Definition: Was ist Gig Economy?
Die Gig Economy – teilweise ist auch von Sharing Economy, Crowdworking oder Plattformökonomie die Rede – steht für einen Bereich des Arbeitsmarktes, der in vielerlei Hinsicht das Konzept von New Work umsetzt:
Dank der Digitalisierung ist es möglich geworden, losgelöst von Orten selbständig Leistungen zu erbringen. Allerdings sind Gig Worker keine Angestellten im Homeoffice und in dem Sinne „neu“ ist die Gig Economy auch nicht.
Der Begriff leitet sich von englisch gig für „Auftritt“ und economy für „Wirtschaft“ ab und referiert auf die Musik- und Eventbranche, in der Auftritte von Künstlern als Gigs bezeichnet werden. Die Gig Economy ist losgelöst von dieser Branche.
Hier geht es vielmehr um Aufträge und Arbeitseinsätze, die ein Auftraggeber vergibt. Zustande kommt der Kontakt zwischen beiden Parteien über eine Plattform – oftmals bereits über Apps. Gig Worker bestreiten so ihren Lebensunterhalt. Die Tätigkeiten (siehe Kasten) können aus den unterschiedlichsten Bereichen stammen. Entscheidend für die Zuordnung zur Gig Economy ist einzig das Beschäftigungsverhältnis, das mit der Arbeit von Promotionjobs vergleichbar ist.
Gig Economy: Beispiele und Plattformen
Genaue Zahlen gibt es nicht, aber einer Umfrage des McKinsey Global Institute in den USA und Europa brachte zutage, dass bereits etwa ein Drittel aller Arbeitnehmer Gig Working betreibt. Über branchentypische Plattformen können sich die Gig Worker sowie potenzielle Auftraggeber anmelden.
Das ist für die Anbieter diverser Dienstleistungen praktisch, denn sowohl aufwendige Akquise als auch Werbung entfallen, da die Plattformen gegen eine Gebühr die Vermittlung übernehmen. Für Kunden wiederum bietet sich eine spezielle Datenbank, die eine exakte Suche zulässt.
Seit gut zwölf Jahren steigt Gig Working erkennbar an. Nationale wie auch internationale Beispiele dafür sind:
- Airbnb: Unterkünfte
- Deliveroo: Lieferservice für Essen
- Fiverr: Grafikdesign, Marketing, Texter
- Myhammer: Handwerkstätigkeiten (Haus- und Gartenbau)
- Taskrabbit: Reparatur-, Putz- und kleinere Handwerkstätigkeiten
- Twago: Designer, Programmierer, Übersetzer
- Uber: Fahrdienste
Die Liste lässt sich mittlerweile fast unendlich fortsetzen. Teil der Gig Economy sind auch sogenannte „Juicer“. Sie werden als Selbständige von E-Scooter-Verleiherfirmen wie Lime beauftragt, die abgestellten E-Scooter wieder einzusammeln und aufzuladen.
Auch das ein typischer Bestandteil der Gig Economy: Der Gig Worker stellt nicht nur seine Arbeitskraft, sondern auch seine Infrastruktur zur Verfügung. In dem Fall beispielsweise einen Transporter, um die E-Scooter einsammeln zu können und einen Ort, an dem der eigene Strom angezapft wird.
Diese Arbeit wird allerdings nicht von irgendwelchen Logistikunternehmen mit eigenem Fuhrpark erledigt. Vielmehr sind es meist kleine Solopreneure, die teilweise die Roller zu Fuß befördern und mit Muskelkraft in die eigene Wohnung schleppen, um sie dort aufzuladen.
Vor- und Nachteile der Gig Economy
Hier zeigen sich bereits einige Vor- und Nachteile der Gig Economy:
Vorteile
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Flexibilität
Auffälligstes Merkmal der Gig Economy ist die große Flexibilität. Gig Worker teilen sich ihre Zeit selbst ein, entscheiden selbst, welche Aufträge sie annehmen wollen oder nicht. Damit fällt der klassische Tagesablauf eines Nine-to-five-Jobs weg – oder bleibt bestehen, ganz wie Sie wollen.
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Überbrückung
Wer arbeitet in der Gig Economy? Der DGB geht von zwei Millionen Gig Worker in Deutschland aus, darunter vor allem Studierende und Rentner. Besagter Umfrage zufolge sieht die Mehrheit der Beschäftigten in dieser Tätigkeit einen Nebenjob. Diejenigen, die ihn in Vollzeit ausüben, arbeiten nur vorübergehend in der Gig Economy, meist zur Überbrückung einer Arbeitslosigkeit.
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Work-Life-Balance
Wer Übersetzungstätigkeiten, Arbeiten als Designer oder Texter anbietet, kann bequem von Zuhause arbeiten. Das wird von vielen Arbeitnehmern als wichtiger Bestandteil einer Work-Life-Balance geschätzt; Familie und Beruf lassen sich besser vereinbaren.
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Zugang
Viele Jobs erfordern nur geringe Qualifikationen – etwa die Tätigkeit als Juicer, für die es maximal einen Führerschein zwecks Beförderung der E-Scooter braucht, aber selbst das nicht zwingend. Die Eintrittshürden in den Arbeitsmarkt sind deutlich geringer als bei anderen Jobs. Das eröffnet auch Arbeitnehmern Chancen, die sonst eher Schwierigkeiten hätten, am Arbeitsmarkt unterzukommen.
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Abwechslung
So vielfältig wie Ihre Tätigkeiten sind auch Ihre Auftraggeber. Sie lernen unterschiedliche Auftraggeber kennen und wählen, mit wem Sie zusammenarbeiten wollen. Klappt die Verständigung gut, steht regelmäßiger beziehungsweise zukünftiger Zusammenarbeit nichts im Wege. Gig Economy bedeutet im hohen Maße selbstbestimmtes Arbeiten.
Nachteile
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Unverbindlichkeit
Große Freiheiten auf der einen bedeuten wenig Sicherheit auf der anderen Seite. Arbeiten in der Gig Economy hat etwas von Hire and Fire: Werden die Dienste nicht mehr benötigt, werden auch keine Aufträge vergeben. Aber mehr noch: Die Vergabe von Aufträgen über Plattformen lädt zu direkten Vergleichen ein. Für den Kunden (Auftraggeber) praktisch, er kann sich selbst bei Zufriedenheit beim nächsten Mal einen neuen Anbieter herauspicken und ausprobieren. Aus der Perspektive des Anbieters bedeutet es geringere Verlässlichkeit und damit schlechtere Planbarkeit.
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Dumping
Die Plattformen legen das Angebot an Dienstleistern offen, die sich so – je nach Auftragslage – gegenseitig unterbieten, um neue Aufträge zu erhalten. Das führt bisweilen zu regelrechten Dumpinglöhnen, so dass in der Vergangenheit sogar der Mindestlohn unterschritten wurde.
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Rahmenbedingungen
Offiziell gelten Gig Worker als Selbständige. Das bedeutet, dass sie wie Freelancer und Freiberufler den Arbeitgeberanteil bei den Sozialversicherungen ebenfalls übernehmen müssen. Außerdem müssen sie Rücklagen für Zeiten bilden, in denen eine Flaute herrscht. Genau das ist allerdings schwierig, nicht alle Jobs werden lukrativ bezahlt.
Kritische Einschätzung der Plattformökonomie
Die Nachteile haben dazu geführt, dass die Gig Economy durchaus kritisch betrachtet wird. Verschiedene Untersuchungen konnten zeigen, dass einige Plattformen eher wie Arbeitgeber auftreten und das Direktionsrecht ausüben.
Damit würden allerdings weitgehende Rechte der Gig Worker einhergehen: Nicht nur Sozialleistungen, auch Mitbestimmungsrechte und Interessensvertretungen müssten dann möglich sein. Genau daran hakt es allerdings. Und die dezentrale Arbeitsform trägt zur Vernetzung Betroffener nicht gerade bei.
De facto ist es so, dass nur vereinzelt und von Plattform zu Plattform unterschiedlich die Bedingungen an vergleichbare Arbeitsverhältnisse angepasst werden. Erst kritische Berichterstattung und der Gang vors Gericht brachten hier und da Veränderungen, so dass Sie als Gig Worker vom Wohlwollen abhängig sind.
Die Gig Economy steht im direkten Zusammenhang mit der Weltfinanzkrise vor zwölf Jahren. Damals waren vor allem in den USA viele Menschen arbeitslos geworden. Die USA sind nicht gerade berühmt für ihre Arbeitnehmerrechte.
Mit vielen kleineren Jobs in freier Arbeit konnten sich die plötzlich arbeitslos gewordenen Menschen über Wasser halten. In Deutschland spielen solche Gig Jobs bisher keine starke Rolle, was nicht zuletzt am vergleichsweise guten Bildungssystem liegen dürfte und am deutlich stärkeren Arbeitsrecht.
Gleichzeitig hat Deutschland eine gute wirtschaftliche Lage in den letzten Jahren erlebt. Infolge der Corona-Krise wird mit einer deutlichen Rezession ähnlich der Finanzkrise gerechnet. Gut möglich, dass diese zu einem erneuten Boom der Gig Economy führt.
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