Bedeutung: Was ist Hara Hachi Bu
Hara Hachi Bu (Aussprache: Hara Hatschi Bu) ist eine japanische Philosophie und Ernährungsregel, die sagt: „Fülle deinen Magen nur zu 80 Prozent!“ Die konfuzianische Anweisung hat auf der japanischen Insel Okinawa zahlreiche Anhänger. Dort leben besonders viele 100-Jährige, die noch immer gesund, aktiv und fit sind. Die „Hara Hachi Bu“-Methode gilt daher als Schlüssel für ein langes und gesundes Leben.
Hinter der freiwilligen (Selbst-)Beschränkung steckt das Gegenkonzept zum Hedonismus – also dem freien, lustvollen Genuss und ausschweifendem Lebensstil, der alle Triebe auslebt. Vielmehr übt Hara Hachi Bu den bewussten Verzicht und pflegt gezielte Enthaltsamkeit – auch um körperlich wie geistig unabhängig zu bleiben.
Hara Hachi Bu auf Deutsch
Die synonyme deutsche Übersetzung von Hara Hachi Bu (auch: Hara hachi bun me) ist Mäßigung – eine platonische Kardinaltugend. Weitere Synonyme sind Selbstbeherrschung, Besonnenheit, Bescheidenheit, Maßhaltung, Zucht oder Zügelung.
Das Gegenteil von Mäßigung ist der Exzess.
Mäßigung in der Ernährung
Auf Okinawa kommen auf rund 100.000 Einwohner mehr als 60 Menschen, die 100 Jahre oder älter sind. Das ist mehr als dreimal so viel wie in den USA. Forscher vermuten inzwischen, dass dies vor allem an der Ernährung der Japaner liegt und den Regeln des Ikigai.
Japaner essen nicht nur viel Fisch, Gemüse und wenig Fett und Zucker – sie beschränken auch bewusst die Kalorienzufuhr. Sie essen nicht, bis sie vollständig satt sind, sondern hören schon bei 80 Prozent des Sättigungsgefühls auf. In Okinawa kommen die Menschen daher auf nur 1900 Kilokalorien pro Tag und Person. Viele Japaner sind deshalb auch sehr schlank.
Hara Hachi Bu lernen
Um Hara Hachi Bu lernen zu können, muss man zunächst verstehen, wie unser Sättigungsgefühl funktioniert. Laut Wissenschaft setzt dieses erst nach 15-20 Minuten ein – unabhängig davon, wie viel man vorher in sich hineingestopft hat.
Bedeutet: Wer abnehmen will, sollte langsamer essen und den Punkt registrieren, an dem der Körper signalisiert: „Danke, ich bin satt!“ Wer darüber hinaus weitermampft, nimmt mehr Kalorien zu sich als er oder sie braucht. Langfristig führt dazu zu Übergewicht, Diabetes und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems.
Langsamer und achtsamer ernähren – ohne Hungern!
Das Gute an der japanischen 80-Prozent-Methode: Diese Form der Mäßigung ist keine strenge Diät, bei der man Kalorien zählen muss. Vielmehr geht es darum, sich langsamer und achtsamer zu ernähren und auf seinen Körper zu hören.
Wer in Maßen isst und aufhört, „wenn der Magen zu 80 Prozent gefüllt ist“, darf auch bei den leckeren Dingen zulangen.
Weniger essen, gesünder leben
Eine Studie an Ratten untersuchte, wie sich eine um 30 Prozent reduzierte Kalorienzufuhr über 9 Monate auf deren Zellen auswirkt. Ergebnis: Die Ratten zeigten weniger Alterserscheinungen, ihre Körper wiesen weniger Entzündungen, dafür mehr Immunzellen auf. Die Forscher glauben, dass die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind.
Anleitung: Hara Hachi Bu auch ein Erfolgsschlüssel?
Hara Hachi Bu lehrt natürlich nicht den vollständigen Verzicht auf jeden Genuss oder das Unterdrücken jeglichen Vergnügens zur Selbstreinigung, der sogenannten Askese. Nicht zufällig erinnert die japanische 80-Prozent-Methode an das Pareto-Prinzip (auch: 80/20-Regel). Auch danach ist es nicht klug, sich vollständig zu verausgaben.
Hara Hachi Bu und Mäßigung können Sie daher so verstehen, immer dann aufzuhören, wenn es am schönsten ist – oder besser noch etwas vorher. Zwei Beispiele:
- Präsentation
Denken Sie an eine Präsentation oder einen Vortrag, bei dem der Redner versucht, jeden Aspekt, jedes Detail in seine Folien zu quetschen… Das Ergebnis eine endlose Marter für das Publikum. Es wäre am Ende übersättigt und vollgestopft mit Informationen – und würde doch nur 10 Prozent davon behalten. Weniger ist mehr: 10 Folien, 3 Aussagen, 20 Minuten. - Management
Oder denken Sie an eine Führungskraft, die allen Mitarbeitern 100 Prozent vollständige Anweisungen erteilt: Jeder Arbeitsschritt, der Tagesablauf genau geregelt. Mikromanagement heißt das in der Fachsprache und erstickt jede Kreativität und Innovation im Keim. Lassen Sie mehr Raum – auch für Fehler (siehe: Kintsugi)
Gleichzeitig gibt es Unternehmen wie Google, IBM oder Meta, die ihren Mitarbeitern bewusst Freiräume und rund 20 Prozent Arbeitszeit zur freien Verfügung überlassen. In dieser Zeit können sich die Mitarbeiter um eigene Projekte, eigene Ideen kümmern, experimentieren, sich austauschen.
Und siehe da: Auf einmal entstehen daraus zahlreiche Innovationen. Auch das ist eine Form von Hara Hachi Bu: Wer satt ist, wird träge und strengt sich nicht mehr an. Lassen Sie noch etwas Platz (im Magen), damit Gutes gären kann…
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