Das Trolley Problem einfach erklärt
Das Trolley Problem (auch: Straßenbahn Problem) ist ein bekanntes moralisches Dilemma und hilosophisches Gedankenexperiment. Das Szenario:
- Ein führerloser Zug fährt auf eine Weiche zu.
- Fährt der Zug weiter, würde er fünf Menschen töten, die auf dem Gleis arbeiten.
- Sie haben die Möglichkeit die Weiche umzustellen.
- Auf dem Nebengleis ist jedoch eine Person, die so todsicher überfahren würde.
- Wie entscheiden Sie sich?
Die Grundfrage hinter dem Trolley Problem ist, ob es ethisch vertretbar ist, einen Einzelnen Menschen zu opfern, um mehrere (im Beispiel 5) Leben zu retten.
Durch die Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) gewinnt das Dilemma neue Bedeutung: Was, wenn selbstfahrende Autos oder Autopiloten in Notsituationen eine solche Wahl treffen sollen? Folglich müssen sich Programmierer mit einer der schwersten moralischen Fragen beschäftigen und klären, unter welchen Bedingungen man einen Menschen töten darf, um andere zu retten.
Trolley Problem Ursprung
Das Trolley Problem bzw. Trolley Dilemma wurde ursprünglich 1967 von der britischen Philosophin Philippa Foot beschrieben. Der Name „Trolley“ leitet sich vom englischen Namen für Straßenbahn ab. Philippa Foot ging es um die Frage, ob es moralisch besser ist, einen Schaden nicht zuzufügen, statt aktiv Gutes zu tun.
Wie entscheiden die Menschen beim Trolley Problem?
Wiegen fünf Leben schwerer als eines? Zu dieser schwierigen Frage der Ethik wurden immer wieder Umfragen und Studien erstellt. Die meisten Menschen (82 Prozent) in Deutschland entscheiden sich übrigens dafür, die Weiche umzustellen – kurz: Sie opfern ein Leben, um fünf zu retten.
Anders im asiatischen Raum: Laut Studien um Iyad Rahwan vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin entscheiden sich in China nur 58 Prozent dafür, die Weiche umzustellen. In Südkorea und Taiwan sind es je knapp 70 Prozent.
Die Erklärung der Forscher: In Ländern, in denen es außerhalb von Familie oder Beruf schwierig ist, neue Beziehungen zu knüpfen, ist die Bereitschaft, einen Menschen zu opfern, geringer. „Die Menschen befürchten, dass sie als Monster wahrgenommen werden könnten“, sagt Rahwan.
Definition: Was ist ein Dilemma?
Ein Dilemma (auch: Zwickmühle) beschreibt eine Situation mit zwei Entscheidungsoptionen, die aber beide zu einem unerwünschten Ergebnis führen. Die Situation wird durch seine Ausweglosigkeit definiert und oft als paradox empfunden. Auch der Zwang zu einer Wahl zwischen zwei gleich guten Optionen kann ein Dilemma darstellen. Beispiele sind umgangssprachlich die Wahl zwischen Teufel oder Beelzebub oder zwischen Pest oder Cholera.
Varianten des Trolley Problems
Zu dem klassischen Trolley Problem gibt es inzwischen noch drei weitere Varianten:
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Switch-Szenario
Das Switch-Szenario entspricht dem klassischen Dilemma. Ein Weichensteller hat die Option, die Straßenbahn auf ein Nebengleis umzuleiten und so einen Menschen zu opfern, um fünf zu retten. Durch das Umlegen der Weiche töten Sie den einen Gleisarbeiter jedoch nicht aktiv, sondern nehmen dessen Tod nur in Kauf – mit der Chance, dass er den herannahenden Zug doch noch bemerkt.
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Loop-Szenario
Beim Loop-Szenario wird die Straßenbahn per Weiche auf das Nebengleis gelenkt und kehrt danach auf das Hauptgleis zurück. Durch das Umstellen der Weiche, wird der eine Arbeiter zwar bewusst getötet. Der Unfall verhindert jedoch, dass die Bahn auf das Hauptgleis zurückkehrt und die fünf anderen überrollt. Bei diesem Szenario muss also der Tod der einzelnen Person aktiv genutzt werden, um die anderen zu retten. Der Unfall stoppt den Zug.
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Footbridge-Szenario
Beim Footbridge-Szenario gibt es wiederum keine Weiche. Stattdessen kann ein Mensch von einer Brücke vor die Straßenbahn gestoßen werden. Das stoppt ebenfalls den Zug und rettet so die Gleisarbeiter. Bei diesem Szenario und Dilemma muss man jedoch aktiv einen Mord begehen, um andere zu retten.
Alle drei Szenarien fordern zum Nachdenken heraus: In allen drei Fällen muss ein Mensch sterben, damit andere überleben – jedoch greifen Sie dabei unterschiedlich stark ein. Es ist enorm schwer zu entscheiden, welche Handlung gerechtfertigt ist.
Lösungen des Trolley Dilemmas
Grundsätzlich gibt es beim klassischen Trolley Problem zwei Optionen: Nicht eingreifen (= der Zug tötet fünf Menschen) – oder Weiche umlenken (fünf Leben retten, ein Leben opfern). Was tun?
In der Philosophie und Ethik gibt es dazu unterschiedliche Perspektiven:
- Utilitarismus (Jeremy Bentham, John Stuart Mill)
Ziel ist das größte Glück für die größte Zahl. Hierbei ist die beste Lösung, die Weiche umzustellen, weil es „besser“ ist, wenn nur eine Person stirbt als fünf. - Deontologie (z.B. Immanuel Kant)
Hierbei sollen moralische Pflichten und Regeln eingehalten werden, unabhängig vom Ergebnis. In dem Fall wird die Weiche nicht umgeleitet, weil es moralisch falsch wäre, jemanden aktiv zu töten oder dessen Tod auch nur in Kauf zu nehmen – selbst wenn dadurch fünf Menschen sterben. - Tugendethik (z.B. Aristoteles)
Hierbei hängt die Entscheidung vom Charakter und den Tugenden der handelnden Person ab. Die Wahl wird nicht nur zahlenbasiert getroffen, sondern auch abhängig von Mitgefühl, Weisheit, Mut und anderen Eigenschaften.
Bis heute gibt es für das Trolley Problem aber keine objektiv richtige Lösung. Die meisten Menschen in der westlichen Kultur entscheiden sich für die Variante: Ein Opfer ist besser als fünf Tote.
Die Bereitschaft dazu, einen Menschen zu opfern, sinkt mit dem zweiten und dritten Szenario, weil Betroffene damit zunehmend aktiv zur Tötung beitragen – bis hin zum vorsätzlichen Mord.
Eine weitere Lösung ist das bewusste Untätigbleiben. Die Haltung: Weil man selbst nichts zum Dilemma beigetragen hat, muss man es auch nicht lösen. Das Schicksal soll entscheiden. Man selbst bleibt untätig – aber auch unschuldig?
Empathie macht hilfsbereiter
Als sich Wiener Wissenschaftler um den Psychologen Claus Lamm mit dem Trolley Problem beschäftigten, baten sie ihre Versuchsteilnehmer, sich zuvor in den Arbeiter auf den Nebengleis hineinzuversetzen. Ergebnis: Die Empathie erhöhte den Stress bei der Entscheidung deutlich – und es waren signifikant weniger Probanden bereit, den Nebenarbeiter zu opfern.
Die Studie deutet darauf hin, dass soziales Verhalten und die Wahl im Trolley Problem stark davon abhängt, ob wir mit die Betroffenen kennen und mit ihnen mitfühlen können. Was uns selbst auf ein Nebengleis bringt: Das Sozialverhalten im Internet!
Oft zeigen sich die Menschen in ihren Kommentaren herzlos und kalt. Sie „opfern“ eine Person auf dem Scheiterhaufen des Shitstorms mit Hass, Häme und Hohn. Laut den Wiener Forschern nehmen wir in der von Pixeln dominierten Umgebung des WWW andere nicht als Menschen, sondern als Objekt wahr und verhalten uns entsprechend ekpathisch.
Beispiele: Das Trolley-Problem in der Praxis
Der moderne Fortschritt in der Technologie und KI zwingt zur neuen Auseinandersetzung mit dem Trolley Dilemma. Je mehr Maschinen und Algorithmen Entscheidungen treffen, desto mehr müssen Ingenieure und Programmierer bei der Entwicklung darauf achten, nach welchen Kriterien die Computer entscheiden sollen.
Das Trolley Problem stellt sich sowohl beim autonomen Fahren als auch in der Medizin – etwa, wenn es mehr lebensgefährlich Verletzte als Retter oder lebenserhaltende Maschinen gibt. Welches Leben wiegt schwerer?
Auch ist heute zum Beispiel bekannt, dass künstliche Intelligenz aufgrund von vorhandenen Bias im Trainingsmaterial eher noch rassistische, sexistische oder andere diskriminierende Vorurteile eher noch verstärkt und daher moralisch zweifelhafte Antworten oder Entscheidungen zur Wahl gibt.
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