Weniger Arbeiten: Doing-less-Theorie
Peter Taylor ist ein amerikanischer Zeitmanagement-Coach und einer der Hauptvertreter der Doing-less-Theorie. Ihr Grundprinzip besagt, dass Menschen sich mit zu vielen Aufgaben überfordern. Aus diesem Grund gelingt es ihnen auch nicht, die Karriereleiter empor zu steigen. Sie kommen schlicht nicht mehr dazu (bildlich gesprochen).
Das Gegenbeispiel dazu wäre Albert Einstein. Der hat im Jahr 1915 der Wissenschaftswelt seine revolutionäre Idee der Relativitätstheorie vorgestellt. Bis dahin aber widmete er stolze drei Jahre ihrer vollständigen Entwicklung, ohne sich von anderen Ideen ablenken zu lassen. Diese vollständige Konzentration auf eine einzige Idee oder Tätigkeit wird heute auch als Einstein-Prinzip bezeichnet. Aber was hat das mit Faulheit und Indolenz zu tun? Dazu kommen wir jetzt…
Schwan oder Küken: Wer sind Sie?
Die Doing-less-Theorie unterscheidet danach zunächst zwischen zwei Typen:
1. Küken
Gestresste und vollkommen überarbeitete Menschen sind sogenannte Küken: aufgeregt, motiviert, aber auch kopflos. Sobald sie etwas anfangen, lenken sie sich auch schon wieder durch weitere neue Ideen oder Aufgaben ab („Ach, das könnte ich ja auch noch machen!“ – „Neben meinem Blog muss ich auch noch ein Instagram-Profil, eine Facebook-Fanseite und Pinterest-Boards aufbauen…“) Häufig geschieht das auch unbewusst. Das Ergebnis ist aber stets dasselbe: Die Betroffenen verzetteln sich, verschwenden Zeit, Kraft und Energie, fangen Vieles an und bringen nichts davon zuende oder zumindest zu erfolgreicher Größe.
2. Schwäne
Die Schwäne – das sind die anderen. Sie bewegen oder gleiten scheinbar graziös durchs Leben, von einem Erfolg zum anderen. Die eigenen (!) Ziele behalten Sie dabei immer im Blickfeld. Doch nicht nur das: Sie priorisieren diese zuerst und arbeiten diese dann vollkommen fokussiert ab. Kein Multitasking, sondern stets volle Kraft und Konzentration auf die eine (gerade) wichtige Sache (siehe: Deep Work). So wie Einstein.
Faule sind produktiver und kreativer
Als einer der führenden Spezialisten der neuen Zeitmanagement-Lehre vertritt Peter Taylor in seinem Buch „The Lazy Winner“ die Meinung, dass der Schlüssel zu einem erfolgreichen und ausgeglichenen Leben in gezielter Faulheit liegt. Statt mit heraushängender Zunge von einer Aufgabe zur nächsten zu hetzen und doch nichts zu schaffen, sollen Sie sich – temporär – nur auf eine Sache konzentrieren.
Das ist zwar genau genommen gar nicht faul, kann aber auf andere so wirken – zumindest auf jene, die immer achso beschäftigt und längst dem Aktionismus verfallen sind. Tatsächlich aber seien die ruhigen, besonnenen (behäbigen) Schwäne wesentlich produktiver, kreativer, machen ihre Arbeit mit größerem Enthusiasmus und gewinnen letztlich so auch mehr Freizeit.
Gesunde Indolenz
Zu der Methode des Doing less gehören auch ein paar Grundsätze, wie sich Kräfte und Zeit schonen lassen. Hier sind einige Beispiele, die gesunde Faulheit und Indolenz fördern:
- Zeitverschwendung – Manche Aufgaben sind es schlicht nicht wert, erledigt zu werden (siehe Eisenhower-Prinzip).
- Ablehnung – Selbstverständlich ist damit keine Arbeitsverweigerung gemeint – das könnte den Job kosten. Aber manchmal muss man lernen, „Nein“ zu sagen – auch um sich vor Überforderung und Ausbeutung zu schützen.
- Störfaktoren – Insbesondere Smartphones und der Mail-Eingang können enorm von der Arbeit ablenken und zu Zeitkillern mutieren. Da hilft dann nur eins: abschalten – buchstäblich –
um die Konzentration zu steigern. - Pausen – Klingt widersprüchlich, ist aber unumgänglich: Wer mehr schaffen will, muss Pausen machen – zum Beispiel einen Powernap. Nur so behalten Sie die volle Kraft und Konzentration über den Tag hinweg.
Eine typische Frage im Coaching von Peter Taylor ist aber auch, wie viele ungelesene Mails die Teilnehmer in Ihrem Posteingang haben? So mancher antwortet dann „viele“. Ein klassischer Fehler, findet der Coach. Die Betroffenen nutzen ihren Posteingang so als Abstellraum. Dies aber sei einer der Trichter, durch den die Zeit verrinnt. Sobald die Betroffenen sich im Posteingang nach unten bewegen, gäben sie die Kontrolle über ihre Situation auf. Kontrolle sei aber die Voraussetzung für das Doing-less-Prinzip.
Weniger Arbeiten, mehr Verdienen: 7 plus 1 Regel
Mit Hilfe der folgenden „faulen“ Grundsätze verspricht Taylor, lassen sich Aufgaben minimieren und Erfolg und Einkommen steigern:
Konzentrieren Sie sich auf 3 Aufgaben pro Tag
Nehmen Sie sich jeden Morgen wenige Minuten Zeit, um die drei wichtigsten Aufgaben des kommenden Tag zu identifizieren. Konzentrieren Sie Ihre Kräfte nur darauf. Nur diese drei sind vorrangig, die restlichen Tätigkeiten werden verschoben. Allein diese einfache, aber starke Regel wird Ihre Produktivität deutlich erhöhen.
Machen Sie 20 Minuten Sport pro Tag
Sport ist nicht nur für den Körper gesund. Auch unser Gehirn profitiert von der körperlichen Bewegung: So wird beim Sport das Stesshormon Cortisol abgebaut – der Stresslevel sinkt. Gleichzeitig werden Denkblockaden gelöst – die Gedanken fließen schon währenddessen besser und neue Ideen entstehen. Schon 20 Minuten leichter Sport pro Tag haben einen merklichen Effekt.
Setzen Sie strikte Zeitlimits
Das Parkinson-Gesetz besagt, dass eine Aufgabe genau die Zeit in Anspruch nimmt, die ihr zugewiesen wird. Wenn Sie also für ein Meeting fünf Stunden einplanen, dann werden Sie diese fünf Stunden auch benötigen. Ob das so sein muss, ist genau die Frage. Oft entstehen die besten Ideen und Lösungen erst am Schluss. Warum also nicht (Laber-)Zeit sparen und das Meeting von vornherein auf 30 Minuten ansetzen und Limits setzen? Sie werden sehen: Sie erzielen so dieselben Ergebnisse – nur schneller und arbeiten de facto weniger.
Nutzen Sie die 80/20-Regel
Die 80/20-Regel besagt, dass Sie oft mit nur 20 Prozent Einsatz schon 80 Prozent des angepeilten Ergebnisses erreichen – das sogenannte Pareto-Prinzip. Alles was Sie tun müssen, um mehr zu schaffen (ohne sich dabei mehr anzustrengen), ist, diese effektiven 20 Prozent zu identifizieren und sich darauf zu konzentrieren.
Stoppen Sie Multitasking
Multitasking macht Sie nicht produktiver. Tatsächlich beeinflusst die zeitgleiche Einteilung Ihrer Aufmerksamkeit Ihre Ergebnisse, ihre Konzentration und Ihre Energie negativ. In der Folge arbeiten Sie langsamer und machen mehr Fehler. Wollen Sie produktiver werden und in kürzerer Zeit mehr erledigen, dann sollten Sie eine Aufgabe nach der anderen erledigen (siehe: Monotasking).
Machen Sie eine Informations-Diät
Es ist heute genauso leicht, eine Überreizung durch Informationen zu bekommen, wie einen Hitzschlag in der Sahara. Sogar die Symptome sind gleich: Konzentrationsschwäche, wirre Gedanken, verlangsamte Reaktionen. Versuchen Sie also nicht jede Timeline in jedem sozialen Netzwerk zu verfolgen und unendlich Online-Lektüre in sich reinzustopfen. Häufig ist das nur pure Prokrastination oder FOMO – die Angst, etwas zu verpassen. Versuchen Sie es stattdessen mal mit einer Info-Diät: Weniger Smartphone-Klicken, mehr machen.
Finden Sie einen passenden Ort
Wenn wichtige Aufgaben anstehen, spielt auch der Ort eine Rolle. Finden Sie einen passenden Ort, wo Sie nicht abgelenkt werden und/oder wo Ihre Gedanken freien Lauf haben. Oft gehört der eigene Schreibtisch nicht dazu. Entscheidend ist: Der Ort muss zur Aufgabe passen – nicht umgekehrt
Haben Sie bis hierhin gelesen? Gut. Vielleicht möchten Sie dann auch schon gleich mit einem der Tipps loslegen… Nicht gut! Denn auch das könnte wieder Küken-Aktionismus sein. Besser ist, sie suchen sich zuerst einen Grundsatz heraus, der am besten zu Ihnen und Ihrer Situation passt und maximalen Effekt verspricht. Damit beginnen Sie, trainieren das – und machen dann erst mit dem zweiten Tipp weiter. Ganz elegant – wie ein Schwan.
Pomodoro Technik: Produktiver Arbeiten
Die Doing-less-Theorie vereint letztlich zahlreiche andere Zeit- und Selbstmanagement-Methoden, einschließlich der sogenannten Pomodoro Technik. Diese Methode wurde von Francesco Cirillo in den Achtzigerjahren entwickelt und hat den Namen von einer beliebten Küchenuhr in Tomatenform. Ihr liegt das einfache Prinzip zu Grunde: Nach 25 Minuten Arbeit sind fünf Minuten Pause notwendig.
Und so geht’s: Aus Ihrer Aufgabenliste nehmen Sie die mit höchster Priorität. Stellen Sie die Uhr auf 25 Minuten, und fangen Sie an. Lassen Sie sich nicht ablenken bis das Signal ertönt. Ruhen Sie sich jetzt fünf Minuten aus und fangen Sie mit der nächsten 25-Minuten-Einheit an. Nach jeweils vier Einheiten sollten Sie die Pause verlängern. Benötigt die Aufgabe mehr als fünf Tomaten, sollte sie in mehrere Teile gegliedert werden.
Durch die Pomodoro Technik lassen sich große Aufgaben in leichter verdauliche Happen einteilen, gleichzeitig erhöht sich die Aufmerksamkeit innerhalb der Einheiten und die Planung des Arbeitstages fällt leichter.
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