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Kontrollverlust fördert Illusionen

Satz Dieser Beitrag keinen zu diesem ergibt Gegensatz Sinn im. – Das fanden Sie verwirrend? Anregend? Inspirierend? Die meisten Menschen geraten in Stress, wenn sie mit Situationen konfrontiert werden, die sie nicht verstehen. Kurz: Sie erleben einen Kontrollverlust. Wenn auch nur einen vergleichsweise kleinen. Ein völlig entstellter Satz ist dabei noch die harmloseste Variante. Allerdings mit einer unterschätzten Wirkung auf unsere Wahrnehmung. Oder anders formuliert: Es könnte sein, dass Sie nun Muster erkennen, wo keine sind…


Kontrollverlust fördert Illusionen

Kontrollverlust Definition: Das Abhängigkeitssyndrom

Der Begriff Kontrollverlust beschreibt den Vorgang des Abhandenkommens von Kontrolle. Dieses Abhandenkommen kann von Menschen völlig unterschiedlich interpretiert werden. Wer direkt betroffen ist, kommt zu einer anderen Einschätzung der Situation als ein unbeteiligter Beobachter.

In der Medizin und der Psychologie wird der Begriff Kontrollverlust häufig im Zusammenhang mit Suchtverhalten genannt – also zum Beispiel bei Alkoholsucht oder pathologischer Spielsucht. Die Betroffenen verlieren hierbei ihre Impulskontrolle („Ich muss wieder trinken“, „Ich möchte weiterspielen“) und eine Abwärtsspirale entsteht.

Weniger dramatisch kann Kontrollverlust aber auch eine Art Kontrollminderung darstellen. In dem Fall spüren wir, dass wir den weiteren Verlauf und wie sich die Dinge entwickeln, temporär nicht mehr kontrollieren können. Die Folge sind Hilflosigkeit und Ohnmachtsgefühle – wie etwa bei einer mündlichen Prüfung, bei der wir die Fragen nicht kennen. Gerade dieser kurzfristig erlebte Kontrollverlust ist hier gemeint.

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Der Wunsch nach Sicherheit

Um die Bedeutung eines Kontrollverlustes zu verstehen, müssen wir uns den Begriff Kontrolle genauer anschauen. Was bedeutet Kontrolle und warum ist es so wichtig, sie zu besitzen? Kontrolle bedeutet Macht, bedeutet, die Dinge nach eigenen Vorstellungen gestalten zu können.

Wer die Wahrscheinlichkeit von Situationen, das Verhalten von Menschen aufgrund von Erfahrungswissen oder bestimmten Kausalitäten vorhersehen kann, empfindet das Gefühl von Kontrolle und damit auch Sicherheit. Dies ist übrigens eine wichtige Funktion von Regeln. Beispielsweise im Verkehr:

Wir verlassen uns üblicherweise darauf, dass andere Verkehrsteilnehmer bei Rot an der Ampel halten, damit wir bei Grün fahren können und umgekehrt. Die Situation ist also unter Kontrolle. Das Sicherheitsgefühl ist an dieser Stelle genaugenommen eine Illusion, denn wir können unmöglich sämtliche Risiken abwägen oder anders ausgedrückt:

Man muss immer auch mit der Doofheit anderer rechnen. Als Verkehrsteilnehmer bleibt uns keine andere Möglichkeit, als dieses Risiko hinzunehmen. Der de facto existente Kontrollverlust wird innerlich beiseite geschoben. Die allgemeingültigen Regeln geben uns zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, was passieren wird beziehungsweise kann.

Gleichzeitig sind unkontrollierbare Situationen normal. Etwa wenn Sie auf der Autobahn im Stau stehen und ein Fahrer ins Stauende rast – Sie sind zwar in dem Fall betroffen, haben allerdings wenig Handlungsspielraum.

Der Wunsch nach Sicherheit ist völlig normal und wird im Verkehr beispielsweise durch Geschwindigkeitsreduzierung, Regeln und bessere Ausstattung von Autos (Gurte, Airbags) bedient. Um sich selbst zu schützen und einen Kontrollverlust zu vermeiden, unternehmen Menschen also allerhand.

Angst vor Kontrollverlust

Sind das Bedürfnis nach Sicherheit und die Angst vor Kontrollverlust übergroß, können sich psychische Störungen entwickeln. Beispielsweise wenn eine Person Angst vor den möglichen Reaktionen anderer Menschen entwickelt.

Diese Ängste mögen realistisch gesehen völlig absurd, aber für den Betroffenen nicht weniger wahrscheinlich sein. Da er nicht abschätzen (und damit kontrollieren) kann, wie andere sich ihm gegenüber verhalten, empfindet er Kontrollverlust und somit große Unsicherheit.

So jemand traut sich dann nicht mehr aus dem Haus, entwickelt beispielsweise eine soziale Phobie. In den eigenen vier Wänden hingegen fühlen wir uns üblicherweise geschützt.

Übertragen auf den Arbeitsalltag bedeuten routinierte Tätigkeiten für viele Arbeitnehmer ebenfalls Sicherheit. Dinge sind planbar, Situationen vorhersehbar, alles läuft in geordneten Bahnen. Kontrollverlust stellt sich hier ein, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Wenn beispielsweise infolge eines Stromausfalls das Fließband ausfällt, die Angestellten nicht weiterarbeiten können.

Nun stellt ein Stromausfall hierzulande kein Drama dar und ist meist von kurzer Dauer. Anders sieht es aus, wenn einem Unternehmen ein wichtiger Kunde verloren geht, der beispielsweise Insolvenz angemeldet hat. Wenn noch Rechnungen für erbrachte Leistungen offen stehen und absehbar von diesem Kunden keine neuen Aufträge hereinkommen, kann das nachhaltige Auswirkungen haben.

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Kündigungen können Gefühl verstärken

Eine Kündigung von Arbeitgeberseite wird in den seltensten Fällen als fair empfunden. Nur wenige Menschen empfinden Erleichterung oder Gelassenheit, denn im Wesentlichen sind zwei Aspekte damit verknüpft:

  • Zurückweisung

    Dem Mitarbeiter wird signalisiert, dass er als Mensch (beispielsweise bei andauernden Teamkonflikten) oder als Fachkraft (hinter den Erwartungen zurückgeblieben) ungenügend ist. Offenbar wird keine andere Möglichkeit gesehen, diesen Missstand zu beheben. Insofern ist eine Kündigung eine Kränkung und stellt einen Angriff auf das Selbstwertgefühl dar.

  • Existenzsorgen

    Neben der empfundenen Kränkung stellt eine drohende Arbeitslosigkeit die meisten Arbeitnehmer vor existenzielle Sorgen: Werde ich wieder eine passende Stelle finden? Wie werden die Kollegen und Vorgesetzten dort sein? Was passiert, wenn es mir nicht gelingt, einen Job zu finden?

Die Studie 2017 – So kündigt die Schweiz kam zur Feststellung, dass der von Mitarbeitern empfundene Kontrollverlust vor allem durch mangelnde Wertschätzung zustande kommt. Diese zeigt sich der Befragung zufolge dann, wenn Unternehmen mit der Kündigung ihrer Mitarbeiter die sofortige Freistellung anordnen.

Dieser Umgang kann beim Mitarbeiter geradezu einen Schock auslösen. Unternehmen können hier vorbeugen, indem sie Mitarbeitern eine Mitgestaltungsmöglichkeit im Verlauf des Kündigungsprozesses einräumen. Das gilt vor allem bei arbeitnehmerseitigen Kündigungen.

Kündigungen von Arbeitgeberseite können ebenfalls abgemildert werden, wenn Kündigungsgespräche entsprechend umsichtig geführt werden. Zwar wird ein vor Mitgefühl zerfließender Chef eher unprofessionell eingestuft werden. Der Umfrage zufolge würden sich jedoch mehr Arbeitnehmer wünschen, dass Kündigungen nicht völlig emotionslos und sachlich ablaufen.

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Abhängig von den Entscheidungen anderer

Geraten Unternehmen in die Schieflage, aber auch bei Fusionen und Umstrukturierungen, sind die Mitarbeiter betroffen. Das muss nicht immer gleich eine Kündigung bedeuten. Aber es bedeutet in jedem Fall einen Kontrollverlust, denn die Entscheidungen über das zukünftige Vorgehen werden auf höherer Ebene getroffen.

Es ist nicht nur der geringe Handlungsspielraum, der bei Menschen Ängste und Stress hervorruft. Die Durchbrechung der bisherigen Routine, neue Aufgaben, neue Kollegen und/oder eine neue Abteilung erfordern von Mitarbeitern eine Flexibilität, die nicht immer vorhanden ist.

Die Abhängigkeit von den Entscheidungen anderer kann bei Menschen unterschiedlichste Gefühle auslösen. Werden über den Kopf hinweg Entscheidungen getroffen, machen sich häufig Empörung und Wut, manchmal auch Widerstand breit. Gibt es keinerlei Möglichkeiten zur Mitgestaltung, kann das zu Hilflosigkeit und Ohnmacht führen.

Wie ein Mensch auf solche äußeren Umstände reagiert, ist zu einem hohen Maß abhängig davon, welche Erfahrungen (vor allem in Kindheit und Jugend) jemand gemacht hat. In der Psychologie war es vor allem das Verdienst von Martin Seligman, der den Begriff der erlernten Hilflosigkeit für Menschen prägte, die völlig resignieren.

Diese haben in einem (oder mehreren) einschneidenden Erlebnissen die Erfahrung des völligen Kontrollverlustes gemacht und diese Machtlosigkeit abgespeichert. Allerdings müssen Erfahrungen von Kontrollverlust nicht zwangsläufig in Ängsten oder Resignation enden.

Auch wenn sie in der Minderheit sind (nur auf etwa zehn bis zwanzig Prozent trifft das zu): Andere Menschen entwickeln trotz solcher Erfahrungen Resilienz.

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Muster sehen, wo keine sind

Es ist schon interessant, wie oft uns unser Gehirn einen Streich spielt, ohne dass wir das merken. Da gibt es zum Beispiel die Sache mit den Verschwörungstheorien und vermeintlichen Zusammenhängen. Jennifer Whitson ist das zuletzt aufgefallen.

Jennifer Whitson ist Wirtschaftswissenschaftlerin und forscht an der Universität von Texas. Vor einiger Zeit startete sie eine 6-teilige Versuchsreihe. Dabei zeigte sie ihren Probanden Bilder – keine besonderen Bilder, im Grunde war es sogar nur Krickelkrackel: Die Motive zeigten viele chaotisch angeordnete Punkte, ohne tieferen Sinn. Es gab nicht mal ein Muster.

Es waren Bilder wie diese:

krickelkrackel

Das Besondere an dem Experiment war allerdings die Stimmung der Probanden:

  • Der einen Gruppe vermittelte sie zuvor das Gefühl von Kontrollverlust. Sie sollten sich hilflos, ohnmächtig, wehrlos fühlen. Anschließend zeigte sie ihnen die Bilder – und siehe da: Sie erkannten darin auf einmal Delfine, Sanduhren, sogar ein Totenkopf war dabei.
  • Die andere Probanden, die Kontrollgruppe, waren ganz normale Leute. Sie waren sehr entspannt, als sie die Bilder anschauen sollten. Und sie sahen darin… nichts. Eben nur ein Blatt Papier mit wildem Krickelkrackel.

Kontrollverlust: Warum alles einen Sinn ergeben muss

Nun könnte man sagen: Na und, was soll’s?! Die einen waren eben phantasievoller als die anderen. Oder sexuell unter Druck: Seit Freud oder dem Rorschachtest ahnt man ja, was aufgestauter Trieb so alles auslösen kann…

Jennifer Whitson und ihre Kollegen aber sehen das anders.

Für sie sind die Experimente ein Beleg dafür, dass unser Gehirn automatisch nach Mustern und Zusammenhängen sucht – insbesondere dann, wenn wir einen Kontrollverlust erleben und glauben, unsere Lage nicht mehr im Griff zu haben.

Oder mit anderen Worten:

Kontrollverlust begünstigt Illusionen und Verschwörungstheorien – und führt zu ziemlich schlechten Entscheidungen.

So halten die Forscher dieses Phänomen etwa auch für einen Auslöser von Finanzkrisen: Sobald die Börsenhändler und Investoren über die Marktlage immer unsicherer werden, treffen sie erst recht irrationale Entscheidungen, sehen Zusammenhänge wo keine sind und verbrennen anschließend einen Haufen Kapital. Schade um das Geld.

Das einzige Gegenmittel, was laut Whitson hilft: Besinnung auf eigene Werte, um das Gefühl von Kontrollverlust zu minimieren. Dann würden die Entscheidungen wieder besser.

[Bildnachweis: Roman Samborskyi by Shutterstock.com]

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