Arbeitszeugnis Alternativen: Warum überhaupt?
Arbeitszeugnisse sind heute Standard in Bewerbungsunterlagen. Gleichzeitig bemängeln Kritiker und Personaler, das Arbeitszeugnis verliere an Aussagekraft: Der Inhalt sei zu stark reglementiert; die zahlreichen Geheimcodes und verschlüsselten Formulierungen im Zeugnisdeutsch, erschweren die Lesbarkeit.
Hinzu kommt, dass viele Arbeitszeugnisse aus Vorlagen und Mustern stammen. Damit gebe das Arbeitszeugnis kaum noch einen authentischen Einblick in die Qualität der Arbeit eines Kandidaten bzw. Bewerbers. Für die Bewerberauswahl wird es damit weitgehend nutzlos.
Gründe für Arbeitszeugnis Alternativen
Es gibt ganz pragmatische Gründe dafür, warum Bewerber eine Alternative zum Arbeitszeugnis benötigen. Dazu gehören zum Beispiel:
-
Note
Der Mitarbeiter wurde gekündigt, muss sich aktuell bewerben, doch die Note im Arbeitszeugnis fällt schlecht aus – und könnte der Jobsuche schaden.
-
Ausfall
Es gibt eine Kündigung in der Probezeit nach kurzer Beschäftigung. Beide Seiten verzichten auf ein Zeugnis, da es aussagelos wäre.
-
Diskretion
Der Mitarbeiter bewirbt sich aus ungekündigter Stellung, also heimlich. Ein offizielles Zwischenzeugnis würde zu viel Verdacht schöpfen (mehr dazu weiter unten).
-
Selbstständigkeit
Der Bewerber oder die Bewerberin war zuvor selbstständig oder freiberuflich tätig. Es gibt also keinen Arbeitgeber, der ein Zeugnis ausstellen könnte.
-
Verlust
Wichtige, bisherige Arbeitszeugnisse sind verloren gegangen – zum Beispiel durch Umzug.
-
Auslandstätigkeit
Der Kandidat hat zuvor im Ausland gearbeitet. Dort sind Zeugnisse unüblich, und es gibt auch keinen gesetzlichen Anspruch darauf.
In solchen Fällen benötigen Bewerber eine Alternative zum Arbeitszeugnis, um – neben Anschreiben und Lebenslauf – „vollständige“ Bewerbungsunterlagen einzureichen und mit zusätzlichen Argumenten zu punkten.
Arbeitszeugnis Alternativen für die Bewerbung
Tatsächlich kommen aktuell bei der Bewerbung zahlreiche Arbeitszeugnis Alternativen zum Einsatz – teils mit vergleichbarer, teils mit größerer Aussagekraft. Das sind die wichtigsten und meistgenutzten Alternativen:
1. Tätigkeitsbeschreibung
Die Tätigkeitsbeschreibung können Sie selber schreiben oder sich als sogenannte Arbeits- bzw. Tätigkeitsbescheinigung offiziell ausstellen lassen. Im Vergleich zu den Standardaussagen im Arbeitszeugnis ist sie meist viel aussagekräftiger. Mehr noch: Sie können die Tätigkeitsbeschreibung individuell für jede Bewerbung verfassen – und damit jeweils Kenntnisse und Stärken betonen, die am meisten für Sie und die Stelle sprechen. Diese Alternative eignet sich vor allem für eine diskrete Bewerbung aus ungekündigter Position.
Mehr über die Tätigkeitsbeschreibung erfahren
2. Beurteilungsschreiben
Das Beurteilungsschreiben ist eine weitere Alternative zum Arbeitszeugnis und eignet sich vor allem für Freelancer, die keinen Anspruch auf ein Zeugnis haben. Es ist ein freiwillig verfasstes Dokument von bisherigen Kunden, Vorgesetzten oder Projektleitern, das fachliche Kompetenzen, berufliche Erfahrungen und positive persönliche Eigenschaften auf maximal einer DIN A4 Seite beschreibt und bewertet. Für Berufseinsteiger oder Studenten eignet sich wiederum ein Eignungsschreiben
Mehr über das Beurteilungsschreiben erfahren
3. Mitarbeiterbeurteilungen
Statt eines Zeugnisses können Sie ebenso die Ergebnisse einer Mitarbeiterbeurteilung oder eines eines 360-Grad-Feedbacks als Anlage zur Bewerbungen verschicken. Gerade bei Führungskräften eine gute Alternative: Sie weisen damit zum Beispiel überdurchschnittliche Führungsqualitäten nach. Achten Sie nur darauf, dass das Dokument keine Firmengeheimnisse enthält!
Mehr über die Mitarbeiterbeurteilung erfahren
4. Referenzen & Empfehlungsschreiben
Referenzen sind im Ausland Standard, werden jedoch auch in Deutschland als Alternative zum Arbeitszeugnis beliebter. Diese können Sie als Referenz- bzw. Empfehlungsschreiben (maximal 2-3) oder als Referenzliste im Lebenslauf oder als Extra-Seite der Bewerbung hinzufügen. Idealerweise finden Sie als Referenzgeber hochrangige Vorgesetzte, ehemalige Mentoren oder renommierte Experten, die Sie für eine Position empfehlen und sich für Rückfragen zur Verfügung stellen.
Mehr über Empfehlungsschreiben erfahren
5. Testimonials
Testimonials sind positive Bewertungen und Empfehlungen von bisherigen Kunden oder Klienten, die in wenigen Sätzen über ihre positiven Erfahrungen erzählen oder eine Person weiterempfehlen. Auch sie eignen sich hervorragend als Arbeitszeugnis Alternative für Selbstständige, die zurück in ein Angestelltenverhältnis wechseln wollen. Lassen Sie sich hierzu von zufriedenen Kunden wichtige Qualifikationen glaubwürdig bestätigen. Positive Zitate mit vollem Namen wirken wie eine Referenz!
Mehr über Testimonials erfahren
6. Projektliste
Eine Projektliste kann die Bewerbung aufwerten und den Lebenslauf ergänzen. Sie eignet sich insbesondere für Quereinsteiger, Ingenieure und projektbasierte Jobs. In der Projektliste (auch: Tätigkeitsliste) beschreiben Sie abgeschlossene Projekte und relevante Aufgaben samt der erzielten Ergebnisse oder verwendeten Tools. Wichtig hierbei: Welche Rolle hatten Sie in dem Projekt und was war Ihr Beitrag daran? Die Liste eignet sich für Architekten, Berater, Entwickler, Eventmanager oder Projektmanager. Wer weniger Projekte vorzuweisen hat, kann alternativ eine sogenannte Leistungsbilanz erstellen.
Mehr über die Projektliste erfahren
Als letzte Alternative bleibt Ihnen noch eine Arbeitsvertrag Kopie. Diese eignet sich aber nur eingeschränkt als Ersatz für ein fehlendes Arbeitszeugnis und dient allenfalls als formaler Nachweis, dass Sie eine solche Stelle und Position innehatten. Achten Sie aber darauf, alle internen Details und Betriebsgeheimnisse vorher zu schwärzen.
Darf ich eine Alternative zum Arbeitszeugnis nutzen?
Es gibt keine gesetzliche Pflicht, dass Sie der Bewerbung ein qualifiziertes Arbeitszeugnis beifügen müssten. Sie können sich deshalb frei entscheiden, auch eine Alternative einzureichen. Arbeitszeugnisse zur Bewerbung sind jedoch üblich und werden deshalb von vielen Arbeitgebern erwartet.
Das gilt besonders, wenn in einer Stellenausschreibung explizit ein Arbeitszeugnis zu den Unterlagen gefordert wird. Das ist dann eine verbindliche Aufforderung, der Sie nachkommen müssen. Tun Sie das nicht, werden Ihrer Unterlagen möglicherweise als nicht vollständig aussortiert.
Ausnahme: Heimliche Bewerbung
Eine mögliche Ausnahme gibt es bei einer heimlichen Bewerbung (auch: diskrete Bewerbung): Befinden Sie sich in einer ungekündigten Anstellung, und der Chef soll Ihre Jobsuche nicht bemerken, werden Sie kein Zwischenzeugnis anfordern.
Hier hilft ein Vermerk in der Bewerbung: „Bitte behandeln Sie meine Bewerbung und Unterlagen vertraulich, weil ich mich aus einem ungekündigten Arbeitsverhältnis heraus bewerbe.“ (sog. Sperrvermerk) Dabei können Sie kurz erklären, dass Sie eine Alternative zum Arbeitszeugnis anfügen und – falls gewünscht – später das Zeugnis nachreichen.
Arbeitszeugnis Alternative: Soll ich es ansprechen?
Bei einer Bewerbung ohne Zeugnis bleibt die Frage: Sollen Sie das fehlende Dokument direkt ansprechen oder dazu schweigen? Personaler werden auf jeden Fall aufmerksam. Trotzdem hat eine Erklärung im Bewerbungsschreiben oder im Lebenslauf keinen Platz – hier geht es um Ihre Qualifikationen und die Motivation.
Wir empfehlen deshalb: Nutzen Sie eine Alternative zum Arbeitszeugnis und sparen Sie sich eine Erklärung für das persönliche Vorstellungsgespräch. Zu viele Erklärungen wecken am Ende nur schlafende Hunde…
Arbeitszeugnis Anspruch: Zeugnisarten
Wer den Arbeitgeber wechselt, hat einen gesetzlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis (§109 Gewerbeordnung). Darin werden Art und Dauer der Beschäftigung, die Aufgaben und Tätigkeiten sowie die Leistungen und das Sozialverhalten genannt und beurteilt. Das macht das Zeugnis zu einem wichtigen Dokument in der Bewerbung, das die Jobchancen enorm steigern kann.
Arbeitszeugnisse gibt es in allen Branchen und Berufen.. Dabei gibt es je nach Beschäftigungsverhältnis unterschiedliche Zeugnisarten:
- Einfaches Arbeitszeugnis
- Qualifiziertes Arbeitszeugnis
- Zwischenzeugnis
- Ausbildungszeugnis
- Praktikumszeugnis
Arbeitszeugnis Formulierungen: 200 Codes entschlüsselt
Ob Leistungsbeurteilung, Verhaltensbeurteilung, Schlussformel oder Zukunftswünsche: Finden Sie heraus, wie gut Ihr Zeugnis wirklich ist. In der folgenden, kostenlose Arbeitszeugnis-Code-Tabelle finden Sie mehr als 200 Formulierungen im Arbeitszeugnis übersetzt und dechiffriert. Gleich kostenlos herunterladen:
Anforderungen an Arbeitszeugnisse
Egal, welches Zeugnis Sie erhalten: Es muss „wahr“ und „wohlwollend“ formuliert sein. Laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 9 AZR 584/13) muss das Arbeitszeugnis mindestens die Note „befriedigend“ ausweisen. Für ein schlechteres Zeugnis benötigt der Arbeitgeber „triftige Gründe“, die er auch beweisen muss. Bei einem besseren Zeugnis als Note 3 liegt die Beweislast beim Arbeitnehmer.