Bescheidenheit oder falsche Bescheidenheit?
Bescheidenheit ist zunächst eine positive Charaktereigenschaft, die einen genügsamen Menschen kennzeichnet, der sich selbst zurücknehmen kann und weder große Aufmerksamkeit noch regelmäßige Anerkennung braucht.
Bescheidene Menschen sind zurückhaltend und drängen nicht ins Rampenlicht oder in den Mittelpunkt. Das Gegenteil dazu wären Angeber, Prahlerei und Geltungsdrang.
2 Arten falscher Bescheidenheit
Zu viel Bescheidenheit aber steht dem Erfolg im Weg. Dann spricht man auch von „falscher Bescheidenheit“ – wobei diese zwei Dimensionen hat:
- Geheuchelte falsche Bescheidenheit
Das sogenannte „Humblebragging“ dient nur dazu, nach außen eine demütige Fassade zu wahren – weil das sympathischer macht. In Wahrheit sind diese Menschen alles andere als bescheiden, sondern eitel, berechnend und großkotzig. Ihr Verhalten selbst ist „falsch“ – also unehrlich und nicht authentisch. - Echte falsche Bescheidenheit
Diese Form der falschen Bescheidenheit ist nicht gespielt, dafür ein echter Karrierekiller, weil keiner mehr die wahren Leistungen bemerkt oder erinnert. Folge: Die Betroffenen werden regelmäßig übergangen oder ausgenutzt.
Warum ist falsche Bescheidenheit gefährlich?
So nett und sympathisch bescheidene Menschen auch sind – sie haben vor allem zwei Probleme:
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Ihre Leistungen bleiben unbemerkt
Wer nicht auffällt, fällt durchs Raster. Wenn niemand die eigenen Ideen oder Leistungen mitbekommt, verpuffen diese ohne Auswirkungen auf die Karriere. Mag sein, dass Ihnen Eigenlob stinkt – für gute Leistungen sollten Sie sich nie schämen. Trommeln gehört nunmal zum Geschäft!
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Sie fördern den Erfolg anderer
Durch falsche Bescheidenheit opfern sie eigene Erfolgschancen zu Gunsten der Kollegen. Während Sie sich bescheiden zurückziehen, ernten die anderen die Lorbeeren für die Arbeit. Dann ist man zwar als guter Teamplayer beliebt, tritt aber beruflich auf der Stelle.
Laut einer Umfrage des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater halten 28 Prozent falsche Bescheidenheit für einen der Top10-Karrierekiller. Eine Studie der Brown Universität kam zu dem Ergebnis: Angeber von ihren Mitmenschen zwar für weniger moralisch, aber fast immer für kompetenter gehalten als bescheidene Leisetreter.
Was tun gegen falsche Bescheidenheit?
Betrachten Sie Bescheidenheit als strategische Wahl: Wessen Reputation schon gefestigt ist, darf ein bisschen zurückhaltender auftreten. Ansonsten driftet das schnell in Wichtigtuerei ab. Die Geschichte ist voll von Egos, deren Erfolg sie nicht vor übersteigertem Geltungsbedürfnis bewahrt hat. Beispiele:
- Alexander der Große etwa bezeichnete sich selbst als „Sohn des Zeus“, als Nachkomme der obersten Gottheit.
- Katharina die Große weigerte sich, Briefe zu öffnen, die nicht an „Ihre königliche Majestät“ adressiert waren.
- George Washington wollte unbedingt „Seine Hoheit der Präsident der Vereinigten Staaten“ genannt werden. Hallo Hybris!
Vergessen Sie solche Vorbilder. Derlei Diven und Schaumschläger schaden sich nachhaltig. Für alle anderen aber gilt: An professionellem Selbstmarketing kommen Sie nicht vorbei!
Bloß keine falsche Bescheidenheit im Job!
Für den Job bedeutet das zum Beispiel, dass Sie Ihrem Chef regelmäßig Zwischenberichte abliefern und Fortschritte zu Ihren Projekten berichten. Oder dass Sie sich in Meetings häufiger zu Wort melden – mit frischen, eigenen Ideen. Oder Sie bieten Ihre Wissen und Ihre Hilfe anderen Kollegen an. Das hat den Vorteil, dass diese später positiv über Sie reden. Und Mundpropaganda wirkt sogar noch stärker als Eigenlob.
Darüber hinaus empfehlen wir folgende Strategien gegen falsche Bescheidenheit:
Bieten Sie Mehrwert
Stellen Sie nicht ihre Großtaten in den Vordergrund und prahlen Sie nicht mit famosem Expertenwissen – das nervt. Bieten Sie vielmehr anderen damit einen Mehrwert und Vorteile: Geben Sie Ihr Know-how zum Beispiel in Social Media weiter oder in Vorträgen. Je häufiger und öffentlicher, desto sichtbarer werden Sie.
Seien Sie selbstbewusst
Wenn Sie wirklich Nützliches beisteuern, gibt es keinen Grund, das devot zu präsentieren. Im Gegenteil: Ihr Selbstbewusstsein unterstreicht eher noch den Wert Ihres Beitrags. Umgekehrt: Treten Sie zu bescheiden auf, kommen am wahren Wert schnell Zweifel auf.
Seien Sie direkt
Damit ist nicht gemeint, wie ein Trampel ohne Stil zu agieren. Gemeint ist: Adressieren Sie Ihren Beitrag ohne Umwege an die Person, die Sie erreichen wollen. Alle anderen könnte ungefragter Rat belästigen. Und das wäre kontraproduktiv.
Vergeuden Sie keine Zeit
Weder Ihre, noch die der anderen. Also reden Sie nicht lange um den heißen Brei, sondern kommen Sie zum Punkt. Gerne engagiert und leidenschaftlich, aber niemals kryptisch oder geheimniskrämerisch. Es ist ein Irrglaube, eine Information würde interessanter, wenn man vage bleibt. Vermeiden Sie daher unbedingt Fachjargon!
Bleiben Sie in Kontakt
Selbstmarketing ist kein Selbstläufer. Es ist eine Haltung und Strategie, um Beziehungen aufzubauen. Schließlich sollen Sie die Leute künftig für Sie Werbung machen und Sie dauerhaft auf ihrem Radarschirm behalten – vor allem wenn es um eine Beförderung oder Gehaltserhöhung geht. Bleiben Sie daher im Gespräch, im doppelten Wortsinn.
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