Größter Fehler: Gegenargumente und Logik
Auch Sie kennen bestimmt Fälle, bei denen sich alle einig sind – nur einer beharrt auf seiner Meinung. Würde er sie ändern, ließen sich neue Methoden einführen, Geld sparen, Abläufe optimieren. Alles spricht dafür. Nur der Sturkopf sieht das anders. Was tun?
Viele denken, dass Logik und faktenbasierte Argumente zu allen Menschen durchdringen. Diese Grundannahme ist aber das Problem. Sie führt dazu, dass Menschen mit Gegenargumenten einen Sturkopf überzeugen wollen. Und genau das funktioniert nicht. Ganz gleich, wie gut Ihre Argumente und Ihre Vorbereitung sind: Bestimmte Hirnstrukturen verhindern, dass Ihr Gegenüber seine Meinung ändert.
Psychologie: Sturheit fester Bestandteil des Gehirns
Das hat Tali Sharot, eine israelische Psychologin und Neurowissenschaftlerin, herausgefunden. In ihrem Buch „Die Meinung der anderen“ demonstriert sie anhand psychologischer, neurowissenschaftlicher und verhaltensökonomischer Forschungen, wie steinzeitliche Instinkte und Reflexe auch heute noch das Denken von Menschen beeinflussen. Das bewirkt, dass wir Informationen – beispielsweise in Form von Gegenargumenten – immer mit dem abgleichen, was wir bereits wissen.
Je abseitiger aber das Neue von den vorhandenen Kenntnissen ist, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass der zu Überzeugende mit Sturheit reagiert. Ganz gleich, um welche Themen es geht: Diese Prozesse laufen im Gehirn des Gegenübers ab und führen dazu, dass unser Ansinnen zum Scheitern verdammt ist. Zumindest, wenn wir allein logisch argumentieren.
8 Tipps, wie Sie den Sturkopf überzeugen
Mit Logik allein erreichen Sie nicht das Herz eines Sturkopfs. Das ist keineswegs romantisch gemeint. Aber viele Themen sind hochgradig emotional besetzt. Auch Impfgegner wünschen ihren Kindern und Familienmitgliedern nichts Schlechtes. Sondern sind davon überzeugt, in deren Sinne zu handeln.
Wenn Sie einen Sturkopf überzeugen wollen, dürfen Sie Gefühle nicht völlig außen vor lassen. Im Gegenteil, Empathie ist ein wichtiger Bestandteil erfolgreicher Diskussionen. Ideal, wenn Sie Ihre Argumente mit persönlichen Geschichten und Erfahrungen belegen können. Die verfangen deutlich besser als jede Studie der Welt. Folgende Tipps helfen dabei, Ihr Gegenüber zugänglicher zu machen:
1. Starten Sie mit positiven Mindset
Wer sein Gegenüber für den größten Idioten auf Erden hält, wird nur schwer andere Menschen überzeugen. Sie nehmen diese Haltung von vornherein mit in die Diskussion. Besser daher, wenn Sie ein positives Mindset haben. Machen Sie sich bewusst, dass der andere nicht aus Bosheit an seiner Meinung festhält, sondern er aus seiner Sicht valide Argumente hat.
Es geht weniger darum, sich von diesen überzeugen zu lassen. Vielmehr sollten Sie mit Ihrer Haltung signalisieren, dass Sie zu einem Perspektivwechsel bereit sind. Dass Sie sich die andere Seite der Medaille anschauen. Statt sich selbst von Anbeginn im Besitz der einzig richtigen „Wahrheit“ zu präsentieren. Hinter diesem Gedanken steckt die wissenschaftlich begründete Transaktionsanalyse des amerikanischen Psychologen Eric Berne. Kernaussage dieses Konzepts: „Ich bin o.k. – Du bist o.k.“ Das ist eine Frage des Respekts und macht die Menschen von vornherein zugänglicher.
2. Fragen Sie nach dem Warum
Ein weiterer Ansatz ist das Harvard-Konzept. Mit ihm trennen Sie die Sachebene von der persönlichen und betrachten das Problem möglichst neutral. Außerdem unterscheidet dieses Prinzip zwischen der Position einer Person und ihrem Interesse. Das ermitteln Sie mit der Frage: Warum? – Angenommen, Ihr Gegenüber lehnt die Implementierung einer neuen Software ab. Dann geht es in einem nächsten Schritt darum zu verstehen, welche Gründe dahinter stecken. Befürchtet er/sie hohe Kosten? Scheut er/sie den Aufwand? Oder steckt dahinter die Angst, sich selbst das Wasser abzugraben?
Die Frage nach dem Warum offenbart mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede – und das ist oft ein Schlüssel. Mit Blick auf ein gemeinsames Anliegen lassen sich neue Wege finden. Im Falle einer neuen Software ist das gemeinsame Ziel der Unternehmenserfolg. Statt zu streiten, wer die besseren Argumente hat, schauen beide Seiten, wie sich das Ziel am besten realisieren lässt. Der Unterschied: Statt einer vorgefertigten Meinung hat der Gegenpart die Gelegenheit, selbst zu einer Lösung zu gelangen. Es kann gut sein, dass der Sturkopf am Ende des Prozesses selbst zur Einsicht gelangt, dass eine Software aus ökonomischer Sicht am sinnvollsten ist.
3. Formulieren Sie klare Botschaften
Auch wenn es bitter ist: Der Erfolg vieler Populisten und Scharlatane liegt in ihrer einfachen Sprache. Kurze Sätze, unkomplizierte Wörter haben direkten Zugang zum Herzen. Anders herum: Alles, was das Gehirn intellektuell herausfordert, fühlt sich nicht so gut an. Das versetzt einen Sturkopf automatisch in Alarmbereitschaft. Es führt dazu, dass er Aussagen sofort kritisch durchleuchtet. Verständliche, gut lesbare Texte hingegen vermitteln den Eindruck von Wahrheit. Das ist psychologisch mehrfach bewiesen.
4. Unterschlagen Sie Gegenpositionen
Wer einen Sturkopf überzeugen will, begeht den Fehler, die Argumente des Gegenübers aufzugreifen. Das Problem: Wiederholungen sind Verstärker. Je häufiger wir etwas hören, desto vertrauter wird es. Auch wenn es kompletter Blödsinn ist. An die genauen Zusammenhänge können wir uns nach geraumer Zeit nicht mehr erinnern.
Zurück bleibt lediglich ein Gefühl von Vertrautheit. Das bewirkt, dass jemand nach geraumer Zeit selbst Verschwörungstheorien gegenüber deutlich aufgeschlossener ist als noch zu Beginn. Bekannt ist dieser Effekt aus der Werbung: Wer nur oft genug ein bestimmtes Produkt beworben sieht, traut irgendwann der Werbebotschaft.
5. Behalten Sie Ihren Humor
Wer allzu verbissen in Diskussionen hineingeht, verschärft Konflikte eher. Fairness und gegenseitige Wertschätzung fallen dann schwer. Oft lässt sich das bereits an der Körperhaltung ablesen: Die Arme verschränkt vor dem Oberkörper, das Gesicht verkniffen. Versuchen Sie, Dinge auch von der humorvollen Seite zu sehen. Gemeinsames Lachen über Absurditäten verbindet und entspannt. Das spiegelt sich sogleich in Ihrer Körperhaltung und Mimik.
6. Schließen Sie Kompromisse
Mit Gewalt sein Anliegen durchzudrücken, funktioniert in den seltensten Fällen. So verbrämt man eher Geschäftspartner, Freunde und Kollegen dauerhaft. Um zu einem Ergebnis zu gelangen, sind Kompromisse wichtig. Überlegen Sie sich zuvor, was Ihr erklärtes Ziel ist und welche Zugeständnisse Sie machen würden. Nur so stellen Sie sicher, dass Sie keinen faulen Kompromiss eingehen und Ihr Hauptanliegen realisieren.
7. Beachten Sie den Zeitpunkt
Es gibt Zeitpunkte, an denen eine Person weniger zugänglich ist als zu anderen. Wenn die Hütte brennt, den Chef nach Urlaub zu fragen, ist eine schlechte Idee. Ähnlich ist es mit strittigen Themen. Passen Sie einen günstigen Zeitpunkt ab. Einen, bei dem Sie einigermaßen sicher sein können, dass Ihr Gesprächspartner nicht gerade hochgradig im Stress ist, weil er kurz vor einem wichtigen Kundentermin steht.
8. Lassen Sie Ihr Gegenüber erklären
Eine Beobachtung in der Psychologie: Je vehementer der Standpunkt, desto dünner oft das dahinterliegende Wissen. Sie können sich die Diskussion vereinfachen, indem Sie genauer nachfragen. Häufig hat die Gegenseite nur pauschale Aussagen, aber wenig Details. Wer seinen Standpunkt begründen muss, gerät so leicht ins Schwimmen und entlarvt sich selbst. Das bedeutet umgekehrt für Sie aber auch: Prüfen Sie gut Ihre eigenen Argumente. Sie könnten sich sonst schnell in Wohlgefallen auflösen.
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