Schneller lesen: Was heißt das eigentlich?
Im Durchschnitt lesen die Menschen in Deutschland zwischen 200 und 300 Wörter pro Minute. Schneller lesen bedeutet, dass Sie diesen Wert auf 500 bis 600 – für Profis sogar bis auf 1.000 – Wörter steigern.
Dabei geht es nicht um oberflächliches Lesen, sondern tatsächliches Verstehen und Verinnerlichen des Textes. Schneller lesen heißt deshalb immer auch schneller verstehen.
3 Phasen des Lesen und Verstehen
Schnelllesen ist lernbar. Das ist sogar wissenschaftlich belegt. Dazu sollten Sie zunächst verstehen, was beim Lesen im Gehirn passiert. Im Wesentlichen sind es drei Phasen:
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Erfassen des Schriftbilds
Das Auge erfasst ein Wort oder Satzteil und formt aus den Mustern ein sogenanntes Schriftbild. Dieser Prozess erfolgt noch unbewusst.
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Vertonung des Schriftbilds
Im Geiste vertonen wir das Schriftbild nun. Effekt: die Stimme im Ohr. Gleichzeitig prüfen die grauen Zellen, ob sie das Wort kennen.
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Abrufen von Informationen
Alles, was der Leser über das Wort weiß, wird bewusst aus dem Gedächtnis abgerufen. Dabei arbeiten mehrere Hirnareale zusammen – auch die für Gefühle oder Erfahrungen. Verben stimulieren vor allem das Stirnhirn, bildhafte Substantive aktivieren besonders die Schläfenlappen.
Damit wird zugleich klar: Je mehr uns ein Text emotional anspricht, desto aktiver das Gehirn und desto schneller können wir den Text verarbeiten und merken.
Schneller lesen App
Neben zahlreichen Übungen gibt es diverse Apps, mit denen Sie schneller lesen lernen können. Dazu zählen beispielsweise:
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Schneller lesen
Die App „Schneller lesen“ zählt zu den beliebtesten Programmen und wurde von Stiftung Warentest zum Testsieger ernannt.
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Schnelllesen
„Schnelllesen“ verspricht eine höhere Lesegeschwindigkeit und bessere Konzentrationsfähigkeit durch einzigartige Methodik und verschiedene Übungen.
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Spreeder
Mit der App „Spreeder“ sollen Sie dreimal schneller lesen lernen als bisher. Sie erhalten Übersichten zu Ihrer Lesezeit und Fortschritten.
Schneller Lesen: Übungen und Tipps
Methoden wie selektives oder diagonales Lesen setzen darauf, relevante Informationen schneller aufzunehmen. So erfassen Sie Texte schneller und müssen nicht jedes Wort einzeln lesen. Es gibt aber auch einfache Übungen und Tipps, mit denen Sie schneller lesen und mehr Wörter pro Minute schaffen:
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Erfassen Sie Wörter visuell
Sprechen Sie gelesene Wörter nicht innerlich mit (sogenanntes „Subvokalisieren“). Versuchen Sie stattdessen, die Wörter nur noch visuell wahrzunehmen. Schalten Sie Ihre innere Stimme beim Lesen aus, werden Sie deutlich schneller.
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Verschaffen Sie sich einen Überblick
Schauen Sie sich den Text vor dem Lesen bereits einmal oberflächlich an. Achten Sie auf Überschriften, Bilder, auffällige Begriffe oder Besonderheiten. Wenn Sie dann schneller lesen, bleiben Sie an diesen Punkten nicht mehr hängen.
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Erkennen Sie Wortgruppen
Fixieren Sie ganze Satzteile oder Wortblöcke. Unsere Augen schaffen bis zu vier Wörter auf einmal. So müssen Sie nicht langsam jedes Wort lesen und wahrnehmen, sondern lesen ganze Passagen schneller.
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Schauen Sie nach vorne
Langsamleser springen häufig auf bereits Gelesenes zurück. Das kostet Zeit, bringt aber für das Verständnis kaum etwas. Üben Sie beim Lesen, immer nach vorne zu schauen und nicht wieder zurückzugehen.
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Steuern Sie Ihren Blick
Damit Sie wirklich nach vorne schauen, können Sie Ihren Blick mit dem Finger, einem Stift oder Lineal steuern. Führen Sie diese exakt an den Zeilen entlang. So können Sie gar nicht zurück und lesen schneller weiter.
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Beseitigen Sie Störquellen
Schnelllesen braucht Konzentration und Aufmerksamkeit. Ablenkungen wie laute Geräusche, unangenehme Düfte, ein flackernder Bildschirm oder Schreibtisch-Chaos stören beim effizienten und schnellen Lesen.
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Begrenzen Sie die Zeit
Probieren Sie es mit der Pomodoro-Technik. Stellen Sie sich einen Wecker oder das Smartphone und setzen Sie sich eine Frist. Wer mit so einer Deadlines arbeitet, erfasst Dinge schneller und lässt sich nicht so leicht ablenken.
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Schlagen Sie später nach
Bei unklaren Begriffen, Fachvokabeln oder Inhalten, die Sie nicht auf Anhieb verstehen, sollten Sie erst nach der Lektüre nachschlagen. Es kostet viel Zeit, wenn Sie dies während des Lesens tun und bringt Sie komplett aus dem Rhythmus.
Schneller Lesen: Übung
Nehmen Sie einen Text zum Üben und ein Blatt Papier. Decken Sie den gesamten Text ab – und lüften Sie nur kurz die oberste Zeile und werfen Sie einen Blick darauf. Wiederholen Sie dies, bis Sie den Satz beziehungsweise die Zeile ganz erfasst haben.
Mit dieser Aufdeckübung lernen Sie, einen Satz als Ganzes zu erfassen. Sie üben gezielt, nicht mehr Wort für Wort zu lesen, sondern ganze Blöcke auf einmal wahrzunehmen.
Beispiel: Wie Sie Wort-für-Wort-Lesen vermeiden
Besonders deutlich wird dies an Zungenbrechern. Hier ein Beispiel für das Wort-für-Wort-Lesen:
Wenn Sie den Satz Wort für Wort lesen, innerlich mitsprechen und auf korrekte Aussprache achten, brauchen Sie 5 bis 7 Sekunden. Springen Sie mehrmals im Text zurück, sind es bereits 9 bis 10 Sekunden.
Lesen Sie hingegen ganze Satzteile, kommen Sie doppelt bis dreifach so schnell durch den Text. Das Gehirn ergänzt den Rest automatisch:
Vorteile: Was spricht für Speed Reading?
Speed Reading (auch: Fast Reading) brauchen Sie nicht, wenn Sie gemütlich in einem Roman blättern. Aber es hilft, wenn Sie einer Informationsflut an Texten ausgesetzt sind – zum Beispiel bei der Arbeit oder im Studium.
Schneller lesen zu können, hat enorme Vorteile. Sie steigern Ihre Lesegeschwindigkeit um 50 bis 100 Prozent. Heißt auch: Sie brauchen nur noch die halbe Zeit für einen Text und eignen sich schneller Wissen an. Aber Zeitersparnis ist nicht der einzige Vorteil:
- Tieferes Verständnis durch zweimaliges Lesen in der gleichen Zeit
- Konzentrierteres Lesen und weniger gedankliches Abschweifen
- Genaueres Erinnern des Inhalts
- Bessere Kontrolle der Informationsflut
- Geringere Ermüdungserscheinungen
- Weniger Lernstress in Studium und Beruf
Speed Reading hilft außerdem, die Spreu vom Weizen zu trennen: Häufig brauchen wir nur Kerninformationen und drumherum im Text ist gewissermaßen Informationsmüll. Je schneller Sie lesen, desto wahrscheinlicher werden Sie diesen Müll ausblenden. Nur das Wichtige bleibt hängen.
Lesen bringt mehr Gehalt
Lesen bildet nicht nur – es lohnt sich auch finanziell! Eine Studie vom Wirtschaftswissenschaftler Giorgio Brunello zeigt: Wer in der Jugend freiwillig mindestens zehn Bücher liest, verdient später und als Erwachsener rund 21 Prozent mehr Gehalt. Dabei spielt es keine Rolle, welche Bücher Sie lesen. Schnappen Sie sich Ihr Lieblingsgenre und lesen Sie los.
Die Grenzen des Schnelllesens
Schnelllesen hat aber auch Nachteile und Grenzen.
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Aufnahmekapazität begrenzt
Wer auf diese Weise Texte überfliegt, sollte nur maximal 45 Minuten am Stück lesen. Danach brauchen Sie eine Pause, sonst behalten Sie nichts. Erst durch dieses Innehalten und Verarbeiten entstehen neue neuronale Verbindungen und aus Informationen wird gespeichertes Wissen.
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Wortreichtum notwendig
Die Methode funktioniert nur mit einem großen Wortschatz und vorhandenem Wissen. Je weniger Ahnung Sie vom Thema haben und je komplexer es ist, desto weniger bringt Ihnen schnelles Lesen. Wissenschaftliche Texte im Studium sind deshalb teilweise nur schwer zu erfassen, wenn Sie sich nicht bereits gut auskennen.
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Fußnoten behindern
Ebenfalls kritisch bei Sachtexten: Fußnoten am Ende des Kapitels. Die erfordern, dass wir mit den Augen unter den Haupttext springen. Genau das gilt es aber zu vermeiden, wenn wir schneller lesen wollen. Andersherum können aus akademischer Sicht relevante Hinweise in ebendiesen Fußnoten stecken, weshalb schnelles Lesen manchmal kontraproduktiv sein kann.
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