Was ist Spazieren?
Spazieren, wandern oder Walking – alle drei nutzen das Gehen zur körperlichen Bewegung, zum Zeitvertreib und zur Regeneration. Ein Spaziergang braucht kein Ziel, die Bewegung selbst ist das Ziel – und das geht im Wald, im Park, auf einem Feldweg oder in der Stadt (= „Flanieren“).
Spazieren und Wandern sind in Deutschland beliebt. Studien zufolge gehen rund 35 Millionen Deutsche regelmäßig wandern – in unterschiedlichen Formen:
- Spazieren (51%)
- Trekking (44%)
- Nordic Walking (43%)
- Pilgern (42%)
- Geocaching (15%)
Je nach Schweregrad werden beim Spazieren, Bummeln, Lustwandeln, Promenieren, Schlendern zwischen 400 und 700 Kalorien pro Stunde verbrannt.
Rechtschreibung: Spazieren gehen oder spazierengehen?
Schreibt man Spazierengehen zusammen oder getrennt? Die Schreibweise „Spazierengehen“ ist veraltet. Nach neuer deutscher Rechtschreibung ist nur noch „spazieren gehen“ korrekt.
Wie gesund ist spazieren gehen wirklich?
Spazieren und regelmäßige Bewegung sind enorm gesund. Eine EU-Studie mit mehr als 334.000 Teilnehmenden ergab, dass schon geringfügige körperliche Aktivität das Leben verlängert und das Sterberisiko um bis zu 60 Prozent reduzieren kann.
Untersuchungen an der Yale-Universität zeigen, dass bei regelmäßigen Spaziergängen Proteine wie VEGF, IGF1 oder BDNF ausgeschüttet werden, die sowohl die Bildung neuer Blutgefäße und damit die Sauerstoffversorgung im Gehirn fördern sowie das Wachstum frischer Nervenzellen im Hippocampus anregen.
Was passiert beim spazieren gehen?
Zahlreiche medizinische Studien bestätigen die positiven Effekte von Spaziergängen. Die spannendsten Ergebnisse und Beispiele:
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Intensivere Sinneswahrnehmung
Wer spaziert, nimmt mit allen Sinnen wahr. Wir spüren den Wind im Gesicht oder den Boden unter den Füßen, hören Vogelstimmen oder das Rauschen der Blätter oder Wellen. Das alles schärft die Sinne und lässt uns die Umwelt danach aufmerksamer und achtsamer wahrnehmen.
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Bessere Stimmung
Laut einer Studie um Jeffrey Conrath Miller hebt schon ein kurzer Spaziergang von nur 20 Minuten die Stimmung. Das wiederum beugt psychischen Erkrankungen wie Depression oder Burnout vor.
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Höhere Konzentration
Spazieren steigert die kognitiven Fähigkeiten um 23 Prozent, so Untersuchungen um Marily Oppezzo. Charles Hillman von der Universität von Illinois konnte zeigen, dass körperliche Aktivität die Hirnaktivität anregt. Dadurch verbessern sich Reaktionszeiten und Konzentration.
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Mehr Ideen
Forscher um Ap Dijksterhuis von der Radboud Universität konnten nachweisen, dass spazieren gehen kreatives Denken und Ideen fördert. Wer sich durch einen Spaziergang ablenkte, fand danach doppelt so viele gute Ideen. Die Problemlösungskompetenz nahm um 50 Prozent zu.
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Stärkeres Körpergefühl
Spazieren verbessert überdies die Motorik. Effekt: Die Körperhaltung wird optimiert, Rückenschmerzen gibt es seltener.
Spazieren gehen Vorteile im Überblick
- Aktiviert Gehirn und Sinne
- Verbessert Sauerstoffzufuhr und Ausdauer
- Steigert Konzentration
- Fördert die Kreativität
- Baut Stress ab
- Erhöht Selbstwertgefühl
- Stärkt Immunabwehr und Herz-Kreislauf-System
- Trainiert Muskeln und reduziert Körpergewicht
- Senkt Diabetes-Risiko
- Regt Stoffwechsel und Glückshormon-Ausschüttung an
- Beugt psychischen Erkrankungen vor
Wie viel sollte ich täglich spazieren?
Sportwissenschaftler und Mediziner empfehlen, sich dreimal pro Woche rund 20-30 Minuten lang körperlich zu bewegen. Das kann leichter Ausdauersport wie Joggen, Schwimmen, Radfahren oder auch eine Spaziergang sein.
Was ist der beste Ort für einen Spaziergang?
Spazieren gehen können Sie überall – in der Innenstadt, im Park oder Naherholungsgebiet. Der beste Ort dafür ist laut einer britischen Studie aber Bewegung im Grünen. Ein 60-minütiger Spaziergang in der Natur baut massiv Stress ab und führt zu den genannten positiven Effekten und Vorteilen.
Arbeitsrecht: Ist der Spaziergang versichert?
Die gesetzliche Unfallversicherung unterscheidet bei einem Arbeitsunfall genau, ob der Unfallort im Zusammenhang mit der Tätigkeit steht. Wer auf dem Weg zur Arbeit ist, ist unfallversichert. Wer aber in der Mittagspause einen Verdauungsspaziergang macht, ist nicht mehr versichert und muss für Unfallkosten selber aufkommen.
Prominente Spaziergänger
Schon immer haben große Dichter, Denker und Philosophen die Weite der Natur gesucht, um ihren Geist zu beflügeln:
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Friedrich Nietzsche
Der Denker galt als ausdauernder Spaziergänger, der die grandiose Kulisse des Engadins regelmäßig zur Zerstreuung nutzte.
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Theodor W. Adorno
Der Philosoph verbrachte jeden Sommer zwischen 1955 und 1966 mit seiner Frau im „Waldhaus“. Dabei wanderte das Paar durch das Fex-Tal, zur Halbinsel Chasté oder auf die Laret-Höhe.
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Ludwig van Beethoven
Immer nach dem Mittagessen pflegte der Komponist einen längeren Spaziergang zu unternehmen, zu dem er auch Papier und Stift mitnahm.
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Charles Dickens
Der Schriftsteller lustwandelte am Nachmittag regelmäßig bis zu 3 Stunden an der frischen Luft.
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Sören Kierkegaard
Der Philosoph kehrte von seinen Spaziergängen derart beseelt zurück, dass er sich gleich mit Hut, Spazierstock und Regenschirm an den Schreibtisch setzte und losschrieb.
Ob Flaneur, Lustwandler, Exkursionist oder einfach nur Zuschauer: Wenn wir spazieren, öffnet das den Horizont, der Mensch entdeckt und lernt. Schon der Philosoph Michel de Montaigne erkannte: „Mein Geist geht nicht voran, wenn ihn nicht meine Beine in Bewegung setze.“
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