Definition und Bedeutung: Was ist ein Umweg?
Klar, was ein Umweg ist, müssen wir Ihnen nicht erklären. Laut Definition ist das ein Weg, der nicht direkt ans Ziel führt und (unnötigerweise) länger ist. Soweit, so simpel.
Die Bedeutung der Frage ist daher viel interessanter: Was ist WIRKLICH ein Umweg? Auf einer Straßenkarte mag sich das noch relativ eindeutig bestimmen lassen. Obwohl es selbst da viele Wege geben kann, die nicht nur nach Rom, sondern auch nahezu gleich schnell ans Ziel führen. Mit Betonung auf „nahezu“! So kann schon im Straßenverkehr ein vermeintlicher Umweg viel schneller ans Ziel führen, weil die kürzeste Verbindung durch eine Baustelle blockiert ist oder die direkte Strecke durch einen Stau viel länger dauern würde.
Kurzum: Was wirklich ein Umweg war oder ist, lässt sich manchmal erst in der Rückschau und am Zielort genau definieren.
Betrachten wir statt Straßen einen Karriereweg oder gar einen Lebensweg wird es noch viel schwieriger auszumachen, welche Strecke, welcher Abzweig einen schneller ans Ziel bringt. Oft steht ja nicht einmal das Ziel genau fest.
So manche(r) stellt im Nachhinein fest, dass sie oder ihn die Umwege nicht nur schneller ans Ziel geführt haben, sondern vielleicht sogar an bessere Orte, die sie vorher nicht einmal auf dem Radar hatten. Und wer weiß: Hätte der direkte Weg überhaupt funktioniert?
Oder anders formuliert: Umwege sind mitunter besser als ihr Ruf. Die direkte Verbindung zwischen zwei Gipfeln ist häufig nicht die Gerade, sondern die Krumme oder Serpentine.
Die direkte Verbindung zwischen zwei Punkten: die Krumme
Mitte der Achtzigerjahre waren Karrieren noch relativ klar vorgezeichnet: Nach Ausbildung oder Studium ging es rein (in den Beruf), dann rauf, selten runter und zum Schluss raus. Kaminkarriere hieß das im Fachjargon, weil es eigentlich nur einen Weg gab: den nach oben.
Oder man blieb irgendwo mittendrin stecken. Nicht so gut. Aber andere Geschichte.
Tempi passati. Die Zeiten haben sich längst gewandelt. Brüche, Lücken, Umstiege – so sehen heute die Laufbahnen aus. Auch hier hat sich die Fachsprache der Beziehungswelt angepasst: Die Rede ist inzwischen von Patchwork-Karrieren.
Erfolg muss nicht mehr an der Spitze eines Unternehmens gipfeln. Karriere macht genauso, wer zum Experten seines Fach avanciert oder sich auch mal nach unten orientiert, um wieder mehr Zeit für sich oder die Familie zu haben. Downshifting oder Downgrading heißt wiederum dieser Karriereschritt in der Fachsprache (siehe dazu auch Links am Ende des Artikels).
Seien wir ehrlich: Die wenigsten Werdegänge gleichen heute noch einer gerade Linie. Das mag vielleicht der Plan sein (und ein solcher Plan hat auch seine Berechtigung). Aber die Realität sieht dann doch meist anders aus: Eine Ansammlung von Umwegen, Höhen und Tiefen, Hindernissen und Fallen. Ein einziger Slalomparkour…
Das Ergebnis kennt vermutlich ebenso jeder, der mehrere Anläufe zur Selbständigkeit ausprobiert hat. Wer aber durchhält und das Ziel vor Augen behält, kommt meist auch an.
Im Kleinklein des Alltags ist das aber nicht viel anders. Egal, ob Sie ein Projekt leiten oder eine Verhandlung führen müssen: Nur selten gelingt der glatte Durchmarsch. Kompromisse eingehen, taktieren, paktieren, vielleicht auch mal umdenken und querdenken – all das lässt uns meist mehr erreichen als mit dem Kopf durch die Wand zu steuern.
Wer derart flexibel bleibt und Improvisationstalent beweist, dem hilft dann häufig auch noch Kollege Zufall auf die Sprünge. Oder um die Metapher vollends auszureizen: Glück und Chancen sind eher abseits der breiten Wege zuhause. So wie manche auch erst durch den Irrtum zur Wahrheit und zur Erkenntnis stolpern.
Schon Georg Wilhelm Friedrich Hegel erkannte: „Der Weg des Geistes ist der Umweg.“
Noch schöner formulierte es Antoine de Saint-Exupéry in seinem prosaischen Appell und Zitat: „Geh nicht nur die glatten Straßen. Geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt und nicht nur Staub.“
Per Umweg zum Königreich: Eine Geschichte und Parabel
Zum Schluss noch eine Parabel und amüsante Geschichte (und Legende) über Umwege und Querdenker…
Die Streitmacht schien unüberwindlich. Die Sumerer hatten eine scheinbar unaufhörliche Phalanx von Soldaten aufgestellt, die vom Euphrat bis zum Tigris reichte. So wollten sie 2300 v. Chr. die eindringenden Semiten aufhalten.
Deren König war Lugalzagesi – und gerissen dazu. Tagelang spähte er die Phalanx aus, nirgendwo gab es ein Durchkommen. So vergingen Tage um Tage, Woche um Woche. Und jeden Tag standen die sumerischen Soldaten mit ihren Schilden und Speeren in der glühenden Hitze der Wüste.
Da ließ Lugalzagesi die Steinskulptur einer wunderschönen Frau mit riesigen Brüsten anfertigen. Anschließend schickte er einen Jungen mit der Statue zu den Reihen der Sumerer. Der sagte: „Dies ist meine Schwester. Sie hat sich nachts durch eure Reihen geschlichen und hinter euch versteckt. Könnt ihr mir helfen, sie zu suchen?“
Die in jeder Hinsicht ausgetrockneten Soldaten hatten schon lange keine Frau mehr gesehen, geschweige denn eine mit so üppigen Rundungen. Also begann der erste Trupp mit der Suche nach ihr. Andere Einheiten beobachteten das Spiel und fragten nach dem Grund. Da sagten ihnen die anderen, dass im Hinterland zwölf Jungfrauen versteckt seien. So begannen auch sie sofort mit der Suche.
Aus den zwölf Jungfrauen wurden im Laufe der Zeit und Mundpropaganda 2000 wunderschöne, vollbusige Jungfrauen aus dem Harem des Königs Urukagina, die angeblich in einer Höhle kauerten und nur darauf warteten, erlöst zu werden.
Kurzum: Die unüberwindliche Phalanx verwandelte sich in einen Haufen desorientierter, geifernder und entkräfteter Männer.
Als Lugalzagesi auf seinem Kamel durch die Reste des sumerischen Heeres ritt, gab es keinen Widerstand. Er eroberte und zerstörte die Stadt Lagasch im Handstreich und nannte sich anschließend „König von Uruk und König des Landes Sumer“.
Ob sich die Geschichte tatsächlich so zugetragen hat, lässt sich nicht eindeutig klären. Aber sie lehrt eine wichtige Erfolgslektion:
Wer vor scheinbar unüberwindlichen Widerständen steht, sollte nicht unbedingt versuchen, mit Gewalt durchzukommen. Ein Umweg bringt uns schneller (und leichter) ans Ziel.
So lässt sich mancher Auftrag, manche Debatte gewinnen – und manchmal sogar ein Königreich.
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