Mittelmanager: Gefangen zwischen Mitarbeitern und Chefs
Mittelmanager stehen im Unternehmen genau da, wo es besonders ungemütlich ist. Sie bilden oft einen Puffer zwischen den Hierarchieebenen und müssen allerlei Unstimmigkeiten abfangen und jeweils in die eine oder andere Richtung kommunizieren. Diese Sandwich-Position macht sie für Unternehmen einerseits enorm wichtig – sie ist allerdings auch alles andere als komfortabel. Nicht umsonst ist diese Situation auch als „Stuck-in-the-middle-Phänomen“ bekannt.
Aufgabe und Verantwortung des Mittelmanagers ist es, die konzeptionellen und strategischen Vorgaben und Planungen in konkrete Arbeiten und Abläufe umzusetzen. Sie sind es, die zusammen mit den Teamleitern oder ihren direkten Mitarbeitern für die tägliche Arbeit und die Produktivität im Unternehmen maßgeblich verantwortlich sind. Konkret prägen beeinflussen Mittelmanager durch ihren Führungsstil zahlreiche Faktoren. Zum Beispiel:
- Tägliche Arbeitsprozesse und Workflows
- Arbeitsatmosphäre und Zufriedenheit der Mitarbeiter
- Glaubwürdigkeit des Managements
- Unternehmenskultur
Kurz: Mittelmanager sind Vermittler zwischen allen Seiten und stecken in einem Dilemma. Nicht alle Vorgaben, die sie umsetzen, müssen sie auch inhaltlich mittragen – sollten das aber nicht zeigen. Umgekehrt können Sie nicht jeden Unmut der Abteilung ungefiltert nach oben ventilieren. Sonst sieht es schnell so aus, als hätten sie ihren Laden nicht im Griff. Und wer auf der Karriereleiter nach oben will, sollte vor allem Erfolge kommunizieren können, nicht den Belegschaftsfrust.
Vorteile als Mittelmanager
Neben den Belastungen und Anforderungen bergen solche Stellen auch die Chance, zahlreiche Erfahrungen zu machen, sich zu beweisen und sich einen Namen zu machen. Exemplarisch seien an dieser Stelle drei Pro-Argumente genannt:
-
Nähe zu Mitarbeitern
In keiner anderen Führungsposition haben Sie so viel Kontakt zu Mitarbeitern wie in der des Mittelmanagers. Durch diese Nähe können Sie tragfähige Beziehungen aufbauen, Führungsqualitäten entwickeln und verbessern und die Arbeitsatmosphäre ganz grundlegend mitgestalten.
-
Konkret sichtbare Ergebnisse
Diese Gestaltungsmöglichkeiten führen auch dazu, dass Sie die Ergebnisse und Auswirkung Ihrer Arbeit unmittelbar wahrnehmen – ganz anders als im Top-Management. Sie sehen direkt, welche Veränderungen den Mitarbeitern und dem Betrieb nützen und welche nicht. Und Sie erhalten meist auch direktes Feedback von Kunden.
-
Blick für das Gesamtbild
Obwohl Sie als Mittelmanager relativ nah am Alltagsgeschäft und den operativen Arbeiten des Unternehmens sind, können Sie doch das Gesamtbild im Blick behalten – mehr als einfache Angestellte. Das gibt Ihnen die Chance, die Wirkung Ihrer Arbeit für das gesamte Unternehmen einzuordnen. So können Sie sich den Sinn Ihrer Aufgaben immer wieder vor Augen führen machen.
Allerdings schmälern die genannten Vorzüge nicht die Herausforderungen, die speziell in dieser Sandwich-Positionen stecken. Erst recht, wenn man seinen Job auch noch besonders gut macht und meistert…
Arbeitsrecht: Leitender oder leidender Angestellter?
Der vorläufige Höhepunkt der Karriere wird oft mit dem Titel „leitender Angestellter“ belohnt. Führungskräfte fühlen sich geehrt. Anfangs. Die Freude hält allerdings nur kurz, wenn den Betreffenden klar wird, dass sie rechtlich damit zum Teil wesentlich schlechter dastehen, als der normale Angestellte, der sie davor waren. Wer wirklich leitender Angestellter ist, kommt nicht auf die Bezeichnung im Vertrag, sondern die tatsächlichen Verhältnisse im Job an.
Leitende Angestellte haben eine hervorgehobene Stellung gegenüber anderen Mitarbeitern – werden aber als weniger schutzbedürftig angesehen. So gelten zum Beispiel nicht die Beschränkungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG), auch Tarifverträge gelten für sie regelmäßig nicht.
Wichtige Besonderheiten gibt es auch beim Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und insbesondere beim Kündigungsschutz:
- Leitende Angestellte sind aus dem Geltungsbereich des BetrVG ausgenommen,
- der Betriebsrat ist für sie nicht zuständig,
- auch Sozialpläne gelten für sie nicht.
Eine wichtige Sonderstellung bei Kündigungen: Als leitender Angestellter darf man andere kündigen und auch selbst gekündigt werden, jedoch nicht grundlos. Für die Gründe gelten jedoch aufgrund der hervorgehobenen Vertrauensstellung andere Maßstäbe. Merke: Merke: Wer weiter oben steht, muss sich genauer überlegen, wie er sich verhält.
Wo ein Arbeitnehmer noch eine Abmahnung erhält, kann ein Mittelmanager vielleicht schon gekündigt werden. Sein Verhalten wird strikter bewertet – auch schuldet er dem Unternehmen größere Loyalität, insbesondere was die Kommunikation angeht. Wegen dieser Vorbildfunktion endet ein Pflichtverstoß, der normalerweise nur zu einer ordentlichen Kündigung berechtigt, schnell einmal in einer fristlosen Kündigung.
Mittelmager Falle: Wer gut ist, sitzt fest
Leider lässt es sich in vielen Unternehmen beobachten: Wer gut, zu gut ist in seinem Job, wird kaum noch befördert, sondern sitzt in einer selbst geschaffenen Falle. Ein einfaches Beispiel: Lars, ein extrem versierter, gut organisierter Mittelmanager und im Konzern längst bekannt als zuverlässiger und ebenso sorgfältiger wie gründlicher Problemlöser. Absoluter Leistungsträger. In der Vergangenheit bekam er schon zahlreiche Projekte und Teams übertragen, die er mit Bravour abschloss und aufbaute und teils Vorgaben sogar übererfüllte. Er beherrscht seinen Job wie kein Zweiter. Und genau das wissen auch seine Manager – leider.
Was passiert? Er wird bei Beförderungen regelmäßig übergangen. Es gibt zwar immer wieder mal eine Gehaltserhöhung. Aber kein echtes Vorankommen. Seine Führungskräfte protegieren ihn, loben ihn öffentlich, aber keiner fördert ihn wirklich.
Die Erklärung: Jeder seiner Manager wäre mit dem Hammer gepudert, eine solches Top-Talent wegzuloben. Das hat gar nichts mit dem Peter-Prinzip zu tun, sondern mit purem Eigennutz. Solche Mitarbeiter machen das Leben für jeden Manager sorgenfreier und leichter. Wer möchte schon darauf verzichten und den Angestellten in eine andere Position heben?
Der Fluch guter Mittelmanager
Gut zu sein in seinem Job, ist nicht nur erstrebenswerter Anspruch – es kann auch Fluch sein. Vor allem im Mittelmanagement. Man wird zum Opfer seiner eigenen Kompetenz, Akkuratesse und Akribie. Natürlich ist es kurzsichtig, solche Leistungsträger derart und allein im eigenen Interesse zu blockieren. Doch genau diese gläserne Decke erleben zahlreiche Mittelmanager im Alltag.
Auswege – außer einem Jobwechsel oder der Hoffnung auf einen echten Mentor – gibt es dann kaum.
Beförderungen frustrieren nach drei Jahren
Wer die Karriereleiter empor klettert, sieht zwar meist das höhere Gehalt und das Mehr an Verantwortung, nicht aber die möglichen Folgen. Als australische Forscher von der Universität von Melbourne acht Jahre lang den Werdegang von knapp 2700 Beschäftigten im Alter zwischen 18 und 64 Jahren begleiteten und mit deren psychischer und physischer Entwicklung auswerteten, kamen sie zu einem überraschenden Ergebnis:
Beförderungen machten weder gesünder noch glücklicher, im Gegenteil: Waren die Arbeitnehmer anfangs noch zufrieden über den höheren Status und das gestiegene Gehalt, klagten sie bald darauf über ebenfalls höheren Stress und weniger Freizeit. Es dauerte im Schnitt drei Jahre, dann war die anfängliche Euphorie über den Aufstieg komplett verpufft. Die mentale Verfassung: auf dem selben Stand wie vor der Beförderung; Glücksempfinden und Gesundheit – unverändert. Dafür aber war der gefühlte Druck (aufgrund der größeren Verantwortung) deutlich höher.
Erfolgsstrategien für Mittelmanager
Was also tun? Wer sich in die Position als Mittelmanager begibt, sieht diese in der Regel als Zwischenstation auf dem Weg nach oben in der Hierarchie. Das ist legitim, aber keine Automatismus – trotz diversen Mentoren- und Förderprogrammen in vielen Unternehmen. Am Ende entscheiden Menschen – und deren Entscheidungen sind oft alles andere als neutral oder objektiv.
Machen Sie sich stattdessen klar, dass Sie in dieser Sandwich-Position vor allem zwei Funktionen erfüllen:
- Sie koordinieren und
- Sie kommunizieren – in beide Ebenen.
Damit spielen Sie zugleich verschiedene Rollen: von Organisator bis Motivator; von Ansprechpartner bis Diplomat; von Manager bis Mitarbeiter. Um diese Bandbreite bewältigen zu können, kommen Sie an gutem Feedback kaum vorbei.
Wenn Sie Glück haben, finden Sie im Ihrem Chef bereits einen guten Ratgeber und Förderer. Das ist aber selten, aus oben genannten Gründen. Statt darauf zu hoffen, können diese Strategien helfen:
- Mentorensuche
Gehen Sie intern (auch in anderen Abteilungen) oder extern auf Mentorensuche. Finden Sie einen höher gestellten Manager, der Sie wirklich fördern und voranbringen will. Vielleicht finden Sie gleich mehrere Mentoren für unterschiedliche Aufgaben und Herausforderungen. - Netzwerk
Neben solchen Förderern ist es wichtig, dass Sie sich gezielt und systematisch im Unternehmen vernetzen – und zwar auf allen Hierarchieebenen. Sowohl zu Ihren Mitarbeitern als auch zu Vorgesetzten und Managern anderer Abteilungen sind gute Kontakte unverzichtbar. Vitamin B schadet nur dem, der keines hat. - Offensive
Warten Sie nicht passiv darauf, dass die Beförderung von allein zu Ihnen kommt, sondern gehen Sie in die Offensive. Sprechen Sie das Thema an und machen Sie deutlich, dass Sie einen nächsten Karriereschritt planen. Treten Sie dabei selbstbewusst auf und zeigen Sie, dass Sie Ihre Ziele kennen und verfolgen.
Was andere dazu gelesen haben