Latente Prägung: Die Berufswahl ist weniger frei als gedacht

Wer vor der Berufswahl steht, hat heute die Qual der Wahl: Das Angebot ist riesig, allein unsere Jobbörse listet mehr als 100.000 vakante Jobs auf. Aber wählen wir deshalb besser? Leider nein – die latente Prägung sorgt dafür, dass wir zwar Berufe finden, die irgendwie passen, aber eben nicht den wirklich perfekten Traumjob. Was die latente Prägung ist und was Sie dagegen tun können…

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Einfach erklärt: Was ist die latente Prägung?

Die latente Prägung beschreibt in der Psychologie eine Wahrnehmungseinschränkung, die unsere Entscheidung beeinflusst. Das können Vorurteile und Stereotype sein oder unbekannte Alternativen.

Ein Beispiel für die latente Prägung sind Berufe, die als typische Männer- oder Frauenberufe gelten und deshalb von dem jeweils anderen Geschlecht nicht gewählt werden – obwohl sie perfekt zur Persönlichkeit und zum Lebenslauf passen.

Was bedeutet latent?

Das Adjektiv „latent“ beschreibt Vorhandenes, das aber noch verborgen und nicht in Erscheinung getreten oder schwer zu erfassen ist. Zum Beispiel ein unbestimmtes Gefühl, eine Vorahnung oder Angst.


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Wie beeinflusst die latente Prägung die Berufswahl?

Zu viele Alternativen erschweren die Entscheidung. In der Psychologie ist dieses Phänomen unter dem Begriff Marmeladen-Experiment bekannt. Haben wir zu viele Optionen zur Auswahl, wählen wir entweder gar nichts – oder irgendwas. Beides nicht zielführend.

Bei der Berufswahl ist es heute ähnlich: Es ist eine der ersten großen Entscheidungen, die Schüler treffen müssen – und die Auswahl ist gigantisch: Es gibt in Deutschland mehr als 300 Ausbildungsberufe und nochmal knapp 21.000 Studiengänge an deutschen Hochschulen. Entsprechend haben viele Angst vor der falschen Entscheidung.

Die latente Prägung schränkt die Auswahl ein

Die enorme Auswahl blockiert. Einerseits. Sie ist aber zugleich das Problem der latenten Prägung: Bei soviel Auswahl und noch mehr möglichen Berufen kann niemand den Überblick behalten. Also versuchen es viele gar nicht erst und wählen einen Beruf, den Sie irgendwie kennen – durch die Eltern, Bekannte, Mitschüler oder aus den Medien.

Das muss aber eben nicht der Beruf sein, der am besten zu ihnen und ihrer Persönlichkeit passt. Die latente Prägung schränkt damit zugleich die potenzielle Auswahl ein. Das Ergebnis ist eine Art Arrangement mit der einfachsten Lösung. Aber eben nicht der besten.

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Beispiel für die latente Prägung

Beobachten Sie sich bitte einmal selbst, wie Sie bei der Jobsuche vorgehen würden… Vermutlich besuchen Sie eine der vielen Online-Jobbörsen und geben ihren Suchbegriff und Suchradius ein. Das können aber nur Berufsbilder und Jobprofile oder Unternehmen sein, deren Namen Sie kennen. Was Sie nicht benennen können, können Sie nicht suchen!

Genau das ist das Problem der latenten Prägung. In anderen Feldern gibt es dafür bereits Lösungen. Beispiel Musikbranche: Neue Musik oder Künstler können Sie bereits durch moderne KI finden, die Ihre Vorlieben oder Playlists auswertet und dazu passende Vorschläge macht. Jobbörsen können das (noch) nicht. Es gibt zwar erste Ansätze (z.B. Truffls), aber auch diese Algorithmen kennen Sie nicht so gut, wie Sie sich selbst.

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Was kann ich gegen die latente Prägung tun?

Um der latenten Prägung entgegenzuwirken, trotz der Fülle an Jobs, ist es zunächst wichtig, dass Sie genau wissen, wer Sie sind, was Sie können und was Sie (beruflich) wollen. Das ist die Basis. Daraus schon ein Berufsbild abzuleiten, wäre zu früh – es wäre noch immer zu sehr vorgeprägt.

Aber gründliche Selbstreflexion und gute Orientierungsfragen sind ein guter Anfang.

Jobwechsel Fragen Jobswitch Berufliche Neuorientierung

Daneben sollten Sie ein paar grundlegende Selbsttests absolvieren, die Ihnen mehr über die eigenen Talente, Interessen und Kompetenzen verraten. Auf der Karrierebibel finden Sie hierzu eine Vielzahl kostenloser Tests, die Sie gerne nutzen können und sollten. Exemplarisch empfehlen wir:

Erweitern Sie Ihren Suchhorizont

Im nächsten Schritt sollten Sie Ihren Horizont und Ihr Netzwerk vergrößern: Kontaktieren Sie Menschen, die Berufe ausüben, die Sie noch nicht kennen. Lesen Sie sich im Internet Jobprofile durch, die Ihnen unbekannt sind. Das macht Arbeit, ja. Lohnt sich aber.

Wenn Sie zum Beispiel in Jobbörsen oder auf Google unterwegs sind, versuchen Sie neue Begriffe zu finden: Synonyme können dabei ebenso helfen wie sogenannte Ontologien – also Begriffspaare, die in irgendeiner Form miteinander in Beziehung stehen.

Passive Bewerbung nutzen

Zusätzlich sollten Sie die sogenannte Passive Jobsuche oder Bewerbung nutzen. Bedeutet: Legen Sie sich ein Profil auf Linkedin oder Xing an (oder eine Bewerbungshomepage) und optimieren Sie diese auf Suchbegriffe, nach denen Personaler suchen würden, die Menschen mit Ihren Talenten einstellen wollen.

Der Vorteil: So müssen nicht Sie nach einem passenden Beruf suchen, sondern werden von Recruitern gefunden, die einen passenden Job anbieten. Die latente Prägung spielt also keine Rolle mehr. Mit dieser Bewerbungsstrategie erobern Sie zugleich den sogenannten verdeckten Arbeitsmarkt – und der ist rund doppelt so große wie der offizielle! Also beste Chancen für Sie und Ihre Jobwahl

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