehatten. Achten Sie aber darauf, alle internen Details und Betriebsgeheimnisse vorher zu schwärzen.

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Bewerben ohne Zeugnis: Soll ich das überhaupt erwähnen?

Zunächst einmal ist eine Bewerbung ohne Zeugnis auffällig anders. Geübten Personalern springt das zu 99 Prozent sofort ins Auge. Das muss aber überhaupt nicht negativ sein, wenn die Alternative als gleichwertig und aussagekräftig bewertet wird!

Wir empfehlen, fehlende Zeugnisse nicht weiter zu thematisieren. Weder sollten Sie das im Anschreiben erwähnen, noch gehört irgendeine Erklärung in den Lebenslauf, dort stehen nur Fakten. Es gibt Kollegen, die dazu raten, hinter die entsprechende Position einen Vermerk zu schreiben, dass ein Zeugnis hierzu fehlt oder nachgereicht werden kann.

Bitte kein Vermerk im Lebenslauf!

Wir raten davon stark ab: Erstens wecken Sie damit nur schlafende Hunde; zweitens schmälern Sie die Wirkung des Eintrags und der Station im Lebenslauf. Es macht die Qualifikation latent schlechter zugunsten einer suboptimalen Nebensächlichkeit.

Lassen Sie etwaige Hinweise auf fehlende Zeugnisse in den Bewerbungsunterlagen grundsätzlich weg! Sollte es dazu Nachfragen geben, dann meist erst im Vorstellungsgespräch. Dort können Sie dann immer noch Ihre guten Gründe nennen…

Kein Zeugnis: Wie kann ich das im Interview begründen?

Wenn Sie im Vorstellungsgespräch auf die fehlenden Zeugnisse angesprochen werden, gibt es drei klare Strategien für die Begründung:

  1. Gründe nennen

    Nennen Sie kurz und ohne Umschweife maximal einen plausiblen Grund für die Bewerbung ohne Zeugnis. Dafür reichen 1-2 Sätze, die keinen Raum für Fehlinterpretationen lassen.

  2. Keine Rechtfertigungen

    Verlieren Sie sich nicht in Rechtfertigungen oder schlimmer: in Schuldzuweisungen! Stellen Sie nur die Fakten dar. Jede zusätzliche Beteuerung wirkt wie ein schlechtes Gewissen.

  3. Thema wechseln

    Nutzen Sie die Erklärung als Überleitung – und bringen Sie das Gespräch zurück auf Wichtigeres, zum Beispiel Ihre Berufserfahrungen oder relevante Stärken.

Beispielsätze für eine gute Begründung

  • „Ich bitte das fehlende Arbeitszeugnis zu entschuldigen. Obwohl ich das mehrfach bei meinem letzten Arbeitgeber verlangt habe, hat dieser mir bis heute noch keines ausgestellt. Ich reiche es aber gerne nach.“
  • „Es mir leider peinlich, aber die Arbeitszeugnisse sind beim letzten Umzug verloren gegangen und ich habe leider versäumt, mir davon digitale Kopien zu machen.“
  • „Ich gebe zu, dass ich leider vergessen habe, ein qualifiziertes Zeugnis anzufordern. Mein damaliger Arbeitgeber hat auch nicht daran gedacht, aber er hat sich bereiterklärt, Ihnen telefonisch als Referenz Auskunft zu geben.“

Die Kunst ist, möglichen Mängeln nur wenig Raum zu geben und bei der Bewerbungsstrategie immer wieder den Fokus auf Ihre überzeugenden Pluspunkte zu lenken.

Tipp: Wechseln Sie die Reihenfolge der Anlagen!

Beim klassischen Aufbau der Bewerbung folgen auf Anschreiben und Lebenslauf die sogenannten Anlagen und darin zuerst die Zeugnisse. Ein Trick kann sein, diese Reihenfolge umzudrehen und zunächst Zertifikate von relevanten Weiterbildungen, eine Projektliste oder eine Leistungsbilanz anzufügen. Fehlende Zeugnisse fallen dann weniger auf.



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