Bewerber Rechte: Von Datenschutz bis Reisekosten
Bereits mit der Bewerbung gehen Sie ein sogenanntes „vorvertragliches Vertrauensverhältnis“ mit dem Arbeitgeber ein. Sie übermitteln höchst persönliche und sensible Daten und geben im Vorstellungsgespräch umfangreiche Auskünfte. Hinzu kommen einige Kosten – für die Bewerbung oder Fahrtkosten zum Bewerbungsgespräch. Hieraus leitet der Gesetzgeber einige Bewerberrechte und Pflichten (für Arbeitgeber) ab.
Datenschutz
Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) verpflichtet Arbeitgeber zum vertraulichen Umgang mit den persönlichen Daten der Bewerber. Bedeutet: Im laufenden Bewerbungsprozess dürfen diese Daten gesammelt und nur für diesen Zweck gespeichert und verarbeitet werden. Gleichzeitig muss der Arbeitgeber die Daten vor unbefugten Dritten schützen. So dürfen die Bewerbungsunterlagen nicht offen herumliegen. Gleichzeitig müssen die Beteiligten Stillschweigen darüber bewahren. Bei Verstößen droht eine Strafe von bis zu 300.000 Euro.
Nach der Bewerbung und im Falle eine Bewerbungsabsage dürfen die Unterlagen bis zu fünf Monate aufbewahrt werden – auch für den Fall, dass der Bewerber gegen die Absage wegen Diskriminierung klagt. Danach aber müssen sie gelöscht sowie schriftliche Unterlagen an die Bewerber zurückgesandt werden. Einzige Ausnahme: Der Bewerber willigt ein, dass die Daten in einer Bewerberdatenbank oder einem Talent-Pool gespeichert werden, falls nochmal eine passende Stelle frei wird.
Reisekosten
Die Kosten für Bewerbungsmappe, Bewerbungsschreiben, Lebenslauf oder Porto können Bewerber als Bewerbungskosten maximal von der Steuer absetzen. Das gilt auch für Ausgaben zum Bewerbungscoaching oder wenn Sie sich von Profis Ihre Bewerbung schreiben lassen.
Dafür müssen Arbeitgeber die Fahrtkosten und sogar Übernachtungskosten laut §670 BGB erstatten, wenn Sie eine (schriftliche) Einladung zum Vorstellungsgespräch vor Ort erhalten haben. Die Kostenübernahme besteht aber nur für „angemessene“ Reisekosten – meist Bus- oder Bahntickets (2. Klasse) sowie 30 Cent pro gefahrenem Kilometer mit dem eigenen Pkw. Luxusreisen muss der Arbeitgeber nicht bezahlen. Und: Unternehmen können die Kostenübernahme im Vorfeld ausschließen. Das ist legal, muss aber zwingend vor Ihrer Anreise geschehen. Idealerweise fragen Bewerber vorher in der Personalabteilung nach.
Rücksendung
Der Arbeitgeber darf Ihre schriftlichen Unterlagen nach der Absage nicht einfach entsorgen. Vielmehr hat er sie pfleglich zu behandeln und an Sie nach angemessener Frist zurückzuschicken. Natürlich auf seine Kosten. Eine Ausnahme zu diesem Bewerberrecht besteht bei der Initiativbewerbung. Weil der Arbeitgeber zu keinem Zeitpunkt die Unterlagen eingefordert hat, ist er auch nicht verpflichtet, sie auf eigene Kosten zurückzusenden. Das muss er nur, wenn Sie einen ausreichend frankierten Rücksendeumschlag beifügen. Eine Pflicht zur Rücksendung besteht ebenfalls nicht, wenn das Unternehmen in der Stellenanzeige ausdrücklich darauf hinweist, dass die Bewerbungsunterlagen nicht zurückgeschickt werden.
Die Bewerberrechte zum Datenschutz bleiben hiervon aber unberührt. Heißt: Ob Sie den Job bekommen oder nicht – die Daten und Unterlagen müssen nach angemessener Frist gelöscht oder vernichtet werden.
Freistellung
Dieses Recht besteht gegenüber dem (noch) aktuellen Arbeitgeber. Wurde das Arbeitsverhältnis schon gekündigt, haben Arbeitnehmer und Bewerber einen Anspruch darauf, für eine angemessene Zeit freigestellt zu werden, um sich ein neues Arbeitsverhältnis zu suchen. Das umfasst auch die Freistellung für Termine zum Vorstellungsgespräch. Während der Freistellung besteht der Gehaltsanspruch weiter. Der Arbeitnehmer muss die Fehlzeiten auch nicht nachholen. Dieser Freistellungsanspruch besteht sogar bei befristeten Arbeitsverhältnissen.
Befinden sich Bewerber hingegen in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis, müssen Sie für die Jobsuche und Bewerbungsgespräche Urlaub nehmen. Eventuell können sie sich auch unbezahlt freistellen lassen. Das fällt aber auf und kommt für eine diskrete Bewerbung daher nicht in Betracht.
Diskriminierung
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) untersagt in §1 die Diskriminierung aus diesen Gründen:
- Geschlecht oder Alter
- Rasse oder ethnischer Herkunft
- Sexuelle Identität oder Behinderung
- Religion oder Weltanschauung
Das AGG soll eine Benachteiligung bei der Personalauswahl verhindern. Bedeutet: Wer bei der Bewerbung benachteiligt wurde, kann zwar nicht auf Einstellung klagen. Häufig erhalten Betroffene von den Richtern aber maximal drei Monatsgehälter als Schadensersatz zugesprochen. Die Beweislast liegt jedoch bei den abgelehnten Arbeitnehmern.
Ausnahmen: Wann gilt das AGG nicht?
Keine Regel ohne Ausnahmen. In manchen Fällen erlaubt das Gesetz trotzdem eine Benachteiligung von Bewerbern oder zumindest Einschränkung, weil dies in der Art der Tätigkeit oder den Arbeitsbedingungen begründet ist.
- Beispiel Schwangerschaft
Würden bei der Ausübung der Tätigkeit Mutter oder Kind gesundheitlich gefährdet, können Schwangere abgelehnt werden und müssen auch die Frage danach wahrheitsgemäß beantworten. Beispielsweise darf eine schwangere Mitarbeiterin nicht im Chemielabor mit gefährlichen Stoffen arbeiten. Auch würde eine Schwangerschaft ihren Einsatz als Model oder Tänzerin gefährden. In diesen Fällen überwiegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und der Mutterschutz. - Beispiel Geschlecht
Wird für einen Film eine Darstellerin gesucht, ist das zulässig, weil die Rolle zwingend von einer Frau gespielt werden muss. Die Diskriminierung eines männlichen Bewerbers aufgrund seines Geschlechtes wäre in dem Fall zulässig. - Beispiel Religion
Sucht die katholische Kirche einen Priester, kann sich der evangelische Pastor zwar darauf bewerben. Er darf aufgrund seiner Religion und Weltanschauung aber abgelehnt werden. Schließlich gehört er nicht der Glaubensgemeinschaft an, für die er arbeiten und deren Lehren er „glaubwürdig“ vertreten soll.
Bewerber Pflichten im Vorstellungsgespräch
Neben den zahlreichen Bewerberrechten gibt es auch ein paar Pflichten, die zu beachten sind. Dazu gehört zum Beispiel die Offenbarungspflicht im Vorstellungsgespräch. Sie bedeutet: Bewerber müssen alle Umstände offenlegen, die für die betreffende Stelle relevant sind und sie daran hindern könnten, ihrer Leistungspflicht nachzukommen – ohne dass der Arbeitgeber danach fragt. Offenbaren muss sich danach…
- ein Berufskraftfahrer, der alkoholabhängig ist.
- ein ausländischer Bewerber, der keine Arbeitserlaubnis hat.
- eine Lebensmittelverkäuferin, die eine ansteckende Krankheit hat.
- eine Röntgenassistentin, die schwanger ist.
- ein Kassierer, der schon einmal wegen Diebstahls verurteilt wurde.
Unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch
Es gibt aber einige unzulässige Fragen, die Personaler im Vorstellungsgespräch nicht stellen dürfen und Bewerber nicht beantworten müssen (oder mit einer Notlüge beantworten dürfen). Dazu gehören:
Fragen zur Familienplanung
- Fragen zum Familienstand
- Fragen zur sexuellen Neigung (homo- oder heterosexuell)
- Fragen zur Schwangerschaft*
- Fragen zum Kinderwunsch
- Fragen zur Tätigkeit des Partners
- Fragen zu den anderen Familienmitgliedern oder Verwandten
Fragen zur gesundheitlichen Situation
- Fragen zum derzeitigen Gesundheitszustand
- Fragen zu einer vorhandenen Behinderung
- Fragen zur vergangenen Erkrankungen (inklusive Dauer)
- Fragen zu schweren Krankheiten in der Familie
Fragen zu privaten Ansichten
- Fragen zur Religion und Konfession
- Fragen zu einer Parteizugehörigkeit
- Fragen zur Gewerkschaftszugehörigkeit
Generelle Fragen zur Person
- Fragen zum Alter
- Fragen zur Herkunft
- Fragen zu Vorstrafen, Straftaten oder Gefängnisaufenthalten
- Fragen zum Umgang mit Geld
- Fragen zu einer möglichen Verschuldung
- Fragen zu den Vermögensverhältnissen in der Familie
- Fragen zum Privatleben allgemein
Arbeitgeber Pflichten im Vorstellungsgespräch
Wer meint, die Auskunftspflicht im Bewerbungsgespräch sei eine Einbahnstraße, irrt. Auch Arbeitgeber sind Bewerbern gegenüber verpflichtet, über Besonderheiten aufzuklären, die den ausgeschriebenen Job betreffen. Dazu zählen zum Beispiel:
- Überdurchschnittliche Anforderungen
- Gesundheitliche Belastungen
- Arbeitsplatzgefährdung durch geplante Umstrukturierungen
- Zahlungsausfälle des Gehalts wegen drohender Insolvenz
Täuscht der das Unternehmen Bewerber und Arbeitnehmer in spe bewusst über Nachteile hinweg, um den Abschluss eines Arbeitsvertrages zu fördern, macht sich der Arbeitgeber sogar schadensersatzpflichtig. Erst recht, wenn der Arbeitgeber Bewerber dazu ermutigt, eine bisherige Stellung zu kündigen.
Häufige Fragen zu den Bewerberrechten
Weil die Bewerbung sensible und personenbezogene Daten enthält, muss das Unternehmen sie vertraulich behandeln. Das regelt der Datenschutz. Bedeutet: Nur Personen, die für die Stellenbesetzung relevant sind (Recruiter, Betriebsrat, Vorgesetzte), dürfen Einsicht erhalten – und müssen über die Daten Stillschweigen bewahren. Bei Verstößen können Bewerber Schadensersatz einklagen.
Ohne Einwilligung des Bewerbers dürfen weder aktuelle noch bisherige Arbeitgeber angerufen und zur Leistung oder zum Verhalten des Arbeitnehmers befragt werden. Eine Ausnahme gilt bei sogenannten Referenzen, die als potenzielle Fürsprecher mit Namen und Telefonnummer in der Bewerbung genannt werden. Sie sollen ja gerade relevante Qualifikationen des Bewerbers bestätigen.
Schriftliche Bewerbungsunterlagen müssen auf Kosten des Arbeitgebers zurückgesandt werden, wenn sich die Bewerbung auf eine konkrete Stellenanzeige bezieht. Bei Blind– oder Initiativbewerbung besteht kein Anspruch auf Rücksendung – es sei denn, der Bewerber hat einen ausreichend frankierten Rückumschlag beigefügt. Eine eMail-Bewerbung oder Online-Bewerbung muss natürlich nicht retourniert werden. Die Daten müssen im Falle einer Absage aber nach rund fünf Monaten gelöscht werden.
Lädt der Arbeitgeber schriftlich zum Jobinterview ein, haben Bewerber Anspruch auf Erstattung der Reise- und Übernachtungskosten, teils auch Verpflegungskosten. Jedoch nur im angemessenen Rahmen und nur, falls das Unternehmen zuvor eine Übernahme der Bewerbungskosten nicht ausgeschlossen hat. Der Hinweise muss zwingend noch vor der Anreise erfolgen.
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