Arbeitssucht Definition: Was ist das genau?
Der Begriff Arbeitssucht deutet bereits an, dass es sich hier um eine krankhafte Übersteigerung handelt:
Arbeitssucht ist der Zwang, einen über das normale Maß hinaus gehenden Einsatz an Arbeit und Leistung zu erbringen – ganz gleich, welche Bedeutung die zu erledigenden Aufgaben haben.
Wer arbeitssüchtig ist, ist voll und ganz auf die Arbeit fixiert. Die Arbeit wird mit nach Hause genommen, es werden Überstunden bis in die Nacht gemacht, selbst im Urlaub wird noch gearbeitet. Es liegt auf der Hand, dass Partnerschaft und Familie des Arbeitnehmers zu kurz kommen. Auch gesundheitliche Beschwerden werden übergangen, um entsprechende Leistung zu erbringen.
Für Außenstehende mag das nicht sofort erkennbar sein: Möglicherweise arbeitet der Kollege nur an seinem beruflichen Aufstieg, wer will nicht weiterkommen? Und welcher Chef wehrt sich schon, wenn einer seiner Mitarbeiter großes Engagement und Pflichtbewusstsein an den Tag legt?
Was in Wirklichkeit bereits Arbeitssucht ist, kann auf andere wie der normale Wunsch nach Wertschätzung aussehen, der sich in entsprechendem Arbeitseifer niederschlägt.
Arbeitssucht Symptome: Keine Klassifizierung nach ICD-10
Arbeitssucht gehört zu den sogenannten nichtstoffgebundenen Süchten, wie beispielsweise auch für die Spielsucht. Das Klassifizierungssystem ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) hat keine eigene Kategorie für diese Erkrankungen.
Vielmehr wird Arbeitssucht demnach als eine Störung der Impulskontrolle verstanden. Dadurch, dass eine Klassifizierung der Arbeitssucht fehlt, werden die Symptome und Folgen dieser Erkrankung oftmals nicht entsprechend erkannt und behandelt.
Folgende Symptome zeichnen sich bei den von Arbeitssucht Betroffenen ab:
- Das gesamte Denken kreist nur um die Arbeit, auch in der Freizeit kann der Betroffene nicht abschalten.
- Der Arbeitnehmer ist davon überzeugt arbeiten zu müssen, ein Ausfall oder Pausen kommen nicht infrage.
- Umfang und Dauer der Arbeit können nicht mehr kontrolliert werden.
- Es kommt zu Entzugserscheinungen inklusive körperlicher Symptome beim Pausieren.
- Um eine gewisse Zufriedenheit zu erlangen, muss immer mehr gearbeitet werden.
Arbeitssucht Folgen: Kennen Sie noch Feierabend?
Einen echten Feierabend kennen Arbeitssüchtige nicht. Selbst in der Freizeit wälzen sie Probleme, im Urlaub bleiben sie – der modernen Technik sei Dank – mit dem Büro verbunden und erholsamer Tiefschlaf ist für sie nur eine andere Bezeichnung für Koma.
Kurz: Die Arbeit ist nicht Teil ihres Lebens, sie IST ihr Leben.
Aber so ein Leben fordert natürlich seinen Tribut. Typische körperliche Begleiterscheinungen eines Arbeitssüchtigen sind daher:
- Bluthochdruck
- Herzschmerzen
- Kopfschmerzen
- Magenprobleme
- Schlafstörungen
- Tinnitus
Die Folgen sind offensichtlich: Wer immer nur arbeitet, arbeitet, arbeitet ohne sich je zu erholen oder den Kopf frei zu bekommen, wird früher oder später ausbrennen: Erst bleiben die guten Ideen weg, dann der Spaß und schließlich werden auch Leistungskraft und Ergebnisse leiden.
Die Folgeerscheinungen einer Arbeitssucht sind in jedem Fall massiv. Oftmals werden Betroffene bereits mit Mitte 50 arbeitsunfähig. Auch frühe Todesfälle sind keine Seltenheit. In Japan ist das Phänomen bereits länger als Karoshi, Tod durch Überarbeitung, bekannt.
Arbeitssucht Test: Sind Sie schon Workaholic?
Workaholics bezeichnen sich selbst gerne als ehrgeizig und loben ihre eigenen Ambitionen. Am Anfang steht dabei meist der Spaß und die Begeisterung für den Job.
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4 starke Indizien für eine Arbeitssucht
Falls Sie sich nun fragen, ob Sie zu den Gefährdeten gehören – es gibt mindestens vier deutliche Anzeichen dafür, dass Sie die Arbeitssucht bereits gefangen genommen hat:
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Sie können nicht delegieren.
Die meisten Arbeitssüchtigen tun sich schwer damit, Verantwortung zu teilen oder gar einzelne Aufgaben abzugeben. Entweder, weil sie fürchten dann die Kontrolle darüber zu verlieren. Oder, weil sie glauben, das Ergebnis wäre dann nur halb so gut. Wenn überhaupt. Sie neigen entweder zum Perfektionismus oder zum Kontrollfreak, oder zu beidem. Und beides sind sichere Wege in Frustration und soziale Isolation.
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Sie sprechen immerzu vom Job.
Egal, ob Sie in der Kaffeeküche stehen, einen Kongress besuchen oder abends mit Freunden in einer Bar zusammenstehen – es dauert nicht lange, bis Sie das Gespräch auf den Job gelenkt haben: Branchenzahlen, Projektfortschritte, Personalien, Ihr Chef, die Karriere – das ist es worum Ihre Gedanken kreisen. Umgekehrt: Sobald das Gespräch nicht darum geht, beginnen Sie sich zu langweilen.
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Sie vernachlässigen private Aufgaben.
Schauen Sie sich einmal kritisch in Ihrer Wohnung um: Türmen sich Schmutzwäsche und Geschirr in der Spüle? Die Haushaltsmitglieder monieren längst überfällige Reparaturen? Sie vergessen regelmäßig einzukaufen oder die Besorgungen, die man Ihnen aufgetragen hat? Auch das sind typische Anzeichen, dass sich Ihre Prioritäten ungleich verschoben haben und Ihr Kopf kaum noch frei ist.
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Sie vereinsamen.
Je mehr Sie sich in die Arbeit stürzen, desto weniger Zeit haben Sie für die Familie, Freunde, Bekanntschaften. Logisch, aber gefährlich. Damit fehlt Ihnen zugleich die Inspiration durch Fachfremde – denken Sie nur an das studium generale: Je mehr man über den Horizont der eigenen Disziplin blickt, desto größer der Lerneffekt. Zum anderen fehlt das soziale Korrektiv: Oft sind es allein die guten Freunde, die einem unverblümt sagen, dass man sich zum Nachteil verändert hat.
Wohlgemerkt, hier geht es nicht um einen Appell zu mehr Work-Life-Balance. Die ist ohnehin eine Utopie, weil es im Leben immer Phasen geben wird, wo mal das eine oder andere überwiegt. Es geht darum, bei aller Leidenschaft und allem Ehrgeiz für den Beruf eines nicht zu vergessen: Es gibt auch noch ein Leben neben der Karriere. Arbeitssucht ist kein Schicksal!
Ursachen für Arbeitssucht: Bestätigung über Leistung
Natürlich ist nicht jeder arbeitssüchtig, der aus bestimmten Gründen viel arbeitet. Es kommt auf den Zeitraum an, den das Ganze andauert und auch die persönliche Einstellung. Zu Beginn einer sich abzeichnenden Arbeitssucht hat der Betroffene noch alles unter Kontrolle.
Oftmals steckt hinter einer Arbeitssucht eine Flucht vor Problemen im Privatleben: In der Partnerschaft gibt es Streitigkeiten, vielleicht sogar eine Scheidung. Ebenso die persönlich empfundene Midlife-Crisis oder ein Todesfall können dazu führen, dass jemand sich in die Arbeit stürzt, um sich abzulenken.
Anfänglich zahlt sich das in Belohnung aus: Der Arbeitssüchtige erhält Zuspruch, vielleicht sogar Dankbarkeit und Anerkennung. Zu wissen, dass man gebraucht wird, steigert das Wohlbefinden, die Motivation und das Selbstwertgefühl. Aber es gibt auch andere Ursachen, beispielsweise:
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Flexible Arbeitszeiten
Sie werden oftmals als Errungenschaft angepriesen und ermöglichen oftmals erst eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Kehrseite ist allerdings, dass häufig aufgrund eigener Entscheidungsfreiheit mehr und intensiver gearbeitet wird.
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Angst vor Arbeitslosigkeit
In Zeiten befristeter Arbeitsverträge glauben viele Arbeitnehmer noch mehr Einsatz bringen zu müssen, um drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden.
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Starke Minderwertigkeitskomplexe
Eine andere Ursache könnten Erfahrungen in der Kindheit sein: Eltern, die dem Kind nur dann Liebe und Achtung geben, wenn es gute Leistungen erbringt. Die umgekehrt schlechte Leistungen sogar bestrafen: Dieses Verhalten kann dazu führen, dass das Kind sich bei guten Leistungen bestätigt fühlt, bei schlechten Leistungen jedoch von Druck, Schuldgefühlen und Selbstzweifeln geplagt wird. Kompensiert wird das Ganze im Erwachsenenalter mit Arbeit.
Aus diesen Ursachen ist ersichtlich, dass längst nicht nur Manager von Arbeitssucht betroffen sind. Zwar mögen Berufe, die ein besonders hohes gesellschaftliches Ansehen haben, tendenziell stärker betroffen sein. Letztlich können aber auch Selbständige, Angestellte oder Arbeiter genauso daran erkranken wie Hausfrauen und Rentner.
Zwei Bier gehen immer! – Eine Parabel
Ein Professor hält eine Vorlesung über Zeitmanagement. Vor ihm steht ein leerer Eimer. Er schüttet bis zum Rand Kieselsteine hinein. Dann fragt er seine Studenten, ob der Eimer voll ist. Die nicken.
Der Professor rümpft die Nase und schüttelt den Kopf. Er nimmt einen zweiten Beutel mit kleinen Steinen, schüttet ihn ebenfalls in den Eimer, rüttelt ein wenig, bis alle versunken sind. „Ist der Eimer jetzt voll?“, fragt er seine Studenten. Die sind etwas verunsichert, bejahen aber die Frage.
Der Professor schüttelt wieder den Kopf und schüttet noch einen Beutel Sand in den Eimer. Dasselbe Spiel: Nach einigem Rütteln ist auch der vollständig im Eimer verteilt. „Aber jetzt ist der Eimer voll, oder?“, fragt der Prof ins Auditorium. Die Studenten nicken siegessicher.
Denkste! Der Professor nimmt zwei Flaschen Bier, öffnet sie und kippt sie in den Behälter. Das Bier versickert. „Jetzt – ist der Eimer voll“, sagt der Professor.
Dann macht er eine Kunstpause und fragt die Studenten: „Nun, meine Damen und Herren, was haben Sie heute gelernt?“ Keine Antwort. Der Wissenschaftler lächelt, schiebt den Eimer beiseite und erzählt eine Parabel:
„Sie haben heute etwas über Ihr Leben gelernt:
- Die Kieselsteine, das sind die großen Brocken, die wichtigsten Dinge in Ihrem Leben – Familie, Freunde, Gesundheit. Die nehmen das meiste Gewicht, den größten Platz in Ihrem Leben ein.
- Die kleinen Steine, das ist Ihre Ausbildung, der spätere Job. Er kann Sie ausfüllen. Aber er macht Ihr Leben nicht voll.
- Denn dazu fehlt der Sand – Ihre Hobbys, kleine Wünsche und Ziele, die Sie sich selbst gesteckt haben.“
Die Studenten gucken nachdenklich. Dann fragt einer: „Aber was ist mit dem Bier?“
Der Dozent lächelt: „Wenn Sie das nächste Mal ein guter Freund oder ein Kollege fragt, ob Sie sich mal wieder treffen wollen, dann denken Sie nicht, Sie seien ach so beschäftigt und Ihr Leben sei so randvoll, dass Sie dafür keine Zeit mehr hätten. Sie sehen selbst: Zwei Bier gehen immer!“
Arbeitssucht Therapie: Ausweg aus dem Teufelskreis
Sie haben unseren Test gemacht und befürchten nun, dass Sie arbeitssüchtig sind? Folgende Punkte können Ihnen helfen:
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Einsicht
Wie bei allen psychischen Erkrankungen steht die Einsicht des Betroffenen an erster Stelle. Zu erkennen, dass man ein Problem hat, hilft einem dabei, die nächsten Schritte in die Wege zu leiten. Selbstreflexion ist ein Anfang, aber auch Gespräche mit Freunden und Familie, wie sie Ihre Lage einschätzen, kann Ihnen weiterhelfen.
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Akzeptanz
Statt sich selbst nun zu schelten, dass Sie ein Problem haben, versuchen Sie es zu akzeptieren. Sie bauen nur unnötigen Druck auf, wenn Sie sich selbst dafür verurteilen. Zu einem früheren Zeitpunkt schien Ihre bisherige Vorgehensweise angebracht, Sie haben sich nach bestem Wissen so verhalten. Nun, da Sie erkannt haben, dass Sie sich selbst damit schaden, werden Sie Ihr bestes geben, zum dieses Verhalten zum Positiven für Sie zu ändern.
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Ursachenforschung
Fragen Sie sich ehrlich, ob Sie mit Ihrer Arbeitssucht vor etwas flüchten. Worin liegt konkret der Vorteil Ihrer Arbeitswut? Oder anders gefragt: Worin läge der Nachteil, wenn Sie ihr nicht mehr in diesem Umfang nachgingen? Oftmals ziehen Arbeitssüchtige etwas aus dieser Sucht (siehe oben), längst ist es nicht nur die Angst vor Arbeitslosigkeit.
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Überzeugung
Wenn Sie erkannt haben, dass Arbeit in Form von Arbeitssucht ganz offensichtlich nicht Ihr Lebensinhalt sein sollte, dann brauchen Sie neue Inhalte. Oftmals leidet die Gesundheit, aber auch das soziale Leben stark unter der Arbeitssucht. Wenn Sie zu der Überzeugung gelangt sind, dass Sie sich zukünftig mehr Ihrer Gesundheit und Ihren sozialen Kontakten widmen wollen, dann ist ein weiterer Schritt gemacht. Überlegen Sie sich Möglichkeiten, wie Sie Ihre Gesundheit und Ihre sozialen Kontakte stärken können, beispielsweise, indem Sie bewusst Pausen und Freizeit einplanen.
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Alternativen
Suchen Sie sich gezielte Alternativen zur Arbeit. Regelmäßiges Training in einem Sportverein bedeutet dreifachen Gewinn für Sie: Sie tun etwas für Ihre körperliche Gesundheit, in dem Sie die Muskeln beanspruchen. Ebenso fördern Sie aber Ihre mentale Gesundheit und Kreativität, weil Sie einen Ausgleich zur Arbeit haben. Wer außerdem im Verein trainiert, knüpft leichter neue Kontakte und beugt so Isolation vor. Unterstützend begleiten können Sie solche Aktivitäten mit Auszeiten, in denen Sie Entspannungsübungen, Achtsamkeit oder Meditation betreiben.
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Hilfsangebote
Bei alledem sollten Sie sich nicht zu schade sein, Hilfe anzunehmen. Bitten Sie Ihren Partner, Freunde oder Kollegen um Unterstützung. Eine weitere Möglichkeit sind AAS-Gruppen, Selbsthilfegruppen von Anonymen Arbeitssüchtigen beziehungsweise Menschen mit Arbeitsproblemen. Nicht jedem liegt diese nach Vorbild der Anonymen Alkoholiker organisierten Gruppen, daher kann auch eine Psychotherapie ein guter Weg sein, den wahren Motiven für die Arbeitssucht auf den Grund zu gehen und die alten Muster abzustreifen.
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