Schadenfreude: Was sagt sie über uns aus?

„Ätsch!“ – Schadenfreude begegnet uns überall: Jemand stolpert und sieht dabei so komisch aus, dass wir uns das Grinsen kaum verkneifen können… Oder die peinlichen Flirtversuche des Kollegen! Fremdschämen pur. Pleiten, Pech und Pannen wecken in uns nicht nur noble Emotionen, sondern eben auch reichlich Schadenfreude. Woher aber kommt das Gefühl – und ist Schadenfreude gut oder schlecht oder boshaft?

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Definition: Was ist Schadenfreude?

Als Schadenfreude (Synonym: Schadensfreude) wird die Freude über das Missgeschick oder Unglück eines anderen Menschen bezeichnet. Dabei werden zwei Formen unterschieden:

  1. Heimliche Schadenfreude
    Sie äußert sich nur versteckt im Inneren, nach außen ist nichts davon spürbar.
  2. Offene Schadenfreude
    Diese Form zeigt sich unverhohlen – durch lautes Lachen, Hohn und Spott, Häme, Zynismus oder Sarkasmus.

Generell wird Schadenfreude als passives, indirekt ausgelebtes Gefühl eingestuft, weil die Person, die sie empfindet, gar nichts für das fremde Missgeschick kann.

Ist Schadenfreude eine deutsche Emotion?

Tatsächlich ist Wort „Schadenfreude“ ein deutsches Lehnwort, dass es im Englischen, Französischen, Italienischen, Spanischen, Portugiesischen oder Polnischen nicht gibt. Sind wir Deutsche also ein Volk von boshaft Missgünstigen? Nein, sagen Sprachwissenschaftler wie Anatol Stefanowitsch. Auch im Englischen gibt es Analogien wie etwa „gloating“ oder „malicious joy“. Wir Deutsche haben dafür nur einen besonders griffigen Begriff.


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Schadenfreude Bedeutung

Obwohl Schadenfreude in vielen Religionen und Wertesystemen als unsympathischer Wesenszug geächtet und daher häufig von Schuldgefühlen begleitet wird, spielt sie vor allem in der Psychologie eine Rolle beim Erhalt von Gerechtigkeit und der Bestrafung von Regelverstößen in einer Gesellschaft.

Aber Freude am Schaden anderer empfinden und erst im Augenblick des Scheiterns triumphieren? Das gehört sich nicht. Da schwingt im Subtext reichlich viel Boshaftigkeit, Neid und Missgunst mit. Schon das Sprichwort weiß: „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen!“

Psychologie: Woher kommt Schadenfreude?

Studien zeigen heute: Schadenfreude ist eng an Sympathie bzw. Antipathie geknüpft. Sie entsteht vor allem dann, wenn wir den Geschädigten nicht mögen und ihm sein Unglück gönnen. Bei Freunden reagieren wir wesentlich empathischer und leiden eher noch mit, statt uns diebisch zu freuen.

Was aber ist dann mit Slapstick-Videos und Pannen-Shows wie „Dschungelcamp“ oder „DSDS“? Auch sie basieren wesentlich darauf, dass sich die Zuschauer am Misslingen und der Peinlichkeit anderer laben und ergötzen. Dahinter versteckt sich eine zweite Ursache für Schadenfreude: Indem wir uns über Fehler und Pleiten anderer amüsieren, fühlen wir uns selbst besser. Glück ist eben relativ.

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Ist Schadenfreude die schönste Freude?

Tatsächlich können Hirnforscher heute Schadenfreude nachweisen. Den Neurologen Tania Singer und Claas Enno Stephan zufolge ist diese Emotion fest im Gehirn verankert. So zeigten die Probanden beim Anblick eines Sympathieträgers mit Schmerzen unmittelbar Mitgefühl. Handelte es sich jedoch um einen Unsympathen, sprang dagegen das Belohnungszentrum im Gehirn an – der Nucleus Accumbens.

Bemerkenswert daran: In dem Gehirnareal werden auch Rachegefühle verortet. Schadenfreude ist uns also eine tiefe Genugtuung und Befriedigung für ausgleichende Gerechtigkeit, Motto: „Karma regelt das!“

Überdies zeigen Studien, dass Männer häufiger Schadenfreude empfinden als Frauen. Vermutet wird ein evolutionärer Hintergrund: Ursprünglich seien vor allem Männer für die Bestrafung zuständig gewesen, während Frauen eher für den Zusammenhalt der Familie und Gruppe sorgten.

Sprüche und Zitate zur Schadenfreude

  • „Das größte Unglück ist komisch, solange es anderen passiert.“ (Sprichwort)
  • „Es ist ein großer Trost, andere dort scheitern zu sehen, wo man selbst gescheitert ist.“ (William Somerset Maugham)
  • „Der Mensch ist zur Freude geboren. Kann er sich nicht über seine eigene Schönheit freuen, freut er sich über die Hässlichkeit der anderen.“ (Franz von Schönthan)
  • „Neid ist der Ärger über den Mangel an Gelegenheit zur Schadenfreude.“ (Unbekannt)
  • „Neid zu fühlen, ist menschlich; Schadenfreude zu genießen, teuflisch.“ (Arthur Schopenhauer)
  • „Für die Schadenfreude ist die Freude zu schade.“ (Werner Mitsch)


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Was sagt Schadenfreude über einen Menschen aus?

So menschlich normal Schadenfreude in Maßen auch ist – sie ist zugleich ein Indiz für Menschen mit ausgeprägtem Dominanzgehabe und mangelndem Selbstwertgefühl. Denn das sucht in dem Fall eine externe Bestätigung: „Ich bin ja doch besser als du!“ – Des einen Leid ist des anderen Freud'“, lautet eine andere Redewendung und verrät ebenfalls den bösen sozialen Vergleich.

Auf dieselbe Spur bringt uns die einfache Gegenfrage: Hätten wir uns genauso über den Erfolg des anderen gefreut? Auch dann, wenn die Person etwas erreicht, was wir uns selbst gewünscht hätten? Nicht selten hilft Schadenfreude Betroffenen dabei, sich aufzuwerten, indem sie – heimlich oder offen – registrieren, wie anderem etwas Schlechtes passiert, Motto: „Relativ betrachtet, bin ich jetzt besser dran.“

Darum gibt es so viel Schadenfreude im Job

Gerade der Arbeitsplatz ist die perfekte Kulisse, um sich über das Unglück anderer zu freuen. Der unliebsame Kollege wird vom Chef zurechtgewiesen, die Idee der Überfliegerin kommt gar nicht gut an… Fast jeder kann sich in diesen Situationen auf Kosten anderer amüsieren.

Die häufige Schadenfreude im Job erklären Wissenschaftler der Universität Zürich durch die große Konkurrenz: Der Impuls zur Schadenfreude sei besonders stark, weil damit ein eigener Vorteil einhergeht. Mit dem Malheur des Kollegen öffnet sich für uns eine Art zweite Chance: Wir können die Fehler anderer für uns ausnutzen und die Konkurrenz abhängen.

Wenn aus Freude Sabotage wird

Beispiel Theater: Fällt die Erstbesetzung für die Hauptrolle aus, rückt automatisch die Zweitbesetzung nach. Das kann eine günstige Gelegenheit sein, um auf sich und sein Talent aufmerksam zu machen und künftig stärkere Beachtung zu finden.

Experten warnen allerdings davor, dass allzu große Schadenfreude im Job zu ernsthaften Problemen führt: Irgendwann wird nicht mehr miteinander, sondern gegeneinander gearbeitet. Anfangs freuen sich manche noch über Unglück und Fehler anderer, später werden diese durch Sabotage oder gar Mobbing selbst herbeigeführt (siehe: Othello-Boss-Syndrom).

Wie kann ich mit Schadenfreude umgehen?

Wer den Schaden hat… Wahrlich: Schön ist es nicht, Opfer von Häme und Gespött zu werden. Wenn sich andere auf unsere Kosten lustig machen, tut das weh. Immer. Es bringt aber nichts, beleidigt zu reagieren oder gar wütend zurückzukeilen. Zeigen Sie stattdessen Größe und antworten Sie mit Selbstironie und Humor.

Vielleicht war das Missgeschick wirklich komisch?! In dem Fall: einfach mitlachen und sich selbst nicht so ernst nehmen. Kleine menschliche Schwächen machen uns nur umso sympathischer. Und wenn Ihnen andere wirklich mal übel mitspielen, machen Sie sich immer klar: Das zeigt deren mangelnde charakterliche und emotionale Reife – nicht Ihre!


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