Computerspielen ist besser als sein Ruf
Das Computerspielen hat mit zahlreichen Vorurteilen zu kämpfen: schlecht für die Augen, schlecht für die Psyche, schlecht für das Sozialleben. Zocker werden häufig als Außenseiter oder Eigenbrötler abgestempelt – „Nerds“, die sich nur von Pizza und Cola ernähren.
Doch das ist Unsinn. Gleich mehrere Studien zu Computerspielen zeigen:
- Computerspiele machen optimistisch
Sie vermitteln uns das Gefühl, alles schaffen, jede Herausforderung bewältigen zu können. - Computerspiele machen neugierig
Sie sind interessant und mit Spannung fiebern wir dem nächsten Level oder dem Endgegner entgegen. - Computerspiele spornen an
Sie fördern die Selbstmotivation und das Durchhalten, auch wenn man eine Niederlage erlitten hat. - Computerspiele schaffen Sinn
Weil wir ein Ziel vor Augen haben, (virtuell) etwas aufbauen, kreieren oder erreichen wollen.
Tatsächlich erlebt das Zocken gerade einen Hype: Millionen von Fans verfolgen Online-Games und E-Sports Turniere, im Internet werden Zocker zu Stars, einige können sogar viel Geld mit Computerspielen verdienen und selbst bekannte Zeitungen berichten über den Einsatz von Computerspielen im Unterricht.
Computerspielen steigert das Wohlbefinden von Jugendlichen
Entgegen der verbreiteten Annahme, Computerspielen habe negative Auswirkungen, konnten Andrew Przybylski von der Universität Oxford und Netta Weinstein von der Universität Cardiff per Studie zeigen, dass das Wohlbefinden von Teenagern steigt, je mehr Zeit sie vor einem Bildschirm verbringen. Die Jugendlichen fühlten sich besser, wenn sie eine Zeit lang Computerspielen oder Fernsehen durften.
Allerdings macht auch hier die Dosis das Gift. Ein grundsätzliches Verbot von Computerspielen empfehlen die Wissenschaftler nicht, wohl aber ein Limit. Die Zufriedenheit der Jugendlichen erreichte ein Maximum bei…
- Videospielen nach 1 Stunde und 40 Minuten.
- Smartphones nach 1 Stunde und 57 Minuten.
- Filmschauen nach 3 Stunden und 41 Minuten.
- Computern nach 4 Stunden und 17 Minuten.
Welche Vorteile hat Computerspielen?
Klassisch wird Computerspielen als Zeitvertreib in der Freizeit genutzt. Doch das Daddeln und Zocken vor dem Bildschirm kann mehr. Tatsächlich werden dabei unterschiedliche Fähigkeiten und Kompetenzen trainiert. Laut Studien zu Computerspielen hat das Zocken positive Auswirkungen auf…
Kognitive Fähigkeiten
Wer Computerspiele spielt, kann seine kognitiven Fähigkeiten verbessern und sein geistiges Alter um einige Jahre senken. Dies zeigen Studien der Universität von Iowa. Nach 10 Stunden Computerspielen entsprach das geistige Leistungsvermögen der Probanden bereits dem eines 3 Jahre jüngeren Menschen. Der geistige Verfall wurde nicht nur verhindert, die kognitiven Fähigkeiten nahmen sogar zu.
Kreativität
Wer spielt, wird kreativer. Das zeigten schon vor mehreren Jahren Wissenschaftler der Michigan State Universität in einer Studie mit 500 Zwölfjährigen. Die Kinder sollten ein Bild malen und eine Geschichte darüber schreiben. Kinder, die zuvor reichlich daddelten, waren hinterher deutlich einfallsreicher – Jungs wie Mädchen. Den Effekt gab es nicht, wenn die Kinder „nur“ Smartphone oder Internet genutzt hatten. Bedeutet: Wer nur passiv konsumiert, regt seine Kreativität nicht so sehr an wie aktive Computerspieler.
Aufmerksamkeit
Vor allem Videospiele, in denen Ziele schnell ins Bild kommen und wieder verschwinden und die Spieler blitzschnell Entscheidungen treffen müssen, verbessern die Aufmerksamkeit und Konzentration. Sogenannte Brain Games und Lernspiele führen zu einer schnelleren Auffassungsgabe und helfen, neue Informationen in kürzerer Zeit zu verarbeiten, sagen zum Beispiel die US-Wissenschaftler C. Shawn Green und Aaron R. Seitz. Wilde Actionspiele seien durchaus pädagogisch wertvolle Games.
Taktik
Bei Computerspielen wird zwischen zwei Arten von Strategiespielen unterschieden: dem rundenbasierten Strategiespiel, bei dem die Spieler der Reihe nach spielen – und dem Echtzeit-Strategiespiel, bei dem die Spieler gleichzeitig (gegeneinander) spielen. Beide Arten trainieren zielführendes, analytisches Denken sowie strategisches Handeln. Gleichzeitig fördern die E-Games Geduld und taktische Diplomatie.
Zusammenhalt
Apropos Computerspielen in Teams oder Gilden: Laut Jane McGonigal verbessern sich durch gemeinsame Online-Games die generelle Teamarbeit und der Teamgeist. Die Spieler bauen Vertrauen und Kameradschaftsgefühle auf, die Sie zum Beispiel später auch im Job zeigen.
Englisch
Ein kaum beachteter Nebenaspekt von Videospielen: Sie verbessern die Englischkenntnisse. Schwedische Forscher um Liss Kerstin Sylvén von der Uni Göteborg beobachteten Kinder im Alter von 10-11 Jahren. Jungs spielten im Schnitt 11,5 Stunden pro Woche, Mädchen nur 5,1 Stunden. Dafür verbrachten die Mädchen mehr Zeit (11,5 Stunden) mit Social Media, die Jungs nur 8 Stunden. Ergebnis: Multiplayer-Online-Rollenspiele verbessern die Englischkenntnisse der Kinder am meisten. Hauptaussage der Studie: Wer regelmäßig Videospiele spielt, hat ein deutlich größeres Englischvokabular als Nicht-Zocker.
Was passiert im Gehirn beim Computerspielen?
Beim Computerspielen vergrößern sich Gehirnregionen, die für räumliche Orientierung, Gedächtnisbildung sowie für strategisches Denken und Feinmotorik wichtig sind. Zu dem Ergebnis kommt eine Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung.
Die Probanden spielten 2 Monate lang täglich 30 Minuten lang „Super Mario 64“. Danach zeigte sich im Magnetresonanztomographen (MRT), dass der rechte Hippokampus, der präfrontale Kortex und Teile des Kleinhirns gewachsen waren. Diese Veränderungen waren sogar größer, wenn die Teilnehmer Spaß beim Computerspielen hatten.
Welche negative Folgen von Computerspielen gibt es?
Die genannten positiven Auswirkungen beziehen sich auf Computerspielen in Maßen. Extremspieler, die es übertreiben und unzählige Stunden vor dem Bildschirm verbringen, ohne jeden Ausgleich, müssen durchaus mit negativen Folgen und körperlichen Auswirkungen rechnen.
Der Bewegungsmangel kann bei Kindern zu Übergewicht und Einschränkungen bei der Körperhaltung und -koordination führen. Einige entwickeln auch eine Sucht nach Computerspielen. In extremen Fällen kann es sogar zu epileptischen Anfällen kommen.
Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft raten Experten Eltern, die Zeit für Computer- und Videospiele bei Kindern und Jugendlichen am Tag auf maximal eine Stunde zu beschränken. Zudem sollten Eltern die Kinder anfangs nicht alleine spielen lassen, sondern mit ihnen über die Inhalte oder Online-Kontakte sprechen. Darüberhinaus sollte immer auch Zeit für andere soziale Kontakte bleiben. Dann aber verbessern sich mit dem Computerspielen unter anderem die Reaktionsgeschwindigkeit, die Hand-Auge-Koordination sowie das logische und räumliche Denken der Gamer.
Computerspielen im Job: Eine gute Idee!
Computerspiele am Arbeitsplatz? Das klingt zunächst nach Zeitverschwendung. Gleichzeitig zocken viele in ihrer Arbeitspause – jeder Zweite im Büro tut das, so eine Umfrage der Hamburg Media School. „Eine gute Idee!“, sagen Hamburger Forscher. Das baue Stress ab. Außerdem seien die Arbeitnehmer danach erholter und konzentrierter bei der Arbeit.
Bestätigt wird das von Studien an der Penn State Universität. Hier konnten Shyam Sundar und Elizabeth Hutton zeigen, dass das Computerspielen im Job die Probanden kreativer und entspannter machte. Beim Spielen selbst kamen viele in den „Flow“ – ebenfalls ein produktiver Glückszustand.
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