Anwesenheitspflicht bei Arbeit und Uni: Eine gute Idee?

Anwesenheit ist in vielen Unternehmen der Maßstab für Leistung. Wer im Büro sitzt, zeigt Loyalität und Motivation. Schluss mit Homeoffice! Viele Vorgesetzte setzen wieder auf Anwesenheitspflicht für das Team – in der Überzeugung, damit bessere Ergebnisse zu erzielen. Doch Präsenz ist kein Beleg für Produktivität! Oft führt erzwungene Anwesenheit sogar zum Gegenteil: Statt zu mehr Leistung führt Anwesenheitspflicht zu Ineffizienz und mehr Fehlzeiten…

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Definition: Was ist Anwesenheitspflicht?

Anwesenheitspflicht (auch: Präsenzpflicht) ist die Vorschrift von Arbeitgebern, dass Mitarbeiter ausschließlich am vorgegebenen Arbeitsplatz ihrer Tätigkeit nachgehen. Das Team muss im Büro arbeiten – Homeoffice oder mobiles Arbeiten sind nicht erlaubt.

Die Anwesenheitspflicht basiert auf einem verbreiteten Irrtum: Wer da ist, arbeitet; wer nicht da ist, sitzt faul herum und leistet nichts. Chefs setzen Anwesenheit mit Produktivität und Leistung gleich. Wer in diesen Unternehmen erfolgreich sein will, müssen folglich mit ständiger Präsenz glänzen.

Anwesenheitspflicht widerspricht Erwartungen von Mitarbeitern

In vielen Jobs ist Anwesenheitspflicht verbreitet. Flexibles Arbeiten ist – wenn überhaupt – nur zu festgelegten Zeiten, beispielsweise ein Tag pro Woche, möglich.

Ein starker Kontrast zu den Erwartungen und Wünschen von Arbeitnehmern: Regelungen zum Homeoffice, für mehr Work-Life-Balance und Vereinbarkeit von Familie und Beruf rangieren bei den Prioritäten von Jobsuchenden ganz oben. Anwesenheitspflicht gilt als veraltet und als Zeichen für eine schlechte Unternehmenskultur.

Für das Employer Branding ist das ein echtes Problem: Qualifizierte Fachkräfte und Top-Talente entscheiden sich so für die Konkurrenz, wenn an einer Anwesenheitspflicht festgehalten wird.

Anwesenheitspflicht in der Uni

Auch an der Uni ist Anwesenheitspflicht ein wichtiges Thema. Teilweise verlangen Dozenten die Anwesenheit von Studierenden, wenn diese eine Veranstaltung bestehen und erfolgreich abschließen wollen. Heißt: Wer zu oft fehlt, fällt durch – selbst wenn Aufgaben erledigt werden und die Leistungen stimmen. Meist gibt es dabei eine Anwesenheitsquote, die erfüllt werden muss. Beispiel: Studierende müssen mindestens 80 Prozent anwesend sein. Bei 10 Terminen einer Veranstaltung dürften höchstens zwei verpasst werden.


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Verbessert Anwesenheitspflicht die Leistung?

Hinter der Anwesenheitspflicht im Job steht häufig eine gute Absicht. Führungskräfte wollen beste Leistungen und Ergebnisse – und glauben, diese durch erzwungene Präsenz erreichen zu können. Aber ist das wirklich möglich? Klare Antwort: Nein, Anwesenheit sorgt nicht automatisch für bessere Arbeit. Arbeitnehmer können auch stundenlang im Büro herumsitzen, analysieren, archivieren, organisieren, besprechen – und trotzdem nichts erreichen.

Dahinter steckt ein Wahrnehmungsfehler von Führungskräften: Chefs glauben, dass anwesende Arbeitnehmer Besseres und mehr schaffen. Wissenschaftler an der Foster School of Business zeigten: Manager bewerten Mitarbeiter, die schon um 7 Uhr am Schreibtisch sitzen, besser als Kollegen, die erst um 11 Uhr im Büro sind – obwohl beide exakt dieselbe Arbeit verrichteten.

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Ob jemand gut arbeitet, hängt aber nicht von der Arbeitsdauer und Präsenz im Büro ab. Der reine Zwang einer Anwesenheitspflicht bringt gar nichts. Er führt eher dazu, dass Mitarbeiter Methoden entwickeln, um Anwesenheit vorzutäuschen…

Anwesenheit vortäuschen: 9 skurrile Methoden (PDF)

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5 Gründe, warum Anwesenheitspflicht nichts bringt

Die erhoffte Formel „Anwesenheitspflicht multipliziert mit langer Arbeitszeit ergibt gute Leistungen“, geht nicht auf. Eine OECD-Studie zeigte sogar: Längere Arbeitszeiten bringen ab 50 Wochenstunden nichts mehr – sie sind reine Zeitverschwendung.

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Eine Studie der Durham Business School und des Beratungsunternehmens JBA bestätigen das Ergebnis. Die Erkenntnis: Produktivität erhöht sich, wenn Mitarbeiter Arbeit selbstständig verteilen und organisieren können. Anwesenheitspflicht steigert hingegen nur die Bereitschaft, mehr Tage im Jahr blauzumachen und zu fehlen. Anders ausgedrückt: Wer häufiger da sein muss, ist häufiger abwesend.

So gibt es gleich 5 gute Gründe, warum Anwesenheitspflicht nichts bringt:

  • Anwesenheitspflicht macht nicht produktiver

    Schon die These, warum Anwesenheitspflicht eingeführt wird, ist falsch. Anwesenheit führt nicht zu größerer Produktivität oder besseren Ergebnissen. Mitarbeiter können im Homeoffice oder in anderen Arbeitsformen mindestens genauso gut arbeiten. Erzwungene Anwesenheit führt eher dazu, dass Mitarbeiter die Zeit nur unproduktiv absitzen.

  • Freie Zeiteinteilung macht zufriedener

    Arbeitnehmer wünschen sich Flexibilität und die Möglichkeit, die eigenen Arbeitsbedingungen und -zeiten mitzubestimmen. Diese Faktoren sorgen für Zufriedenheit und bessere Ergebnisse. Anwesenheitspflicht dagegen steuert in eine falsche Richtung und sorgt für Demotivation, schlechte Stimmung und senkt die Loyalität.

  • Anwesenheitspflicht verschlechtert die Kommunikation

    Sind alle Kollegen anwesend, ist die Kommunikation besonders gut… Falsch! Tatsächlich gilt das Gegenteil: Der Austausch ist häufiger und es werden mehr Informationen geteilt, wenn nicht alle da sind. Bei dezentralen Teams sind Kommunikation und Beziehungen untereinander nachweislich besser.

  • Anwesenheit führt zu Druck und Stress

    Werden Mitarbeiter per Pflicht an den Arbeitsplatz gefesselt, wächst der empfundene Druck und Stress. Viele Arbeitnehmer können langfristig nur schlecht damit umgehen. Mehr Freiheiten bei der Arbeitseinteilung führen zu größerer Ausgeglichenheit.

  • Anwesenheitspflicht fördert das Mikromanagement

    Arbeitgeber mit Anwesenheitspflicht zeigen mangelndes Vertrauen. Der Chef will alles kontrollieren und mischt sich ständig ein. Erst, wenn er Arbeit mit eigenen Augen sieht, ist er vom Arbeitswillen überzeugt. Dieses Mikromanagement stört nicht nur Mitarbeiter, sondern ist ineffizient.

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Anwesenheitspflicht abschaffen: Eine Alternative?

Bei den zahlreichen Nachteilen der Anwesenheitspflicht stellt sich die Frage: Sollten Unternehmen künftig ganz darauf verzichten? In einigen Jobs ist das nicht möglich, bei anderen Arbeitsplätzen nicht sinnvoll. Zum Beispiel bei Polizei, Feuerwehr, im Krankenhaus oder am Fließband. Dennoch bleibt der Impuls: Unternehmen müssen Regelungen zur Anwesenheitspflicht hinterfragen.

Ein fester Arbeitsplatz muss nicht vollkommen abgeschafft werden. Das Büro als zentraler Ort der Zusammenarbeit kann erhalten bleiben. Gleichzeitig können mehr Flexibilität und ein Umdenken in der Unternehmenskultur die gewünschte Produktivitätssteigerung bringen. Ein zentraler Aspekt: Anwesenheit darf nicht höher bewertet werden als erbrachte Leistung!!

Alternative Möglichkeiten zur Anwesenheitspflicht

  1. Homeoffice-Regelungen
    Mitarbeiter können je nach anfallenden Aufgaben oder für einen festgelegten Zeitraum pro Woche im Homeoffice arbeiten. So können sie selbst einteilen und entscheiden, wann sie ins Büro kommen und wann nicht.
  2. Vertrauensarbeitszeit
    Es geht nicht darum, wie lange ein Mitarbeiter täglich arbeitet, sondern welche Ergebnisse geliefert werden. Vertrauensarbeitszeit verzichtet auf klare Vorgaben zu Arbeitsbeginn und Feierabend.
  3. Individuelle Lösungen
    Statt einer allgemeinen Anwesenheitspflicht können individuelle Lösungen gefunden werden. Wann muss welcher Mitarbeiter im Büro sein? Wann kommen alle für eine gemeinsame Besprechung zusammen? Das erfordert mehr Organisationsaufwand, ist aber besser als erzwungene Anwesenheit für alle.

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