Bedeutung: Den seinen gibt’s der Herr im Schlaf
„Da muss ich erst einmal eine Nacht drüber schlafen…“ Was klingt, wie eine faule Ausrede, ist tatsächlich eine gute Idee – vor allem bei kniffligen Entscheidungen: Unser Kopf freut sich über guten und tiefen Schlaf enorm. Dabei findet jedes Mal eine regelrechte Gehirnwäsche statt. Der Begriff „Gehirnwäsche“ ist nahezu wörtlich zu nehmen: Tatsächlich entsorgt unser Gehirn im Schlaf allerlei molekularen Abfall und schädliche Stoffwechselprodukte, die während des Tages angefallen sind, und schafft so im Schlaf Platz sowie eine gesunde Umgebung für neue Informationen.
Es passiert aber noch mehr: Das Gehirn lernt im Schlaf, trennt Wichtiges von Unwichtigem – und das ganz ohne Druck. Der Stress hinter dem Gedanken „Ich muss jetzt eine Antwort finden“ bewirkt in schöner Regelmäßigkeit das genaue Gegenteil: Blackout und Stillstand im Kopf.
Leerlauf im Gehirn fördert Ideen
Die besten Ideen und Lösungen fallen uns dafür umso öfter ein, wenn wir gerade nichts tun, nichts denken. Zum Beispiel unter der Dusche – oder im Schlaf. „Default Mode“ heißt dieser Zustand unter Wissenschaftlern. Gemeint ist der Leerlauf des Gehirns, in dem Gelerntes und Erlebtes besonders gut verarbeitet und neu verknüpft werden – die perfekte Voraussetzung, um die Lösung zu einem Entscheidungsdilemma auf dem Silbertablett präsentiert zu bekommen.
Eine Nacht drüber schlafen: Das passiert alles dabei
Gleich mehrere Studien bestätigen die positiven Wirkungen und Nebenwirkungen von gesundem, erholsamen Schlaf…
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Schlafen macht schlau
Schon kurzes Schlafen kann unsere kognitiven Fähigkeiten enorm steigern, so eine Studie des Psychologie-Professors Matthew Walker an der Universität von Kalifornien in Berkeley. Er untersuchte die geistigen Fähigkeiten seiner Probanden und teilte diese zwei Gruppen ein. Beide bekamen mittags eine anspruchsvolle Lernaufgabe gestellt. Gegen 14 Uhr durfte die eine Gruppe eine 90-minütige Siesta einlegen und wegdösen, die anderen mussten durcharbeiten. Gegen 18 Uhr bekamen beide Teams erneut Lernaufgaben gestellt, und siehe da: Die Mittagsschläfer lernten jetzt schneller und besser als die Kontrollgruppe.
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Schlafen stärkt das Erinnerungsvermögen
Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung von Avi Karni von der Universität Haifa. Beim Schlafen prägt sich frisch Gelerntes in unser Langzeitgedächtnis ein. Anstatt krampfhaft über Stunden die Lernunterlagen anzustarren, kann es daher helfen, sich lieber für ein paar Stunden hinzulegen. Das gibt Energie und am Ende erinnert man sich besser an die Lerninhalte.
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Schlafen hilft beim Lernen
Eine Studie um Robert Stickgold von der Harvard Medical School zeigt, dass erfolgreiche Lernstrategien möglichst zahlreiche Schlafpausen – kurz: „Naps“ – beinhalten sollten. Bei dem Versuch sollten die Teilnehmer mehrere Orientierungsaufgaben in einer animierten Computerlandschaft lösen. Dabei zeigte sich: Jene Probanden, die zwischendurch einen Nap machen konnten und dabei sogar träumten, lernten sich schneller zu orientieren und lösten auch die Aufgabe insgesamt besser. Wer viel lernen will, sollte sich also zwischendurch Schlafintermezzos gönnen in denen auch Zeit zum Träumen bleibt.
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Ausgeschlafene wählen schneller
Wer viel entscheiden muss, büßt einen Gutteil seiner geistigen Kapazitäten ein. Das hat die Psychologin Kathleen Vohs herausgefunden. Denn Entscheidungen machen müde. Egal, ob man diese freiwillig oder unter Druck trifft, ob sie Spaß machen oder nicht – sie powern uns aus. Die ständige Wahl – sie wird tatsächlich zur Qual. Wer vor wichtigen Entscheidungen steht, sollte sie deshalb nicht am Ende eines anstrengenden und entscheidungsreichen Tages treffen. Schon eine Stunde Schlafmangel kann unsere Reaktionsgeschwindigkeit drastisch senken: Wir treffen schlechtere Entscheidungen und gehen höhere Risiken ein, so eine Studie von Virginie Godet-Cayré vom Centre for Health Economics and Administration Research in Frankreich.
Eine Nacht über eine schwere Entscheidung zu schlafen, hilft also tatsächlich (siehe: 30:30 Regel). Umgekehrt sollten Sie die Folgen von Schlafmangel nicht unterschätzen:
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7 verbreitete Irrtümer über den Schlaf
Zum Thema Schlaf kursieren die verschiedensten Einschlaftipps und Einschlafhilfen. Jeder hat seine einen Einschlafrituale, von denen er oder sie sich jeden Abend einen erholsamen Schlaf verspricht.
Die einen schwören auf ein gutes Buch, um runter zu kommen. Andere nutzen Meditation oder Yoga und wieder andere gehen jeden Abend in die Badewanne, um sich vor dem Schlafen zu entspannen. Was für Sie funktioniert, können wir nicht wissen. Schlaf ist individuell. Drumherum gibt es leider auch viel Halbwissen, mit dem wir hier aufräumen wollen.
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Wer Schäfchen zählt, schläft schneller ein
Schäfchenzählen ist ein Klassiker unter den Einschlafhilfen. Das Problem daran: Es ist Quatsch. Studien an der Universität Oxford konnten längst zeigen, dass es keinen messbaren Effekt auf die Dauer des Einschlafens hat, wenn Probanden sich mit dem Zählen von Schafen beschäftigen. Dachten die Studienteilnehmer hingegen an etwas Schönes und Entspannendes, konnten Sie wirklich schneller in den Schlaf finden. Verzichten Sie also auf die Schäfchen und stellen Sie sich lieber vor, im Urlaub am Strand zu liegen.
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Sie können im Voraus schlafen
Es klingt zu schön, um wahr zu sein – leider ist es das auch: Vorschlafen funktioniert nicht. Egal wie viel Sie am Wochenende schlafen: Wenn Sie unter der Woche regelmäßig zu wenig Schlaf bekommen, werden Sie sich sofort wieder müde und erschöpft fühlen. Natürlich kann man eine Nacht ohne Schlaf besser überstehen, wenn man ausgeschlafen ist. Das liegt aber nicht am Vorschlafen, sondern daran, dass Sie ohne Schlafmangel mehr Energie haben.
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Wer länger schläft, fühlt sich erholter
Jeder wünscht sich einen langen Schlaf von mindestens sieben, besser neun Stunden. Doch es kommt nicht nur darauf an, wie lange Sie schlafen. Die Schlafqualität ist viel wichtiger. Gerade in den Tiefschlafphasen erholt der Körper sich besonders stark, weshalb eine Störung in dieser Zeit großen Einfluss auf den Erholungseffekt im Schlaf hat. Auch zehn Stunden Schlaf wirken also nicht erholsam, wenn Sie während der Tiefschlafphasen gestört oder sogar aufgeweckt werden.
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Ein Stück Schokolade vor dem Einschlafen hilft
Einige Menschen schwören auf ein Betthupferl – meist in Form eines Stücks Schokolade kurz vor dem Hinlegen. Wer jedoch Probleme beim Einschlafen hat, sollte darauf verzichten. Der Grund ist das im Kakao enthaltene Theobromin, das ähnlich wie Koffein eine aufputschende Wirkung hat. Diese ist zwar geringer als bei Kaffee, kann aber ausreichen, um das Einschlafen zu erschweren.
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Ein Glas Wein vor dem Zubettgehen hilft
Ähnlich wie die Schokolade trinken viele am Abend gerne noch ein Gläschen Wein. Gesundheitlich ist dies unbedenklich (solange es bei einem Glas bleibt). Beim Einschlafen kann die entspannende Wirkung des Alkohols sogar wirklich helfen. Schwieriger wird es allerdings in den späteren Schlafphasen, da Alkohol zu unruhigerem Schlaf führt und es damit das Durchschlafen erschwert. Auch kennen viele das Problem, nach dem Alkoholgenuss nachts auf die Toilette zu müssen.
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Je älter, desto weniger Schlaf benötigen wir
Oft wird vermutet, dass ältere Menschen weniger Schlaf benötigen. Manche sprechen auch von der „senilen Bettflucht“. Doch auch das ist ein Irrtum. Im Alter ändert sich lediglich die Verteilung: Zwar stehen viele ältere Menschen früher auf, der restliche Schlaf wird dann aber beispielsweise durch ein Nickerchen oder auch einen längeren Mittagsschlaf erzielt.
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Es ist Einstellungssache, ob ich Frühaufsteher bin
Viele Frühaufsteher können nicht nachvollziehen, warum Langschläfer morgens nicht aus dem Bett kommen und unterstellen entweder fehlende Motivation oder Selbstdisziplin. Ein großer Irrtum! Ob Frühaufsteher oder Langschläfer – das können wir uns nicht aussuchen. Vielmehr ist das Teil unserer angeborenen Chronobiologie. Dieses Biorhythmus kann auch durch Übungen nicht einfach geändert werden. Es zwar möglich, sich zum frühen Aufstehen zu zwingen, doch ändert dies nichts an unseren spezifischen Leistungshochs und -tiefs.
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