Warum neue Chronotypen?
In unserer Gesellschaft herrscht seit Beginn der Industrialisierung ein Idealbild vor: Der fleißige Frühaufsteher, der beim ersten Sonnenstrahl motiviert zur Arbeit erscheint und am Abend ebenso zeitig ins Bett geht. Derjenige, der lieber länger schläft, aber dafür am Abend fit ist, hat nach wie vor den gesellschaftlichen Ruf, faul zu sein.
In diesem Zusammenhang war es schon ein Fortschritt, dass die Schlafforschung festgestellt hat, dass es unterschiedliche Uhren gibt, die in den Menschen ticken: Es gibt die Spät- und die Frühtypen – Eulen und Lerchen. Doch was ist mit denjenigen, die mittags ein Nickerchen brauchen oder nachts nicht tief schlafen? Mit jenen, deren Tagesrhythmus schwankt oder die besonders viel Schlaf benötigen? Welche Eigenschaften passen zu welchem Typ? Bisher ging die sogenannte Chronobiologie von zwei Haupttypen mit unterschiedlichem Biorhythmus aus…
Die Unterteilung in lediglich zwei Chronotypen empfand der Schalfforscher Michael Breus jedoch als unzureichend. In seinem Buch „Gutes Timing ist alles“ zeigt er unsere Gesellschaft vielseitiger. Und die Chronotypen ebenfalls. Er empfiehlt die Unterteilung in vier Kategorien: Delfin, Bär, Löwe und Wolf…
Der Delfin
In der Natur schläft der Delfin nur leicht: Jeweils eine Gehirnhälfte ruht, die andere ist wach. Dies dient zum Schutz vor dem Ertrinken und vor Feinden. Seine Nahrungsaufnahme ist unregelmäßig, sein Stoffwechsel schnell.
Beim entsprechenden menschlichen Chronotypen ist es vergleichbar: der Schlaftrieb ist nur schwach ausgeprägt, der Schlaf selbst nicht sonderlich tief. Der Delfin wacht häufig nachts auf und grübelt. Dies führt dazu, dass er sich morgens oft schlapp und unausgeruht fühlt. Diese Müdigkeit schleppt er durch den ganzen Tag. Dennoch klappt es irgendwie nicht, mittags für ein kurzes Nickerchen abzuschalten. Abends läuft er hingegen zur Hochform auf. Seine ausgeprägtesten Eigenschaften: Er ist…
- Vorsichtig
- Introvertiert
- Perfektionistisch
- Sensibel
- Friedliebend
Typische Verhaltensweisen
Ein Delfin meidet das Risiko. Er zeigt sich häufig nervös und ängstlich. Seine ausgeprägte Intelligenz benutzt er gerne dazu, sich detailliert auszumalen, was alles Schlimmes passieren könnte. Im Gespräch gelten Delfine als einfühlsam und entdecken schnell den eigentlichen Kern eines Problems. Konflikte meiden sie jedoch.
Ideale Berufe für einen Delfin
Delfine finden sich gerne in Präzisionstätigkeiten wieder, in denen sie alleine und nach ihrem eigenen Rhythmus arbeiten können. Zum Beispiel:
- Lektor
- Konstrukteur
- Programmierer
- Musiker
Zusammenleben
Delfine haben mit Löwen und Bären ihre Probleme. Wölfe liegen ihnen schon eher. Beide haben – insbesondere abends – einen eher schnellen Stoffwechsel. Wenn ein Delfin mal wieder schlecht geschlafen hat, kann er mitunter leicht reizbar sein, am besten lässt man ihn dann in Ruhe.
Ernährung
Da Delfine meist von Natur aus nicht sonderlich auf ihre Ernährung achten, sollten sie daher bewusst ihr Augenmerk darauf richten: Morgens ein proteinhaltiges Frühstück und viel Flüssigkeit, mittags ein bewusstes, regelmäßiges Mahl und abends viele Kohlenhydrate. Es kann helfen, sich einen Wecker auf bestimmte Essenszeiten zu stellen, um diese nicht zu vergessen. Koffein sollten die Delfine eher meiden.
Tagesablauf
Delfine sollten sich nach dem Aufstehen viel bewegen. Eine kalte Dusche bringt den Kreislauf ebenfalls in Schwung. Abends helfen etwas Lesen und ein Entspannungsbad beim Runterkommen. Sie sollten nicht zu früh ins Bett gehen, da sie dann eher unruhig werden und grübeln: Ein Einschlafzeit zwischen 23 Uhr und Mitternacht reicht völlig aus.
Der Bär
In der Natur ist der Bär ein tagaktives Tier. Er streift durch die Landschaft – immer auf der Suche nach Futter. Für ihn ist das Fressen völlig tagesunabhängig. Nur nachts schläft er tief und fest. Er ist kein Rudeltier, jedoch sind ihm Freundschaften wichtig, in denen er sich liebevoll und spielerisch verhält.
Beim entsprechenden menschlichen Chronotypen ist es vergleichbar: Der Bär schläft gerne und ausgiebig. Morgens benötigt er eine längere Anlaufzeit, ist jedoch im Laufe des Vormittags und am frühen Nachmittag fit und produktiv. Danach gönnt er sich gerne eine Pause. Allgemein folgt sein Tagesablauf dem der Sonne, was insbesondere im Winter zu einem starken Schlafbedürfnis führt. Seine ausgeprägtesten Eigenschaften: Er ist…
- Kommunikativ
- Extrovertiert
- Unvoreingenommen
- Vorsichtig
- Rational
Typische Verhaltensweisen
Der Bär möchte vor allem glücklich und gesund sein. Der Spaß am Leben ist dafür ein wesentliches Qualitätsmerkmal. Konflikten geht er eher aus dem Weg, er strebt vielmehr nach einem festen Tagesablauf und fühlt sich wohl, wenn er diesen gefunden hat. Er gilt als eher risikoscheu und gutmütig.
Ideale Berufe für einen Bären
Ein Bär kann sich gut in ein Team einordnen. Er erledigt seine Arbeit zuverlässig und verfügt über eine hohe Sozialkompetenz. Er wägt das Für und Wider ab, trifft seine Entscheidungen und legt im Anschluss daran gerne die Beine hoch. Es wird schon alles irgendwie klappen. Er ist zwar nicht faul, macht aber nicht mehr als nötig. Bären sind in einem Bürojob bis maximal zur mittleren Führungsebene gut aufgehoben. Zum Beispiel als:
- Sachbearbeiter
- Verwaltungsangestellter
- Abteilungsleiter
- Sozialarbeiter
Zusammenleben
Bären sind umgängliche Chronotypen. Sie sind zwar recht bequem, kommen aber gerade darum mit den meisten Menschen gut aus. Wenn es Probleme gibt, schieben sie diese jedoch gerne als nicht so wichtig beiseite, was insbesondere Delfinen und Wölfen gerne zu schaffen macht. Emotionale Ausbrüche und Schwankungen sind ihnen eher fremd.
Ernährung
Bären haben eigentlich immer Appetit, insbesondere nach dem Aufwachen. Daher neigen sie gerne zu Übergewicht. Sie sollten daher darauf achten, sich tagsüber nicht zu viele kleine Snacks zu gönnen. Das Frühstück sollte proteinhaltig und kohlenhydratarm sein.
Tagesablauf
Der Bär ist am späten Vormittag am produktivsten. Wenn er früher fit sein muss, ist dies zwar möglich, jedoch nur unter Protest. In solchen Fällen hilft morgens eine ausgiebige Wechseldusche. Die ideale Zeit, um Sport zu treiben, ist der frühe Abend. Spätestens ab 22 Uhr sollten die Bildschirme ausgeschaltet werden und gegen 23 Uhr ist Bettruhe angesagt.
Der Löwe
In der Natur macht sich der Löwe früh auf die Jagd. Bevor der Tag so richtig erwacht, ist er bereits fit und leistungsfähig, um seine Beute zu erlegen. Dies ist dringend nötig, denn bereits frühmorgens sind Löwen hungrig. Sie gelten darüber hinaus als ehrgeizig und möchten nach Möglichkeit gerne das Rudel anführen.
Beim entsprechenden menschlichen Chronotypen ist es vergleichbar: Löwen sind Frühaufsteher und verfolgen einen klaren Plan – sowohl von ihrem Tag, als auch von ihrer Karriere. Am späten Nachmittag werden sie schnell müde und gehen zeitig zu Bett. Sie streben nach Erfolgen und lassen sich durch Widerstände nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Sie ziehen sich in einem solchen Fall kurz zurück, planen neu und kommen nur noch stärker wieder. Ein Löwe verfügt über einen messerscharfen Verstand und wägt Risiken gedankenschnell gegeneinander ab. Seine ausgeprägtesten Eigenschaften: Er ist…
- Scharfsinnig
- Praxisorientiert
- Gewissenhaft
- Optimistisch
- Analytisch
Typische Verhaltensweisen
Löwen verhalten sich immer gemäß ihrer Strategie. Leistung steht bei ihnen über allem. Dies gilt sowohl für den Beruf, als auch für das Privatleben und ihre Hobbys. Sie legen Wert auf kurze, positive und zielgerichtete Diskussionen – lange, unvorbereitete Meetings, bei denen jeder seine Befindlichkeit äußert, sind ihnen ein Graus. In einem solchen Fall werden sie unleidlich.
Ideale Berufe für einen Löwen
Ein Löwe ist morgens und mittags am produktivsten, er benötigt in dieser Zeit kaum Pausen. Daher üben sie gerne Führungsrollen aus, bei denen sie die ersten Entscheidungen bereits getroffen haben, bevor die ersten Mitarbeiter das Büro betreten haben. Zum Beispiel:
- Unternehmer
- Geschäftsführer
- Projektleiter
- Manager
Zusammenleben
Da Löwen früh müde werden, legen sie selten großen Wert darauf, über die Arbeit hinaus intensive Beziehungen zu pflegen. Sie sind zwar nicht ungesellig, dennoch müssen ihre Mitmenschen ihren hohen Ansprüchen genügen. Dies betrifft vor allem die Zielstrebigkeit. Mit Grüblern können sie nichts anfangen. Daher sind sich Delfin und Löwe eher fremd.
Ernährung
Löwen achten zumeist sehr auf ihre Ernährung. Sie ist ihnen wichtig: Obst, Gemüse und Vollkornprodukte stehen bei ihnen ganz oben auf dem Speisezettel. Über ihr Gewicht müssen sie sich daher nicht sorgen.
Tagesablauf
Bereits ab 6 Uhr ist der Löwe topfit. Eine kurze Meditation kann seine Gedanken zusätzlich in Gang bringen. Nach einem ausgiebigen Frühstück erreicht er einen ersten Leistungshöhepunkt. Ihm reicht mittags ein kurzer Snack. Nach Feierabend ist der Löwe zwar gedanklich ausgepowert, jedoch nicht körperlich. Sein Ehrgeiz treibt ihn gerne zu sportlichen Höchstleistungen. Nach einem leichten Abendessen mit vielen Proteinen wird er spätestens um 22 Uhr müde und schläft schnell und gut ein.
Der Wolf
In der Natur werden Wölfe erst am Abend so richtig aktiv. Sobald die Sonne untergegangen ist, lauern sie im Rudel ihrer Beute auf. Sie gehen dabei listig und mitunter sogar grausam vor.
Beim entsprechenden menschlichen Chronotypen ist es vergleichbar: Ein Wolf hat größte Mühe, morgens früh aufzustehen. Meist wird er erst im Laufe des späten Vormittags oder gegen Mittag richtig fit. Dafür läuft er ab 18 oder 19 Uhr zur Hochform auf und hält locker bis nach Mitternacht durch. Seine ausgeprägtesten Eigenschaften: Er ist…
- Kreativ
- Launisch
- Furchtlos
- Pessimistisch
- Proaktiv
Typische Verhaltensweisen
Wölfe sind außerordentlich ausdauernd und risikofreudig. Der Spaß am Leben und die Sehnsucht nach neuen, intensiven Gefühlen stehen bei ihnen über allem. Sie sind äußerst emotional, zuweilen gar impulsiv. Das lässt sie häufig rebellisch und extrovertiert erscheinen. Sie genießen es, im Mittelpunkt zu stehen.
Ideale Berufe für einen Wolf
Da Wölfe ausgesprochen scharfsinnig sind, aber auch über gute Intuition verfügen, eignen sich für sie kreativen Berufe am besten. Diese sind zum Beispiel:
- Künstler
- Techniker
- Forscher
- Gastronom
Zusammenleben
Wölfe sind die spontansten aller Chronotypen. Dies macht ein dauerhaftes Zusammenleben schwierig. Sie sehnen sich eher nach Abenteuern – der stetige Wechsel ist ihre einzige Konstante. Daher halten es Wölfe selten lange in einer Beziehung aus. Im Zweifel ist der Freundeskreis (Rudel) für einen Wolf immer wichtiger als die traute Zweisamkeit. Wölfe bleiben gerne unter sich und können mit den anderen Chronotypen eher wenig anfangen.
Ernährung
Wölfe haben morgens in der Regel gar keinen Hunger. Dafür umso mehr am Abend. Sie greifen dann gerne zu Dingen, die ihnen Genuss bereiten: Alkohol, Süßigkeiten, fetthaltige Speisen. Daher neigen sie zum einen zu starkem Übergewicht. Zum anderen sind sie erheblich anfälliger für Suchtverhalten als andere Chronotypen. Ein Wolf sollte daher genau darauf achten, welche Nahrung er in welcher Menge zu sich nimmt. Ein Ernährungstagebuch kann hier helfen, die Disziplin zu wahren, um nicht in die Gefahr von Krankheiten zu geraten.
Tagesablauf
Der Tagesrhythmus der Wölfe widerspricht dem aller anderer Chronotypen erheblich. Mit ihrer Nachtaktivität und dem Bedürfnis, morgens lange zu schlafen, sind sie deutlich in der Minderheit und werden vom Rest der Bevölkerung gerne als faul abgestempelt. Dies fördert ihre Lebensunzufriedenheit, da sich ihre innere Uhr selten mit dem gesellschaftlichen Idealbild in Einklang bringen lässt. Daher sollten sie sich so früh wie möglich an der frischen Luft bewegen. Falls Wölfe am Morgen zeitig bei der Arbeit sein müssen, empfiehlt es sich, den Weg dorthin am besten zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen. Nach Möglichkeit sollten sie sich allerdings Berufe suchen, in denen sie am frühen Abend tätig sein können. Ein Wolf schläft meist erst weit nach Mitternacht ein.
Einordnung der Chronotypen
In den meisten Berufen sind die Menschen in äußere Zwänge eingebunden. Selten kann man über seine Arbeitszeit völlig frei entscheiden. Dennoch ist es wichtig zu wissen, welchem Chronotyp man sich am ehesten zugehörig fühlt, um seine Pausen und seine Arbeitsinhalte entsprechend timen zu können.
Zwar gilt: Der Mensch lässt sich selten zu 100 Prozent in eine Schublade pressen. Die Chronotypen Delfin, Bär, Löwe und Wolf können daher nur eine Richtung aufzeigen. Dennoch haben auch Mischtypen zumeist eine klare Tendenz, welchem Tier sie am ähnlichsten sind.
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